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Die Pilger mit den flotten Sprüchen
11|06|2013

Als wenn eine höhere Macht es so richtet, treten im mittleren Europa häufig gerade vor anstehenden Wahlen die Bäche und Flüsse über ihre Ufer, überschwemmen die Landschaft, überfluten Dörfer und Städte, bringen viele Menschen um ihr Hab und Gut, zerstören ihre Existenzen und stürzen sie in soziales Elend.

Wie von Gott gesandt tauchen dann – und natürlich nur da, wo ihnen keine unmittelbare Gefahr droht – Spitzenpolitiker auf, um den Betroffenen, den Geschädigten, den Leidenden Mut zu machen. Dabei profitieren von dieser Gottgesandtheit beileibe nicht nur die Repräsentanten der sogenannten C-Parteien, als alleinige Günstlinge des Himmels auf Erden von diesen Naturereignissen. Gleich ob schwarz, ob rot, ob grün, ob blau, ob gelb, ob braun – sie alle nach dem Wahlvolk schau’n. 

Das alles ist ja nichts Neues und nichts Überraschendes. Da sind Politiker nicht anders geartet als Schmeißfliegen auch. Des Pastoren Kasners Tochter hat folgerichtig denn auch die Gelegenheit beim Schopfe gepackt, sie hat sich ihren Vorgänger, den Bonner Zäunerüttler und Staatsfriedenzerstörer, den Peter Hartzfreund und Menschenverächter Schröder (SPD) zum Vorbild, und die unberechenbaren Strapazen einer Pilgerfahrt in die Hochwassergebiete an der Elbe und rechts und links davon auf sich genommen. Sicher und ganz fest in der Hoffnung, dass dieser Worthülsenmarathon zu den Hoffnungslosen an den Flussufern der deutschen Schicksalsströme ihr die nächste Amtsperiode sichert. Bei einem ihrer tränentreibenden Auftritte ist der Berechnungsangie dann ein Satz über die Lippen gerutscht, den sie so besser nicht gesagt hätte. Ihrer kanzlerhaften Zusage auf 100 Millionen Euro an Hilfsgeldern aus Bundesmitteln die Begründung, dass sonst für alles andere ja auch Geld vorhanden wäre, hinterherzuschicken, das hat mich aufhorchen lassen. 

Was meint die Frau Doktor Merkel denn mit „für alles andere Geld vorhanden“?
Sie meint doch ganz bestimmt nicht die kriminellen Miseren im Gesundheitswesen, sie meint doch sicherlich nicht die verheerenden Zustände im Alterssicherungs- und Pflegebereich, ganz sicher hat sie auch nicht an die katastrophalen Zustände im Bildungs- und schulischen Bereich gedacht, sie hat garantiert nicht einen Gedanken an die Millionen Menschen verschwendet, die für Sklavenlöhne arbeiten, die trotz voller Beschäftigung als sog. Aufstocker bei staatlichen Stellen betteln gehen müssen, um leben zu können, um sich und ihre Familien über Wasser halten zu können. 

Ich möchte drauf wetten, dass die Pastorentochter mit der glanzvollen politischen Vergangenheit in gegensätzlichen Gesellschaftsformen, an diese Dinge nicht einen Gedankenfetzen vergeudet hat. Ich denke, sie hat da eher an die von ihrem Intimus Maiziere und anderen „Verteidigungsexperten“ verschluderten Milliarden an die Gierbrüder von jenseits des Atlantik gedacht, oder vielleicht noch mehr an die, in die Billionen gehenden, Zuwendungen in die unersättlichen Hälse der deutschen, der europäischen, der globalen Finanzverbrecher. 

Nicht zuletzt hat sie mit Sicherheit auch an die leichtfertigen und durch nichts zu rechtfertigenden Einnahmen ihrer Mitpolitiker in den föderalen Landesparlamenten, in den Institutionen des Bundes und der Europäischen Union gedacht. Vielleicht hat sie noch mit einem Nebensatz an die von ihr mitverursachten Ehrensoldskandale um im Schnelldurchlauf verbrauchte Bundespräsidenten, Bundesminister und andere Plagiatsproduzenten gedacht.

Haydn von Hohnstein                                                                                                                                                                                                                                              Quelle: Nationalgallerie

Ein bisschen Krieg muss sein

08|06|2013

UNO legalisiert den weltweiten Waffenhandel

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) reiste stolz nach New York, um als einer der Ersten den Vertrag über internationale Waffenexporte zu unterzeichnen. Bisher war da nichts festgelegt. Waffenhandel galt als schmutziges Geschäft, zumindest als anrüchig. Nun bekommt er den Anstrich von Legalität, auf höchster UNO-Ebene.

Für Deutschland und seine Todesfabrikanten ändert sich dadurch nichts. Sie dürfen wie bisher weiterhin ihr Präzisions-Mordgerät an Diktaturen, in Spannungs- und Kriegsgebiete, zur Niederschlagung von Aufständen oder zu deren Entfachung und Eskalation liefern, wenn sie die selbstauferlegten "restriktiven Exportbedingungen" peinlich genau so auslegen, dass die Lücken exakt ausgeschöpft werden. Mit kleinen Kriegswaffen ist eh mehr zu holen, entsprechend hat sich der Umsatz seit 2011 verdoppelt. Deutschland bleibt drittgrößter Waffenlieferant der Welt. Das ist jetzt ganz legal, völkerrechtlich verbindlich festgezurrt und ordentlich geregelt: Ein großer Tag für die Mörder und Totschläger in aller Welt, sie dürfen nun ohne Panzerknackermasken und schwarze Köfferchen mit braunen Briefumschlägen einkaufen und bequem von zuhause aus per Überweisung bezahlen, vielleicht sogar im Internet-Versandhandel bestellen.

Wie viel Promille Alkoholgehalt sollte der Fahrer eines Feuerwehrautos im Blut haben, damit er mit Martinshorn und Blaulicht auch bei Rot über die Kreuzungen brausen darf? Ohne die Einsatzregeln und Dienstordnungen im Einzelnen zu kennen, werden die meisten Ahnungslosen darauf tippen, dass es Null Promille sein müssten. Weil ein bisschen besoffen, ein wenig angeschickert, einen Hauch blau auch nicht wirklich Gewähr liefert, dass er am Einsatzort samt Besatzung heil ankäme und dort sein knallrotes Trockentanklöschfahrzeug auch richtig parken könnte und wüsste, was zu tun sei.

Was wäre, brächte eine Bundestagspartei, und sei sie noch so klein und unbedeutend, einen Gesetzentwurf ein, der Alkohol- oder anderen Drogenkonsum ausgerechnet in sensiblen Bereichen auf ein geregeltes Maß beschränkt regulieren wollte? Ein minimaler Schwips sollte doch auch im Polizeipräsidium erlaubt sein, oder? Ein gewisser Grundpegel sollte doch niemandem verwehrt bleiben! Wir können uns vorstellen, wie das Presseecho tobte, wie die Stammtische überschäumten. Die Besoffensten wären bestimmt die lautesten.

Ähnlich empört fielen die Kommentare nicht nur in der Boulevardpresse aus bei einem multilateralen Abkommen über kontrollierte Geldwäsche, begrenztes Morden, staatlich überwachte Kindesentführung und restriktiv gestattete Schutzgelderpressung. Bisher machten das die Staaten in Eigenregie; als hoheitlichen Akt betrieben sie Folter, Todesstrafe, extralegale Hinrichtungen. Sie erheben Steuern, vollziehen die Wehrpflicht oder setzen sie aus, erteilen Haftstrafen, erklären Kriege. Aber nun auch für Hinz und Kunz? Die Mafia wäre die erste, die hocherfreut über die neuen Geschäftsregeln in Sachen organisiertes Verbrechen nach Chicago reisen würde, um sich das Recht zu verbriefen, die Etablissements der Konkurrenz künftig legal, aber in Maßen abfackeln zu dürfen, gefolgt von chinesischen Triaden und russischen Geldeintreibern, selbstverständlich auch von deutschen und US-amerikanischen Waffenhändlern und französischen Uran-Schmugglern, die kolumbianischen und afghanischen Drogenbarone nicht zu vergessen.

Eine legale Geschäftsgrundlage mit anerkannten Praktiken und Gepflogenheiten, möglichst noch geschützten Berufsbezeichnungen, damit nicht jeder dahergelaufene Drogenkurier sich würdevoll "Pate" nennen dürfe, das wäre der Traum der Unterwelt, um der Schwarz- und Grauzone ihrer bisherigen Tätigkeiten ein für allemal zu entkommen. Man könnte endlich seriös investieren und offen reden über seine Untaten und müsste keine Zeugen mehr beseitigen und einbetonieren, wenn es doch bis zu einem gewissen Grad völlig gesetzeskonform wäre, mit Maschinenpistolen seinem Erwerb nachzugehen. Wie und in welchen Grenzen auch Maschinengewehre einsetzbar wären, bliebe Verhandlungssache vor Gericht. Sogar Panzerfäuste wären erlaubt, nicht aber Bergepanzer, die ganze Stadtviertel abräumen. Kleinwaffen ja, aber kein schweres Kriegsgerät. Pumpguns ok, aber keine Artillerie. Raketen nur bis zu einer gewissen Reichweite, und nur rein defensiv, versteht sich. So durchgeknallt das klingen mag, es ist absurde Realität: Die Vereinten Nationen haben sich auf Rahmenbedingungen für den weltweiten Handel mit Waffen geeinigt. Nach dem Regelwerk über organisierte Luftverpestung mit streng lizensierten, aber frei handelbaren Kontingenten an Kohlendioxyd nun der nächste globale Pakt zur Verseuchung des Planeten, diesmal mit todbringenden Wummen aller Art. Das ist voll der Kracher! Direktes Töten statt langsames Ersticken. Wirklich human gedacht!


Der pausbäckige Kim wird sich wohl eine falsche Identität zulegen müssen. Ahmedinedschad muss sich als Bin Laden sen. ausgeben, als Baulöwe aus Riad. Dann klappt's vielleicht mit der Bestellung. Die Schufa ist da bestimmt sehr streng bei Waffengeschäften. Wer Terrorist ist, kriegt nichts. Wie an der Supermarktkasse oder beim Zigarettenautomaten: Kindersicher, wasserdicht! Nur große, ausgewachsene, am besten staatlich beleumundete Terroristen haben die Auswahl zwischen allem, was sie zum Leute-Umbringen brauchen. Die Auswahl ist riesig, der Markt bereit, zahlungskräftige Nachfrage genügend vorhanden. Warum nicht auch in Security investieren, wo man doch auf Hunger spekulieren kann? Irgendwann rächen sich die Hungernden.

Das deutsche G36 hat der Kalaschnikow längst den Rang abgelaufen. Braucht jeder Attentäter, sowas. Jeder Diktator, jeder Auftragskiller, jeder Amokläufer wird sich gern an die Regeln halten, wenn es die erst mal gibt. Ein kleiner Schritt in den Abgrund. Ein Riesenschritt in Richtung Mord und Totschlag. Westerwelle preist das als Fortschritt, ganz nüchtern und im Geiste des freien Welthandels. Neoliberalismus pur eben. Man hält sich am liebsten an die selbst gestrickten Gesetze, und falls nicht, dann auch egal. Illegal ist es jedenfalls nicht mehr, das Dealen mit der Vernichtung, wenn es sich nur in den international anerkannten Grenzen hält. Selbstverständlich ausschließlich mit vertrauenswürdigen Bündnispartnern wie dem Handabhacker-Regime in Saudi-Arabien oder dem friedliebenden, im Nahen Osten einzig demokratischen, niemals gewaltbereiten, palästinenserfreundlichen Israel, dessen Regierung eher geschlossen zum Christentum konvertieren würde als dem Iran auch nur ein Fünkchen Zerstörung anzudrohen. Schon klar, gell: Ein bisschen Vertrauen in den Geisteszustand und in die Geschäftsfähigkeit des Kunden gehören schon auch dazu im Geschäftsleben.

Wenn erst jeder sicherheitsbewusste Mensch, jede Gebietskörperschaft, jedes Kartell seinen vollen Waffenschrank nicht mehr verbergen muss, sondern offen "die Instrumente zeigen" kann, dann ist allgemeine Abschreckung garantiert. Erst wenn San Marino voll aufgerüstet hat und Monaco unter Waffen steht, jedes Reichenghetto und jede Bank, jeder Konzern und jede Bande bis an die Zähne bewaffnet dastehen, über dem Petersdom wie überm Wembley-Stadion Batterien von Abwehrraketen in den Himmel ragen, traut sich keiner mehr was. Dann, und erst dann herrschte wirklich Frieden auf Erden. Zumindest über den Schlachtfeldern, Friedhöfen und Tatorten. Und wir wären jenseits von Gut und Böse. Bis dahin machen die Schengen-Staaten ihre Grenzen wieder dicht, wenn größere Flüchtlingskontingente auf der Flucht vor dem Wahnsinn in ihrer Not bedrohlich Einlass begehren in das Land, wo die Kanonen blüh'n. Soviel Freiheit muss sein, offen gesagt. Nicht umsonst hat Europa seinen Friedensnobelpreis bekommen. Weil doch Kriege außer Landes wesentlich lukrativer sind als auf eigenem Territorium. Die Friedensmacht Europa ist ein Bollwerk gegen den Krieg, das werden sie bestimmt wieder sagen im Wahlkampf, die Freien Demokraten, und ein sicherer Hafen für die Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie. Aber vor allem eine sicher Bank für schmutzige, mörderische Profite.

Quelle: Nationalgallerie

Haydn von HohnsteinSo paradox das auch erscheinen mag, die inszenierte "innerparteiliche Demokratie" und die angebliche "Mitgliederbeteiligung" ist nichts anderes, als ein taktisches Manöver der Parteiführung eine Analyse der Wahlniederlage und eine daraus abzuleitende personelle Erneuerung der Parteispitze und damit des politischen Kurses der SPD zu verhindern.

Wie 2009 hat Frank-Walter Steinmeier schon am Abend der Wahlniederlage den Anspruch auf den Vorsitz der Bundestagsfraktion angemeldet und wurde nur zwei Tage danach mit über 90 Prozent der Stimmen der neuen Fraktion wiedergewählt. Der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel wurde gar nicht erst in Frage gestellt.

Merkel entschuldigt sich

04|06|2013

... bevor Merkel sich entschuldigt betet sie nochmal für die vielen Polizisten, die unter Einsatz ihres Lebens die Demokratie im Status Quo aufrecht erhalten.

Brutale Polizeigewalt in Frankfurt rund um die EZB

Angela Merkel: "Ich entschuldige mich für den überharten Polizei-Einsatz gegen die Blockupy-Proteste in Frankfurt." Angela Merkel? Keineswegs. Es war der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan, der sich für den Einsatz der Polizei gegen Protestierende rund um den Taksim-Platz in Istanbul entschuldigt hat. Die Polizeibrutalität in Frankfurt ist weder der Bundesregierung, noch der hessischen Landesregierung oder dem Frankfurter Polizeipräsidenten auch nur eine Silbe wert. 

Während der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz [SPD], für die Polizeibrutalität in der Türkei Worte des Protestes findet: Die Härte der Polizei sei "völlig unangemessen", und während die Führungsfigur der GRÜNEN, Claudia Roth, ihren Protest anmeldet: "Die Gewaltexzesse der Istanbuler Polizei gegen die Demonstranten müssen sofort beendet werden", schweigen die Offiziellen in Berlin und Brüssel zu den Exzessen in Frankfurt.


Man muss sich erinnern: Das Verwaltungsgericht Frankfurt hatte entschieden, dass die Blockupy-Bewegung vor der Europäischen Zentralbank demonstrieren durfte. Also kamen sie zusammen, die Menschen, die es satt hatten mit ihrem Steuergeld Banken zu sanieren. Die nicht einsehen wollten, dass ganze Länder kaputtgespart werden. Die von ihrem Grundrecht auf Meinungsfreiheit Gebrauch machen wollten. Aber was scherte das die Polizei? Ohne auch nur den Hauch eines Vorwandes wurde ein Teil der Demonstration, den die deutschen Medien so gern und unheilverkündend den "Schwarzen Block" nennen, von der Masse der Demonstranten abgetrennt. Menschen wurden mit Schlagstöcken geprügelt, das verharmlosend "Pfeffer-Spray" genannte Kampfgas den Demonstrierenden ins Gesicht gesprüht. Es gab Blutendende und Verletzte, dass es keine Toten gab ist nur der Besonnenheit der Demonstranten zu verdanken, die dem Terror der Polizei mit großer Zurückhaltung und Disziplin begegneten. Willkürliche Verhaftungen - unter den Verhafteten Abgeordnete der Linkspartei - begleiteten eine sieben Stunden andauernde Einkesselung, die offenkundig als Wahlkampfauftakt der hessischen CDU zu begreifen war: Man prügelt auf Linke ein, um die Law-and-order-Wähler zu bewegen. Das ist billiger als das Drucken von Wahlplakaten.

Die Ereignisse in Istanbul bewegen die deutschen Medien zwischenzeitlich sehr: Ein Kommentar des ARD-TV fragt besorgt nach der Qualität der türkischen Demokratie. In der ZEIT weiß man von "Internationaler Kritik an Polizeigewalt in der Türkei" und auch, dass sich sogar "die US-Regierung ... besorgt über das harte Vorgehen der türkischen Polizei geäußert" hat. Der SPIEGEL erkennt: "In Istanbul schlägt die Polizei friedliche Proteste von Umweltschützern brutal nieder." Die WELT bemerkt: "Gewalt in der türkischen Stadt Istanbul". Auch die BILD-Zeitung ist empört: "Zwei Tage tobte die Wutwelle durch die Türkei! Zehntausende protestierten gegen die autoritäre Politik von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan." Der Nachrichtensender N 24 berichtet: "Brutaler Polizei-Einsatz bei Demo - Blutige Straßenschlachten in Istanbul". Und alle, wirklich alle, sind empört: Durchaus zu Recht.

Doch die gleichen Medien finden bei gleichen Ereignissen in Frankfurt eine ganz andere Tonart. Die ZEIT erzählt: "Blockupy-Demo bleibt in Polizeikette stecken" - irgendwie, einfach stecken geblieben. Der HESSISCHE RUNDFUNK meldet: "Blockupy-Demo endet im Polizei-Kessel" - so geht ein schöner Tag zu Ende. Sittsam titelt der FOCUS: "Mit Gewalt gegen die Sparpolitik" und berichtet dann: "Polizei unterbricht Blockupy-Proteste in Frankfurt" -wir bitten diese kleine Unterbrechung zu entschuldigen. BILD wusste schon vorab vom "Schlachtplan der Blockupy-Chaoten". Die FAZ versucht sich in einer sprachlich schlechten Satire und wendet sich mit folgender Empfehlung an die Demonstrierenden: "Vor allem aber sollten Sie überdenken, ob die Europäische Zentralbank als Endpunkt Ihrer zentralen Demonstration richtig gewählt ist. Schon klar, dass sie ein 'Symbol des Kapitalismus' sein soll und wegen 'zentral' größer und böser klingt als andere Banken, aber sie ist nun mal eine Notenbank und hat in den letzten Jahren gerade kein Land aus der EU gestoßen, sondern alle - außer Deutschland - gerettet." Und die DEUTSCHE WELLE sondert ohne irres Kichern folgenden Satz ab: "Die Polizisten setzten Pfeffer-Spray ein und forderten die Demonstranten auf, Vermummung und mitgeführte 'Passivbewaffnung' wie Schilde [Transparente] und Seile abzulegen."

Glaubt man den deutschen Medien, dann ist türkische Polizei-Gewalt um vieles gewalttätiger als die deutsche. Es sind dieselben Medien, die seit Jahr und Tag leugnen, dass die von einer Parlamentsmehrheit durchgepeitschten Banken-Rettungen brutale Gewalt bedeuten. Gewalt gegen Jugendliche, deren Arbeitslosigkeit die Zerstörung von Lebensperspektiven bedeutet. Gewalt gegen Rentner, die sich im Ergebnis Merkel ‘scher Sparpolitik ihr Essen aus griechischen oder portugiesischen Mülltonnen klauben müssen. Gewalt gegen Kinder, die in unterfinanzierten Gesundheits-Systemen unzureichend behandelt werden. Und diese Gewalt-Orgie muss natürlich mit Polizei-Gewalt geschützt werden. Diesem System wird man auf Dauer nicht friedlich begegnen können.  Quelle: Nationalgalerie

Haydn von Hohnstein

Kardinal Meisner

25|05|2013

Kardinal Meisner geht und hinterlässt ein zwiespältiges "Erbe".

Rocktragen kann zur Geschlechtsumwandlung führen

Langes Rocktragen kann zu Geschlechtsumwandlung führen. Der Beweis? Der Kölner Kardinal Meisner: Seit mehr als 50 Jahren trägt der Mann Soutane, jetzt plädiert er, gegen die Familienpolitik der Kanzlerin gewandt, energisch dafür, dass Frauen "zu Hause zu bleiben und drei, vier Kinder auf die Welt bringen." Und da nur einer Frau zusteht, über das Gebären zu rechten, weil nur die Frauen das Verfügungsrecht über ihren Bauch haben, wird Joachim Kardinal Meisner wohl inzwischen zur Frau mutiert sein.

Angefangen hatte der Mann mit einer Banklehre. Doch plötzlich, es war im schwer katholischen Eichsfeld in der DDR, fühlte Meisner den Ruf nach dem Rock, nahm ihn an und ward unversehens Kaplan in ausgerechnet Heiligenstadt, einem beschaulichen Ort unweit von Erfurt. Lange Zeit waren im nahe gelegenen St. Martinsstift die Reliquien des Heiligenpaares Sergius und Bacchus untergebracht gewesen, was einen weiteren Hinweis auf die Biographie des Kardinals gibt. Hatte doch der US-amerikanische Historiker John Boswell die Beziehung der beiden Heiligen als Beleg dafür gedeutet, dass die katholische Kirche gleichgeschlechtlichen Beziehungen nicht immer feindselig gegenübergestanden habe, weil das Heiligenpaar Vorbild für den Ritus der Adelphopoiesis [griech. "Brüdermachen"] gewesen sei, und so die Liebe Männer segnete, um sie für immer aneinander zu binden.

Ein solches Biographie-Detail im Lebenslauf des späteren Kardinals kann eine gewisse Sublimierung, eine Triebumlenkung wie Siegmund Freud sie verstand, bewirkt haben. Die Heftigkeit mit der Meisner Homosexuelle als unnatürlich brandmarkt, lässt tief blicken: "Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit." Möglicherweise stammt aus Meisners geschlechtlicher Unsicherheit auch seine unflätige Diskriminierung der Abtreibung: "In unserer Zeit, werden ungeborene Kinder millionenfach umgebracht. Abtreibung und Euthanasie heißen die Folgen dieses anmaßenden Aufbegehrens gegenüber Gott." Diese unverhohlene Gleichsetzung von Völkermördern und Abtreibungen brachten den Kölner Stadtrat der Linkspartei, Claus Ludwig, dazu den Kardinal einen Hassprediger zu nennen. Obwohl die katholische Kirche juristische Schritte androhte, blieb der Stadtrat bei seiner Wertung.


Nun, gegen Ende seiner Karriere als reaktionärer Kirchen-Funktionär, kommen dem Meisner seine Anfänge in der DDR in Erinnerung: "Ich habe ja," teilt er der "Stuttgarter Zeitung" vertrauensvoll mit, "die ganze einseitige Tragik mitgemacht in der DDR. Dort hat man den Frauen eingeredet, wer wegen der Familie zu Hause bleibe, sei dement." Dement, also "ohne Geist" ist einer, der Emanzipation für eine Krankheit hält. - Es gibt ein Foto von Meisner aus dem Jahr 1987, auf dem er den Staatsratsvorsitzenden der DDR, Erich Honecker, eindeutig anlächelt. Der Kardinal wird behaupten, dass er Honecker habe beißen wollen. Wie aber erklärt er seine Wertung der DDR auf der Berliner Bischofskonferenz im selben Jahr, als er Honecker die grinsenden Zähne zeigte: "Das Land zwischen Oder, Neiße und Werra ist Land Gottes, für das wir Verantwortung tragen. Wir bekennen uns zu unserem Weltauftrag in diesem Land nach den Worten des Psalms: Auf dieses herrliche Land ist unser Los gefallen."

Es gibt vieles, das dem Meisner anzukreiden ist: 
Seine Freundschaft zum Opus Dei, jener Organisation, die dem spanischen Faschismus gewogen war, die Gleichsetzung des Gen-Wissenschaftlers Richard Dawkins mit den Nazis und auch seine tiefe Islamophobie. Doch nichts trifft uns schlimmer, als sein Angriff auf die Merkel'sche Familienpolitik, den er mit seinem DDR-Tragik-Vergleich hatte starten wollen: Wir werden uns noch mit Angela Merkel solidarisieren müssen. Das wäre ihm nie und nimmer zu verzeihen.

Haydn von Hohnstein

Quelle:  Nationalgalerie

Panzer für Indonesien: Welthungerhilfe trägt die Kosten

14/05/2013

Wenn wir es nicht tun, dann tun es die anderen. Zum Beispiel Armut durch Minijobs schaffen. Denn, das weiß doch jeder, die Chinesen arbeiten für zwei, drei Schalen Reis, da müssen wir mithalten. Oder wenn doch alle ihre Banken mit Steuergeld sanieren, dann können wir nicht beiseite stehen. So ist es nur ganz natürlich, dass wir gute deutsche Waffen in allerlei Länder verkaufen. Denn wenn wir das nicht tun, dann tun es die anderen. Und wenn die anderen das tun, verdienen die das Geld, das uns zusteht. Ja, wo kommen wir denn dahin?

Deshalb unterstützt der deutsche Waffenhersteller Blaser GmbH auch die mächtige US-Waffen-Lobby National Rifle Association [NRA]. Denn wenn wir nicht die Gewehre und Pistolen an Kinder liefern, die anschließend Kinder erschießen, dann liefern es andere. Und bei deutscher Wertarbeit darf man sicher sein, dass der Schuss auch sitzt. Da muss so ein Kind dann nicht lange leiden.


Manchmal liegt der Fall anders. Gerade erst hatte die holländische Regierung es abgelehnt, gebrauchte deutsche Panzer an Indonesien zu liefern. Weil, sagen die Holländer, die Menschenrechtslage in Indonesien so prekär sei, dass die holländische Armee lieber mit ihren älteren Panzern noch ein paar Jahre auf den Feind warten wolle. Ja, wenn die Holländer es nicht tun, dann tun wir es. Denn unsere Rüstungs-Export-Kanzlerin, Angela, die emotional gepanzerte, war im letzten Sommer in Indonesien. Da hat ihr der Staatspräsident Susilo Bambang Yudhoyono unaufgefordert versichert, dass die Waffen, die er gern hätte, nicht gegen das eigene Volk eingesetzt werden sollen. Ja, wenn er das sagt. Dann werden die Panzer, die wir jetzt an den Inselstaat liefern, wahrscheinlich Schwimmpanzer sein: Wenn der böse Feind über das Meer kommt, wird der deutsche Flossen-Panzer in den Buchten lauern und dann. Dann aber!


