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Breitbandanschluss

Wie Deutschland sich im Internet selbst belügt

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Auf wundersame Weise ist Deutschland zu einer Breitbandnation geworden. Angeblich haben 99,8 Prozent der Haushalte Zugriff auf das schnelle Internet. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.   

Tätigkeitsberichte von Behörden fallen stets positiv aus. Doch was Jochen Homann, der Präsident der Bundesnetzagentur, zum Ende des Jahres an seinem Amtssitz in Bonn vorlegte, liest sich geradezu euphorisch: 99,8 Prozent der Haushalte hätten Zugang zum schnellen Internet, bejubelt der Regulierer die Erfolge der Telekommunikationspolitik. "Besonders erfreulich ist, dass sich auch im ländlichen Raum die Versorgung mit Breitbandanschlüssen deutlich verbessert hat", sagt Homann.

Die Deutschen reiben sich die Augen. Seit Jahren klagen Politiker, Geschäftsleute und normale Bürger, die nicht in einer Metropolregion beheimatet sind, Bürgerinitiativen aus der Provinz kämpfen mit Unterschriftenlisten gegen ihre Ausgrenzung im Hightech-Zeitalter. Bürgermeister klopfen ungeduldig bei der Deutschen Telekom an, um den Konzern zum Netzausbau zu bewegen. Und nun, ganz plötzlich, soll der Aufbau des bundesweiten Breitbandnetzes abgeschlossen sein?

Wohl nicht. Die Statistiken offenbaren nur die halbe Wahrheit. Deutschland ist in Wirklichkeit von einem flächendeckenden Hochgeschwindigkeitsinternet weit entfernt. Nach den offiziellen Zahlen können zwar 99,8 Prozent der Haushalte mit einem Internetanschluss erreicht werden – aber nur im Tempo von mindestens einem Megabit pro Sekunde. Das mag vor fünf Jahren schnelles Internet gewesen sein. Heute ist es das nicht mehr. Der Deutschland-Chef der Telekom, Niek Jan van Damme, bezeichnet Bandbreiten von weniger als sechs Megabit als "Schneckenband".

Per Glasfaser werden meist nur Vermittlungsstellen angebunden. Bis ins Haus geht es dann per Kupferkabel Breitband

  • 2018 soll jeder Haushalt mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde erreichbar sein, das ist das Ziel der Bundesregierung. Derzeit ist eine solch schnelle Verbindung nur für rund 42 Prozent der Haushalte verfügbar. Etwa acht Prozent müssen mit weniger als sechs Megabit pro Sekunde auskommen. Die aber sind nötig zum Beispiel für das ruckelfreie Streamen von Filmen.
  • Derzeit gibt es 28,4 Millionen Breitbandanschlüsse im Land. Während die Zahl der DSL-Anschlüsse stagniert, können die TV-Kabelnetzanbieter die meisten Neukunden gewinnen. Die monatliche Datenmenge pro Nutzer ist 2013 wohl auf fast 25 Gigabyte gestiegen. Grund dafür sind vor allem Videos aus dem Internet.

Der deutsche Kabelnetzmarkt

Entstehung

Kabel Deutschland ist wie Unitymedia KabelBW ein Erbe der Deutschen Bundespost. Das Staatsunternehmen baute einst das deutsche Kabelnetz, das schon mehrfach Ziel von Übernahmen war. Später ging das Netz an die Deutsche Telekom. Die musste die aus dem Konzern ausgegliederte Kabel Deutschland GmbH aus Wettbewerbsgründen verkaufen. Das Geschäft wurde regional aufgeteilt. Inzwischen macht Kabel Deutschland mit eigenen Telefon- und Internetangeboten via Fernsehkabel der früheren Mutter selbst Konkurrenz. Mit der Übernahme durch den Telekomrivalen Vodafone könnte die schmerzhafter werden.