Auch der Generalfeld-Minister, Thomas de Maizière, ein anerkannter Experte des Waffenhandels, ist für den Deal: "In der muslimischen Welt ist Indonesien die größte Demokratie. Dass wir Waffen dorthin exportieren, finde ich nicht kritikwürdig." Zumal wenn er alte, gebrauchte Panzer im Gefolge der Lieferung nach Indonesien los wird, um wunderbare neue zu kaufen. Da freut sich der Minister. Und auch die deutsche Rüstungsindustrie. Wahrscheinlich sind die fast 30 Prozent der etwa 250 Millionen Indonesier, die in bitterer Armut leben, nicht ganz so erfreut. Denn 20 Prozent der Kleinkinder im Land sind unterernährt, und alle zwei Stunden stirbt eine Frau bei der Geburt ihres Kindes. Da fänden sich für die mehr als 200 Millionen Euro des Waffen-Deals sicher andere Verwendungen. Denken die Armen. Aber um solche Kleinigkeiten kann sich die deutsche Regierung nicht kümmern. Schließlich haben wir schon Staaten wie Griechenland oder Portugal mit teuren Waffenlieferungen in den Staatsbankrott getrieben. Um die Folgen soll sich gefälligst die Welthungerhilfe kümmern. Ansonsten ist es wie mit den bewaffneten Kindern in den USA: Wenn die Amis nicht auf ihre Kinder aufpassen, was kann die deutsche Kanzlerin dafür?

Die deutsche Kanzlerin ist, wie die anderen Bundestagsabgeordneten auch, nur ihrem Gewissen unterworfen. Sagt das Grundgesetz. Nun ist ihr Gewissen über die Jahre ähnlich gebraucht wie die Panzer. Es ist nicht auszuschließen, dass die Merkel es bereits zerschlissen von Helmut Kohl übernommen hat. Nur im Fall Merkel ist alles ganz anders: Wenn wir sie nicht ablösen, tut es kein anderer.

Haydn von Hohnstein

Quelle: Nationalgalerie  

„Kennt ihr das Land, wo die Skandale blühen?“

04|05|2013

Unerreicht, wenn es um "Amigo-Affären" geht?!

Beobachtungen zu Tendenzen in Bayern

Ich erkläre freimütig, dass ich als geborener Hamburger, von früh an und anhaltend in kritischer Distanz zu diesem Land Bayern und seinem namengebenden Stamm gestanden habe. Selbst nach einem sympathischen Teil-Studium in München und der Befreundung mit der Landschaft Drumherum, sind mir bayerische Traditionen, bayerisches Bier und bayerisches Denken sehr fremd geblieben. Dass sich Hitler in München sehr viel wohler fühlte als in seiner Reichshauptstadt, hat mir, als ich allmählich Berliner wurde, immer negativ eingeleuchtet. [Dass die Stadt für diese mörderische Liebe nichts kann – geschenkt !] Der Gerechtigkeit halber sei gesagt, dass dabei auch die mit der vom Führer verehrten Stadt der Reichsparteitage, Nürnberg, nicht gut wegkam.

Bayern hat in den vergangenen Jahrzehnten durch enorme Modernisierung zum immer schon geschäftigen Baden-Württemberg aufgeschlossen. Dementsprechend gibt es ein ökonomisches Gefälle von den reichen deutschen Südstaaten zu den ärmeren im Norden. Es gibt aber auch ein politisches Aufklärungsgefälle vom immer schon rationaleren Stadtstaat Hamburg zu einem Freistaat Bayern, dessen profunder Mangel an zivilisiertem staatlichen Handeln und an Selbstkritik der Mächtigen elementar mit der jahrzehntelang betonierten Herrschaft der CSU zu tun haben dürfte.

Fälle wie die im Folgenden skizzierten mag es da und dort auch in anderen Bundesländern geben. Wie aber staatliche Institutionen mit ihnen umgehen, das erscheint mir so leider nur in Bayern möglich. Eine massiv im Regionalcharakter verankerte Mia-san-mia-Mentalität und das durch die jahrzehntelange Herrschaft praktisch einer Partei auf der Machtebene etablierte Amigo-Prinzip haben in Bayern auf der Ebene der politischen Gewalten die Entwicklung einer bedenklichen geistigen Rückständigkeit hervorgerufen. Wenn wir ihr im Bund auf einem Niveau begegnen, das nur dank der Sperrminorität der CSU Regierungsfähigkeit vorspiegelt – Innenminister Friedrich, Verkehrsminister Ramsauer usw. – dann mögen sie viele von uns belächeln. Wo sich ihre Produkte im eigenen Bundesland ganz zuhause fühlen, wird ihre demokratiefeindliche Selbstgerechtigkeit zur Bedrohung für alle.

1 - Fall Mollath

Der heute 66jährige Gustl Mollath, Waldorfschüler und Maschinenbauer, ist aufgrund einer Anordnung des Landgerichts Nürnberg-Fürth, das ihm eine gemeingefährliche Paranoia bescheinigte, seit sieben Jahren in der Bayreuther Psychiatrie eingesperrt. Die auf mehrere willkürliche und fahrlässige Gutachten gestützte Einweisung geschah im Zusammenhang mit einem Strafprozess: Mollath hatte 2004 seine Frau, mit der er sich in Scheidung befand, beschuldigt, in ein komplexes System der Schwarzgeldverschiebung bei der Bayerischen HypoVereinsbank. verwickelt zu sein, für die sie als Vermögensberaterin arbeitete. Ihre Beschuldigungen, er habe sie geschlagen, fremde Autoreifen zerstochen usw., brachten ihn schließlich in die geschlossene Abteilung.

Spätestens nachdem im November 2012 Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft die Räume der Bank mit rund 60 Beamten durchsucht hatten, kann als erwiesen gelten, dass die meisten von Mollaths als paranoid gewerteten Behauptungen bzgl. der millionenschweren Schwarzgeldgeschäfte voll zutreffen. Neben vielen anderen skandalösen Umständen stellte sich nun z.B. scheibchenweise heraus, dass der [damalige] Vorsitzende Richter, ein Duzfreund des späteren Ehemanns von Mollaths Frau, die zuständige Steuerfahndung in der Angelegenheit Hypovereinsbank telefonisch zu beeinflussen versucht hatte.

Bereits zuvor hatten engagierte Anwälte sowie eine Reihe von Medien, darunter vor allem Report Mainz und die Süddeutsche Zeitung, sich des Falls Mollath angenommen. Die zuständigen Instanzen, vom Landgericht bis zur CSU-Innenministerin, flüchteten sich von einer Lüge in die nächste, bis nichts mehr ging. Unter dem Druck der Öffentlichkeit, darunter der Rechtsausschuss des Bayerischen Landtags und die Oppositions-Partei der Freien Wähler, ist nun ein Wiederaufnahmeverfahren in die Wege geleitet worden.

Mollath sitzt weiter in der Psychiatrie. Unter dem Stichwort seines Namens bietet Wikipedia einen Einstieg in das außerordentlich verwickelte Intrigen- und Lügengewebe zwischen bayerischer Justiz, Politik und Bank.

2 - Polizeigewalt

In Bayerns Polizei häuft sich die Anwendung von brutaler Gewalt gegen Bürger seit einigen Jahren auffällig. Dabei werden entsprechende Anzeigen nicht selten amtlich unterdrückt und, wenn eine Verurteilung unabwendbar erscheint, gerne Haftstrafen von unter einem Jahr verhängt, die eine weitere Anstellung des Täters als Bulle nicht gefährden.

Der Polizeichef von Rosenheim wird zu 11 Monaten Bewährungsstrafe verurteilt, weil er einem angetrunkenen 15jährigen, der sich gefesselt auf der Wache befindet, den Kopf dermaßen gegen die Wand schlägt, dass er einen Schneidezahn verliert. Der Regensburger Musikschüler Eisenberg, wird, als er eines Tages offenbar ausrastet, von Polizisten, angeblich in Notwehr, durch zwölf Schüsse, davon sieben von hinten, getötet. Die Münchnerin Teresa Z. landet nach einem harmlosen Streit mit ihrem Freund letztlich auf der Polizeiwache, wo sie, in einer Zelle gefesselt auf einer Pritsche liegend, von einem Beamten so verprügelt wird, dass ihr sowohl die Nase als auch ein Augenhöhlenbogen gebrochen werden.

Bayerns CSU-Innenminister Herrmann spricht von Einzelfällen. Deren aus jüngerer Zeit stammende Liste lässt sich leider aktuell verlängern.

3 - Vetternwirtschaft

Der Fraktionschef der CSU im bayerischen Landtag, Georg Schmid, ist – natürlich erst auf heftigen öffentlichen Druck hin – vor einigen Tagen zurückgetreten, weil bekannt wurde, dass er seine Ehefrau über Jahre hin als Mitarbeiterin in seinem Wahlkreisbüro angestellt hatte. Das aus der Staatskasse stammende Monatsgehalt betrug durchschnittlich über 5000 €, die sich in der Familie zu den stattlichen 20 000 € des CSU-Funktionärs addierten. Wie er, so fanden 17 von 92 Abgeordneten der Partei, die sich nach jahrzehntelanger Herrschaft im Freistaat offenbar mit diesem verwechselt, nichts dabei, eine solche Art von lukrativer Vetternwirtschaft zu praktizieren. Der Parteifreund Winter, Vorsitzender des Haushaltsausschusses [und inzwischen als solcher ebenfalls zurückgetreten], kam sogar auf die Idee, seine beiden Söhne – 13 und 14 Jahre alt – als Mitarbeiter auf Minijob-Basis zu beschäftigen.

Es versteht sich, dass alle Vetternwirtschaftler den Vorwurf der Gesetzeswidrigkeit weit von sich weisen. Man weicht allenfalls der öffentlichen Meinung, die es halt nicht besser wisse. Dass auch zwei Abgeordnete der SPD, einer von den Grünen und einer von den Freien Wählern des gleichen Delikts beschuldigt werden, macht die Sache nicht besser, weist aber zugleich auf Proportionen hin.

4 - Hoeness

Uli Hoeness, Präsident des FC Bayern München, hat getan, was Tausende, vielleicht sogar Hunderttausende im Lande – und natürlich nicht nur in Bayern – auch getan haben und noch tun : er hat Steuern hinterzogen. Und irgendwann hat er getan, was jetzt immer mehr Leute auch tun – er hat kalte Füße bekommen und sich selbst angezeigt, um der möglichen Entdeckung durch eine der inzwischen modisch gewordenen Steuer-CDs zu entgehen.

Dass der Fußball-Zar dabei vorsorglich mehrere Millionen Euro an Steuern nachgezahlt hat, weist, wie Kenner sagen, auf das zu versteuernde Volumen eines zwei- bis dreistelligen Millionenbetrags hin. Obwohl uns die immer schon Gerechten ebenso wie die noch nicht Erwischten jetzt natürlich einzureden versuchen, in jedem von uns stecke auch ein bisschen Uli Hoeness, halten wir fest : es geht nicht mehr um das dem Finanzamt verschwiegene fette Vortragshonorar von 300 Euro, sondern es geht um Peanuts – die für die Freunde der Deutschen Bank bekanntlich bei 50 Millionen € beginnen.

Die ganze Affäre ist hinlänglich durch die Medien gezogen worden und wird uns in eben diesen vermutlich noch eine Weile begleiten. Unabhängig davon fallen dem aufmerksamen Zeitgenossen an diesem Geschehen ein paar Umstände auf, die zunächst einmal nur locker miteinander – und vielleicht auch mit den übrigen hier behandelten bayerischen Zuständen zu tun haben.

Der geistig mit dem [noch] amtierenden Fußball-Zar verwandte Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer, als Steuerbürger Exil-Österreicher, bringt in seinen Memoiren die bayerische Amigo-Mentalität unter den oberen Zehntausend auf den Nenner des Satzes, den ihm zu Höchstverdienerzeiten sein Amigo CSU-Finanzminister Ludwig Huber einmal mit auf den Weg gegeben habe: Franz wenn was ist, nur melden.

Indes erklären die aktiven Kollegen vom FC Bayern die Millionen-Hinterziehung ihres Präsidenten zur Privatsache. Bisher fordert niemand seinen Rücktritt, zumindest offiziell. Allenfalls wird vom Wanken eines Vorbilds gesprochen, gern auch vom persönlichen Unglück des Managers, für das man ein paar Krokodilstränen übrig hat. Wer sich ein bisschen für Sport interessiert, weiß, dass der FC Bayern, als am stärksten gelddefinierter Verein der Bundesliga, die deutsche Fußballwelt polarisiert [und Hoeness mit seinen regelmäßigen rüden Attacken Einzelner zumal]. Der glaubt auch nicht an Zufall, wenn Bayerns Einkauf von Götze dem Dortmunder BVB als Blutgrätsche verpasst wird.

Vorstandsvorsitzender Rummenigge allerdings möchte sich seinen Verein gar nicht ohne Hoeness vorstellen. Wahrscheinlich kann er sich besser als andere in ihn einfühlen, seit er, ebenfalls in einem Ermittlungsverfahren, vom selben Anwalt wie der Freund vertreten wird, weil er im Februar, bei der Rückreise aus dem Emirat Katar, zwei Rolex-Luxusarmbanduhren (300.000,- €) am Zoll vorbeizuschmuggeln versuchte.

Ob der CSU-Vorsitzende Seehofer davon wusste ? Nach Hoeness' Selbstoffenbarung jedenfalls gab der bayerische Regierungschef von sich aus an, er sei über das Verfahren gegen diesen schon seit geraumer Zeit informiert gewesen. Es versteht sich, dass alle sich fragen, wer in der Finanzbehörde das auch einem Uli Hoeness zustehende Steuergeheimnis gebrochen habe – an der mindestens so skandalösen Information des Ministerpräsidenten, der sich mit diesem Bruch der Amtsverschwiegenheit noch brüstet, nimmt kaum jemand Anstoß.

Seehofers dieser Tage gern zitiertes Amigo-Aperçu – Wenn es dem FC Bayern gut geht, geht es auch der CSU gut – versteht man erheblich besser, wenn man sich die Besetzung des von Hoeness präsidierten Aufsichtsrats der FC-Bayern-AG ansieht, die sich wie der Gotha der deutschen Wirtschaft liest: VW und Audi, Telekom und Adidas, Focus und Burda sind hier durch die bekannten Herren vertreten, Ex-CSU-Chef Stoiber sorgt für den direkten Kontakt zu Partei und Politik. Und wenn sie hinter vorgehaltener Hand reden, kann man schon leicht mal meinen, man hätte gehört: wenn es dem FC Bayern gut geht, geht es auch Deutschland gut.
Und was ist eigentlich mit den anderen „Asozialen“ (Zitat: BP-Gauck), wie Beckenbauer, Schumacher, Vettel und den vielen anderen Hochleistungssportler, die ihren Wohnsitz schnell ins Ausland verlegt haben um hier in Deutschland keine Steuern zahlen zu müssen. Das ist auch nach meiner Meinung – Steuerflucht , also auch Steuerhinterziehung. Uli Hoeness ist „kriminell“ und muss vermtl. in den Knast, ( weil er im Lande geblieben ist) die Anderen sind unsere Helden, weil sie im Ausland leben und unseren Staat um zig Millionen Steuern hinterzogen und betrogen haben. Wer ist denn hier kriminell und asozial?  Warum bejubeln wir diese?

5 - Zschäpe-Prozess

Die Anklage gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe, dass sie als Mitglied im Führungskreis des Nationalsozialistischen Untergrunds an zehn Morden des NSU beteiligt gewesen sei, wird vor dem Oberlandesgericht München verhandelt. Der Prozess soll am 6. Mai beginnen.

Das Gericht könnte mitbekommen haben, dass bei diesen beispiellosen Verbrechen die deutsche Justiz ebenso wie Polizei und Verfassungsschutz eine erbärmliche Rolle gespielt haben. Die Mordserie wird über Jahre begleitet von einer geradezu unglaublichen Fülle von verschleppten Fahndungen und krassen Ermittlungsfehlern [die man gern verharmlosend Pannen nennt], von fahrlässigen bis absichtlichen Aktenvernichtungen und von rechtswidriger bezahlter Beschäftigung rechter V-Leute.

Auch von seiner Zuständigkeit weiß das OLG seit spätestens einem halben Jahr. Sie hängt damit zusammen, dass das erste Mordopfer im Jahr 2000 ein türkischstämmiger Blumenhändler in Nürnberg wurde – und ihm noch zwei weitere in derselben Stadt folgten [überdies einer in München]. Bayern ist also nicht nur Schauplatz des Prozesses sondern wesentlich auch Tatort.

Von der ersten Tat in Nürnberg an sucht die dort eingesetzte SoKo mit dem zynischen Namen Bosporus das Motiv dafür praktisch ausschließlich bei den Opfern selbst. Organisierte Kriminalität, Drogenmafia, Geldwäsche sind für die bayerischen Ermittler automatisch Assoziationen, wenn es um Menschen mit Migrationshintergrund Südosteuropa geht. Nach einer eindeutigen Serie von neun nach Rassismus aussehenden Verbrechen, schafft es CSU-Innenminister Beckstein noch 2006, diese weiter von seiner SoKo statt vom BKA untersuchen zu lassen.

Das OLG München weiß selbstverständlich ebenso, dass acht der zehn Todesopfer türkischer Herkunft waren. Und es weiß, dass es ein enormes öffentliches Interesse an diesem Prozess gibt, im Inland wie im Ausland, insbesondere natürlich in den Heimatländern der nicht-deutschen Ermordeten – von den Angehörigen der Opfer gar nicht zu reden. Dass nach allem Vorgefallenen die Erwartung, man werde an einer korrekten, die Taten radikal aufklärenden rechtsstaatlichen Verhandlung teilnehmen, verständlicherweise besonders hoch ist, versteht sich von selbst.

Das Münchner Oberlandesgericht weiß das alles, will es aber nicht wissen. Enormes öffentliches Interesse – egal: der große Schwurgerichts-Saal mit Platz für 50 Medienvertreter und ungefähr ebenso viele Zuhörer, muss reichen. Wo kämen wir hin, wenn wir uns rechtzeitig um einen extragroßen Saal kümmern würden wie bei den RAF-Verfahren in Stammheim oder beim Auschwitz-Prozess in Frankfurt. Video-Übertragung in andere Räume – ausgeschlossen: dass die Frage der Zulässigkeit unter Juristen zumindest umstritten ist, nimmt das Gericht nicht zur Kenntnis. Und das besondere Interesse aus der Türkei? Spielt nach unserer Rechtsauffassung keine Rolle. Wir verfahren nach der Devise: wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

Wenn das OLG diese Zuerkennung von Plätzen nach der Schnelligkeit der Journalisten als Windhund-Prinzip bezeichnet, mag man im Hinblick auf Hitlers einstige Lieblingsregion nicht an Zufall glauben. Zu tief verankert in einer ganzen Generation war, wie der deutsche Junge nach der Definition ihres Führers zu sein hätte: hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder, flink wie Windhunde. Markige Worte, gesprochen auf dem Reichsparteitag 1935 – in Nürnberg.

Erst das Bundesverfassungsgericht verordnet dem OLG eine angemessene Beteiligung türkischer Medien, die eine Neuterminierung des Prozesses nötig macht. Eine Sinnesänderung seines Präsidenten kann es Karl Huber nicht vorschreiben. Ein bayerischer Gerichtspräsident entschuldigt sich nicht bei jenen Angehörigen, die unter der von ihm verschuldeten Verschiebung psychisch und praktisch leiden. Das Losverfahren, das nun Pforzheimer Zeitung und Brigitte zu Prozessbeobachtern ernennt, FAZ, Süddeutsche Zeitung und taz aber aussperrt, haben Dummheit und Arroganz entworfen. Der für Medien der Information und der Kritik etablierte Begriff der vierten Gewalt hat sich bis zur Münchner Justiz noch nicht herumgesprochen.

Wer die skandalöse Vorbereitung des NSU-Prozesses verfolgt hat, kommt leicht auf die Idee, dass es sich bei den Missgriffen, dem Starrsinn und der Borniertheit des Gerichts nicht um Zufälle handelt, sondern um den Geist einer Institution, schlimmer: den eines Staates. Mit größter Skepsis fragt man sich, ob solche Geister eigentlich der politischen Dimension eines Verfahrens gerecht werden können, in dem es dem Buchstaben nach nur um Straftaten und ihre juristische Bewertung gehen darf – in dem aber in Wirklichkeit die gesellschaftliche Geltung unserer Normen und Wertorientierungen fundamental zur Debatte steht.

Quelle: Nationalgallerie

Nur gut, dass wir nicht in Bayern leben.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Uli Hoeneß

26|04|2013


Uli Hoeneß hat wahrscheinlich nur einen Fehler gemacht, meint Franz Beckenbauer - nicht wahrscheinlich, ganz bestimmt sogar.

Das arme Würstchen

Noch bevor die Justiz sich der Sache Uli Hoeneß so richtig annehmen konnte, wurde der Fall des Steuerhinterziehers und Präsidenten von Bayern München vor dem TV-Schnellgericht des Günther Jauch verhandelt. Neben einem zögerlichen Finanzminister aus Nordrhein-Westfalen saßen auch der Sportschau-Rentner Dieter Kürten, der Steuerbetrugs-Anwalt Wolfgang Kubicki und der Behelfs-Entertainer Oliver Pocher zu Gericht.


Zwar gab es keinen richtigen Freispruch, dafür breitete sich eine gehörige Portion Mitleid aus: Ein Promi-Malus sei über den Würstchenfabrikanten hereingebrochen, er sei an den Pranger gestellt worden und überhaupt. Die Linie hatte die Kanzlerin vorgegeben: Traurig sei sie über den Herrn Hoeneß. Nicht sauer, wütend oder gar empört. Der Arme-Würstchen-Kurs war abgesteckt. Auch ihr Konkurrent, Peer Steinbrück, der heftig auf das Geldversteck Schweiz schimpfte, mochte sich nicht erinnern, dass Hoeneß sein Promi-Berater war, als er noch als Finanzminister Banken rettete. Ganz zu schweigen von den Sponsoren des Fußballvereins Bayern München: Telekom und Audi [VW], deren kräftige Staatsanteile sie zu einer Stellungnahme in der Steueraffäre hätten ermuntern können: Sie schwiegen. Man ließ die Finger vom heißen Würstchen.

Auch Adidas, der private Sponsor und Anteilseigner des Münchner Vereins, mochte seinen Senf zum Fall Hoeneß bisher nicht dazu geben. Obwohl mit dem Ex-Chef des Unternehmens alles anfing: Der gab dem Ex-Fußballspieler vor Jahren mal eben 20 Millionen Mark. Dass es einen Zusammenhang mit diesen 20 Millionen und dem Einstieg des Sportartikel-Konzerns in die Bayern München AG gab, liegt auf der Hand. Mit diesem Geldsegen - der damalige Adidas-Chef richtete dem Uli Hoeneß sogar ein Konto bei der Züricher Vontobel Bank ein - begann die Aktienzockerei des Bayern-Präsidenten und auch seine Steuerhinterziehung. Es war das Jahr 2000, der Marktradikalismus lief auf Hochtouren, Reichtum wurde zunehmend zum Maßstab gesellschaftlichen Ansehens und Hoeneß, der Sohn eines Fleischermeisters und einst "schnellster lebender Stürmer Europas", wollte dabei sein, beim schnellen Geldverdienen, beim noch reicher werden, bei der neuen Norm für den besseren Menschen: Dem Millionen-Vermögen.

Der Fußballsport ist voller gesellschaftlich relevanter Sprachbilder: Man kann ins Abseits geraten, die rote Karte gezeigt bekommen, ein Eigentor schießen und gefoult werden. Immer drehen sich die zu Metaphern geronnenen Fußballausdrücke um das Regelwerk, um das faire Spiel. Doch längst sind die Regeln der Fairness höchstens noch auf dem Platz einzuhalten. Die Bundesliga ist mit ihren zwei Milliarden Umsatz ein Wirtschaftsfaktor. Nicht zufällig tragen die großen Fußballstadien Namen von Konzernen: Die Münchner Fußball-Arena heißt mit Vornamen Allianz. Ein Unternehmen, das vor 1945 diverse NSDAP-Gliederungen versicherte und wohl deshalb jüdische Versicherungshäuser übernehmen konnte. Heute spendet die Allianz kräftig an Bundestagsparteien [mit Ausnahme der LINKEN] und erzielt prima Profite bei der Spekulation mit Lebensmitteln (das allein sollte schon ein Grund sein, diese Versicherung zu meiden). In Hannover trägt das Stadion den Namen des Finanzdienstleisters AWD, der durch seine dubiosen Vertreter bekannt geworden ist, Schalke nennt sein Stadion nach einer Biermarke, da weiß der jugendliche Koma-Säufer, was er trinken muss, und in Dresden nennt sich die Stätte der Fußballglückseligkeit geschmackvoll "Glücksgas-Stadion".


Auf dem Weg zur wiedererstarkten Nation tönte nicht nur das Tor-Tor-Tor-Geschrei der von "Deutschland" gewonnenen Fußballweltmeisterschaft 1954. Auch die Fahnenmeere diverser Europa-und Weltmeisterschaften zeigten den Nachbarländern wo der deutsche Hammer hängt: An die 70 Millionen Euro wurden bei der letzen Fußballweltmeisterschaft für schwarz-rot-goldene Wink-Elemente ausgegeben. Dass der plakative Patriotismus aus China importiert war und mit 500 Prozent Profit unter die euphorisierten Massen gebracht wurde: Wen kümmerte das? Im Rahmen der Propaganda für die Agenda 2010, jenem rot-grünen Papier zum Sozialabbau, errang der Fußball sogar höchste intellektuelle Weihen. Der ehemals linke Schriftsteller Peter Schneider zum Beispiel entdeckte in der Zeitschrift "Spiegel" ein Versagen der Intellektuellen in der aktuellen "Reform"-Diskussion und barmte: "Während der Fußball-Bundestrainer in seinem Bemühen, die Lähmung der Nationalelf zu beheben, von vielen Millionen selbst ernannter Co-Trainer unterstützt wird, sehen sich die wenigen entschlossenen Reformer des Landes bei ihren Bemühungen ganz auf sich allein gestellt."

Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei, erzählt in schöner Vulgärphilosophie ein Schlager der 80er Jahre. Und das arme Würstchen Hoeneß soll, so erzählen Medien, doch bitte kein Ende mit Schrecken finden. Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast befand: "Hoeneß ist selber genug gestraft, weil er sein Image ad absurdum geführt hat". Die BILD-Zeitung sorgte sich, dass der Wurstfabrikant spielsüchtig sei und die "Süddeutsche" trötete in die selbe Vuvuzela: "Hier hat einer... sein Konto in der Schweiz irgendwann selbst für ein Spielkonto gehalten". So ist es mit dem Kapitalismus: Er will nur spielen.

Quelle:  Nationalgalerie

AfD - Jetzt hat sich's „ausgemerkelt!“

17|04|2013

Eine gewisse Sorglosigkeit umgab Mutti Merkel noch zu Zeiten des Landtagswahlkampfes 2013 - das änderte sich aber blitzartig und scheint sich mehr und mehr zu  materialisieren!

Am Sonntag hat sich eine neue Partei konstituiert, die bereits in ihrem Parteinamen zum Generalangriff auf die angebliche „Alternativlosigkeit“ Angela Merkels & Co. geblasen hat:  Alternative für Deutschland.

Zunächst noch zu Jahresbeginn von den „Etablierten“ Pfeffersäcken von Gabriel bis Kauder belächelt, da firmierte sie noch unter „Wahlalternative 2013“, hat sie doch bereits dem englischen Patienten McWiehießerdochgleichbloß [er wird in die allgemeine Vergessenheit absinken, so wie er durch Wulffs Peinlichkeitenserie aus dem Nichts aufgetaucht ist] die Wahl zum niedersächsischen Ministerpräsidenten gekostet [vorher war er eh bloß ernannt]. 355 Stimmen hatten ihm gefehlt im konservativen Lager. 1,1% der Stimmen hat die Wahlalternative 2013 in einem Blitzwahlkampf zusammen gebracht.


So könnte es jetzt auch zur Bundestagswahl im September kommen, vielleicht sogar schon zur Bayern-Wahl vorher. Da will die Alternative für Deutschland nämlich auch schon antreten. Auch hier zeigt sich: Die Oberschlauen von Vorgestern haben sich verkalkuliert mit ihrer Wahltermin-Taktik in Bayern: Gedacht, um Bayern mal wieder ein völlig unnötiges „Alleinstellungsmerkmal“ zu verschaffen für die eigene Eitelkeit, könnte sich der um eine Woche vor der Bundestagswahl liegende Termin für die Landtagswahl nun als Bumerang erweisen: Kommt die neue AfD dort in Bayern über die 5 %, ist das wie eine Einladung für alle unzufriedenen Bundesbürger, diese Partei auch auf Bundesebene über die 5 % zu helfen. Wenn es bei den 5 % bleibt.

In Berlin sind übrigens bereits ganze Mannschaften der Freien Wähler zur neuen Alternative zur Alternativlosigkeit abgewandert: Tenor der Ausgetretenen und Enttäuschten: die Freien Wähler sind in Bezug auf Euro-Ausstieg „zu vage“ und unentschlossen.

Mangelnde Entschlossenheit kann man der neuen Partei, die nach einer neuesten imap-Umfrage vor einer Woche ein Wähler-Potential von derzeit 24 Prozent in Deutschland haben, nicht nachsagen. Bei ihr ist auch nicht zu erwarten, dass Parteivorstandsmitglieder, also DIE Aushängeschilder der Partei in Badelatschen zu Talk-Shows im deutschen Fernsehen anreisen. Die Professoren-Clique aus mehreren Hundertschaften von Volkswirtschafts-Professoren wollen's jetzt wissen. Kein Ausverkauf des deutschen Wohlstands mehr durch die Weichspüler von Grün bis Schwarz. 

Keine Parteiendiktatur mehr nach östlichem Vorbild [die Diktatur des Proletariats in der Theorie wandelte Lenin -schlau- zur Diktatur der Partei über das Proletariat – das Spinnennetz der Hörigen der „Neuen Sozialen Marktwirtschaft“ (INSM) führt zu der gleichen Machtverteilung], so zumindest will es die neue Alternative für Deutschland laut ihrem  Wahlprogramm:

Zitat:

" ... - Parteien sollen am politischen System mitwirken, es aber nicht beherrschen 
- Wir fordern mehr direkte Demokratie in den Parteien. Das Volk soll den Willen der Parteien bestimmen, nicht umgekehrt.
- Parteispenden über 10.000 Euro werden nicht angenommen, um Lobbyismus in der derzeitigen Form zu vermeiden“ 
( Quelle: Wahlprogramm der Alternative für Deutschland ) 

Auch die repräsentative Demokratie halten sie für überholungsbedürftig:

- Einführung von Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild
- Verbot von Nebentätigkeiten für Abgeordnete


Sie bekennen sich klar zum Grundgesetz und dem rechtsstaatlichen Grundsatz, dass Regierungshandeln auch in Not und Einzelfall [was im Falle der Bankenkrise zur Regel wurde unter Merkel seit 2008 und auch in der Weimarer Republik kurz vor Hitlers Machtübernahme, „Notverordnungen des Reichspräsidenten Hindenburg, die die Rechte des Parlaments einfach übergingen] nicht über Gesetze der Bundesrepublik einfach hinweg gehen darf.


Dies ist in der Bundesrepublik von 2013 leider keine Selbstverständlichkeit. Allen voran Bundesfinanzminister Schäuble sägt ständig an der grundgesetzlichen Ordnung und will sie durch eine wirtschaftsfreundliche liberale Staatlichkeit auf EU-Ebene ersetzen: „ … über die Ewigkeitsgarantie im Grundgesetz [Art. 79 Abs. 3] müsse man noch mal reden zu gegebener Zeit ...“


Die europäische Zentralbank kauft in großem Stil [Hunderte von Milliarden]Schrottpapiere von Adeligen und Großanlegern auf, um diese zu sanieren und das deutsche Volk in die Pleite zu manövrieren. Und die Bundesregierung legt kein Veto ein, was ihr möglich wäre. Ganz im Gegenteil: Sie hat ja Jörg Asmussen dorthin entsandt [unter Steinbrück Staatssekretär, der die Öffnung der Finanzmärkte zu wilden Spekulationen erst ermöglichte].

Irgendwas läuft da in Berlin und Brüssel, was den meisten Deutschen noch nicht ganz klar ist: die Enteignung des in den letzten Jahrzehnten erarbeiteten Wohlstands zu Gunsten einiger Superreicher in In- und Ausland. Durch eine deutsche Bundeskanzlerin. Sie führt fort, was ihr Vorgänger Kohl begann.

Anscheinend ist nun zumindest bei diversen Volkswirten, die sich da ja zumindest vom beruflichen und wissenschaftlichen her auskennen [sollten] ein Groschen gefallen und sie haben sich nun zusammen getan. In einer neuen Partei, zu der den Altherren Genscher und Brüderle nichts anderes einfällt, als sie als „Professoren-Gewäsch“ [Brüderle] abzutun bzw. die Allgemein-Formel „man darf jetzt den europäischen Einigungsprozess nicht gefährden“ zum x-ten Male zu wiederholen [Genscher], auch wenn unklar ist, wer sich da eigentlich mit wem geeinigt hat [die EZB mit den Superreichen? Bürger bleibt außen vor]. Auch Juncker hat neulich ja völlig aus der Luft gegriffen die „Kriegs-Rhetorik“ aus der Steinzeit des letzten Jahrhunderts [1914 – „jeder Stoß ein Franzos'“] hervor geholt um den Superraub der Banker und EU-Eliten an den Bürgern zu verschleiern.

Aber all diese destruktive Rhetorik hat als Kritik an dieser neuen Partei irgendwie keine Kraft [mehr]. Die Allgemeinplätze haben sich abgenutzt, die Nachteile des Euros liegen einfach jedem auf der Hand [bzw. fehlen ihm dort in Gestalt von verschwundenen Münzen]. Außerdem: Eine angebliche „Einthemen-Partei“ [AfD in der Sicht der Konkurrenten] ist immer noch besser als eine Weichspüler-Kein-Themen-Parteien-Front wie derzeit von SPD bis CDU. 


Jürgen Trittin macht sich indes auf, angesichts der neuen Anti-Euro-Partei das Gespenst der Arbeitsplatzvernichtung deutscher Exportarbeitsplätze an die Wand zu malen. Das immer und immer wieder hervor gebrachte Argument, ein starke D-Mark schade den Deutschen, habe ich bis heute nicht verstanden. Wie soll es schlecht sein, wenn mein Geld im Ausland mehr wert ist anstatt weniger? Ich kann dort doch mehr einkaufen als für minderwertiges Geld??? Deutschland ist ein Rohstoff-Importeur allererster Güte, Öl und Gas müssen wir importieren. Und wie bezahlen wir diese Rohstoffe? Mit abgewertetem Geld besser als mit aufgewertetem? Das erklär' mir bitte mal etwas näher, wer es verstanden hat!

Dass deutsche Exporte im Ausland für die Ausländer TEURER wird bei einer aufgewerteten D-Mark, ist mir auch klar. Dann können die Ausländer weniger Autos von uns kaufen. Aber wir könnten sie doch billiger machen dann mit dem Geld, was wir einsparen beim Rohöl-Einkauf?


Bitte erkläre es mir jemand, dass ich einmal diese komische Rechnung verstehe. Bis jetzt erscheint sie mir nur eine Privilegierung einzelner Unternehmenseigentümer der Export-Branche zu sein, die von der restlichen Bevölkerung und Volkswirtschaft subventioniert werden. Ohne es so zu nennen. 

Und wenn Deutschland nicht mehr so viele Waffen exportieren kann an arabische Länder, wegen angeblicher Abwertung der deutschen Währung, dann finde ich das auch gar nicht soooo schlimm.

Auf die Frage der Grenzen wirtschaftlichen Wachstums und Wohlstands auf der Erde haben die aufgebrachten Volkswirte der AfD allerdings noch keine Antwort gegeben. Vielleicht ist das nicht so ihr Thema. Sie sind ja alle schon recht alt und hoffen vielleicht darauf, den ökologischen Kollaps unseres ehemals wunderschönen blauen Planeten nicht mehr persönlich miterleben zu müssen. Ich hoffe allerdings für diese Herren dann, dass die Annahme von der Wiedergeburt von Lebewesen auf der Erde falsch ist und die katholische Kirche recht hat mit nur ein Mal leben und dann ab in die Hölle oder mit Glück in den Himmel. Wenn die katholische Auffassung falsch sein sollte, haben sich die Herren Volkswirte ohne Grenzen HIER allerdings dann verkalkuliert. Aber das werden sie dann ja sehen in ihrem nächsten Leben. 

Jedenfalls bräuchte die Menschheit, wenn sie den Wohlstand auf dem gesamten Planeten leben wollte, so, wie wir ihn zur Zeit bei uns haben [mit Häfen und Buslinien, die keiner braucht], ganze vier Planeten bzw. die Ressourcen davon. Die entsprechende Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages hat gerade zu dem Thema Grenzen des Wachstums wieder erfolgreich eine Wischi-Waschi-Abschluss-Deklaration verabschiedet. 

Auch zur sozialen Frage hat sich die neue Partei AfD noch nicht sehr ausführlich geäußert. Das Thema Arbeitslosigkeit, ganz zu schweigen vom menschenunwürdigen und grundgesetzwidrigen Sanktionssystem des Hartz Vier, scheint in der Lebenswelt der Professoren nicht vorhanden zu sein. Auch da bin ich noch gespannt bzw. gedämpft pessimistisch.


Sie profitiert ausschließlich davon, dass die derzeitige Euro- und Rettungsschirm-Billionen-Politik der derzeitigen General-Elite von Rechts nach Links uns alle enteignet und die Lage der sozial Schwächeren automatisch verschlechtert. Hatten wir das alles nicht schon mal in unserer Geschichte? Nur dieses Mal eben vollkommen gewaltfrei.

Auf jeden Fall dürfen die arroganten Parteibonzen der SPD-CDU und anderen Euro-Block-Parteien ab dem vergangenen Sonntag zittern. Das ist doch schon mal was. Die übrigen Oppositionsparteien und Parteineugründungen haben durch die Bank alle versagt. Vielleicht ist das dann eben der deutsche Weg raus aus der Alternativlosigkeit von Frau Ahnungslos Mutti Merkel. Deutschland kriegt dann wieder einen Papi. In Mehrzahl gleich: Die Volkswirtschafts-Schlümpfe von der neuen AfD-Partei, und der Flöten-Schlumpf fängt an ….

Ich freue mich jetzt wieder auf das Superwahljahr 2013! Auf nach dem Motto: "Nur die dümmsten Kälber wählen sich ihren Metzger selber!"

Haydn von Hohnstein

Haydn von Hohnstein lebt momentan in Portugal

Hier am Kap von Sagres, am südwestlichsten Ende Europas, lebt unser „Käpt`n“ am Ende der Welt

An der Küste der Algarve finden nicht nur Urlauber auch außerhalb der Sommermonate Erholung und ein neues Lebensgefühl. 

Ob Heinrich der Seefahrer jemals auf diesem Felsen, 60 Meter über dem tosenden Atlantik, unruhig hin- und her gepilgert ist? Ob er hier, am südwestlichsten Zipfel Europas, sehnsüchtig nach den Männern Ausschau hielt, die er entsandt hatte - etwa nach Diogo de Silves, der die Azoren für Portugal entdeckte, oder nach Alvise Cadamosto, der es in einer besseren Nussschale bis zu den Kapverden schaffte? Ob Heinrich insgeheim fürchtete, so wie die meisten seiner Zeitgenossen, dass da draußen Ungeheuer lauern, die Meere kochen und Strudel Schiffe in den Abgrund reißen? Heute wissen wir um die Riesenwellen, wie sie auch vor Portugals Küsten vorkommen. Damals bis fast in die heutige Zeit waren es Seemannsgeschichten.

Wer auf dem Kap São Vicente steht und auf den Atlantik hinausblickt, macht sich so seine Gedanken. Dieses portugiesische Kap galt einst als das Ende der Welt, bis Heinrich der Seefahrer im 15. Jahrhundert die Grenzen jener Welt erweiterte und das europäische Expansionsstreben schürte. Die von ihm ausgerüsteten Entdecker waren es, die Portugal den Weg zur Weltmacht eröffneten.

Denkmäler ehren Heinrich den Seefahrer

Im ganzen Land wird Infante Dom Henrique (1394-1460), wie Heinrich in Portugal heißt, heute gewürdigt, ganz besonders aber an der Algarve. König Johann I. hatte seinen viertgeborenen Sohn Heinrich zum Gouverneur der Provinz befördert. Denkmäler ehren Heinrich in den von ihm zu Dienstsitzen erkorenen Städtchen Sagres und Lagos, wo sich die Reste seiner Festungen bestaunen lassen. Die Autobahn ist nach dem Prinzen benannt, Hotels und Restaurants heißen „Infante“ oder auch „Navigator“, und selbstverständlich steht auf dem Kap São Vicente eine Büste im kleinen Museum, in dem die Navigationskunst und die Kartografie der Portugiesen gerühmt werden. Mathematiker und Astronomen lud Heinrich an die Algarve ein, um von ihnen zu lernen.

Dass Heinrich auch den Handel mit afrikanischen Sklaven zum lukrativen Geschäft ausbaute, wird in dem Museum am Kap nicht erörtert. Hoch zu Ross soll er auf dem Sklavenmarkt in Lagos zugeschaut haben, wie die menschliche Ware verkauft wurde, an der auch er verdiente. Ein kleines Museum in Lagos erinnert daran. Eines war Heinrich allerdings wichtig: dass die Schwarzen sich taufen lassen.

„Letzte Bratwurst vor Amerika“

Heute muss sich der Seefahrer, der selbst gar nicht zur See fuhr, die Aufmerksamkeit der Touristen mit anderen Attraktionen teilen: Ein paar Meter vor Europas wohl lichtstärkstem Leuchtturm am Kap São Vicente steht ein Imbisswagen. Auf dem Dach prangt eine riesige Wurst, darunter steht geschrieben: „Letzte Bratwurst vor Amerika“. Auf Wunsch werden auch „3 im Wegglas“, original Nürnberger Rostbratwürste, serviert, direkt aus Franken importiert.

Das Ehepaar Petra und Wolfgang Bald aus Nürnberg hatte vor 17 Jahren diese appetitanregende Geschäftsidee. Erst einmal mussten die beiden den Einheimischen jedoch erklären, dass man auch Dinge essen kann, die weder Gräten noch Schwanz haben. Anfangs habe er sich so ähnlich gefühlt wie der erste türkische Döner-Verkäufer in Deutschland, sagt Wolfgang Bald.

Bei Gästen aus Deutschland weckt der Stand so fern der Heimat offenbar auch nostalgische Gefühle: Ein älterer Herr steht vor der fahrenden Imbissstube. „34 Jahre war ich im Nürnberger Stadtrat“, sagt der Mann und beißt in seine Wurst. Seine Worte verwehen im Wind. Denn der Wind pustet am Kap immer, ganz besonders nördlich davon, an der Costa Vicentina. Spektakuläre Ausblicke gibt es im Überfluss, die Gegend steht unter Schutz. Wind und Wellen haben bizarre Formen in den Stein gegraben, Gischtfontänen schießen empor. Störche nisten ungerührt von der überwältigenden Natur in den Klippen hoch über dem Wasser. Ab und zu führen Pfade hinab zu großzügigen Sandstränden, die bei Flut allerdings verschwunden sind. Surfer lauern auf die nächste große Welle, die letztmals um die dreißig Meter hoch war.

Im Frühjahr blühen wilde Orchideen, Lack-Zistrosen und Strandnelken

Oben am Rand des Kliffs stehen Angler und lassen ihre Leinen in die Tiefe. Vielerorts sind an den steil herabfallenden Felsen auch Seile befestigt. „Die gehören den alpinen Anglern“, sagt Sebastião, der den Besuchern seine Wahlheimat als Guide, Fotograf, Skipper und Biologe näherbringt. Mit den Alpinisten meint Sebastião die Sammler von Entenmuscheln. Bis zur Wasserlinie klettern die Wagemutigen hinab, um die kulinarische Spezialität von den Felsen abzukratzen. Auf der Speisekarte ist sie als „Perceves“ zu finden. 30 Euro kostet ein Kilogramm leicht.

Auf der Hochebene kann man auf schmalen Angler- und Ziegenpfaden den ganzen Tag wandern - und sich darüber wundern, wie üppig die Natur sich in dieser windgepeitschten Ecke eingerichtet hat: Im Frühjahr blühen wilde Orchideen, Lack-Zistrosen und Strandnelken, es duftet nach Schopf-Lavendel, Thymian und Ginster.

Dreht man von der Küste ab und begibt sich ein paar Kilometer ins Landesinnere, verliert die Natur alles Schroffe: Unter Korkeichen, Pinien und Kiefern wandert man, entlang an grünen Wiesen und plätschernden Bächen. In kleinen Dörfern wärmen sich alte Männer in der Sonne und nicken den Fremden freundlich zu. In manchen Vorgärten stapeln sich rote Tonkrüge, wie sie seit Jahrhunderten zum Oktopusfang verwendet werden. Orangen als Wegzehrung kann man sich mit etwas Glück direkt vom Baum am Wegesrand pflücken.

So kommt man denn am Abend gut durchlüftet in seinem Quartier in Sagres an. Nachts schaut man über die Klippen und sieht den Leuchtturm vom Kap São Vicente in der Ferne blinken. Alle fünf Sekunden erhellt er das Ende der Welt.

Fisch für alle – außer für Touristen

Am Himmel kreisen hungrige Möwen, im Wasser paddeln Kormorane: Alle wollen ihren Teil vom Fang der Fischer von Sagres. Täglich findet in der kleinen Halle im Hafen eine Fischauktion statt. Ihre Beute liefern die Fischer direkt aus ihren Booten an. Es gibt nur ein Problem: Touristen bekommen keinen ab. Allein professionelle Händler sind zugelassen. Zumindest kann man die Profis durch die Glasscheiben des kleinen Cafés im ersten Stock beobachten – dort, wo auch die müden Fischer in Gummistiefeln nach getaner Arbeit müde zwischen barbusigen Nixenfiguren sitzen und sich ein Schnäpschen genehmigen. In der Halle beginnt die Show: Wie auf einer Sporttribüne hocken die Händler aufgereiht. Oktopus, Rochen, Seezungen, Doraden, Hummer werden am laufenden Band in bunten Plastikwannen vorbeigefahren. Der Auktionator im weißen Kittel schickt ein Höchstgebot auf die digitale Anzeige – dann rattern die Ziffern ab-, nicht aufwärts. Die Händler entscheiden, was ihnen der Fisch wert ist, und drücken sekundenschnell auf ihre Fernbedienungen. Noch verdienen viele der 2000 Einwohner von Sagres ihr Geld mit Fisch, und doch: „Früher wurde viel mehr gefangen“, sagt Cafébetreiberin Lesley. Und wie kommt der Tourist an seinen Fisch der nicht wie wohl jeder Einheimische einen Fischer seines Vertrauens kennt? „Im Zweifelsfall im Supermarkt“, sagt Lesley und zuckt entschuldigend die Schultern. Gerecht ist das nicht.

Das Klima hier : Kälter als 10 Grad wird es im Winter selten, im Sommer erreicht das Thermometer kaum einmal 30 Grad. Ein idealer Lebensraum. Deshalb hat unser Käpt`n hier die Brigantine angenommen und segelt mit Frau Wegener Touristen über den Atlantik. Sie genießen das Leben im Süden Portugals. Für uns vor Ort ein großes Glück. Die Algarve ist auf jeden Fall einen Urlaub wert, Sommers wie Winters, ganz nach belieben. Es heißt, dass das Klima allen Menschen gut bekommt und bei Rheuma- und Arthroseleiden besonders heilsam ist.

Mit freundlichen Grüßen

Gerlinde von Appen /Crewmitglied

(unter Verwendung eines Artikels aus der deutschsprachigen Algarve Zeitung) Haydn von Hohnstein

Jagd auf kranke Hartz-IV-Empfänger

09|04|2013


Die Stigmatisierung von Hartz IV Beziehern geht munter weiter.

... die Kleinen hängt man ...

Nach Schätzungen der OECD betrügen Steuerhinterzieher den deutschen Staat mit jährlich mehr als 100 Mrd. Euro. Durch die Aufdeckung der "Offshore Leaks" ist das Thema wieder auf die Tagesordnung zurückgekehrt. Doch was machen die deutschen Behörden? Jagen sie Steuerhinterzieher und deren Helfershelfer bei der Deutschen Bank? Nein. 

Deutsche Behörden machen stattdessen Jagd auf kranke Hartz-IV-Empfänger. Wenn erwerbsfähige Erwerbslose sich krankmelden, droht ihnen künftig ein Termin beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung [MDK]. Und wenn das subjektive Gesundheitsempfinden nicht mit den objektiven Kriterien des MDK übereinstimmt, müssen die Erwerbslosen mit einer Sanktion rechnen – was nichts anderes heißt, als dass der Staat ihnen zeitweise die vom Grundgesetz garantierte Menschenwürde entzieht und ihnen das Existenzminimum verweigert. Die Kleinen hängt man, die Großen dürfen ihre eigenen Gesetze schreiben.

Um was geht es?
Der angebliche „Geheimplan“ auf den sich die Bild Zeitung in ihrer Ausgabe vom 08. April 2013 bezieht, ist nicht sonderlich geheim, sondern vielmehr eine Dienstanweisung der Bundesagentur für Arbeit, die auf den 20. März datiert und nicht nur „BILD vorliegt“, sondern im Internet für jedermann nachzulesen ist. Auch der gesetzliche Rahmen für diese Anweisung ist keinesfalls neu, sondern wurde am 21. Dezember 2008 – pünktlich vor Weihnachten – von der großen Koalition im „Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente“ verabschiedet. Neu ist jedoch, dass die Bundesagentur für Arbeit den Mitarbeitern ihrer Jobcenter einen detaillierten Leitfaden an die Hand gibt, um die rechtlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen.

Ist Krankheit sanktionierbar?
Bei „begründeten“ Verdacht, dass ein ansonsten erwerbsfähiger Erwerbsloser trotz ärztlichen Attests doch nicht krank – also arbeitsunfähig ist –, können die Mitarbeiter in den Jobcentern nun den MDK einschalten und eine Prüfung veranlassen. Eine solche Begründung liegt laut Dienstanweisung beispielsweise dann vor, wenn der Erwerbslose das Pech hat und am Ende seines Urlaubs, am falschen Wochentag oder einfach nur „auffällig häufig“ krank wird. Eine Prüfung soll auch dann veranlasst werden, wenn der krankschreibende Arzt dem Jobcenter in welcher Art auch immer verdächtig erscheint. Der Willkür sind dabei Tür und Tor geöffnet.

Der MDK ist eine Einrichtung der gesetzlichen Krankenkassen für so wichtige Dinge wie, ob man überhaupt als erwerbsfähig gilt oder ob man pflegebedürftig ist. Mit der Frage, ob ein Hartz-IV-Empfänger beim Arzt bei der Krankschreibung ein wenig gemogelt hat, hatte der MDK bis dato nichts zu tun. Es geht der Bundesagentur jedoch nicht nur ums „Blaumachen“, sondern auch um „Irrtümer“ bei der „Selbsteinschätzung“ ihrer Kunden. Sprich: Das Jobcenter darf Erwerbslose auch dann sanktionieren, wenn sie „irrtümlich“ der Meinung waren, aufgrund einer Erkrankung arbeitsunfähig zu sein, dies jedoch vom MDK „objektiv“ anders gesehen wird. In der Dienstanweisung heißt es wörtlich: „Ein solcher Irrtum hindert den Eintritt einer Sanktion nicht“. Erwerbslose, die von psychischen und psychosomatischen Beschwerden gepeinigt werden, könnten dadurch eine böse Überraschung erleben und für ihre Erkrankung doppelt bestraft werden – unter anderem mit einer Sanktion, also einem zeitweisen Entzug des soziokulturellen Existenzminimums.

Eine Prüfung durch den MDK kostet die Bundesagentur – und damit die Steuerzahler – bis zu 260 Euro, also drei Viertel des Hartz-IV-Regelsatzes. Ein wie auch immer geartetes Einsparpotential ist durch diese Maßnahmen somit nicht zu erwarten – im Gegenteil. Es geht vielmehr darum, den massiven Druck auf die Erwerbslosen abermals zu steigern: Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. Und wer beispielsweise unter sporadischen Migräneanfällen leidet, sollte sich doch bitte zweimal überlegen, ob er sich beim Jobcenter krank meldet und damit vielleicht eine Sanktionierung riskiert. Wieder einmal zeigt sich, dass die Sanktionen nicht nur in Ausnahmefällen als letztes Mittel eingesetzt werden, sondern mittlerweile ein alltägliches Disziplinierungsinstrument zur Zwangsausübung sind. Die Politik ist stets ganz weit vorn, wenn es darum geht, Menschenrechtsverletzungen in Ländern, die nicht mit uns verbündet sind, zu beklagen. An die Menschenrechte der Erwerbslosen im eigenen Land denkt dabei niemand; erst recht dann nicht, wenn es sich um kranke Erwerbslose handelt.

Halali! Die Hatz auf die Armen ist eröffnet
Natürlich gibt es Erwerbslose, die lieber „blaumachen“ als einem Vermittlungsangebot der Arbeitsagentur folge zu leisten. Und dazu zählt nicht nur der ehemalige Ingenieur, der mit seinen 55 Jahren keine Lust hat, sich die Beine für sechs Euro pro Stunde als Wachmann in den Bauch zu stehen. Warum sollten Erwerbslose auch mustergültigere Bürger als der Rest der Gesellschaft sein. Und? Ist das wirklich so dramatisch? Was kommt als nächstes? Die elektronische Fußfessel für Erwerbslose? Schließlich steht ja auch der Vorwurf im Raum, dass nicht jeder Erwerbslose 24 Stunden am Tag vor seinem Telefon auf einen Vermittlungsvorschlag des Jobcenters wartet

Glauben unsere Politiker denn wirklich an den „anstrengungslosen Wohlstand“, die „spätrömische Dekadenz“, die „soziale Hängematte“, in der man es sich mit 382 Euro im Monat gemütlich machen kann? Oder hat der Niedriglohnsektor etwa auch schon einen „Fachkräftemangel“ vermeldet, weil Millionen Erwerbslose lieber „blaumachen“ als einen miserabel bezahlten Job anzunehmen? Dagegen gäbe es eine Medizin: Löhne rauf! Aber das wäre ja der Untergang des Abendlandes. Dann lassen wir lieber kranke Erwerbslose vom MDK jagen. Wer weiß? Vielleicht verbringt einer dieser erwerbslosen Faulenzer seine erwerbslose Zeit ja in Wirklichkeit nicht krank, sondern gesund auf der Couch? Als ob dieses Land keine anderen Probleme hätte. Würden die Behörden bei potentiellen Steuerhinterziehern nur ansatzweise so gnadenlos sein wie bei potentiellen Hartz-IV-Blaumachern, hätte der Staat zumindest mehr als genug Geld, um Erwerbslose sinnvoll zu fördern. Aber dann würde ja auch der Druck auf potentielle Niedriglöhner sinken, weshalb das im Niedriglohnparadies Deutschland natürlich nie geschehen wird.