Marktführer

Die Kabelbranche in Deutschland wird von Kabel Deutschland aus München und von Unitymedia KabelBW aus Köln dominiert. Die Münchner sind in 13 Bundesländern vertreten, Unitymedia KabelBW ist in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen aktiv. Hinzu kommt noch die deutlich kleinere Tele Columbus. Spannend sind die Netzfirmen für Käufer wegen des Zugangs zu Millionen Haushalten, vor allem aber wegen der technischen Möglichkeiten. Das Zauberwort ist „Triple-Play“: Pakete aus TV, Telefon und Internet.

Wettbewerbshüter

Doch die Marktsituation macht Zukäufe schwierig, Wettbewerbshüter haben ein wachsames Auge auf den Kabelmarkt – zumindest was Übernahmen untereinander betrifft. Der Eigentümerwechsel bei Kabel Deutschland dürfte weniger Probleme machen. Zuletzt verhinderte das Kartellamt die Übernahme von Tele Columbus durch Kabel Deutschland. Den Kauf von KabelBW durch den US-Kabelriesen Liberty Global mittels seiner Tochter Unitymedia genehmigte das Kartellamt nur mit Auflagen – und nach einigem Zögern. Das Oberlandesgerichts Düsseldorf stellte diese Entscheidung infrage, der Deal muss nun neu geprüft werden. dpa

Ein Megabit pro Sekunde ist oft zu langsam

Tatsächlich ist das Internetsurfen bei einer Geschwindigkeit von einem Megabit pro Sekunde ein Geduldsspiel. Webseiten bauen sich langsam auf, das Streamen von HD-Filmen aus Videotheken wie Maxdome und Lovefilm ist überhaupt nicht möglich. Für viele geht es aber um mehr als um Unterhaltungsangebote.

Weil selbst Videokonferenzen oder das Übertragen größerer Präsentationen mit einem Megabit kaum vernünftig durchzuführen sind, meiden Firmen bei der Standortsuche Regionen, die kein schnelles Internet zu bieten haben. Ein Megabit ist gerade noch mehr als offline. Mit Hochgeschwindigkeit hat das nichts zu tun. Und auch die Bezeichnung "Breitband" verdient es nicht.

Blickt man aber auf Geschwindigkeiten von sechs Megabit und mehr, sackt die Statistik schon auf eine Haushaltsabdeckung von weniger als 92 Prozent ab. Dann teilt sich die Republik in Stadt und Land, wobei sich das Land in großen Teilen nicht mehr zur Breitband-Nation zugehörig fühlen darf. Das hat einen einfachen Grund: Die Kupferkabel der Telekom für den Zugang in die Häuser sind einfach zu lang für schnelles Internet.

Je größer die Entfernung der grauen Telekom-Kästen am Straßenrand zu den Wohnungen ist, desto langsamer wird der Netzzugang. In ländlichen Regionen sind diese Abstände besonders groß. Daran können auch die Konkurrenten des Ex-Monopolisten nichts ändern, weil sie vielerorts die Leitungen der Telekom anmieten. An der Länge und damit an der Geschwindigkeit ändert das gar nichts.

Dobrindt nicht zufrieden mit dem Status quo

Der neue Infrastrukturminister der Bundesregierung bestreitet die Unterschiede nicht. "Deutschland ist ein modernes Industrieland. Bei der digitalen Infrastruktur gibt es aber nach wie vor große Qualitätsunterschiede – innerhalb Deutschlands und im weltweiten Vergleich", sagte er der "Welt am Sonntag". "Der Zugang zu den modernsten digitalen Netzen ist für den zukünftigen Wohlstand in Deutschland mitentscheidend. Deshalb dürfen wir uns mit dem Status quo keinesfalls zufriedengeben."