Haydn von Hohnstein

Wolfgang Kubicki (FDP)

10|04|2013


So könnte eine getarnte völlig legale Briefkasten-Steueroase z. B. in Holland aussehen!

„ Legal, illegal, scheissegal! “

Es war eine dieser Günther-Jauch-Runden im Fernsehen, zahm und zahnlos: Schon die Besetzung der Runde garantierte jene "Ausgewogenheit", die ganz sicher nicht zu Erkenntnissen führt. Das Thema: Steueroasen. Einer der Experten: Der FDP-Vorturner Wolfgang Kubicki. Und der hat wirklich Ahnung: Immer wieder warf sich seine Anwaltskanzlei in die Bresche, wenn Steuervermeider vom Staatsanwalt bedroht waren. Mandaten in Liechtenstein wussten es ihm zu danken. Diesmal also Kubicki zu "Offshore Leaks", jener Datensammlung, die von den vielen Oasen berichtet und von den Briefkästen, die dort hängen, um Steuern zu hinterziehen.

Nun ist der FDP-Präside natürlich gerissen genug, um Steuer-Hinterziehungen nicht zu loben. Aber mit dem falschen Brustton des Biedermannes wollte er nur mal feststellen, dass es ein "Recht auf Verschleierung" gäbe. Schließlich wusste der Rechtsanwalt zu sagen: ".. . von den Steuervermeidungsmöglichkeiten leben auch unsere Konzerne" und leitete so ein herzzerreißendes Plädoyer für Unternehmen wie VW, Siemens und Thyssen-Krupp ein, deren Überleben, glaubt man Kubicki, von der Steuerflucht abhängen. Solange man sich an die jeweiligen Landesgesetze halte, so der flüchtige Jurist, solange also alles legal sei, sei es auch legitim. Es gibt Länder, in denen ist die Verstümmelung weiblicher Genitalien legal. Tja, liebe Frauen, Pech gehabt, was legal ist, das ist dem Kubicki legitim, also gerecht & ordentlich & richtig. Oder was das Synonym-Lexikon sonst noch an Bedeutungen für das Wort "legitim" bereithält.

Damit der Legitimität auch in Deutschland genüge getan wird, zieht der Parlamentarier Kubicki gern die Justizkarte: Mal verteidigte er in der VW-Korruptionsaffäre den VW-Personalmanager Gebauer, dann musste er im Ergebnis seiner dubiosen Rechtsberatung zur Müll-Deponie Schönberg sein Abgeordnetenmandat niederlegen, und schließlich verfügte er über ein Wertpapierdepot in Liechtenstein über 800.000 Mobilcom-Aktien im Wert von rund 13 Millionen Euro. Um Prozess- und Anwaltskosten abzusichern, wie der Anwalt treuherzig erklärte. Und weil er eine ganze Reihe von Mandanten im Steuerparadies Liechtenstein betreut, hat er der dortigen Regierung vorsorglich eine 15 Seiten umfassende "gutachterliche Stellungnahme“ über neue Wege zum Umgang mit dem deutschen Steuerrecht zugeschoben. Und natürlich hat er auch vorgeschlagen, den Liechtensteiner Steuerbetrugsgehilfen eine Amnestie für Deutschland zu verschaffen. Denn in Deutschland ist Steuerhinterziehung ein strafbares Vergehen, in Liechtenstein ist sie legal.

So darf denn der FDP-Politiker, immer schön längs der Linie seiner Steuervermeidungspartei, bei der Jauch-Runde triumphierend sagen: "Deutschland kann nicht bestimmen, wie die Rechtsordnung anderer Länder aussieht." Da haben wir den ganzen Kubicki, einen, der die Demokratie offenkundig für einen Ramschladen hält und dem legal ziemlich scheissegal ist. Man wird bei den nächsten Wahlen messen können, ob es in Deutschland wirklich Steuerbetrüger in der Höhe von fünf Prozent gibt: Jener interessanten Wahl-Stimmen-Hürde, nach deren Überschreitung Existenzen wie Kubicki, auch noch mit Steuergeldern finanziert, die Vermeidung von Steuern zum Ziel der Volksvertretung erklären dürfen.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Quelle: Nationalgalerie

Deutschland exportierte auch 2012 mehr Strom als es importierte

03|04|2013


Die Ernergiewendebefürworter haben es schon erahnt: Niemand braucht weitere Kohlekraftwerke oder Atomstrom.

Im Jahr 2012 war Deutschland wie schon in den sechs vorangegangenen Jahren per Saldo ein Stromexportland.

Wie das Statistische Bundesamt [Destatis] nach Angaben der vier großen Übertragungsnetzbetreiber mitteilt, wurden 43,8 Terawattstunden [TWh] im Jahr 2012 über die europäischen Stromnetze nach Deutschland eingeführt. Im gleichen Zeitraum führte Deutschland 66,6 TWh aus, woraus sich ein Überschuss von 22,8 TWh ergab.

Im Vergleich zum Jahr 2011 vervierfachte sich der Ausfuhrüberschuss nahezu: Damals wurden 6,0 TWh mehr aus- als eingeführt. Der Stromimport lag 2011 bei insgesamt 48,5 TWh, der Stromexport erreichte einen Wert von 54,5 TWh. Im Jahr vor der Havarie der drei Atommeiler in Japan [2010] hatte der Überschuss bei 17,6 TWh gelegen, im Jahr 2009 waren es 14,4 TWh. Damit wurde im Jahr 2012 der höchste Überschuss der letzten vier Jahre erzielt.

Mit der Handelsware Strom erwirtschaftete Deutschland 2012 einen Überschuss von 1,4 Milliarden Euro. Der Wert der Stromausfuhren betrug 3,7 Milliarden Euro, die Einfuhrwerte lagen bei 2,3 Milliarden Euro. Die größten Strommengen wurden 2012 aus den Nachbarländern Frankreich [13,2 TWh], Dänemark [8,5 TWh] und der Tschechischen Republik [8,4 TWh] eingespeist. Die wichtigsten Abnehmer für Strom aus Deutschland waren die Niederlande [22,6 TWh], und die beiden Alpennachbarn Österreich [15,9 TWh] und die Schweiz [12,7 TWh]. 1 Terawattstunde entspricht 1 Milliarde Kilowattstunden [KWh].

Dennoch rufen Stromkonzerne und Bundesregierung weiterhin nach schneller, weiter, höher beim Um- oder vielmehr Ausbau der Energieversorgung. Bürgerbeteiligungsrechte sollen ausgehebelt werden, rechtliche Überprüfungsmöglichkeiten eingeschränkt, alles unter der Überschrift: "Wir brauchen mehr Energie".

Wieso kann Deutschland so viel in die Schweiz und nach Österreich liefern, wenn der Strom angeblich im Süden der Bundesrepublik gar nicht ankommt?

Energiekonzerne steigern ihre Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit. Von den "normalen" Bürgern wird erwartet, dass sie Belastungen durch Kraftwerke welcher Art, groß oder klein, alternativ oder althergebracht, möglichst ohne zu murren, auf jeden Fall aber ohne irgendeinen monetären Ausgleich für ihre Belastungen, einfach so hinnehmen.

Unser Vorschlag: Die durch Stromexport erwirtschafteten Einnahmen sind zu verwenden, um Bürger, die Benachteiligungen durch die Energieversorgung hinnehmen müssen, entsprechend zu entschädigen.

Vor allem zeigt sich, wie wichtig es wäre, sich in Hohn, im Amt Hohner Harde, Gedanken über ein Energiekonzept zu machen, bei dem die Bewohner Vorteile erlangen und die unkontrollierte Abzockerei der Energieriesen beendet wird.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Markus Söder  (CSU)

27|03|2013

"Seit heute Morgen 9.00 Uhr wird geklagt"

Nur Söder ist blöder, sagen selbst Parteifreunde häufig über den bayerischen Finanzminister Markus Söder. Und das ist falsch.

Söders gezielte Provokationen gelten dem fränkischen CSU-Karrieristen als notwendige Ausrufezeichen: Ohne die würde dem Juristen mit dem Abschluss "befriedigend" kaum jemand zuhören. Denn fehlende Substanz und Kompetenz ersetzt Söder durch ein Parteibuch. Da hilft dann nur größtmögliche Pöbelei, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Diesmal mit der gut erkennbaren Nähe zu einem wirklichen Hitlerzitat: "Seit heute Morgen 9.00 Uhr wird geklagt". Mit diesem Kriegsgeschrei wird die Klage Bayerns zum Länderfinanzausgleich begleitet. Der bedenklich schwarzbraune Söder variiert den kreischenden Hitler nach dem fingierten Überfall auf den Sender Gleiwitz, dem der echte Überfall auf Polen folgen sollte: "Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen." Für die Psyche Söders ist aufschlussreich, dass er eine Propagandalüge zitiert. Denn wie Hitler, der zuerst und keineswegs "zurück" geschossen hatte, schießt auch Söder auf andere gern zuerst.

Das Söder-Geheul bezieht sich auf den Länderfinanzausgleich, gegen den Bayern nun klagt. Weil man immer nur zahlen müsse. Dass der Freistaat 36 Jahre lang ein Nehmerland war: Geschenkt. Dass er erst seit 20 Jahren in den gemeinsamen Topf einzahlt: Vergessen. Dass dem Agrarland Bayern nur die Fremdfinanzierung aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen den Aufstieg in die Industrieliga ermöglichte: Verdrängt. Und wer die beachtlichen Bundesmittel sieht, die für Solarförderung und Autobahnbau nach Bayern fließen, der muss die Propaganda vom Geberland Bayern, das angeblich die Faulheit der Nehmerländer finanziert, mächtig relativieren. Immerhin erhielt Bayern erst vor wenigen Monaten die Bundesmittel, die eigentlich dem Nord- Ostsee- Kanal zugedacht waren, für den Bau von Umgehungsstraßen: Dank des Bayerischen Verkehrsministers Ramsauer, der bis vor wenigen Tagen gar nicht wusste, "...dass Schiffe so groß sind!". Die Folge hieß kaputte Schleusen und Kurzarbeit, Einnahmenausfälle für die Lotsen und viele andere, mal ganz zu schweigen vom Imageverlust, den der NOK in der internationalen Schifffahrt erlitt. Wie soll Schleswig- Holstein das gegenüber Bayern aufrechnen? Das gilt vor allem auch für die ungerechte Steuerverteilung nach dem Firmensitz: Siemens und BMW zum Beispiel zahlen ihre Steuern nur in Bayern, obwohl sie natürlich auch Betriebe in anderen Bundesländern haben, die "in die Röhre gucken", wie man so schön sagt. Das interessiert den orangeroten (Orange ist ein hellerer Braunton, da Markus Söder heute "strahlt") Markus natürlich nicht. Ganz klar. Raffgier zeichnete schon die alten Nazis aus.

Wie das bei Hitler-Kopisten so ist, trägt auch Söder seinen Fremdenhass gern unter die Leute: Ein strafbewehrtes Burka-Verbot wäre ihm schon recht. Und dass in die Schulen Kruzifixe gehören und keine Kopftücher, ist dem Mann, der für ein Blasphemie-Verbot im Strafrecht eintritt, eine Herzenssache. So ist ihm denn nur logisch, dass die Krise ausschließlich mit "typisch deutschen Tugenden wie Leistungsbereitschaft, Pünktlichkeit und Disziplin“ zu überwinden ist. Der Spruch "zäh wie Lederhosen, flink wie die S-Bahn zum Münchner Flughafen und hart wie die Haxen auf dem Oktoberfest" wird ihm auch unterstellt. Doch intime Kenner der Söderschen Gedankenarmut halten diese Abwandlung eines Hitlerersatzes für zu witzig, als dass sie vom bayerischen Finanzminister stammen könnte.

Einer, der sein Lebtag noch nie richtig gearbeitet hat, wie Söder, dem fällt es besonders leicht, andere anzutreiben: Zu gern will er den Kündigungsschutz lockern und den Hartz Vierern den Urlaub streichen. Dass ihm bei seiner Antreiberei die gewerkschaftlichen Tarifverträge im Wege sind, versteht sich. Wer die Arbeit scheut, der scheut auch die Verantwortung: Als die Sprecherin von Söder im letzten Jahr den Bayerischen Rundfunk anrief, um einen Beitrag über ihren Chef zu monieren, da hatte Söder öffentlich nichts damit zu tun. Obwohl er schon früher Drohbriefe an das ZDF geschrieben hatte, versuchte der Minister, seine Hände in irgendetwas zu waschen, was er als Unschuld begreift: Im Sumpf der Medienkumpanei.

Kaum jemand wird Söder besser gekannt haben, als sein Vater. Der hatte über den Minister gesagt, als er noch kein Minister war, er habe "Zwei linke Hände und ein großes Mundwerk“ und ihm empfohlen: "Werde Pfarrer oder Politiker!" Es gibt nicht wenige, die einen Pfarrer Söder als eine gute Alternative ansehen würden: Im Pfarramt könnte er weniger Schaden anrichten.

Mit herzlichen Ostergrüßen

Haydn von Hohnstein

Zypern-Krise: 

Darf ein Staat die Konten seiner Bürger plündern?

21/03/2013

Die Regierung in Zypern wollte eine Zwangsabgabe für Bankkunden einführen. Der Plan ist vorerst gescheitert, doch nicht vom Tisch. Aber ist ein staatlicher Zugriff auf Konten überhaupt legal? Ja, sagen Experten, auch in Deutschland wäre so etwas möglich. Fein raus sind russische Großinvestoren.

DER SCHNELLE ÜBERBLICK

Das umstrittene Zypern-Paket:

-  Die Euro-Staaten haben ein zehn Milliarden Euro schweres Hilfspaket für Zypern beschlossen.

-  Der Inselstaat war wegen seiner engen wirtschaftlichen Verflechtung mit Griechenland in Probleme geraten.

- Umstritten an dem Hilfspaket ist die von den Euro-Staaten geforderte Beteiligung der Bankkunden auf Zypern.

-  Diese Teilenteignung hat das zyprische Parlament abgelehnt. Nun droht dem Land der Staatsbankrott.

Der größte Bankraub aller Zeiten - mitten in Europa: Was die zyprische Regierung, gedrängt von den Euro-Staaten, versucht hat, erscheint nicht nur den zyprischen Bürgern, sondern vielen Europäern als Kapitalverbrechen. Die Konfiszierung eines Teils der zyprischen Bankguthaben wäre ein beispielloser Übergriff auf den Besitzstand der Bürger gewesen.

Doch bleibt die Idee bei den Euro-Rettern in der Schublade: Der Griff nach den Bankguthaben der Bürger könnte auch in künftigen Krisenfällen nützlich sein. Bleibt die Frage: Dürfen die das?

Ja, Sie dürfen. Europarechtler sind sich weitgehend einig, dass die Pläne im fernen Zypern weder gegen eine Vorschrift des Europarechts noch gegen die zyprische Verfassung verstoßen. Rein rechtlich wäre ein solcher Milliarden-Coup auch in der Bundesrepublik möglich. Probleme drohen nur, wenn dabei internationale Investitionsschutzverträge verletzt werden.

Keine Erdrosselungswirkung

"Bitter aber eigentumsrechtlich irrelevant" nennt der Europarechtsprofessor Christian Calliess von der Berliner Freien Universität die Geldbeschaffungsaktion. Was von empörten Bankkunden und kritischen Politikern als versuchte "Teilenteignung" der zyprischen Sparer gebrandmarkt wird, ist nicht mehr als eine besonders schmerzhafte Steuer auf Bankguthaben. Eine solche Sonderabgabe kann jeder Staat erheben - wenn er dazu ein ordentliches Gesetz macht, das nicht einzelne Gruppen von Kontoinhabern diskriminiert oder Individuen dermaßen hart trifft, dass ihre wirtschaftliche Existenz bedroht ist. Bei einer Abschöpfungsquote zwischen sechs und zehn Prozent kann aber von einer rechtswidrigen "Erdrosselungswirkung", wie Verfassungsrechtler das nennen, keine Rede sein.

Nationale Eigentumsgarantien stehen staatlicher Besteuerung von Vermögen, soweit sie nicht diskriminierend und nicht unverhältnismäßig ausfällt, nach allgemein gültigem Verfassungsrecht nicht entgegen. Die Europäische Grundrechte-Charta verlangt: "Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden" - doch der Fiskal-Zugriff auf Bankkonten betrifft ebenso wenig das Eigentum wie etwa die deutsche Abgeltungssteuer, die von den Banken zu Lasten der Kundenkonten gleich an den Staat überwiesen wird. Auch die Eigentumsgarantie in einem Zusatzprotokoll der Europäischen Menschenrechtskonvention schützt ausdrücklich nicht vor "der Zahlung der Steuern und sonstiger Abgaben".

Aber gilt nicht das große Versprechen der Europäischen Staaten, dass Bankeinlagen bis zu 100.000 Euro sicher seien? Tatsächlich haben aufgrund einer europäischen Richtlinie sämtliche Mitgliedstaaten entsprechende Garantieerklärungen für die Sparer abgegeben. Doch diese Garantien sollen im Falle einer Bankenpleite gelten. Die Sonderabgabe der Zyprer hingegen sollte eine Bankenpleite ja gerade abwenden - und auf diese Weise die Einlagen der Bankkunden jedenfalls zum größeren Teil retten. "So gesehen", sagt Europarechtler Calliess", verstößt die Sonderabgabe nicht gegen die Einlagengarantie, sondern sichert ihre Voraussetzungen."

Ungemach könnte einem Pleitestaat wie Zypern allerdings von ausländischen Investoren drohen. Die Großanleger, auf deren finanziellen Beitrag der Abgabenplan ursprünglich zielen sollte, haben sich in der Regel durch internationale Verträge abgesichert. Ein dichtes Netz sogenannter Bilateral Investment Treaties (Bits) ist zwischen den meisten Staaten der Welt gespannt. Ein Regelwerk, mit dem sich von Fall zu Fall und von Staat zu Staat Investoren ihr finanzielles Engagement in der Fremde gegen politische Risiken absichern lassen.

Ein Investor, der sich im Ausland enteignet oder zu hart behandelt sieht, kann den handelnden Staat vor einem internationalen Schiedsgericht in Washington verklagen. Auch Deutschland ist schon mit solchen Klagen überzogen worden - vom schwedischen Energiekonzern Vattenfall, der sich unter Berufung auf Bits gegen Gewinneinbrüche durch Umweltauflagen wehrte. Auch Zypern ist wie alle anderen Staaten weltweit per Bits verbandelt.

Ein Staat, der Zugriff auf die Konten von Investoren nehme, sagt Frank Schorkopf, Völkerrechtsprofessor an der Uni Göttingen, bekomme "ein Problem": Er müsse "damit rechnen, dass er vor einem internationalen Schiedsgericht verklagt wird". Hätte die zyprische Regierung ihren Plan zur Plünderung auch von Firmenkonten durchgesetzt, wäre möglicherweise ein Treffen vor Gericht angesagt gewesen. Die russischen Großinvestoren haben sich nämlich schon 1977 durch einen von der damaligen Sowjetunion geschlossenen Vertrag mit Zypern "betreffend die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen" abgesichert.

Das wurde von den „Europarettern“ dem Normalbürger hier in Deutschland verschwiegen. Die Medien machten da bisher mit. Nur die beiden großen Nachrichtenagenturen Reuters und dpa brachten diese Meldung, die aber weder von den Fernsehkommentatoren, Nachrichtensprechern noch von diversen Moderatoren oder Zeitungen übernommen wurde. Wollen Sie die Regierungsparteien im Wahlkampf schützen? Denn damit sieht alles doch wieder so aus, wie SPD, Linke und Grüne in der aktuellen Stunde im Bundestag feststellten: Es ging um einen Versuchsballon, ob man in Europa auf diese Weise Geld von den kleinen Leuten holen kann. Die jetzt allseits und vielbeschworenen Oligarchen, die im Übrigen nicht nur aus Russland kommen, sondern unter anderem auch aus England, kann man mit so einer Abgabe nicht treffen. Sie sind gegen solche Übergriffe des Staates gut abgesichert.

Es ist sicher ein Schelm, wer da denkt, dass Schäuble und Merkel nichts von diesem Zusammenhang wüssten. Genau deshalb wurde ja darauf abgestellt, die kleinen Leute zur Kasse zu bitten. Woher soll Zypern sonst das Geld nehmen? Wenn es heißt, dass bis zu 10% nicht viel wären, so ist das wieder eine Sache der Betrachtung: Für den, der wenig hat, ist es viel. Für die anderen kaum zu spüren. Und wer auf dieses Geld als Altersvorsorge angewiesen ist, für den ist es bei wenig Geld besonders viel, was da weggenommen werden sollte.

Also, sind die Bankkonten in Deutschland gegen einen Übergriff des Staates abgesichert?

Für die kleinen Leute gilt NEIN!

Für die reichen Investoren gilt JA!

Gut, dass die Zyprioten sich dagegen werten. Sie machten es auch für uns. Wir sollten ihnen dankbar sein.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein  

mit Material von Reuters und dpa-AFX

Peer Steinbrück bei Anne Will:   

16./03./2013

Peer Steinbrück ist zwar nicht der Papst, doch beichten kann er auch: Bei Anne Will spricht der Kanzlerkandidat über die eigenen Fettnäpfchen und versucht, die Agenda 2010 mit dem Kurswechsel der aktuellen SPD zu versöhnen. Seine Glaubwürdigkeit? Eine Glaubensfrage.

Spätabends, als die römisch-katholische Bilderflut längst in der x-ten Wiederholung verebbt, darf der norddeutsche Protestant dann doch noch das Wort an die TV-Gemeinde richten. Doch zum Stellvertreter Jesu fühlt der Mann sich nicht berufen, er hat schon damit zu kämpfen, als würdiger Vertreter der deutschen Sozialdemokratie akzeptiert zu werden.

Angekündigt hat die ARD ein Gespräch über die "Beinfreiheit" des Kanzlerkandidaten unter dem Titel "Wie viel Klartext verträgt Deutschland?" – oder: Wie frei kann sich ein Mann der bürgerlichen Mitte in einer nach links gerückten SPD bewegen?

Per Steinbrück ist bei Anne Will zu Gast, und dass der SPD-Kanzlerkandidat an diesem Abend nur eine Randfigur ist, hätte mancher Genosse noch vor kurzem als Geschenk des Himmels betrachtet - immerhin drohte bei Steinbrück immer akuter Fettnäpfchen-Alarm. Und heute? Die ersten Fragen pariert der Kandidat problemlos. Wie wäre es denn mit Peer als Papst, fragt Anne Will. "Dann lieber Trainer bei Borussia Dortmund", antwortet der Kandidat lächelnd. Gerne hätte man gehört, was Steinbrück zu einem Papst zu sagen hat, der den Spitzenkandidaten in sozialen Fragen locker links überholt. Einzig: Die Sendung wurde bereits am Nachmittag aufgezeichnet.

Doch auch abseits des Themas des Tages bringt das Gespräch durchaus Erkenntnisse. Gibt Steinbrück zu Beginn noch verklausuliert zu, dass seine Kandidatur ohne den Machtwechsel in Niedersachsen ziemlich gewackelt hätte, pirscht sich Will forsch und listig vor zum Kern des Steinbrück'schen Dilemmas - der Fragen nach Haltung und Glaubwürdigkeit.

Der Dialog wird dabei zwischenzeitlich zu einer Mischung aus Selbstverteidigung und Beichte. Seine umstrittenen Aussagen rund um Frauenbonus und Sparkassenchef-Gehälter seien zwar hochgespielt worden, ihm seien aber auch "Bilder verrutscht", gibt Steinbrück zu. Zudem habe er nicht registriert, dass seine Aussagen "auf der Folie des Kanzlerkandidaten gespiegelt werden". Kampagnenstrategie Versuch und Irrtum also? Die Kür zum Kanzlerkandidaten, so lässt Steinbrück deutlich erkennen, habe ihn unvorbereitet getroffen. "Auch wenn die SPD es später zur Strategie erklärt hat, war es das nicht."

Und wie ist es mit der Haltung zu Hartz IV, der klassischen Glaubensfrage der Sozialdemokratie? "Stolz" sei er auf die AGENDA 2010, erklärt Steinbrück, "Schröders Prinzip Fordern und Fördern habe ich immer weiter vertreten." Um dann im nächsten Satz einzulenken: Man habe mit den Gesetzen allerdings auch Lohndumping und Leiharbeit Tür und Tor geöffnet, aber das werde er ja als Bundeskanzler ändern. "Wenn man diese Korrekturen für links hält, dann habe ich nichts dagegen."

Wie groß das Dilemma dieser Form der Dafür-und-dagegen-Politik für ihn und seine Partei sei, hakt Will nach. "Ich sehe darin kein Problem", sagt Steinbrück entschlossen. Die Tatsache, dass er gerade bei dieser Aussage besonders glaubhaft wirkt, lässt erkennen, warum mancher Genosse nicht weiß, ob er dem Kandidaten eine klare Haltung oder schlichte Sturheit attestieren soll.

Es ist nicht das einzige Dilemma ihres Gastes, das Anne Will aufzeigt. Die meisten davon kann er souverän auflösen: In einem Einspielfilm beschreiben eine Friseurin, ein Bäcker und ein Landwirt die ruinösen Folgen eines Mindestlohnes für ihre Kleinunternehmen. Die Tücke ist, dass ein Politiker solche an persönliche Schicksale geknüpfte Aussagen schwer widerlegen, sondern nur seine Position erklären kann. Das gelingt dem SPD-Mann: "Alle Menschen, die Vollzeit arbeiten, sollen auch davon leben können", proklamiert er. Das ein oder andere Produkt steige dann eben im Preis.

Steinbrück sichtlich genervt bei Nachfragen

Ähnlich gelassen reagiert er auf die etwas lieblos zusammengesammelte Einspieler-Kritik des traditionell schwarz-gelb angehauchten Bundes der Steuerzahler ("Das war ja ein sehr neutraler Beitrag") und der des Neoliberalen Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (Steinbrück zu Will: "Wir müssen in dieser Sendung ja nicht willkürlich sein"). Selbst für die Tatsache, dass er im Aufsichtsrat von Borussia Dortmund sitzt und mit einem Schal des Erzrivalen Schalke fotografiert wurde, kann er erklären ("Das Bild entstand vor zehn Jahren, als ich Ministerpräsident war") und hat sogar noch etwas Trost übrig, als Anne Will ihre Mitgliedschaft beim 1. FC Köln beichtet: "Das tut mir leid", entgegnet Steinbrück mit ironischem Mitleid.

Mit solcher Souveränität ist es allerdings vorbei, als es um die Steuerpläne der SPD geht. Wie bereits bei der Vorstellung des vorläufigen SPD- Programm, was denn genau hinter der Floskel "einige Steuern für einige erhöhen" steckt. Jahreseinkommen von etwa 100.000 Euro und 200.000 bei Ehepartnern würden höher besteuert, "darunter wird man sehen", sagt Steinbrück und reagiert sichtlich genervt auf Nachfragen: Genauer werde er das erst als Kanzler erläutern, von den anderen Parteien "kriegen Sie ja auch nichts Konkretes". Da Steinbrück der Rorschach-Test der Berliner Republik ist, kann man diese Aussage als Ehrlichkeit, aber auch als Aufruf zum Kauf der Katze im Sack interpretieren.

Steinbrück kann bei Will nicht glänzen

Die Beinfreiheit war da, doch den Klartext ließ Kanzlerkandidat Peer Steinbrück vermissen.

Er will Klartext reden. Mit dieser Einstellung hat der Kanzlerkandidat sich und seiner SPD bereits eine Menge Unheil beschert. Bei Anne Will macht er es besser. Er gibt den antikapitalistischen Vertreter des kleinen Mannes. Doch ausgerechnet klaren Worten geht er aus dem Weg und kneift.

So, wie seine Partei ihn sehen will

Sehr frei, lässt der Dialog zwischen dem Sozialdemokraten und der gut aufgelegten Anne Will auf den ersten Blick vermuten. Gemeinsam widmen sie sich dem Regierungsprogramm der SPD und liefern sich sogar humorige Spitzen. Steinbrück hat ausreichend Platz für seine Beine, der rote Teppich im Studio harmoniert mit seiner roten Krawatte. In scheinbar lockerer Atmosphäre will der Kandidat zeigen, dass er nicht aus Zufall Sozialdemokrat ist.

Als „ungerecht“ empfindet der 66-Jährige vieles in Deutschland: Die Kluft zwischen Arm und Reich. Ein zunehmend undurchlässiges Bildungssystem. Die noch immer schleifende Gleichberechtigung der Frau im Beruf. Das steuerliche Staubsaugerprinzip zu Ungunsten der Geringverdiener. Den Missbrauch der Agenda 2010 zum Lohndumping. Die dramatische Finanzlage der Kommunen. Steinbrück ist anscheinend zum Kapitalismuskritiker mutiert. Ganz so, wie seine Partei ihn sehen will.

Ein Problem hat der Kanzlerkandidat damit offenbar nicht. Im Gegenteil: Der ehemalige Finanzminister hat erkannt, dass er aus der Position der bürgerlichen Mitte keinen Blumentopf gewinnen wird. Dass er vor nicht allzu langer Zeit mit Instrumenten wie Mindestlöhnen noch nicht viel anfangen konnte, spielt daher keine Rolle mehr. Gesprächspartnerin Will lässt ihn damit durchkommen – zumindest vorerst.

Mindestlohn soll die Wirtschaft ankurbeln

In der folgenden Mindestlohndebatte wird es plötzlich ganz unkonkret. Wenn es nach der SPD gehe, sollen die Menschen bundesweit künftig mindestens 8,50 Euro verdienen. „Wer Vollzeit arbeitet, soll davon leben können“, sagt Steinbrück.

Doch Will demonstriert in kurzen Videoeinspielern das Dilemma des Vorhabens aus Sicht kleiner Unternehmen: höhere Löhne gleich höhere Kosten gleich höherer Preise gleich weniger Konsumenten gleich geringere Einnahmen gleich Entlassungen. Und zu allem Überfluss, so die Rechnung der ARD-Redaktion, würden 8,50 Euro noch immer im Alter in die Armut führen.

Steinbrück wiederum verweist auf seine Gegenrechnung: höhere Löhne gleich höhere Kaufkraft gleich höherer Absatz gleich mehr Geld für mehr Angestellte gleich sinkende Arbeitslosenzahlen gleich höhere Steuereinnahmen für den Staat gleich Entlastung der Rentenkassen. Konkretere Ausführungen bleibt Steinbrück den Zuschauern schuldig.

Steinbrück bricht ein

Will und Steinbrück liefern sich in diesen Augenblicken einen launigen Schlagabtausch, den der Kandidat gerne mitspielt. Als Will aber das Thema Steuererhöhungen forciert, folgt ihr stärkster und sein schwächster Moment des Abends: Es geht um den Plan der SPD, den Spitzensteuersatz ab 100.000 Euro auf 49 Prozent zu heben. Unklar ist bislang, wie mit den Besserverdienern knapp unter dieser Grenze verfahren werden soll.

Will fordert Klartext: "Gehört es nicht zur Ehrlichkeit dazu, zu sagen: Die Steuererhöhung wird mehr Menschen treffen als diejenigen, die über 100.000 Euro verdienen? Sagen Sie es uns: Ab wann greift das Ding?" Steinbrücks Antwort verblüfft: "Das erzähle ich Ihnen, wenn ich in Amt und Würden bin, wenn der Wähler so entschieden hat." Steinbrück führt an, der deutsche Steuerzahler habe im Grunde kein Problem mit Steuererhöhungen. Will kontert mit einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach, wonach nur 17 Prozent der Deutschen bereit seien, noch mehr zu zahlen. Der Kapitalismuskritiker Steinbrück bleibt im Regen stehen.

Klartext - nach der Wahl

Auch in Sachen Vermögenssteuer reagiert der Sozialdemokrat, der seit Wochen durch das Land reist und Bürger unter dem Motto "Klartext" trifft, dünnhäutig: Ob er schon ein Modell habe, wie diese Steuer umgesetzt werde, ohne den Mittelstand zu belasten, will die Gastgeberin wissen. "Nein", ist die ehrliche Antwort der SPD-Spitzenkandidaten. "Das muss ich auch nicht. Darüber werde ich nach der Wahl Auskunft geben."

Es sind diese wenigen Momente der Schwäche, die den Eindruck zurücklassen, dass Peer Steinbrück eben nicht der Kapitalismuskritiker ist, den er gibt. Während er sich von Kanzlerin Angela Merkel wünscht, dass sie sich „nicht in eine Furche legt und abwartet, sondern klar exponiert“, bleibt ausgerechnet er in entscheidenden Fragen unkonkret. "Ich will Antworten", sagt der Herausforderer Richtung CDU und Merkel. Doch das scheint nicht für ihn zu gelten. "Wahlprogramme müssen nicht bis ins letzte Detail durch dekliniert sein", findet Steinbrück.  Aber, - Klartext klingt anders.

Quelle: Nationalgalerie + imago

Mit herzlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Ahnenforschung von Torsten Krauel

14/03/2013

Kanzlerin Angela Merkel ist zu einem Viertel Polin

Die Wurzeln von Kanzlerin Angela Merkel liegen östlicher als der breiten Masse bekannt: Ihr Großvater hieß ursprünglich "Kazmierczak" und stammte aus Posen. Später ließ er seinen Namen eindeutschen.

Angela Merkel, geborene Kasner, hätte mit Geburtsnamen beinahe Angela Kazmierczak geheißen – wenn ihr polnischer Großvater Ludwig Kazmierczak nicht 1930 seinen Namen in "Kasner" geändert hätte.

Das tat er erst vier Jahre nach der Geburt von Angela Merkels Vater Horst. Horst Kasner wurde 1926 in Berlin noch als Horst Kazmierczak geboren. Das schreibt der Ressortleiter Außenpolitik der Süddeutschen Zeitung, Stefan Kornelius, in einer Merkel-Biografie, die am heutigen Donnerstag erscheint.

Ludwig Kazmierczak kam 1896 im damaligen deutschen Posen zur Welt und wanderte Anfang der 20er-Jahre nach Berlin aus. Die Kazmierczaks gehörten zu der polnisch stämmigen, aber für Deutschland optierenden Bevölkerungsgruppe, deren Gebiet nach dem Vertrag von Versailles an das wiedergegründete Polen fiel.

Ludwig Kazmierczak zog wie manche andere daraus die Konsequenz, nach Deutschland umzuziehen. Er lebte von Anfang der 20er-Jahre bis zu seinem Tod 1959 in Berlin und war zuletzt Polizist in Berlin-Pankow.

Angela Merkel hat mehrmals ihre polnische Teilherkunft angedeutet. 1995 sagte sie auf dem Hamburger Kirchentag, dass ihr Vater aus Polen stamme. Sie wiederholte fünf Jahre später in einem "Spiegel"-Gespräch, dass sie "zu einem Viertel polnisch" sei. Der Name ihres Großvaters blieb aber damals unbekannt.

    z ciepłym chodzi

Haydn von Hohnstein

Steinbrück ist selber ein Clown ...

02|03|2013

...und lässt anscheinend kein Fettnäpfchen aus.

Steinbrücks „Beinfreiheit“ wird international langsam peinlich.

Hier im Inland nimmt ihn sowieso schon keiner mehr ernst. Warum die SPD = ein paar Clowns an der Spitze [Gabriel und Nahles] weiterhin am rüpelhaften Steinbrück als KANZLERKANDIDAT festhält, ist mir persönlich ein absolutes Rätsel. Das einzige Argument, was immer FÜR ihn genannt wird, ist, dass die SPD keinen anderen Kandidaten hat und man jetzt auch nicht mehr zurückrudern könne.

Und damit will die SPD die Wahl gewinnen?

Nein, sie will nicht. Das ist schon der erste Irrtum. Die SPD-Spitze hat überhaupt keine Ambitionen, die Macht in der Bundesrepublik für sich selbst zu gewinnen. Das, was eigentlich das ureigenste Interesse eines Politikers sein sollte, die politisch-rechtlichen Möglichkeiten zu gewinnen [=Mehrheit], um eigene Positionen, wie z.B. soziale Politik für die Bürger, per Gesetz umzusetzen, strebt die SPD überhaupt nicht an. Die SPD-Spitze hat sich bereits jetzt auf eine große Koalition mit Mutti Merkel eingerichtet. Ich vermute, die Kabinettsposten sind unter den SPD-Oberfuzzies längst verteilt. Inhaltliche Ambitionen, wie z.B. soziale Politik: Fehlanzeige.

Frank-Walter Steinmeier ist kein Clown. Er hat aber auch nichts zu sagen in seiner Partei, im doppelten Sinne: Er hat keinen Einfluss in seiner Partei, und er hat auch nichts in seinem Kopf, was relevant genug wäre zu sagen [z.B. im Sinne einer Oppositionspolitik gegenüber der regierenden Konservativen].

Zurück zu Herrn Holter-die-Polter Peer Steinbrück: „Er ist auch gegen die Abschaffung des Sitzenbleibens“ [wie die konservativen Bayern vor allem].

Hat er sich – vor einer solchen publikumswirksamen Aussage vor den Mikrofon der Hauptstadtjournalisten – irgendwie über das Thema fachkundig informiert? Nein. Braucht er nicht. Er findet zu allem und jedem eine eigene Meinung per sofort. Ohne Schlaumachen. Er ist einfach cool. Er hat zu allem eine Meinung. Sogar, wo er sich gar nicht auskennt. Es reicht, wenn er selber irgendeine Art von Erfahrung gemacht hat, die irgendwie mit dem Thema zusammenhängt. Z.B. er ist selber sitzen geblieben und es habe ihm auch nicht geschadet.

Das stimmt. Die politische Klasse hat ihn als Clown in seine Reihen aufgenommen und er ist inzwischen Millionär. Also, was will man mehr? Aber soll das jetzt das Vorbild sein für die Bildungsnation Deutschland, die im internationalem Wettbewerb steht, wie ständig betont wird, z.B. um das Gymnasium ohne Not schlechter zu machen [Hauptargumentation zur Einführung des sogenannten achtjährigen Gymnasiums, welches die Schüler inzwischen gesundheitlich und seelisch kaputt macht, statt sie wettbewerbsfähig zu machen]?

Wir haben eine inzwischen sehr primitive politische Klasse. Es geht nur noch ums Versorgen [der Reichen] und das Selbst-Versorgt werden der Marionetten der Reichen [und den Anschein des Dazugehörens zu den Großen Tollen Reichen Eliten, die wissen, was für alle gut ist].

Steinbrück ist wie eine Art Super-Beispiel für die ganze Krise, in die wir durch diese zunehmende Dekadenz unseres politischen Apparates geraten sind und der nicht mehr auseinanderzuklamüsernden Verflechtung von wirtschaftlichen Privatinteressen und „Verantwortung für das Volk“, die nur noch in der Präambel des Grundgesetzes steht, aber niemanden wirklich interessiert.

Steinbrück ist Kandidat für die SPD. Die Partei, die eigentlich die Lobby für die Armen und Schwächeren sein sollte. Ob es sich jetzt um schlecht bezahlte Beschäftigte handelt oder um die, die bereits aus dem Wirtschaftsleben und damit aus der Gesellschaft heraus geflogen sind [Hartz Vier Prekariat], weil Rumänen die Arbeit billiger machen können [wie z.B. bei dem Vorzeigeunternehmen Nokia, die erst deutsche Subventionen abgesahnt haben und dann sich nach Rumänien verzogen haben].

Herr Steinbrück ist aber nur dort, wo er für clownreife Auftritte von Wirtschaftslobbyisten 20.000 Euro aufwärts für einen Abend [!] bekommt und hat sich jüngst gerade wieder mit der Wirtschaftselite, also eigentlich dem natürlichen Gegner der Sozialdemokraten und Arbeitnehmer, getroffen. Um die auszuspionieren? Nein, um dazuzugehören zu den Großen und Reichen. Das ist das Einzige, was diesen Polit-Clown interessiert. Und die SPD hat keinen anderen Kandidaten, sagt sie.

Arme SPD. Und auch armes Deutschland. Weil die „Demokratie“ Deutschland keine wirksame und echte Politik ernst meinende Opposition hat. Die Wähler haben keine Wahlalternative. Sie können nur wählen zwischen Reiern und Kotzen.

Und da dies inzwischen ein gesamteuropäisches Phänomen ist, wundern sich auf einmal elitäre und selbstverliebte Journalisten und Politiker in Deutschland, dass in Italien einer 25% der Stimmen auf sich vereinigt, auf Anhieb [die SPD hat in Deutschland auch nicht sehr viel mehr], der diese Missstände angreift. „Zwar“ auf – auch – komödiantische Art. Aber was ist dagegen einzuwenden? Wenn sich die politische Elite schon zynisch gibt gegenüber der Gesamtbevölkerung, die sie eigentlich vertreten und regieren sollte, warum dann nicht auch einer, der diese Missstände anprangert?

Irgendwie riecht das für mich nach einer knallharten Projektion [psychologisch] der hiesigen Eliten auf den politischen Gegner: Weil „Politiker“, wie Peer Steinbrück, ihr eigenes Wahl- und Kandidatenvolk in Wirklichkeit gar nicht ernst nehmen, fällt ihnen ein – scheinbar – ähnliches Verhalten im Nachbarland, wo ein professioneller Kabarettist den regierenden Politkern den Spiegel vorhält, so wie einst der berühmte Till Eulenspiegel, auf. Und sie denken in ihrem primitiven Spatzenhirn, dass nur die anderen der Clown sind und nicht sie selber.

Lieber Peer Steinbrück, warum trittst Du nicht selber mal bei Urban Priols „Anstalt“ auf. Da würdest Du mal wenigstens echte Aufmerksamkeit bekommen und es wäre insgesamt stimmig. Denn Du nimmst die Armen und Schwächeren in Deutschland überhaupt nicht ernst, sondern lachst innerlich über diese. Und reißt vielleicht zotige Witze auf Deinen Gourmet-Treffen mit den „Spitzen der deutschen Wirtschaft“, wie es so schön immer heißt. Natürlich nur hinter vorgehaltener Hand. Auf dem Parteitag der SPD mimst Du auf einmal den Sozialdemokraten. Wie absurd ist nur Deine Vorstellung!

Deshalb: Bitte nimm Deine Kandidatur für das wirklich ernste Amt des deutschen Bundeskanzlers zurück. Ich möchte nicht, dass das Ausland über mein Heimatland wegen Dir lacht!

In der Hoffnung eines Besseren…

mit herzlichem Gruß

Haydn von Hohnstein

Die „Leck-mich-am-Arsch-Tage“ und die Clowns

01|03|2013


Die Euros versickern bei den Gläubigern und damit bei den Banken. Sie kommen, entgegen der landläufigen Meinung, nicht bei denjenigen an, deren Wirtschaft angekurbelt werden soll.

Man könnte glatt zum Italiener werden

Lange sah es so aus, als wolle die Bundesregierung dem griechischen Zypern nur helfen, wenn es ernsthaft mit seiner Rolle als Geldwäscher Europas und als Steuerparadies Schluss machen würde. Doch kaum hatten die Wahlen in Zypern die "richtige", also eine konservative Partei, hervorgebracht, da kam vom angeblichen deutschen Sparkommissar Wolfgang Schäuble das Signal: Ein 17-Milliarden-Hilfspaket, wie üblich zur Sanierung der Banken gedacht, wird im kommenden Monat auf den Weg gebracht werden. "Leck mich am Arsch" würde der Finanzminister nie sagen. Nur seine Haltung sagt es eindeutig: Steuerzahler und Parlamente können ihn mal. Sparen sollen die Blöden, die Normalos, für die Banken kennt das System nur die Dauer-Relevanz.

Den "Leck-mich-am-Arsch-Tag", den "Vaffanculo-Day", hat der italienische Polit-Komiker Beppe Grillo 2007 erfunden. Diese Initiative gegen korrupte Politiker, für Direktwahlen und dafür, dass Politiker nur noch für zwei Legislaturperioden gewählt werden dürfen, hat mit den italienischen Wahlen einen Höhepunkt gefunden: Mit 25,6 Prozent der Stimmen ist die Bewegung von Beppe Grillo stärkste Partei im Abgeordnetenhaus geworden. Dem SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück fiel zu den italienischen Wahlen ein: "Bis zu einem gewissen Grad bin ich entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben." Bis zu einem ziemlich hohen Grad versteht Steinbrück gar nichts: Die Berlusconi-Wähler träumen von der Steuersenkung weil sie arm sind, und die Grillo-Wähler träumen davon, die Verhältnisse umzukehren, weil sie die Schnauze voll haben. Das kann einer, der als Schein-Oppositioneller noch immer der jeweiligen Regierungsvorlage zur Bankenrettung zugestimmt hat nicht begreifen: Die Italiener sagen der EU: Leck mich am Arsch. 



Die Regierung Merkel hatte es, mit tatkräftiger Hilfe der SPD-GRÜNE-Opposition, beinahe geschafft: Die Bankenkrise war von der Tagesordnung verschwunden, die Hoffnung sie bis zu den Bundestagswahlen aus den Medien in die Hinterzimmer der Politik zu verbannen, schien aufzugehen. Denn diesen Schein der Krisenbewältigung braucht die Merkel, um die nächste Wahl sicher zu gewinnen. Aber die wachsende Armut in Italien im Gefolge europäischer Sparpolitik, die sinkende Kaufkraft und die steigende Jugendarbeitslosigkeit verweist die gängigen Rezepte zur Sanierung der europäischen Finanzen auf die relativ einfache Götz-von-Berlichingen-Formel. Das mag unmittelbar auch nicht helfen, erinnert aber daran, dass es neben den Bank-Interessen auch noch solche der Bevölkerung gibt.

Was macht eigentlich Portugal, zeitweilig von der Eurokratie als Musterland der Sanierung gefeiert? Dort schrumpfte die Wirtschaftsleistung in 2012 um drei Prozent und wird in 2013 weiter abnehmen. Rund 40 Prozent der jungen Arbeitnehmer finden keinen Job. Da geht es ihnen immer noch besser als den gleichaltrigen Griechen: Dort steigt die Jugendarbeitslosigkeit auf 60 Prozent. Wenn in Spanien nur etwa 30 Prozent der Jugendlichen arbeitslos sind, dann kann sich das bald weiter verschlechtern: In dieser Woche wird Spaniens-Mega-Sparkasse BANKIA Verluste von 19 Milliarden Euro bekanntgeben. Nach der EU-Regel werden die Mittel für die Bank-Sanierung durch weiteren Sozialabbau aufgebracht. Das schwächt die Kaufkraft, senkt den Konsum und schon müssen weitere Leute arbeitslos werden. Wer wollte da nicht auf ein kräftiges "Leck-mich" zur mentalen Zwischenfinanzierung des Widerstands zurückgreifen?

Nur wenige Tage nach der faktischen Zusage des Zypern-Banken-Rettungspaketes, kam aus der Inselrepublik ein klares Leck-mich-Signal: Der neue zypriotische Präsident, Nikos Anastasiades, lehnte eine Finanztransaktionssteuer im Gegenzug für die EU-Milliardenhilfen ab. Man könnte glatt zum Italiener werden.

Dann in diesem Sinne, mit freundlichem Gruß

Haydn von Hohnstein

Hartwig Fischer
26|02|2013 

Hartwig Fischer, Bundestagsabgeordneter.

Galoppierender Zynismus: Pferd für Arme

Endlich, nach 25 Jahren lautloser parlamentarischer Arbeit, nimmt man von ihm Notiz. Für die Bildzeitung darf er sogar ein Demo-Video-Essen zelebrieren: Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hartwig Fischer isst Pferdefleisch.

"Mmmh, lecker", schmatzt er, "die Konsistenz ist sehr gut", stelzt er sich durch die Lasagne, um dann gequält zu bestätigen "Wie beim normalen Essen." So tapfer ist Fischer, der jüngst empfohlen hatte, man solle doch den 1,5 Millionen Menschen in Deutschland, die jetzt schon von der "Deutschen Tafel" mit alten Lebensmitteln versorgt werden, die falsch deklarierten Pferdefleisch-Produkte auf den Teller legen. Unter dem Mantel der Mildtätigkeit lugt die Verachtung hervor: Lass doch die Verlierer das Müllfleisch essen, meint der dicke Mann, solange mein Rehbraten vom Reh ist, bleibt alles in Ordnung.

Hartwig Fischer ist der deutsche Normal-Politiker. Darin liegt all sein Schrecken, die Banalität des Blöden: Aus Verden an der Aller kommt der Mann ursprünglich, den sie aus der Jungen Union haben rauswerfen müssen, als er die Altersgrenze von 35 Jahren erreicht hatte. Und weil er unbedingt populär sein will, ist er Mitglied in den Schützenvereinen von Geismar bei Göttingen, von Holtensen bei Göttingen und von Grone bei Göttingen. Dort sitzt man gern bei Bier und Korn, bis man von der Bank fällt. Bei der "Jägerschaft Göttingen e.V." hat unser aller Hartwig schon 1965 die Jägerprüfung abgelegt, ein Verein, der auf seiner Website verkündet: "Kriminelle Jagdgegner müssen bestraft werden." Richtig so, das Gesocks über Kimme und Korn anvisieren, mal sehen wie schnell die laufen können!

Heia Safari treibt den Abgeordneten auch bei der "Deutschen Afrika Stiftung" um, dort ist der Mann aus Südniedersachsen Präsident und somit Herausgeber der "afrikapost", der ältesten deutschen Zeitschrift, die schon 1888 deutsche Kolonialpolitik propagierte und auch heute sicher weiß: "Mali-Mission der Bundeswehr: Terrorismus nicht dulden!" Da ist sie wieder, die Mission der Deutschen, auch wenn Lettow-Vorbeck mit der deutschen "Schutztruppe" in Afrika letztlich gescheitert ist, die Bundeswehr wird sich im Kampf gegen den Terror schon bewähren und den Afrikanern das bisschen Demokratie beibringen, das dort nötig ist.

"Viele seine Wegbegleiter", lässt Hartwig Fischer über sich selbst auf seiner Website texten, "sind angetan, wenn sie über Fischers unermüdlichen Einsatz, seine Spontaneität, seine ehrliche Art, sich den Menschen zuzuwenden und seine Zuverlässigkeit sprechen." Es ist diese Zuverlässigkeit, die auch von der Firma Carl Zeiss in Göttingen geschätzt wird: Er, Fischer, sei ein aktives Bindeglied zwischen Politik und Wirtschaft, er lege Grundsteine, lässt das Unternehmen über den Lobbyisten verlauten. Ob damit die Zeiss-Zielfernrohre für deutsche Kampfpanzer oder die Zeiss-Sehrohre für deutsche U-Boote als Bindeglieder deutscher Außenpolitik gemeint sind ist ungewiss.

Mag der CDU-Politiker auch noch so grauenhaft der Normalität des deutschen Politikers entsprechen, in einem ragt er eindeutig heraus: Während seine Koalition der Öffentlichkeit immer noch einen ungeschminkten Armutsbericht verweigert, benennt er die öffentliche Schande, dass in einem reichen Land 1,5 Millionen Menschen trotz der Hartz-Vier-Almosen nicht satt werden und auf Lebensmittelspenden angewiesen sind. Auch wenn ihm diese Information, zynisch und geltungssüchtig, eher entglitten ist: Man sollte ihn, in Geismar, Holtensen und Grone, zum Schützenkönig küren. Hat der Präsident des "Deutschen Jagdschutzverbandes" Hartwig Fischer doch fraglos den Vogel dieses Monats abgeschossen. Waidmanns Dank!

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Die großen 20
19|02|2013


Mutti Merkel träumte wohl noch vom Landtagssieg in Niedersachsen oder einem neuen Rüstungsexport, während der G20-Gipfel ohne Staatschefs stattfand.

Die Welt ist reif für eine neue Ordnung

Nun haben sie sich getroffen, die großen 20, die angeblich wichtigsten Industrie- und Schwellen-Ländern der Welt. Schön, sie haben den möglichen "Währungskrieg" verhindern können. Berichten die Medien.


Doch das Thema kann nicht so wichtig gewesen sein. Denn anwesend waren nur die Finanzminister und die Notenbankchefs der Länder. Die Staatschefs waren gleich zu Hause geblieben. Ja, wenn es um einen richtigen, ordentlichen Krieg gegangen wäre. Aber so. Ausgerüstet für Kriege aller Art sind manche der bei der Konferenz in Moskau beteiligten Ländern. Mit den dort vorhandenen Arsenalen ließe sich jederzeit eine Serie von Weltkriegen herstellen. Das Heidelberger Institut für Konfliktforschung zählte jüngst noch 20 akute Kriege. Zwar waren es zumeist eher Bürgerkriege. Aber da die immer mit internationaler Hilfe angefeuert wurden - Syrien, Libyen und Afghanistan sind nur Beispiel für fast alle - stellt sich schon die Frage nach der G-20-Zusammensetzung und der Rangreihung. Bisher wird die Hierarchie der großen 20 nach dem Brutto-Inlands-Produkt [BIP] festgestellt, dem Gesamtwert aller Güter, die in den jeweiligen Landesgrenzen hergestellt werden. Aber hilft das im Kriegsfall? Die Konferenz braucht neue Maßstäbe.

Auf den vorderen Plätzen der G-20 scheint die Rang- und Reihenfolge noch in Ordnung zu sein: Die USA geben mehr als 700 Milliarden Dollar für allerlei Waffentechnik aus. Das ihr folgende China hat logisch und eher zufällig auch mit dem BIP Wert den zweiten Platz in der Rüstungs-Etat-Hierarchie. Doch schon bei den rund 63 Milliarden, die von England für ihrer Majestät Streitkräfte ausgegeben werden, stockt die Rangreihung: Das Vereinigte Königreich gibt deutlich mehr Geld für die Verteidigung aus als zum Beispiel Japan. Aber es ist ungerecht das Königreich hinter das japanische Kaiserreich zu stufen, nur weil in Japan mehr Leute wohnen und die Japaner mehr als das zweifache an BIP ausweisen. Gegen wen muss sich Gross-Britannien verteidigen, wer bedroht das Land? Schön, einst wurde es von den Normannen besessen, wollen die England jetzt wiederhaben? Droht die Republik Irland mit der Eroberung des englisch besetzten Nordens? Man weiß es nicht.