Doch lässt sich dieser Ist-Zustand nicht ohne Weiteres ändern. Besonders benachteiligt sind ostdeutsche Regionen, denen die Telekom nach der Wiedervereinigung Gutes tun wollte. Sie verbuddelte dort Glasfasertechnik für ISDN-Telefonleitungen. Das war damals zeitgemäß, erweist sich aber im Nachhinein als Flop. Während nämlich die alten Kupferleitungen mit neuer DSL-Technologie zu schnellen Internetzugängen wurden, müssen sich Nutzer der ISDN-Anschlüsse mit einer Geschwindigkeit von 128 Kilobit pro Sekunde zufriedengeben.

Und auch die erreichen sie nur, wenn zwei Leitungen gebündelt werden. Wegen der besonderen Netzstruktur ist eine Modernisierung in diesen Regionen nur möglich, wenn erneut gegraben wird. Doch das ist sehr teuer. In der Branche hält sich hartnäckig das Sprichwort: "Wer gräbt, verliert."

Nur in Ballungsräumen gibt es harten Wettbewerb

Echte Konkurrenz machen sich die Internetanbieter fast nur in Ballungsgebieten, wo das Geschäft lohnender ist. Hier haben sich die TV-Kabelnetzbetreiber zu den größten Wettbewerbern der Telekom entwickelt. Weil sie meist schnellere Zugänge zu niedrigeren Preisen als die Telekom anbieten, entscheiden sich die meisten Breitband-Neukunden für Unternehmen wie (KDG) und Unitymedia. In großen Teilen ihrer Netze können sie Zugänge von bis zu 200 Megabit pro Sekunde schalten. Telefongesellschaften träumen von solchen Geschwindigkeiten.

Somit ist das Auslöschen der weißen Flecken, wie die mit Internet unterversorgten Regionen bezeichnet werden, eine Frage der Definition. Je geringer der Anspruch, desto eher findet sich Deutschland im Zustand der Vollversorgung wieder. Den größten Schub gaben zuletzt die Mobilfunker. Vor allem die Telekom und Vodafone haben ihre Netze der vierten Mobilfunkgeneration LTE, der Abkürzung für "Long-Term Evolution", auf dem Land zügig ausgebaut. Nicht zuletzt, weil dies eine Bedingung der jüngsten Frequenzversteigerung war.

Die Bundesregierung unterhält inzwischen einen Breitbandatlas, in dem jeder nachsehen kann, wie die Versorgung in seiner Region ist. Dort wird LTE als vollwertiger Breitband-Zugang aufgeführt. Ein echter Festnetzersatz sind diese Zugänge aber nicht. Zum einen teilen sich die Nutzer einer Funkzelle die Bandbreite. Wenn es gut läuft, sind zehn Megabit und mehr möglich; gehen viele gleichzeitig ins Internet, sinkt die Geschwindigkeit ab.

Zum anderen verlangen die Mobilfunker für die LTE-Zugänge mehr Geld als für DSL-Anschlüsse. Je nach Geschwindigkeit und Anbieter sind dafür monatlich 40 bis 80 Euro fällig. Dagegen kostet ein 25-Megabit-Anschluss bei Kabel Deutschland 25 Euro. Zwar locken alle Anbieter ihre Kunden mit zeitlich begrenzten Aktionstarifen, aber der Preisabstand bleibt groß.

LTE-Zugänge haben Volumenbegrenzungen

Schwerwiegender für viele dürfte die Volumenbegrenzung der Funkzugänge sein. Im günstigsten Tarif bremsen Telekom und Vodafone nach zehn Gigabyte Datenmenge die Geschwindigkeit auf quälend langsame 384 Kilobit pro Sekunde ab. Damit sind viele Internetanwendungen nicht mehr nutzbar.

Breitband-Surfer verbrauchten schon 2012 im Durchschnitt mehr als 20 Gigabyte pro Monat. Dieser Wert dürfte in diesem Jahr noch einmal deutlich gestiegen sein. Trotz all dieser Einschränkungen wagt niemand, LTE aus der Definition für die Breitbandversorgung in Deutschland zu nehmen. Mehrere Abgeordnete der Bundestagsfraktion Die Linke fragten im Frühjahr die Regierung nach der Zahl der Haushalte, die keine Breitbandgrundversorgung von mindestens einem Megabit pro Sekunde mit festnetzbasierter Technologie – also ohne Mobilfunk – haben. Antwort: "Circa 1,9 Millionen."