Oder nehmen wir mal Israel. Das Land kommt, obwohl dort nur 7 Millionen Menschen wohnen auf immerhin gut 10 Milliarden Ausgaben für die Rüstung. Aber es ist einfach nicht bei den G-20 vertreten! Anders Indonesien. Obwohl dort mehr als 240 Millionen Menschen leben, geben die Indonesier schäbige 2,3 Milliarden für Rüstung aus. Da spielen die G-20 eindeutig verkehrte Welt. Zumal den Israelis deren Atombomben als Bonuspunkte angerechnet werden müssten. Wenn solcherlei Ungerechtigkeiten nicht anderswo auch vorkämen, könnte man den Ausschluss Israels glatt für Antisemitismus halten. Aber mit den Nordkoreanern verhält es sich ähnlich. Zwar hat Südkorea einen deutlich höheren Kriegshaushalt als der Norden, aber der Norden verfügt über A-Waffen. Doch nur der Süden ist Mitglied des exklusiven 20er Klubs. Da stimmt doch was nicht.

Warum verweigert man den Griechen die G-20-Mitgliedschaft? Sicher deren BIP ist unterirdisch. Aber ihre Rüstungsausgaben liegen pro Kopf der Bevölkerung bei stolzen 217 Dollar, während die Chinesen nur auf ärmliche 37 Dollar kommen aber in der Rangreihung der G-20 glatt den zweiten Platz einnehmen. Auch Deutschland ist benachteiligt. Zwar darf das Land wegen seines BIP den vierten Platz bei den G-20 einnehmen, aber es hat unangefochten den dritten Platz bei den Rüstungsexporten. Diese Leistung für die internationale Gemeinschaft darf nicht unterschätzt werden. Gehen doch von Deutschland große Impulse für die internationale Entwicklung aus: Die ständigen Waffenlieferungen nach Saudi Arabien könnte die Saudis - wenn sich endlich die Platzierung nach dem Wehr-Etat durchsetzen würde - von ihrem undankbaren viertletzten Platz ins Mittelfeld befördern. Was Länder wie Südafrika, gerade mal vier Milliarden wird dort für Waffen ausgegeben, oder Mexiko [etwa sechs Milliarden] bei den G-20 zu suchen haben, bleibt rätselhaft.

Längst ist die Welt reif für eine neue Ordnung. In einer Zeit, in der die Kriege über das Wohl und Wehe der Nationen entscheiden. In der die Waffen die Rohstoff-Lieferungen bestimmen und das Recht des Stärkeren längst das Völkerrecht abgelöst hat, ist auch eine neue Ehrlichkeit angesagt: Die G-20-Hierarchie muss vom Kopf auf die Füße gestellt, muss nach den Rüstungs-Etats gegliedert werden. Vielleicht kommen dann auch wieder Staatschef persönlich zu Konferenzen, um den wahren Wert ihrer Länder zu präsentieren.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Bevölkerung kann sich an der Finanzierung von Stromtrassen beteiligen
15|02|2013

Für die Energiewende braucht es Stromleitungen. Jetzt können sich neben privaten Investoren auch Bürgerinnen beteiligen.

TenneT startet Bürgerleitung als Pilotprojekt in Schleswig-Holstein

Schleswig-Holsteiner können sich in Zukunft an der Finanzierung von Stromtrassen beteiligen. Bei der geplanten 380-Kilovolt-Leitung an der Westküste soll noch in diesem Jahr eine Bürgerleitung entstehen. Das kündigten Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig und der Übertragungsnetzbetreiber TenneT am 30. Januar in Kiel an.

Die Landesregierung warb für das bundesweit einmalige Pilotprojekt: „Der Netzausbau gelingt nur, wenn wir die Menschen in der Region dabei mitnehmen“, sagte Ministerpräsident Torsten Albig. Nach der Entscheidung über das beschleunigte Verfahren zum Ausbau der Leitung zwischen Brunsbüttel und Niebüll sei die Bürgerleitung jetzt ein weiterer Meilenstein, um die Energiewende im Land zügig umzusetzen. Es freue ihn sehr, so Albig weiter, dass auch TenneT als Netzbetreiber auf einen breiten Dialog mit den Menschen in der Region setze. „Wir wollen den Menschen an der Westküste die Möglichkeit bieten, sich an ihrer Leitung auch finanziell zu beteiligen. Hierdurch und durch den breiten Dialogprozess zur Trassenfindung wollen wir für Akzeptanz werben, damit eines der wichtigsten Projekte für die Energiewende gelingt“, sagte Lex Hartman, Geschäftsführer von TenneT. „Wir sind sehr froh, dass wir dieses richtungsweisende Pilotprojekt gemeinsam mit der schleswig-holsteinischen Landesregierung auf den Weg bringen können.“

TenneT wird den Bürgern über Wertpapiere die Möglichkeit bieten, von der neuen Höchstspannungsleitung an der Westküste Schleswig-Holsteins finanziell zu profitieren. Da es bei der Bürgerleitung um Akzeptanz für den Netzausbau geht, werden nur private Anleger Wertpapiere erwerben können. Dabei werden Bürger, die unmittelbar vom Bau der Höchstspannungsleitung betroffen sind, bevorzugt. Dies und eine Mindestbeteiligung von voraussichtlich 1.000 Euro sollen die Beteiligung besonders für Kleinanleger aus der Region interessant machen. Damit sich auch wirklich der einzelne Bürger beteiligen kann, wird Kleinanlegern, die nur wenige Wertpapiere erwerben wollen, der Vorzug gegenüber Privatanlegern gegeben, die große Summen investieren möchten.

Die Einnahmen der Investoren werden für die Realisierung der Westküsten-Leitung verwendet. Die Bürgerleitung verspricht den Anlegern einen attraktiven Zins. Dieser läge unter den jetzigen Kapitalmarktbedingungen um die 4,5 bis fünf Prozent. Die Höhe der Bürgerbeteiligung kann 40 Millionen Euro, maximal aber 15 Prozent des Investitionsbudgets für die Leitung betragen. Die Wertpapiere sollen über lokal ansässige Geldinstitute vertrieben werden.

TenneT erwartet, dass nach Genehmigung durch die zuständige Finanzregulierungsbehörde der Verkauf der Wertpapiere im zweiten Quartal dieses Jahres beginnen kann. In den kommenden Monaten wird das Unternehmen an der Westküste Schleswig-Holsteins über das Leitungsprojekt und die Beteiligungsmöglichkeit informieren.


Zur geplanten Westküsten-Leitung:

Schleswig-Holstein nimmt mit seinen windreichen Küstenregionen einen besonderen Stellenwert beim Umbau der Energieversorgung in Deutschland ein. Bis 2020 werden rund acht bis zehn Prozent des deutschen Strombedarfs aus Schleswig-Holstein gedeckt werden. Nahezu die Hälfte des hier erzeugten Windstroms wird heute und auch in Zukunft entlang der Westküste produziert. Der Bau der Höchstspannungsleitung an der Westküste ist eines der zentralen Infrastrukturprojekte in Schleswig-Holstein, um die Energiewende umzusetzen. Im Rahmen der Netzentwicklungsinitiative wollen das Land, die Kreise und TenneT den Netzausbau in Schleswig-Holstein beschleunigen.

Ich spar dann schon mal….

Quelle: Tenne.de

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Warum wir Drohnen brauchen
29|01|2013


Drohnen lassen sich prima umprogrammieren, wie letztes Jahr im Iran. Was das für einen zukünftigen "Cyberwar" bedeutet, wollen wir hier lieber nicht ausmalen!

So ein Geschrei um so ein bisschen Metall? Ob Deutschland Drohnen braucht wird jetzt überall gefragt. Keiner fragt sich zum Beispiel, ob Ferngläser gebraucht werden. Es gibt sie. Also werden sie auch gebraucht. Oder Jagdflinten, stellt die irgendjemand infrage? Natürlich nicht. Sie werden verkauft und gekauft. Also sind sie in Gebrauch. Was soll eine Drohne anderes sein als die Kombination von einem Fernglas und einer Flinte? Man kann damit weit gucken und prima schießen. Also.

Unser Rüstungsminister, der de Maizière, hat ja ein klares Wort gesprochen: "Unbemannte, bewaffnete Luftfahrzeuge unterscheiden sich in der Wirkung nicht von bemannten. Immer entscheidet ein Mensch, eine Rakete abzuschießen". Sieh mal einer an, da hat der Mann auch gleich den Rationalisierungs-Aspekt begriffen: So eine Pilotenausbildung ist teuer und wenn der Pilot abgeschossen wird, soll im Krieg ja vorkommen, muss man welche nachschieben. Entfällt demnächst alles. Aber de Maizière kommt ja aus einer alten preußischen-hugenottischen Familie, jede Menge Offiziere dabei, der Vater kannte sogar den Führerbunker von innen, als Hitler noch die Wunderwaffen plante.

Und diese Drohnen sind echte Wunderwaffen. Sagen wir mal, da ist so ein Terrorist - prima Verkaufsargumente, diese Terroristen - sagen wir mal in Mali. Der bedroht uns. Nun ist Mali deutlich weiter entfernt als so eine Drohne reicht. Da müssen wir näher ran, um das Ding erfolgreich abzuschießen. Am besten gleich nach Mali. Algerien ginge auch, aber ob uns die Algerier erlauben, von ihrem Gebiet aus Drohnen abzuschießen? Eher nicht. Also muss eine Truppe vor Ort so einen "Reaper" [Sensenmann], ulkiger Name für `ne Maschine, egal, muss also die Truppe den "Reaper" in Stellung bringen. Das hat den Vorteil, wir sind schon mal vor Ort, wo sich die Terroristen rumtreiben. Aber zu Hause sitzt die entscheidende Mannschaft, die das Ding steuert, im Bunker. Muss ja nicht der Führerbunker sein, kleiner Scherz. Kein Mensch, soweit Terroristen Menschen sind, kann an die Steuermannschaft ran. Dann macht es irgendwo in Mali "wumm" und der Terrorist ist erledigt. Ende der Debatte.

Bei uns ist die Debatte noch voll im Gange. Aber moderat. Früher hätten zum Beispiel die GRÜNEN irgendsoein pazifistisches Gezeter angefangen, von wem wir denn bedroht würden und was wir in Mali zu suchen hätten. Heute meint der Omid Nouripour: "Die Bundesregierung muss zügig den Bürgern reinen Wein einschenken, ob sie eine ehrliche und ergebnisoffene Diskussion über Kampfdrohnen möchte". So ein schöner Satz, sagt nix und ist ergebnisoffen, darauf könnte ich mir zügig ein gutes Glas Roten einschütten. Apropos Rote: Auf die SPD ist seit dem Hindukusch-Struck Verlass. Sagt dieser Arnold, der SPD-Rüstungsexperte: "Deutschland darf sich nicht unter Druck setzen lassen, vorschnell ein amerikanisches Modell zu kaufen!" Richtig: Wenn wir selbst `ne Drohne entwickeln, wird die noch teurer und man muss immer an die Arbeitsplätze in Deutschland denken und an mein Auskommen.


Wo war ich stehen geblieben? Ach, ja, bei diesem Terroristen in Mali. Der sitzt also in so einem Wüstendorf und bedroht Frau Merkel. Warum? Keine Ahnung, hat sie aber die Tage selbst gesagt, die Frau: "Der Terrorismus in Mali ist eine Bedrohung für Europa!" Also der Typ bedroht uns über die 5000 Kilometer Luftlinie entfernt mit, sagen wir mal, mit `ner Kalaschnikow. Unsere Mannschaft vor Ort hat die Drohne in Stellung gebracht, im Kanzlerhauptquartier steigt die Spannung. Gestern hatte die BILD-Zeitung schon geschlagzeilt: WANN WIRD ENDLICH ZURÜCKGESCHOSSEN?, heute hatte noch mal der Bundes-Wehrbeauftragte in den "Ruhr-Nachrichten" die Absicht der gezielten Tötung mit Drohnen zurückgewiesen, da zeigt der große Bildschirm im Kanzleramt den Abschuss, wenige Zeit später den Aufschlag und dann nur noch Rauch: Der "Sensenmann" hat zugeschlagen, schon wieder ist ein Terror-Dorf erledigt. Applaus, Applaus. Wo ich dann bin? Zu Hause. Geld zählen. So ein "Reaper" kostet rund 13 Millionen Dollar. Deshalb brauchen wir ja Drohnen. Unbedingt.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Der Plapper-Liberale

Rainer Brüderle soll die FDP als Spitzenmann in den Wahlkampf führen. Vielen Liberalen graut davor.  

Rainer Brüderle, der neue FDP-Spitzenkandidat ? Nein, das war kein guter Starttfür den neuen Spitzenkandidaten der FDP. Als das Parteipräsidium Rainer Brüderle am Montag zum Gesicht für die Bundestagswahl kürte, geschah dies in einer überaus feindseligen, angespannten Atmosphäre. Parteichef Philipp Rösler hatte sich durchgesetzt, die anschließende Pressekonferenz von Rösler und Brüderle war geprägt von vergifteten Komplimenten und frostigen Blicken.

Brüderle war schließlich von seinem 30 Jahre jüngeren, innerparteilichen Gegner überrascht und überrumpelt worden. Dies war dem Fraktionschef auch bei seinem öffentlichen Auftritt am Montag anzumerken: Über ein paar schlichte Sätze ("Die Sturmspitze bin ich" oder "Der Philipp wird sich voll einbringen") kam Brüderle kaum hinaus. Begeisterung? Aufbruch? Esprit? Alles Fehlanzeige.

Der 67-Jährige selbst trägt an dieser unguten Ausgangslage die Hauptschuld. Mit seinem öffentlichen Auftritt, indem er den Führungsanspruch Röslers mehr oder weniger unverhohlen infrage gestellt hatte, hat er weite Teile der Partei gegen sich aufgebracht. Es war kein offener Angriff, den Brüderle da gewagt hatte. Eher hatte er leicht verschwurbelt ein bisschen gezündelt und eigene Ambitionen angedeutet. Dass ihm sofort Christian Lindner, ein anderer prominenter Rösler-Gegner, assistierend zur Seite sprang, ließ den Brüderle-Vorstoß wie ein abgekartetes Spiel aussehen.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle soll seine Partei in die Bundestagswahl 2013 führen. Philipp Rösler bleibt aber weiterhin Parteichef.

Weniger misstrauische Liberale sagen: Brüderle habe sich im Morgenmagazin bloß verplappert. Und tatsächlich wäre auch das nicht gerade untypisch für ihn. Vielen in der FDP ist noch gut in Erinnerung, wie eine unbedachte Äußerung den Schlussspurt im Landtagswahlkampf belastete, damals in Baden-Württemberg. Auf einem Treffen mit Wirtschaftsbossen erzählte er freimütig, die neue Atom-Politik nach Fukushima sei in erster Linie Wahlkampftaktik. Nicht nur die CSU tobte damals, Brüderle gefährde das Ansehen der gesamten Bundesregierung.

Die unbedachten Äußerungen kosteten Brüderle seinen Posten als Landesvorsitzender und, etwas später, das Wirtschaftsministerium. Auch damals fühlte er sich "reingelegt" vom neuen Parteichef Rösler, der ihn aus dem geliebten Posten drängte. Seither gilt das Verhältnis zwischen den beiden als äußerst angespannt.

Aber auch sonst ist Brüderle seit jeher für unbedachte Äußerungen gut. Seine oft plumpe Rhetorik, seine Lust am Wein – all das sorgt regelmäßig für Spott in diversen liberalen Runden. Den jungen, reformorientierten Kräften in der FDP war daher der Brüderle-Hype, der in den vergangenen beiden Jahren der andauernden FDP-Krise mancherorts entstanden ist, immer schon suspekt. Schließlich steht er nicht für Avantgarde und programmatische Erneuerung. Brüderles "Wortwahl, Tonalität und Auftritt" entspräche kein bisschen einem "modernen Liberalismus", sagt ein einflussreicher junger FDPler.

Und das sagte Rainer Brüderle dazu: „Ich halte nichts von einem Säusel-Liberalismus. Wir tun nach der Wahl, was wir vorher versprochen haben. Das ist etwas Neues in Deutschland, denn die Mutter aller Fragen ist die Entwicklung bei der Mutter“. …  Na denn, - schaun` wir mal, was da auf uns zukommt.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Der Ali in Mali
16|01|2013

Mali ist eines der ärmsten Länder der Welt und liegt, klimatisch betrachtet, sehr ungünstig. Es wurde ähnlich wie Burkina Faso kaputtentwickelt und nebenbei ausgebeutet.

Schnell mal Krieg machen

Gestern im Bus: Sagt der eine zum anderen: "Was ist da los in Mali?" Sagte der, den Kopf aus der Zeitung hebend: "Irgend so´n Ali macht mal wieder Zoff in Mali." Wenn es doch nur der Bildzeitungs-Bildungs-Stand wäre, der aus dem Busfahrer spräche.

Aber auch die "Tagesschau" titelt bedauernd "Frankreich feuert, Deutschland diskutiert", in der ZEIT darf ein verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion seine Solidarität mit Frankreich erklären: "Wenn Frankreich Hilfe braucht im Zusammenhang mit dem Lufttransport, muss Deutschland Unterstützung leisten." So, als sei Frankreich von einem bösen Feind angegriffen worden. Und die "Süddeutsche" freut sich: "Viel Zuspruch zu Frankreichs Krieg in Mali" während die BILD-Zeitung einen "Gegenschlag" Frankreichs notiert. Und alle, wirklich alle wissen von bösen Terroristen, die man selbstverständlich bekämpfen muss.

Dass Mali seit 1894 französische Kolonie war und das bis 1960 auch blieb, will keiner wissen und gilt dem Mainstream natürlich nicht als Erklärung für die aktuellen Zustände. Doch Mali ist ein wirkliches Muster für die Zerstörung wirtschaftlicher und sozialer Strukturen jener Entwicklungsländer, die kaputtentwickelt wurden und werden: Statt Nahrungsmittel für den Eigenbedarf zu produzieren, wurden die Bewohner des Landes erst als Zwangsarbeiter, später durch die Erhebung von Steuern gezwungen Erdnüsse und Baumwolle für den Export anzubauen. Das sind bis heute die wesentlichen Exportgüter und mit dieser Struktur wurde Mali zu einem der ärmsten Länder der Erde. Denn der Weltmarktpreis für Baumwolle fiel ins Bodenlose, nicht zuletzt, weil die US-Regierung jeden ihrer Baumwollfarmer mit 100.000 Dollar im Jahr subventioniert. Ein Betrag, für den ein malischer Baumwollbauer etwa tausend Jahre arbeiten müsste.

Es gibt Gold in Mali. Das aber hilft dem armen Land gar nichts. Denn das Edelmetall wird gefördert und gedealt von der Randgold Resources Ltd., einem Konzern im Besitz US-amerikanischer Finanzinvestoren, der seinen Sitz im europäischen Steuerparadies Jersey hat. Und es gibt Uran in Mali. Wie im benachbarten Niger liegt es in einem Gebiet, das die Tuareg beanspruchen, eine der 30 Ethnien, die in Mali leben. Und wenn die malischen Uran-Ressourcen erschlossen werden, dann soll das Uran, wie in Niger auch, schleunigst von französischen Firmen gefördert und für die 58 Atomkraftwerke Frankreichs angereichert werden. Ein prima Geschäft, an dem die Tuareg natürlich wie bisher nicht beteiligt sein werden. Die bittere Armut in Mali - ein fetter Nährboden für Terrorismus aller Art - wird weder vom amerikanischen Gold noch vom französischen Uran beseitigt werden. Der neue Kolonialismus hat vor Ort zwar keine eigenen Unterdrückungs-Behörden mehr, er beutet nur die Rohstoffe aus, die ihm nicht gehören und die er faktisch denen stiehlt, die dort leben, wo die Konzerne "ihre" Ressourcen fördern. Aber wenn der Profit gefährdet ist, dann wird Militär eingesetzt.


Durch nahezu alle Berichte deutscher Medien ziehen sich zwei Argumentationslinien, die den "Gegenschlag" Frankreichs begründen und befürworten. Zum einen ist die Rede vom "islamistischen Terrorismus". Tatsächlich gibt es - neben anderen Aufständischen - auch Islamisten in Mali, die sich gegen die Regierung erhoben haben. Und schon weiß der seit langem auf Terrorismus geschulte Redakteur, dass hier nur der kurze Prozess, die militärische "Mission" [Intervention, Operation oder Einsatz kommen als Verschleierungsbegriffe auch gern vor] helfen kann. Können die Redaktionen nicht lernen oder wollen sie nicht? Es gibt aus den letzten Jahrzehnten - vom irischen Terrorismus bis zum afghanischen - nicht einen einzigen Fall, in dem der Terrorismus mit ausländischer Waffengewalt erfolgreich bekämpft werden konnte. Und in Afghanistan ist genau das Gegenteil zu beobachten: Das ausländische "Engagement" reizt die Inländer und vergrößert die Sympathien für die einheimischen Terrorristen.

Das zweite verlogene Argument ist das der Demokratisierung. Warum ausgerechnet jene Länder, die in Afrika und im arabischen Raum in der Vergangenheit wie die Sau gehaust haben und noch immer ihren Rohstoff-Vorteil dort suchen und finden, in diesen Gegenden die Demokratie etablieren sollten, ist schleierhaft. Auch im Fall Mali gilt die aktuelle Regierung, die sich mit der gütigen Genehmigung der Franzosen eingerichtet hat, als demokratisch. Wie das mit dem Mord an etwa 50.000 Tuaregs zu vereinbaren ist, der von Milizen [Ganda Koi] verübt wurde, die von Kräften organisiert wurden die heute die Regierung stellen, mögen uns die Demokratiespezialisten nicht erklären. So wenig wie sie ihren Lesern und Zuschauern die idiotischen, mit dem Lineal gezogenen Kolonialgrenzen erklären wollen, unter denen besonders nomadische Völker wie die Tuareg zu leiden haben und die Dauerursache für afrikanische Kriege sind.

Es ist die Mischung aus europäischer Ignoranz, dämlicher Besserwisserei und Regierungsfrömmigkeit, mit der in den Medien der deutsche Außenminister ohne jeden Widerspruch zitiert wird: "Der Einsatz Frankreichs in Mali ist notwendig, er ist richtig und er ist auch vom Völkerrecht gedeckt." Das Völkerrecht hat in Mali gerade Urlaub und die von Westerwelle bereits zugesagte logistische Unterstützung der französischen Armee ist die reine Zuhälterei für einen immer noch kolonialistischen Krieg. Deshalb müssen die Sub-Zuhälter in den Redaktionen auch nicht nachdenken, wenn sie den französischen Außenminister zitieren, der mal wieder einen kleinen Krieg weissagt, der nur eine "Frage von Wochen“ sein würde. Sollten die Kriege in Afghanistan und Libyen nicht auch von kurzer Dauer sein? Egal, wer da stirbt, ist doch nur so´n Ali aus Mali. Die einzelnen toten Franzosen allerdings werden jetzt schon sorgsam gezählt.

Quelle: Rationalgalerie

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

 ADÉ  FDP
09|01|2013

Die Freiheit nehm´ ich mir!

Wer das Dreiköngstreffen der FDP beobachtet hat, der kann glauben, die Bundesrepublik stünde kurz vor der Besetzung durch eine fremde Macht: Freiheit war das Kern-Thema, eine Freiheit, deren Flamme langsam erlösche, so der FDP-Vorsitzende Rösler, wenn man der FDP nicht folge. Als "einzige Partei" stünde die seine für das hehre Ziel. Zwar sei die "Botschaft der Freiheit unbequem" und "wir müssen uns wehren gegen das langsame Erlöschen der Flamme der Freiheit", denn "Wenn wir es nicht tun, wird niemand es tun. Und dann stirbt die Flamme der Freiheit in Deutschland."

Schon vor dem Bundeswehrstabsarzt Rösler hatte der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle den Kampf für die Freiheit ausgerufen. Während seiner Büttenrede peitschte er mit dicken Fingern die Luft und schrie: "Keiner kämpft härter für Frieden, Freiheit und Menschenrechte!" als wären die Besatzer bereits im Land, um am Ende seiner Rede in den Saal zu kreischen: "Auf in den Kampf, Ihr Freiheitskämpferinnen und Freiheitskämpfer, für Deutschland, für die Freiheit, für die freien Demokraten!"

Was mag das für eine Freiheit sein, die von der FDP so tapfer verteidigt wird? Die Meinungsfreiheit, die Freiheit der Rede? Das sind Freiheiten, die längst den Springers, Bertelsmanns und Burdas gehören. Denn eine Meinung darf ja natürlich immer noch jeder haben, und sagen darf er sie auch. Wenn er sie allerdings verbreiten möchte, stösst er an die Grenzen der Verlegermacht, die Grenzen der großen Meinungsapparate, die, lange bevor der Einzelne etwas hat sagen können, den öffentlichen Diskurs mit ihren Themen und Meinungen besetzt haben: Merkel lieb, Terror böse, Deutsche fleißig, Südländer faul, Banken retten, Soziales kürzen. Und wenn es mal keine knallharten Meinungen sind, dann übertönen die Gefühlsmaschinen, die Geschwätzapparate jeden klaren Gedanken: Alle sollen den Superstar suchen, wenn sie nicht gerade selbst Top-Modell werden wollen. Hier findet die FDP ihre Freiheitsbedingungen, in der Freiheit jeden Unsinn zu konsumieren den die Medien auf den Markt werfen.

Doch vielleicht meint die FDP auch die Reisefreiheit? Jene Freiheit der Flucht aus dem Alltag, die, von Herrn TUI organisiert, von Air Berlin beflügelt, dem Menschen eine geregelte Freizeit bietet: Paläste der Urlaubslust erwarten die Massen der freien Reisenden, Animateure der gezügelten Unterhaltung sichern den Tagesablauf, unlimmitierte Mengen Alkohol befeuern die Freizügigkeit: Wer jetzt noch nicht gebucht hat, der wird so bald nichts zu erzählen und kaum ein Foto zu zeigen haben. Hier kann jeder hinfahren wo er will, im Rahmen der freiheitlich demokratischen Grundordnung versteht sich. Und deren Grenzen liegen ausschließlich im Einkommen.

Sicher kämpft die FDP auch für die Freiheit der Kunst, die in tausenden Galerien ihren Platz gefunden hat und die unerbittlich eine neue Form nach der anderen auf die Agenda setzt. Ihren musikalischen Gipfel erreicht die Kunst in der Freiheit der Hitparaden. Während die Film-Blockbuster ihre Liberalität mit Tonnen von Popcorn feiern. Längst kommt Kunst von Künstlichkeit und hat so alle Fesseln gesellschaftlicher Bezüge gesprengt, um der reinen Kunst ihre Freiheit wiederzugeben: Vogelfreiheit, die ich meine.

Doch könnte die FDP auch die Wahlfreiheit meinen, jene unermessliche politische Freiheit aus immer gleicher werdenden Parteien die gleichste zu wählen. Jene freiheitliche Berechenbarkeit, die bei Themen wie der Banken-Rettung oder der Auslandskriege für eine Einstimmigkeit sorgt, um die so mancher diktatorischer Chorleiter das deutsche Parlament beneidet. Es ist diese Wahlfreiheit, die Rohstoff-Freiheit mit Reise-Freiheit verbindet: Seit Jahrzehnten durften unseres Soldaten sich nicht mehr so weit und so unkontrolliert bewegen wie unter der neuen, vom Parlament verordneten Freiheit.