Offenbar ahnt auch die Bundesregierung, dass man sich nicht mit einem Megabit zufriedengeben sollte. Und so vereinbarten Union und SPD im Koalitionsvertrag, den Breitbandausbau kräftig voranzubringen. "Bis zum Jahr 2018 soll es in Deutschland eine flächendeckende Grundversorgung mit mindestens 50 Mbit/s geben", heißt es dort. Allerdings sollen auch Funkverbindungen dazu beitragen – und Förderprogramme. Die ursprünglich vorgesehene Milliarde Euro dafür hat es am Ende aber doch nicht mehr in den Vertrag geschafft.

Gigabit-Ausbau kostet rund 80 Milliarden Euro

Die Milliarde hätte Deutschland wohl auch nicht wirklich weit gebracht. Alle Experten sind sich einig, dass im Grunde nur ein flächendeckendes Glasfasernetz zukunftsfähig ist. Denn langfristig würden Verbraucher Gigabit-Geschwindigkeiten verlangen, wenn die Anwendungen dafür erst einmal vorhanden seien. Ein Gigabit sind 1000 Megabit. Schätzungen zufolge kostet ein solcher Ausbau rund 80 Milliarden Euro.

Geld, das niemand aufbringen kann. Oder aufbringen will. Enttäuscht sprechen Manager der Telekommunikationsfirmen von der mangelnden Zahlungsbereitschaft der Verbraucher. Selbst dort, wo wirklich schnelle – und teure – Internetverbindungen zur Verfügung stehen, greifen die Kunden nicht zu. Obwohl bei den Kabelgesellschaften 100-Megabit-Zugänge angeboten werden, nutzen nach Angaben der Bundesnetzagentur bundesweit nur gut ein Prozent der Haushalte diese Geschwindigkeiten.

"Nach wie vor ist die Bereitschaft der Kunden, für die höhere Leistungsfähigkeit der Breitbandanschlüsse auch spürbar höhere Preise zu zahlen, sehr gering", heißt es im Tätigkeitsbericht. Diese verhaltene Nachfrage wirke sich dämpfend auf Investitionsentscheidungen für hochleistungsfähige Anschlusstechnologien aus.

Satelliten-Internet schafft bis zu 20 Megabit pro Sekunde

Das gilt sogar in Regionen, in denen die Leitungen nur Zugänge von weniger als einem Megabit Geschwindigkeit erlauben. Dort gibt es eine Notlösung, bei der Internetdaten per Satellitenantenne übertragen werden. Auf diese Weise sind sogar flächendeckend in Deutschland Download-Geschwindigkeiten von bis zu 20 Megabit pro Sekunde möglich.

Allerdings kosten diese Anschlüsse etwa doppelt so viel wie bei den TV-Kabel-Konkurrenten, zum Teil sind auch die Datenmengen begrenzt. Nach Angaben der Bundesnetzagentur haben sich hierzulande gerade einmal 30.000 Nutzer für diese Lösung entschieden. Nicht zuletzt deswegen klammern alle Statistiken den Satellitenzugang aus.

"Einen kräftigen Modernisierungsschub, um bei dieser dynamischen Schlüsseltechnologie wettbewerbsfähig zu bleiben", fordert nun Dobrindt mit Blick auf die digitalen Netze. "Die große Technologieoffensive der 80er-Jahre von Franz Josef Strauß in der europäischen Luft- und Raumfahrt ist dafür beispielgebend." Um es dem bayerischen Säulenheiligen gleichzutun, wird sich der neue Infrastrukturminister einiges einfallen lassen müssen.

Haydn von Hohnstein