Schließlich wird die FDP auch für jene Marktfreiheit bis zum letzten Blutstropfen kämpfen, die sich unter dem Namen Shoppingfreiheit einen neuen Platz im Katalog der Grundrechte erobert hat. Glühende Kreditkarten beherrschen die eleganten Shops der H & M-Läden, der ZARA-Mexiko-Massen-Textilien, und der Massimo-Dutti-Angebote. In den Flagship-Stores von Adidas und Nike kommt mit der hundertsten Variation des Turnschuhs auch die Auswahlfreiheit zum Zuge, während in den Tempeln von Apple das heilige Weiss durch das gesegnete Aluminium ersetzt wird und die ersten Käufer Tränen der Kauffreiheit über das neue iPhone 5 vergießen: Mehr Applikationsfreiheit war nie.

Nun werden bald in Niedersachsen freie Wahlen sein und jeder sollte daran denken, dass es die FDP war, die der Bundesrepublik den ersten Freiheitspräsidenten beschert hat: "Joachim Gauck haben wir durchgesetzt!" skandierte Rainer Brüderle unter dem Jubel der FDP-Mitgliedermassen und recht hatte er. Und mit dem drohenden Wegfall der FDP würde auch ihr Präsidenten-Trick in der Geschichte politischer Banalität verschwinden, bangt das Brüderle. Wenn also die Niedersachsen, was zu vermuten steht, die FDP unter fünf Prozent halten, wenn also die Freisetzung der FDP-Erosion auch die Bundestagswahlen erreichen sollte, dann wird der ganze Freiheitskampf, wie die FDP ihn versteht, vergebens sein. Und so könnte mit dem Ende der FDP nicht nur eine überflüssige Partei verschwinden sondern auch der Anfang einer Debatte um Herrschaftsfreiheit beginnen. Das, liebe Niedersachsen, würde Euch als historisches Verdienst angerechnet werden. Deshalb nehmt Euch die Freiheit und sagt adé zur FDP.

Haydn von Hohnstein

Quelle: Rationalgalerie

Wulff, Guttenberg, Müller & Co

Sind Politiker alles dilettantische alternativlose  Amateure ?

 

Wulff, zu Guttenberg, Müller: Die Stunde der Dilettanten hat geschlagen. Blender haben Hochkonjunktur – vor allem in der Politik.

Dass die Dilettanten von dem, was sie tun, meist nichts verstehen, weiß jeder Dilettant und hält es den anderen gern vor. „Dilettant“, reimte Paul Heyse Ende des 19. Jahrhunderts, „heißt der kuriose Mann. / Der findet sein Vergnügen daran, / Etwas zu machen, was er nicht kann.“ Dass es auch etwas gibt, das die Dilettanten sehr wohl beherrschen, wird leicht übersehen. Dabei ist genau das, die Kunst, sich und der Welt etwas vorzumachen, ihr Metier. Erfolgreiche Dilettanten sind Meister der Blendung.

In der Politik können sie es weit bringen, was nicht heißen soll, dass jeder Politiker ein gewiefter Dilettant sein muss, beileibe nicht, was aber doch manches erklären kann, so zum Beispiel, weshalb die Bundeskanzlerin und zwei Drittel der Deutschen lange der „festen Überzeugung“ waren, der überführte Carl Theodor zu Guttenberg besäße eine besondere politische Begabung.

Der Anschein der Bedeutung, den er sich zu geben vermag, seine kultivierte Hybris, nichts sonst verbürgt den Erfolg des Dilettanten. Er ist der geborene Rosstäuscher, einer, der uns faule Kredite als sichere Geldanlage, Kitsch als Kunst und Lügen als „alternativlose“ Politik verkauft.

Wie in der Kunst ist die Ausbreitung des Dilettantismus in der Politik ein Phänomen der jüngeren Geschichte, die Folge einer ideellen Gewichtsverlagerung. Mit der Einrichtung der bürgerlichen Gesellschaft, ihrer bisweilen krisenüberschatteten, aber doch stetigen materiellen und konstitutionellen Festigung hat sich das sachliche Interesse an der zukunftsgestaltenden Politik zunehmend verloren, während zugleich Strukturen entstanden, die es dem Einzelnen erlauben, sich mit individueller Absicht für die Existenz des Politikers zu entscheiden. Es geht ihnen um die Rolle, in der sie sich zur Geltung bringen möchten, nicht um das Verfechten von Ideen. Diese werden nur mehr eingesetzt wie die Versatzstücke einer Theaterdekoration. Sie dekorieren die Szene und kostümieren den Mimen.

Das potentatenhafte Gebaren offenbart den politischen Gernegroß. Es demaskiert einen Amateur, dem das Format zur Ausfüllung eines Amtes fehlt, um dessen Darstellung er sich ehrgeizig beworben hat, wenn es sein muss, auch über drei peinliche Wahlgänge hinweg.

Längst sitzen die Politiker in der Falle, die sie sich selbst gestellt haben. Narzisstisch auf den eigenen Auftritt fixiert, haben sie den Boden fundierter Sachkenntnis unter den Füßen verloren, sind politische Gaukler geworden, denen das Volk beinahe alles zutraut, weil sie sich selbst alles zutrauen. Eben noch war Philipp Rösler Gesundheitsminister. Von Haus aus Arzt, schien er wie geschaffen für das Amt, bis er plötzlich auf den Posten des Wirtschaftsministers wechselte, nicht weil sich herausgestellt hätte, dass er dafür noch besser geeignet sei, sondern weil er zum Parteivorsitzenden gewählt worden war und das glanzlose Gesundheitsministerium dieser gewachsenen Bedeutung seiner Person nicht mehr genügt hätte. Die Frage, was ihn fachlich dafür qualifiziert haben könnte, wurde nie gestellt, nicht einmal von der Öffentlichkeit, die gelernt hat, derartige Kabinettsumbildung als eine Selbstverständlichkeit parteiinterner Karriereplanung hinzunehmen.

Ein schönes Beispiel auch die aktuellen Geschehnisse um den Großflughafen in Berlin. Politiker dürften per se ungeeignet sein, solche Projekte zu leiten. Dennoch finden wir sie immer wieder an der Spitze dieser Projekte, des großartigen Auftritts wegen. Diese reine Profilierungssucht, um bei Grundsteinlegungen, Eröffnungen und Hände schütteln im Rampenlicht zu stehen, kostet den Steuerzahler Millionen. Sie ist die Hauptursache dafür, dass öffentliche Projekte immer wieder zu teuer oder/ und niemals pünktlich fertig werden. Beispiele gibt es viele. Wenn Fachkompetenz ausschlaggebend für den Aufsichtsrat wäre, würde man entsprechende Leute dort hinein delegieren. Doch wo bleibt dann die eigene Profilierung? Nicht selbst verdientes Geld gibt sich eben leicht aus. Der Berliner Bürgermeister Wowereit sollte zurücktreten, weil er nicht mal in der jetzigen Situation (Jan. 2013) dafür gestritten hat, den Aufsichtsratsvorsitz fachkompetent und nicht politisch zu besetzen. Das ist sein größter Fehler. Der wird ihm wahrscheinlich verziehen werden, weil wir als Bürger letztendlich nichts anderes von "unseren" Politikern erwarten, denn:

Auch als Bürger haben wir uns daran gewöhnt, in unseren Illusionen zu leben. Jeder Dilettant, der uns in dem Glauben bestärkt, dass die Realität vor allem unseren Wünschen entsprechen müsse, hat von Wahl zu Wahl leichteres Spiel. Weil wir es leid geworden sind, uns mit Zweifeln an den eigenen Fähigkeiten die Laune zu verderben, lassen wir uns mit allen möglichen Versprechen abspeisen, solange nur die Vorstellung unserer eigenen Großartigkeit unangetastet bleibt, und unsere Ansprüche rhetorisch respektiert werden. In diesem Sinne,

mit segelsportlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Jürgen Fitschen
19|12|2012

Manche nennen ihn Gott der Finanzindustrie, andere wieder lieben seine Gesellschaft und sponsern seinen Geburtstag und ganz andere meinen einfach in seine Fußstapfen treten zu können - wer aber ist Jürgen Fitchen?

Chef einer finanziellen Vereinigung

Mit Jürgen Fitschen an der Spitze der Deutschen Bank sollte ein Image-Wandel des anrüchigen Geldhauses beginnen: Weg mit der Ackermannschen Großsprecherei, dem fatalen Victory-Zeichen und dem Peanuts-Geschwätz. "Mr. Deutschland", nannte ihn Josef Ackermann, und setzte darauf, dass der bescheiden wirkende Fitschen, der in der Nähe des niedersächsischen Stade aufgewachsen ist, der Bank den Anstrich des Soliden geben könnte. Und nun dies: Als die Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen 25 Beschäftigte wegen Geldwäsche, Steuerbetrug und Vertuschung von Straftaten ermittelte, griff "Mr. Deutschland" zum Telefon, um einen seiner "Angestellten", den hessischen Ministerpräsidenten zur Ordnung zu rufen: So ginge es ja nicht, so könne man mit der Deutschen Bank, einem der vier mächtigsten Finanzkonzerne der Welt nicht umspringen.

Wenn die Bilder von den Polizisten, die in der Deutschen Bank nach Unterlagen suchten, um die Welt gingen, so Fitschen, dann habe er künftig Schwierigkeiten im Ausland die besten Mitarbeiter für die Bank zu gewinnen. Nicht: Tut mir leid, die Sache mit der Steuerhinterziehung. Nicht: Ist mir wegen unserer Kunden peinlich. Auch nicht: Wie kann ich bei der Aufklärung behilflich sein. Sondern: Wie kann ich weitere Mitarbeiter für unsere Gang rekrutieren, wenn die nicht vor Strafverfolgungen sicher sind? So spricht der Chef einer finanziellen Vereinigung. Ob es sich bei der Deutschen Bank nach dem Gesetz auch um eine kriminelle Vereinigung handelt, das wird die Ermittlung der Staatsanwaltschaft zeigen.

Bisher geht Fitschen, der eine betrügerische Steuererklärung unterschrieben hat, davon aus, dass er unschuldig ist. Der Mann, der mit einem Jahresgehalt von mehr als vier Millionen Euro nach Hause geht, weiß natürlich von nichts: "Ich habe die Unterschrift [unter die Steuererklärung] geleistet, nachdem ich mir den Sachverhalt habe erläutern lassen. Meine Unterschrift spiegelt somit meinen damaligen Wissensstand wider." Ja, wenn er den falschen Wissensstand hatte, der arme Mann, dann ist er auch für nichts verantwortlich: "In meinem über 40-jährigen Berufsleben bin ich den Prinzipien des ehrbaren Kaufmanns stets treu geblieben. Insofern fühle ich mich ungerecht behandelt und werde mich auch dagegen wehren." Einer, der die Kanzlerin auf Auslandsreisen begleitet, sollte doch unantastbar sein.

Die Bank des "ehrbaren Kaufmanns" wurde schon 2009 von der britischen Steuerbehörde auf kriminelle Machenschaften in ihrem Umfeld hingewiesen. Große Teile des Emissionshandels seien "mit Betrugskriminalität behaftet". Aber an der Bank blieb offenkundig nichts haften: Hunderte Millionen wurden der deutschen Steuer entzogen und trotz der Vorwarnung unternahm des Finanzinstitut nichts. Vielleicht sind es die enormen Spenden, die von der Deutschen Bank wie ein warmer Regen über alle Bundestagsparteien, mit Ausnahme der Linkspartei, niedergehen, die den Chef der Bank so selbstsicher machen. Vielleicht ist es aber auch die Liste der "Unsterblichen", die der Finanzminister hat erstellen lassen: 36 deutsche Banken gelten nach dieser Liste als "systemrelevant". Sie müssen, so Schäuble, im Falle einer Krise mit Steuermitteln gerettet werden. Es ist ein System, dass den Bankchef relevant macht und dem Normalbürger die Relevanz abspricht: Dessen Krise ist Privatsache. Eine Pleite der finanziellen Vereinigung namens Deutsche Bank wird mit System zur Sache aller gemacht.

Na dann,… - ich bleib` bei meiner Sparkasse.

Mit freundlichen Grüßen

haydn von Hohnstein

Deutschland, Deutschland, deine Banken …
15|12|2012

Kaum einer steht so für die Ursache der Krise, die alles auslöste, wie der "Zocker" Josef Ackermann mit seinem Hang zur Geldvermehrung durch reine Spekulation.

Als ich am Morgen Deutschlands „Bild“ungsorgan Nr. 1 aufschlug, da kamen mir die Tränen. Vor Lachen trat mir das Wasser in die Augen.

Auf der Seite 2 des Springerschen Zugpferdes tat die germanische Hälfte des Ackermannschen Nachfolgegepanns an der Spitze der ‚Deutschen Bank’ – ein gewisser Herr Fitschen - der geneigten Leserschaft kund, dass er in seinem 40jährigem Berufsleben stets den Prinzipien eines ehrbaren Kaufmanns treu geblieben sei.

Mein lieber Scholli, habe ich angesichts dieser Lachnummer nur gedacht – wenn das man kein Schlag ins Gesicht aller noch überlebenden ehrbaren Kaufleute in unserem Lande ist. Meine Zweifel gehen ja nicht soweit, dass ich diesem Herrn nicht zutraue, nicht zu wissen, wie man ‚Prinzipien eines ehrbaren Kaufmanns’ schreibt – das nicht. Soweit geht mein Unglaube nun wahrlich nicht – dass er auch nur ansatzweise diesen Prinzipien jemals in seiner Karriere gefolgt ist, oder sie gar gelebt hat – das kann mir nun wirklich niemand weismachen.

Nicht unberechtigt wurde in früher Zeit doch schon gefragt, was denn als krimineller zu bewerten sei: das Ausrauben oder die Gründung bzw das Betreiben einer Bank.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Kommentar zur europäischen Bankenaufsicht

14/12/2012

Dass die Bankenaufsicht ausgerechnet bei der Europäischen Zentralbank angesiedelt ist, die bereits eine Billion frisch gedruckte Euro in den angeschlagenen Bankensektor gepumpt hat, ist fast so, als ob ein Drogenabhängiger eine Entzugsklinik leiten soll. Die Bankenaufsicht ist für die kriselnden Südländer nichts anderes als ein willkommener Türöffner zu neuen Geldschränken. Künftig könnten die maroden Banken direkt Finanzspritzen aus dem Rettungsfonds ESM erhalten. Das Risiko läge bei den Steuerzahlern aller Euro-Länder - ganz vorn die Deutschen, die für 190 Milliarden Euro im ESM-Topf haften.

Das beschlossen die deutschen Regierungsvertreter mit, obwohl sie gerade erst vom Bundesverfassungsgericht gesagt bekamen, dass es keine direkten Bankenhilfen aus dem ESM geben darf. wie kann man noch vom Bürger rechtskonformes Verhalten einfordern, wenn Regierungsmitglieder selbst geltendes Recht oder Rechtsprechung einfach ignorieren?

Zwar soll die Bankenaufsicht von der (eher lockeren) EZB-Geldpolitik unabhängig agieren. Doch die von Finanzminister Schäuble großspurig als "Chinesische Mauer" beschriebene Barriere dazwischen gleicht einem morschen Lattenzaun. Im Konfliktfall soll ein "Vermittlungsausschuss" mit einfacher Mehrheit entscheiden. Nun raten Sie mal, wer dort in Überzahl sitzt? Richtig: Schuldnerstaaten wie Griechenland, Portugal & Co. Da die nationale Haftung für die Finanzinstitute jetzt weitgehend kippt, könnte sich die europäische Bankenaufsicht sehr schnell als schnöde Fassade für eine neue Selbstbedienungs-Mentalität der Banken erweise.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Korruptionsprävention in kleineren Kommunen

Bürgerschaftliches Engagement

11/12/2012

Gerade in kleineren Gemeinden ist ein erfreulich hohes bürgerschaftliches Engagement feststellbar. Dies kommt nicht nur durch ein hohes Maß an Anteilnahme am Gemeindegeschehen, sondern auch durch eine freiwillige Übernahme von Bauaufgaben für den Ort oder eine öffentliche Einrichtung zum Ausdruck. Beispiele sind etwa die Erweiterung eines Feuerwehrgerätehauses durch die Kameraden der Feuerwehr, die Renovierung von Schul- oder Kitaräumen durch Eltern oder die Sanierung eines Sportplatzes in Selbsthilfe des Sportvereins. In vielen Bereichen sind freiwillige Leistungen der Gemeinde oder die Repräsentation der Gemeinden ohne Sponsoren aus der Wirtschaft nicht mehr denkbar. Neuerdings gewinnt speziell im Land Schleswig-Holstein sogar der vollständig durch die Anlieger finanzierte Ausbau von Straßen an Bedeutung. Die Initiativen der Bundesländer zur Bewältigung des demografischen Wandels machen deutlich, dass eine Fortsetzung dieses Trends verstärkt werden soll und die Übernahme weiterer bislang öffentlicher Aufgaben durch die Bürgerschaft allein oder in Kooperation mit (privaten) Unternehmen an Bedeutung gewinnen wird.  

Früher oder später stellt sich unweigerlich die Frage, ob aus der erwünschten engen Kooperation Vermischungen oder unverträgliche Abhängigkeiten des Verwaltungshandelns wachsen und die Schwelle zur strafbaren Korruption überschritten wird.

Die Vorsitzende der BfH, Frau Sylke Wegener, beschäftigte sich bereits in den 90-er Jahren mit diesem Thema im Rahmen der von ihr durchgeführten Kommunalberatung. Sie veröffentlichte dazu mehrere Artikel, deren Inhalte sich heute in etlichen Papieren von Bundes- und Landesverwaltung wiederfinden. Im Jahr 2000 veröffentlichte sie gemeinsam mit dem Hamburger Rechtsanwalt das Buch "Kommunalfenster", in dem ebenfalls einige Korruptionsfälle beleuchtet wurden.

Präventionskonzepte für Bundes- und Landesverwaltung

Vor dem Hintergrund spektakulärer Korruptionsfälle wurde in den letzten Jahren auch in Deutschland der Korruptionsprävention und -bekämpfung hohe Aufmerksamkeit zu Teil. Erscheinungsformen der Korruption wurden analysiert und verschiedene Präventionskonzepte entwickelt. Für Landes- und Bundesverwaltung wurden Richtlinien eingeführt, die zum Teil den Kommunen zur entsprechenden Anwendung empfohlen sind.

Empfehlungen für Kommunen

Kommunale Spitzenverbände haben Empfehlungen für ihre Mitglieder erarbeitet. Besonders hervorzuheben ist die Dokumentation des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Die dort beschriebenen Maßnahmen sind von dem kommunalen Spitzenverband in einem 10-Punkte-Katalog zusammengefasst.

Kleine Verwaltungen benötigen angepasste Maßnahmenpakte

Viele der für Großverwaltungen entwickelten Instrumente lassen sich in kleinen Kommunalverwaltungen mit teilweise weniger als 20 Beschäftigten nur sehr schwer oder gar nicht sinnvoll umsetzen. Dies betrifft etwa die regelmäßige Personalrotation, die durchgehende organisatorische Trennung von Aufgabenbereichen, die Einrichtung einer zentralen Vergabestelle oder ein durchgängiges Vier-Augen-Prinzip. Es stellt sich daher die Frage, wie die Verwaltung unter Wahrung des bürgerschaftlichen Engagements vor Korruptionsangriffen geschützt werden kann. Dies ist nur durch ein örtlich angepasstes Maßnahmenbündel erreichbar, wobei zunächst auf die eingeführten Präventionsmaßnahmenkataloge zurückgegriffen werden kann.

Kontinuierliche Sensibilisierung der Mitarbeiter hat zentrale Bedeutung

Wegen der Umsetzungsschwierigkeiten der oben genannten Instrumente kommt der kontinuierlichen Sensibilisierung der Mitarbeiter die zentrale Bedeutung zu: Mitarbeiter sind regelmäßig mit dem Thema zu befassen. Dazu gehört es, die einschlägigen Straftatbestände auch in Bezug auf die jeweiligen Tätigkeitsbereiche der Beschäftigten zu erläutern. Auch die Annahme von Vorteilen bei pflichtmäßigem Handeln kann den Straftatbestand der Vorteilsannahme (§ 331 StGB) erfüllen. Es sind die Tatbestände einzubeziehen, die die „Kundenseite“ der Verwaltung betreffen. Schon das Anbieten von Vorteilen für eine rechtmäßige Dienstausübung kann Straftatbestände erfüllen (vgl. § 333 Abs. 1 StGB). Zugleich sollten die Beschäftigten über typische Täterprofile und -strategien sowie die einschlägigen Indikatoren für Korruption geschult werden. Die Mitarbeiter müssen in die Lage versetzt werden, strukturelle „Anfütterungsversuche“ rechtzeitig zu erkennen und diesen angemessen entgegenzutreten. Sie müssen von Anfang an davor geschützt werden, sich in Abhängigkeiten zu verstricken. In diesem Zusammenhang wird immer wieder die Annahme von Geschenken oder Bewirtungen erörtert. Selbstverständlich ist ein Verbot, Geldgeschenke anzunehmen. Aber auch der Umgang mit Massenwerbeartikeln, Einladungen zu „Mandantenseminaren“ oder Angeboten zu kostenlosen Messebesuchen und Genehmigungspflichten sollte eindeutig geklärt werden. Zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten wird zum Teil ein vollständiger Verzicht auf Geschenke befürwortet. Dies sollte in einer Dienstanweisung zur Korruptionsprävention entschieden werden. Den Mitarbeitern muss auch von Anfang an deutlich gemacht werden, welche persönlichen Konsequenzen bei der Verwirklichung von Korruptionsdelikten zu erwarten sind. Die Einwerbung von Sponsoren und der Umgang mit Drittmitteln oder Zuwendungen sollte ebenfalls in der Dienstanweisung geregelt werden. Es sollte aufgezeigt werden, für welche Bereiche ein Sponsoring erwünscht, und wer zur Einwerbung befugt ist. Dabei kann es hilfreich sein, die in der Gemeinde regelmäßig vorkommenden Anlässe ausdrücklich anzusprechen. Ferner ist ein Verfahren zu verankern, welches Transparenz für Zuwendungen und bürgerschaftliches Engagement schafft.

Leitbildfunktion der Verwaltungsspitze

Bei der Umsetzung einer Präventionsstrategie kommt gerade in kleineren Gemeinden der Verwaltungsspitze eine zentrale Leitbildfunktion zu. Von ihrem Auftreten hängt es ab, wie sich die übrigen Mitarbeiter verhalten. Die Verwaltungsspitze sollte den Mitarbeitern in Korruptionsfragen auch als vertrauensvoller Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Sie ist auch Ansprechpartnerin für Staatsanwaltschaft und andere Dienststellen. Die Schaffung von Korruptionsbeauftragten ist in kleinen Gemeinden nicht sachgerecht. Die Verwaltungsleitung hat die Voraussetzungen für regelmäßige Kontrollen zu schaffen und Anzeichen für Korruption nachzugehen. Dabei kommt auch der Rechnungsprüfung eine besondere Bedeutung zu. Als problematisch ist anzusehen, dass die ehrenamtlichen Bürgermeister sich nicht in der Verantwortung für die Führung der Verwaltung sehen. Dabei haben gerade sie eine Vorbildfunktion. Angesichts der Diskussionen um den früheren Bundspräsidenten Wulff steht schon die Frage, ob die Wahrnehmung einer Einladung zu einer Veranstaltung, wo der ehrenamtliche Bürgermeister weder sein Essen noch seine Getränke selbst bezahlt, als Vorteilsnahme angesehen werden muss. So ein selbstverständliches Verhalten wäre angesichts der Vorbildfunktion gegenüber der Verwaltung zu diskutieren. Ähnliches gilt für alle Gemeindevertreter. Letztendlich ist die Legislative, also die gewählte Gemeindevertretung, das Organ, was der Verwaltung ihre Aufgaben zuteilt.

Ausgelagerte Verwaltungstätigkeiten

Nicht nur in kleineren Gemeinden sind viele Verwaltungstätigkeiten an freie Büros oder Unternehmen vergeben. Dies betrifft z.B. die Vorbereitung von Bauausschreibungen oder die Vorbereitung der Bauleitplanung. Die beauftragten Büros sind in gleicher Weise wie die Verwaltung Korruptionsangriffen ausgesetzt, unterliegen aber keiner vollständigen Kontrolle der Gemeinde. Sie sind daher in die Präventionsstrategie der Gemeinde unbedingt einzubeziehen. Mit den Unternehmen sind präventive Maßnahmen zu vereinbaren (z.B. Meldepflicht von Korruptionsversuchen, Beachtung der gemeindlichen Korruptionsrichtlinien, Eigenerklärungen, Sonderkündigungsrechte der Gemeinde bei Verletzung einschließlich Vertragsstrafen). Bei langfristigen oder sich wiederholenden Beauftragungen sollte das Büro darauf hingewiesen werden, dass es als Täter von Amtsdelikten wie Angehörige der Verwaltung in Frage kommen kann. Es steht die Frage im Raum, ob die Hohner Gemeindevertretung dieses bei ihren durchaus vorhandenen Mehrfachbeauftragungen getan hat. Zudem muss die Verwaltung den Fachverstand vorhalten, die Arbeit der beauftragten Büros zu kontrollieren und dies regelmäßig tun. Ähnliches gilt für die kommunalen Unternehmen. Hier kann die Gemeinde ihre Rechte als Gesellschafterin einsetzen bzw. über ihre Vertreter im Aufsichtsrat Korruption entgegenwirken.

Elektronische Vergabesysteme

Einen guten Schutz vor Korruptionsversuchen und Manipulation bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bieten auch die an Bedeutung gewinnenden elektronischen Vergabesysteme. Zum Teil wird ihre Nutzung für Auftraggeber kostenfrei angeboten. Die Systeme sind so komfortabel eingerichtet, dass sie nach kurzer Einarbeitung sinnvoll genutzt werden können.

Anwendung des öffentlichen Vergaberechts

Einem Zielkonflikt sind die Kommunen bei der Frage der Anwendung der Vorschriften des öffentlichen Vergaberechts ausgesetzt: Einerseits wirkt die Formstrenge Manipulationen entgegen. Andererseits werden oft zu Recht die Förmlichkeiten als zu bürokratisch kritisiert und Vereinfachungen des Vergaberechts eingefordert. Mehrere Bundesländer haben versucht, dem durch Gestattung von hohen Wertgrenzen für Beschränkte Ausschreibungen Rechnung zu tragen. Ein Instrument zur Transparenz der Vergabepraxis stellen kommunale Vergabeberichte dar, in denen jährlich die berücksichtigten Anbieter und Vergabebeschwerden genannt werden. Diese Art Bericht, veröffentlicht für alle Bürger, gibt es bisher in Hohn nicht.

Gemeindevertretung einbeziehen

Die Gemeindevertretung als oberstes Sachentscheidungsorgan der Gemeinde ist in die Präventionsstrategie der Gemeinden einzubeziehen. Ihr sollten abgestimmte Schulungsangebote unterbreitet werden. Die Vertretung ist auf zwei Ebenen berührt: 
So fungiert die Gemeindevertretung als Kontrollorgan der Verwaltung. Dabei muss sie auch die Korruptionsprävention im Blick haben. Ihr stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung. Unter bestimmten Voraussetzungen kann bei der Ausübung der Kontrollfunktion sogar Akteneinsicht genommen werden. 
Zum anderen sind von der Vertretung für die Gemeinde bedeutsame Sachentscheidungen zu treffen. Zu denken ist etwa an Beschlüsse über die Bauleitplanung (z.B. die Ausweisung von Windeignungsgebieten im Flächennutzungsplan) oder die Verkäufe von Liegenschaften. Gemeindevertreter werden von betroffenen Bürgern häufig wegen persönlicher Anliegen angesprochen. Hier kommt es darauf an, jedem Anschein der Beeinflussbarkeit entgegenzuwirken. Einen gewissen Schutz für die Gemeindevertreter bietet die konsequente Anwendung der Vorschriften der Gemeindeordnung über die Befangenheit. Lieber einmal mehr befangen, als zu wenig. Ein weiterer Schutz ist eine konsequente Transparenz des Abstimmverhaltens. Diese zeigt sich nicht nur darin, dass die Sitzungen öffentlich sind und so öffetnlich die Hand gehoben wird, sondern vor allem darin, dass die Inhalte, die zur Abstimmung stehen, umfassend transparent dargestellt sind. Jeder Gemeindevertreter sollte daran interessiert sein, die Bürger erkennen zu lassen, warum er so abstimmt, wie er abstimmt.

Resümee

Es bleibt festzuhalten: In kleineren Gemeinden stellt die Sensibilisierung der Beschäftigten und der Vertretungskörperschaft ein wichtiges Mittel dar, Korruption entgegenzuwirken. Dies und eine umfassende Transparenz dienen zugleich dem Schutz der Beschäftigten und aller anderen Beteiligten.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

98 Prozent Heteros
06|12|2012

CDU-Gebete zum Schutzpatron der Heuchler

Jubel, Jubel, Jubel! Er brandete auf, als das Wahlergebnis für Angela Merkel auf dem CDU-Parteitag bekannt gegeben wurde: 98 Prozent! Dass diese Nähe zur hundertprozentigen Zustimmung in der Regel in totalitären Staaten bevorzugt wird, störte die Delegierten nicht. Sie brauchten dieses Erlösungs-Ergebnis dringend. Sacken doch die Zustimmungsraten der CDU allüberall. Und in den Großstädten mit besonderer Rasanz.

Da bleibt den Christdemokraten, die verzweifelt nach ihrem konservativen Markenkern suchen, nur die Hoffnung auf die große Mutter der Modernisierung: Angela wird es schon richten, bei den nächsten Wahlen. Denn Angela hat die CDU aus ihrer Atomblockade geholt, sich von der offenen Ausländerfeindlichkeit der Kohl-Ära verabschiedet, und sogar die Frauenquote zieht Frau Merkel in Erwägung. Aber so ein wichtiger Rest rechter Ideologie musste dann doch sein: Schwule und Lesben, entschied der Parteitag, kommen nach Willen der CDU nicht in den Genuss des weiterhin nur für verheiratete Heteros geltende Ehegatten-Splitting, der steuerlichen Förderung herkömmlicher Eheverhältnisse.

„Ich persönlich", verkündete die Kanzlerin, "möchte die steuerliche Privilegierung der Ehe beim Splitting-Tarif erhalten. Weil unser Grundgesetz die Ehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Familie sieht und beide unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt.“ Das Wort Grundgesetz aus dem Mund der Merkel zu hören, ist eine seltene Kostbarkeit. Wenn es um Auslandseinsätze der Bundeswehr oder um die Entmachtung des Parlamentes zugunsten der europäischen Banken geht, ist der Dame das Grundgesetz unbekannt. Aber wenn die Ehe aufgerufen wird, die scheinbar letzte Bastion konservativer Wohlanständigkeit, dann ruft die Kanzlerin "hier", wohl wissend, dass sie die dumpfen Vorurteile in ihrer Partei und anderswo billig bedienen kann.

Wer nicht kreuzkatholisch ist, der weiß, dass die Ehe nichts anders ist, als eine bürgerliche Einrichtung zur Regelung von Eigentumsfragen: Von der Frage, wem das Konto gehört, bis zur Frage, wer die Kinder besitzt, organisiert die Ehe nichts anderes, als das Vermögen jener zwei, die eine Ehe eingegangen sind. Von Liebe, Romantik, von Harfenklängen aller Art keine Spur. Zum Regelwerk der Ehe gehört auch das Ehegattensplitting: Wenn einer in der jeweiligen Steuergemeinschaft mehr verdient als der andere, kann der den weniger Verdienenden als lebende Abschreibung nutzen. Man spart Steuern. Nicht die Existenz von Kindern wird steuerlich gefördert. Das könnte man verstehen. Kinder kosten Geld und erhalten in Deutschland ohnehin zu wenig Förderung. Nein, der Staat verzichtet auf Geld, weil zwei Menschen auf einem Amt ihr Ehe-Unternehmen haben eintragen lassen: Die Müller-Meier GmbH, noch nicht geschieden. Und wenn das zweite und dritte Unternehmen gegründet wird, dann gibt es auch dafür wieder steuerliche Vorteile. Frau Merkel, zum Beispiel, verdient mehr als Herr Sauer, mit dem sie in zweiter Ehe verheiratet ist. Da spart sie durch Herrn Sauer Steuern.

Wenn also schon das pure, juristisch zertifizierte Zusammenleben von zwei Menschen eine Steuerprämie wert ist, warum gilt das dann nicht auch für lesbische oder schwule Lebensgemeinschaften? Schwule und Lesben stellen, nach seriösen Schätzungen, etwa fünf Prozent der Bevölkerung. Und sie sind überall. Auch in der CDU. Nicht wenige der langjährig unverheirateten Funktionsträger dieser Partei sind ebenfalls schwul oder lesbisch. Aber sie sagen es nicht. Das würde ihre Karriere-Chancen mindern. Da hockten sie nun, die männlichen und weiblichen Homosexuellen auf dem CDU-Parteitag, duckten sich und wählten mit totaler Mehrheit und Inbrunst eine homophobe Frau an ihre Spitze. Weil in der CDU immer noch das Mittelalter regiert, weil des "C" im Parteinahmen immer noch den latenten Schwulen-Hass garantiert, weil der Anschein von geschlossener, 98-prozentiger Heterosexualität die Wahlerfolge auf dem Dorf sichern sollen. Oder auch, um mit den Worten der Merkel zu sagen: "Zu den eigenen Werten stehen und an sich glauben." Gemeint ist der Glaube an den heiligen Opportunismus, den Schutzpatron der Heuchler, gemeint sind die Werte einer Lügengesellschaft, privat wie politisch.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Der Gegensatz von Opposition
01|12|2012

Zu Weihnachten: Rettungpakete packen

"Die Opposition", steht in Zeitungen, würde dieses oder jenes tun. "Die Opposition" hört und sieht man elektronisch, werde jetzt aber, vielleicht oder auch gar nicht, irgendetwas machen oder unterlassen. Der Begriff Opposition kommt aus dem Lateinischen und meint "das Entgegengesetzte", nach WIKIPEDIA handelt es sich bei der Opposition sogar um eine Partei oder Gruppe, die der herrschenden Politik Widerstand und Ablehnung entgegenbringt. Doch in den Mehrheitsmedien werden unter "die Opposition" fast immer SPD und GRÜNE begriffen. Wer in diesen Tagen die wiederholte Griechenland-Rettungs-Debatte beobachtet, kann bei den genannten Parteien nichts Gegensätzliches zur Regierungspolitik finden.

Huch, sagt der deutsche Steuerzahler, jetzt soll ich mit dem nächsten Griechenland-Paket zur Kasse gebeten werden. Na, wenn es den Griechen hilft. . . Aber es hilft den Griechen nicht. Bisher hat jede europäische "Hilfe" die soziale und wirtschaftliche Lage der Griechen nur verschlechtert: Mehr Arbeitslosigkeit, mehr Pleiten, mehr Lohnkürzungen, weniger Steuereinnahmen. Genau das wird auch das nächste Paket erreichen: Weiter so in den Abgrund. Und so saniert der deutsche Steuerzahler zwar den griechischen Rüstungshaushalt [keine Kürzungen] und die griechische Handelsflotte (die größte der Welt, die aber keine Steuern zahlt), aber die Mehrheit der Griechen blutet weiter, weil die Hilfsgelder nicht in die Ankurbelung der Wirtschaft sondern in den Schuldendienst gehen: Banken und andere Gläubiger werden befriedigt, die Staatsschulden wachsen weiter, also werden noch mehr Gelder gebraucht, um Banken und andere Gläubiger zu befriedigen, also wachsen die Schulden weiter und das kann, bis zum Hungertod der griechischen Bevölkerung, noch Jahre so weiter gehen.

Von den Regierungsparteien ist diese "Weiter-in-den-Abgrund-Politik" zu erwarten. Zwar entbehrt sie jeder wirtschaftlichen Logik. Aber wenn CDU und FDP jetzt zugäben, dass die bisherigen Milliarden für nichts rausgeworfen worden sind und die nächsten das selbe Null-Ziel erreichen, dann könnte endlich die Merkel-Dämmerung beginnen. All die schönen Regierungsposten, die finanziellen Zuwendungen und auch das tolle Gefühl von Wichtigkeit, alles wäre weg. Deshalb lautet die Regierungs-Devise: Bis zu den nächsten Bundestagswahlen Augen zu und die nächsten Milliarden versenken. Hauptsache der Wähler merkt nicht, dass wir auch von Ökonomie keine Ahnung haben.

Aber was mag die sogenannte Opposition von SPD und GRÜNEN seit Jahr und Tag bewegen, diesem asozialen Unsinn zuzustimmen? Anfänglich war es wahrscheinlich die Mischung aus keine Ahnung und Opportunismus. Denn zum einen haben diese Parteien kaum Funktionäre, die wenigsten eine Bilanz lesen können, geschweige denn eine Bankbilanz. Zum anderen waren sie in ihrer Regierungszeit für alle Enthemmungen des Finanzbetriebs verantwortlich, priesen ihn sogar als Hebel zur Wirtschaftsentwicklung und waren stolz auf die wachsenden Hartz-Vier-Zahlen. Aber jetzt setzen sie doch darauf, siehe Steinbrücks und Trittins nagelneue Banken-Kontrollüberlegungen, dass die Wähler das alles vergessen haben. Sie könnten also endlich mal ihrer Rolle als Opposition gerecht werden. Und wenigstens diesmal der Regierung die Gefolgschaft verweigern. Weil auch im Regierungslager die Zahl der Abgeordneten wächst, die dem neuesten Hilfspaket ihre Zustimmung verweigern wollen, wäre es sogar möglich der Regierung eine ordentliche Niederlage zu bereiten und damit eine ernsthafte Debatte zu beginnen, wie man den Griechen wirklich helfen könnte. Das machen GRÜNE und SPD aber nicht.

In den Medien, die ihren Konsumenten schon lange eine "Opposition" verkaufen, die keine ist, gibt es noch eine andere Sorte: Die "Fundamental-Opposition". Die gilt als verächtlich, wird kaum erwähnt und bestenfalls mit höhnischen Bemerkungen bedacht: Die Linkspartei. Nun bedeutet "fundamental" im Deutschen nichts anderes als "grundlegend". Und wenn man etwas von einer Opposition erwartet, dann doch, dass sie grundlegend ist. Aber weil das Wort auch eine solch schöne Nähe zum "Fundamentalismus" hat, soll dem armen deutschen Medienkonsumenten das Bild einer umstürzlerischen Horde geldverschlingender Verstaatlicher vor Augen kommen, wenn er den Begriff von der fundmentalen Opposition hört. Dass die Milliarden bisher von der Regierung mit Hilfe der nicht-fundamentalen Opposition verschleudert und gleichzeitig die Schulden der Banken verstaatlicht wurden: Darüber darf nicht geschrieben und gesendet werden, weil sonst die Wirtschaftsredaktionen, wenn sie denn eine Ehre hätten, sich kollektiv entleiben müssten: Sie alle haben dieses Modell der Steuergeld-Verbrennung heftig und dauerhaft unterstützt.

Weil also die Schein-Opposition sich auf die Seite der echten Opposition stellen müsste, weil sie ihre eigene opportunistische Haltung fundamental ändern und der Linkspartei zustimmen müsste, könnte auffallen, dass sie bisher keine Opposition war. Das wäre peinlich. Mitglieder und Stammwähler könnten Fragen stellen, sogar über Personalwechsel an den Parteispitzem nachdenken. Dass ginge wirklich zu weit. Also wird das Oppositions-Imitat der Regierungspartei folgen und damit ihre Wahlaussichten verschlechtern. Aber die GRÜNEN hoffen ohnehin ganztägig, dass Jürgen Trittin bei Angela Merkel als Finanzminister anfangen darf. Und den Sozialdemokraten erscheint als verlockende Vision eine wunderbare große Koalition, wo es dann wieder Posten für fast alle und Wichtigkeit für viele geben würde: Opposition ist Mist, so sagte einst ein großer sozialdemokratischer Vordenker. Was das mit den Griechen zu tun hat? Das interessiert die nicht fundamentale Opposition null. Da ist sie doch lieber der grundlegende Gegensatz von einer Opposition: Regierungspartei im Wartestand.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

BRRM, BRRM, BRRM!
28|11|2012

Prima Klima in Katar

"Ich gratuliere Sebastian Vettel sehr herzlich zum Gewinn des Weltmeistertitels", sagte die Kanzlerin fröhlich. Benähe hätte sie noch ein kerniges "brrm, brrm" hinterhergeschickt. Zeitgleich zum Weltklimagipfel in Katar ist dieser Glückwunsch nur angemessen: Vettels Auto braucht auf 100 Kilometer gerade mal 70 Liter, was bei einer Höchstgeschwindigkeit von 350 Stundenkilometern wirklich sparsam ist. Auch das Prinzip der Formel-1-Fortbewegung - stundenlang im Kreis drehen und nicht Vorwärtskommen - entspricht dem Charakter der Klimakonferenzen.

Ob das Emirat Katar wegen seines weltweit größten Pro-Kopf-Ausstoß von Kohlendioxid als Tagungsort ausgewählt wurde oder weil dort die Menschenrechte so interessant geregelt sind - in der Katar-Diktatur kann Gotteslästerung mit sieben Jahren Gefängnis bestraft werden, Homosexualität kostet nur fünf Jahre - weiß man nicht so genau. Viele Teilnehmer sind schon froh, dass die Konferenz nicht in der Nachbardiktatur des Emirates Bahrein stattfindet. Zwar hatte dort unser Sebastian jüngst auch einen Formel-1-Titel errungen, aber das war nur möglich, nachdem deutschen Panzer aus Saudi Arabien in Bahrein Ruhe und Ordnung wiederhergestellt hatten: Die Bevölkerung hatte demokratische Reformen verlangt, das ging natürlich zu weit.

Die hohe Panzerdichte in Katar und Umgebung - sowohl in Katar als auch im benachbarten Saudi Arabien sind jede Menge deutsche Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 geparkt - könnte ein weiterer Grund dafür sein, die Klimakonferenz in der Hauptstadt Doha auszurichten:
Der Leopard 2 gehört mit seinen 410 Litern auf 100 Kilometer zu den echten Spritsparern unter den Panzern. Auch wenn der Bundesumweltminister in Vorbereitung der Konferenz warnte: "Das aktuelle Tempo des internationalen Klimaschutzes ist absolut unzureichend, um das angestrebte Zwei-Grad-Ziel tatsächlich zu erreichen", wissen doch alle Kenner, dass zumindest unser Panzer jenes Tempo entwickelt, das für ein gutes Gefecht nötig ist. Als sich Angela Merkel noch Klimakanzlerin nannte, hat sie sicher die ökologischen Parameter bei der Panzerherstellug durchgesetzt.


Seit Merkel sich zur Autokanzlerin entwickelt hat - ihre Abwrack-Prämie hatte nicht nur den Automobilumsatz sondern auch die CO2-Werte ordentlich stabilisiert - tut sie alles, um die deutsche Autoindustrie mit dem Klima zu versöhnen. Ihr Mann für Umweltfragen in Brüssel, Günther Oettinger, hatte im Vorfeld der Klimakonferenz in seinem Brief an den VW-Chef klar formuliert, dass nun "die Belastung der der Industrie vermindert" werde. Denn die wenigen deutschen Elektro-Autos kann die Industrie in ihrer Umweltbilanz mehrfach aufführen und kommt so zu sauberen Traumwerten, die zwar nicht die Belastung des Klimas, aber eben jene der Industrie deutlich verringern.

Während die Polkappen stärker abschmelzen, der Meeresspiegel weiter steigt und die Wirbelstürme an Häufigkeit und Intensität zunehmen, preist Angela Merkel die "fabelhafte Nervenstärke" von Sebastian Vettel. Der Sponsor des Rennfahrers - Hersteller jenes Bonbonwassers namens Red Bull, das sich als Energy-Drink ausgibt - wird Vettels mentale Verfassung sicher auf sein Getränk zurückführen. Nervenstärke braucht man angesichts der drohenden Umweltkatastrophen wenn man, wie die Kanzlerin, im Wesentlichen ein "Weiter-So" praktiziert. Das Zwei-Grad-Ziel muss dringend fallen gelassen werden", forderte Oliver Geden, der Klimapolitik-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, in Vorbereitung des Weltklimagipfels. Der Stiftung, eigentlich ein Denk-Tank für die Außen- und Militärpolitik der Bundesregierung, hat erheblichen Einfluss auf die Politik der Bundesrepublik. Auch wegen solcher Reduzierungs-Vorhaben werden die rund 15.000 Teilnehmer in Katar im Wesentlichen heiße Luft produzieren. Das wird nur von denen als prima Beitrag zur Besserung des Klimas angesehen werden, die ernsthaft glauben, dass Red Bull Flügel verleiht.

Mit freundlichen Grüßen

           Haydn von Hohnstein

Germans to the Front:

Reichen die Erfahrungen aus Afghanistan nicht aus?

Deutsche Raketen im Syrien-Krieg

Die deutschen Patriot-Raketen, die in den nächsten Wochen an der türkisch-syrischen Grenze installiert werden sollen, reichen etwa 70 Kilometer weit. Ihr tödlicher Einsatz wird den lange formulierten Wunsch der Türkei nach einer Flugverbotszone erfüllen. Die "Patriot" sollen jene Flüge der türkischen Luftwaffe schützen, die bis tief im syrischen Gebiet zugunsten der Aufständischen operieren. Zum Schutz der Waffenlieferung aus der Türkei, aber auch zur operativen Unterstützung der Rebellen. Deutsche Soldaten, immerhin rund 170 Mann, und deutsche Waffen wären dann unmittelbar in den Krieg verwickelt. Gleich, was das Berliner Kriegsministerium auch immer erzählen mag.

Bisher schweigen Kriegsminister und Regierung. Sie lassen reden, um die Stimmung für den Einsatz der deutschen Raketen zu testen. Und die sogenannte Opposition aus GRÜNEN und SPD hat auch schon reagiert. Es hört sich gut an, wenn man nicht das Kleingedruckte beachtet. Sagt doch der Grünen-Sicherheitsexperte Omid Nouripour: "Ich kann nur davor warnen, dass Deutschland und die NATO sich ohne Völkerrechtsgrundlage militärisch in den Syrien-Konflikt hineinziehen lassen." Wenn es denn eine "Völkerrechtsgrundlage" gäbe, zum Beispiel wenn die Türkei den Verteidigungsfall erklären würde, warnt der Grünen-Politiker dann nicht mehr. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, forderte zunächst "eine offene Debatte über mögliche Szenarien". Das ist modernes Oppositionsdeutsch und bedeutet übersetzt: Wir zieren uns ein wenig, setzen uns dann in Szene, um ein wenig später zuzustimmen.

Der brave deutsche Medienkonsument wird in den nächsten Tagen sicher mit der Variante eines vorgeblich neutralen Engagements deutscher Truppen an der syrischen Grenze überredet werden. Doch die Türkei ist Partei in diesem Krieg, wer ihr hilft, der mischt sich einseitig in einen Krieg ein. Längst ist, nach einem Bericht der "New York Times", die CIA in geheimer Mission in der Süd-Türkei unterwegs, um den Waffen-Lieferanten bei der Entscheidungsfindung dabei zu helfen, welche Rebellengruppe welche Ausrüstung bekommt. Die Hauptlieferanten sind, wie schon im Libyen-Krieg, die lupenreinen Demokratien Saudi-Arabien und Katar. Aber auch die Türkei stellt nicht nur das Auslieferungs-Gelände. Sie hat unter anderem zwei Dutzend US-MANPADS [Einmann-Flugabwehr-Lenkwaffen] in den Kampf gegen die syrische Regierung geworfen.

Man darf davon ausgehen, dass die NATO den "Bündnisfall" ausrufen wird. Der NATO-Bündnisfall sieht vor, dass, wenn ein NATO-Mitglied angegriffen wird, es andere NATO-Staaten zu Hilfe rufen kann: "Um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten." Nicht eimal eingefleischte NATO-Anhänger können ernsthaft behaupten, die Türkei sei angegriffen worden. Zwar gab es einen Raketenbeschuss von syrischem auf türkisches Gebiet, aber es könnten auch Kräfte der Aufständischen gewesen sein, die den "Bündnisfall" provozieren wollten. Denn ganz sicher hält niemand die syrische Regierung für so blöde, sich mit der Türkei, der größten Militärmacht im Nahen Osten, anlegen zu wollen.

Begonnen hatte der Bürgerkrieg in Syrien mit friedlichen Protesten. Selbst jetzt noch - von westlichen Medien kaum wahrgenommen - gibt es diesen unbewaffneten Widerstand. Im "Deutschlandradio" registrierte der Exil-Syrer und Menschenrechtler Aktham Abazid noch im Oktober 381 Demonstrationen gegen das Assad-Regime. Wie in Libyen sind es die bewaffnete Einmischung von außen, die Unterstützung orthodoxer islamischer Kräfte und die militärischen Interessen der USA und Saudi-Arabiens, mit deren Intervention die Lage in Syrien angeheizt wird.

Und wie im Falle Libyen darf man davon ausgehen, dass die vom Ausland unterstützten Aufständischen nicht die ursprünglichen, die gewaltfreien Oppositionskräfte an die Macht bringen wollen. Aber das interessiert die deutsche Regierung offenkundig nicht. Sie will auch mal wichtig sein, auch mal mitspielen und sich an der Seite der USA wie eine richtige Großmacht fühlen. Das Ende ist abzusehen: Afghanistan lässt grüßen. Die lange Anwesenheit der Germans an der afghanischen Front hat dort nicht den Frieden gebracht. Sie wird, auch in Syrien, zum militärischen Desaster führen.

Moin, vielleicht wachen wir ja noch auf.

Haydn von Hohnstein

Der Adapter

16|11|2011

Katrin Göring-Eckardt, Politikerin von Bündnis 90/Die Grünen, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Mitglied im Rat der EKD, auf dem 33. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden, Juni 2011.

Ein Adapter hat die Aufgabe periphere Geräte mit Zentralgeräten, bevorzugt gleicher Baureihe, möglichst störungsfrei zu gemeinsamer Funktionalität zu verbinden. Kompatibilität ist das Zauberwort für eine reibungslose Brückenfunktion. Die Zusatzgeräte bleiben eigenständig, finden aber störungsfrei Anschluss an vorhandene Komponenten und ergänzen sie in schöner Einheit zu noch breiterer Wirksamkeit. Der Adapter ist die Schnittstelle für größtmögliche Durchlässigkeit und Harmonie vormals getrennter Aufgabenbereiche.

Frau Göring-Eckardt, Made in Germany, ist so ein Markenartikel für flexible Verbindlichkeit. Sie verbindet Ost mit West, Himmel und Erde, überbrückt atlantisch die Neue mit der Alten Welt und ist ebenso passend für die SPD und die CDU.

Schon in ihrer Testphase in den 90er Jahren hat sie ihre Durchlässigkeit für sonst scheinbar schwer übertragbare Impulse bewiesen und sich als sehr brauchbar gezeigt. In der sogenannten "Pizza Connection" konnte sie ihre Kompatibilität unter Beweis stellen. Diese "Pizza Connection" ist nicht identisch mit der amerikanische Variante gleichen Namens, einem Drogenring, über den verschiedene "Familien" der Mafia gemeinsam jahrelang hinter der legalen Fassade von Pizzerien ihren Handel verbargen.

Die deutsche Variante bezeichnet die Treffen von Abgeordneten in dem italienischen Restaurant "Sassella" in Bonn. Aufsehen erregten diese Treffen, da offiziell die Beteiligten sich parteipolitisch als sehr gegensätzlich darstellten. Kompatibilität braucht eben Probeläufe. Dabei waren unter anderen Cem Özdemir [ehemaliger Bilderberganwärter], Oswald Metzger [INSM], Eckart von Klaeden [Bilderberg u. Atlantikbrücke], Hermann Gröhe, Volker Beck, Kristina Schröder, Norbert Röttgen und Peter Altmaier. Seit 2007 trifft sich die Pizza-Connection auf Initiative von Hermann Gröhe [CDU] und Margareta Wolf [GRÜNE] erneut. Seit 2008 ist Frau Wolf Prinzipal bei der Strategie- und Kommunikationsberatung Deekeling Arndt Advisors. Auch ein schöner Beweis der Mehrfachkompatibilität politischer Adapter.

Ein guter Adapter gewährleistet die Vielseitigkeit der Anwendungen. Er ist im besten Sinne nutzerfreundlich ...

Katrin Göring-Eckardt ist nach wie vor eine Verfechterin der Agendapolitik [2010] und der Hartz Gesetzgebung, trotz der grausigen sozialen Verwerfungen, die das angerichtet hat. Sie ist eine Verfechterin der privaten Altersvorsorge, obwohl sich immer mehr herausstellt, welche Mogelpackungen Riestern und Rühruppen sind und das nur die Versicherungsbranche glücklich macht. Sie war für die Senkung der Lohnnebenkosten, die die Unternehmer entlastet; auf Kosten der Arbeitenden.

Sie befürwortete von Anfang an die Rente mit 67 und predigt, man habe:
"Den Sozialstaat auf die radikal veränderten Bedingungen einzustellen." Frau Göring-Eckardt ist eine Verfechterin des Fiskalpaktes und der sogenannten Schuldenbremse, die die Wirtschaft in den Ländern erwürgt und Ökonomen in zunehmender Zahl zum Protest treibt. Gegen eine weitere Absenkung des Niveaus der gesetzlichen Rente hat sie keine Einwände; aber gegen Abtreibung zieht sie zu Felde.

Jens Berger schreibt in einem sehr lesenswerten Artikel:
[Zitat]: "Doch wie so häufig bei karitativ, also bei mildtätig und hilfsbereit eingestellten Menschen lassen sich auch bei der calvinistisch geprägten Göring-Eckardt die Ermahnung zur Barmherzigkeit und das praktische politische Handeln oft nur schwer auf einen Nenner bringen."

Doch gerade das ist es, was einen Politadapter so vielseitig kompatibel macht. Wenn sich dann noch Worte wie Puderzucker über das neoliberale Trockenfutter legen, sieht es aus wie Gebäck. [Zitat]: "Wir können uns mit denen an einen Tisch setzen, mit denen niemand essen will. Wir können die in unsere Mitte holen, die am Rand stehen. Wir können die sein, die das Notwendige tun. Das, was die Not wendet."

Es gibt auch schon Leute, die Frau Göring-Eckardt nach einer Hörprobe für präsidiabel halten. Doch die konzentrierte Dichte Gauckscher Sprüche erreicht sie damit noch nicht. Wer könnte kürzer und präziser, Zuversicht und Hilfe gebend, für die sozialen Nöte der Menschen Worte finden wie diese, wenn er da spricht: "Angst macht kleine Augen und ein enges Herz".

Ey Man.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Die Agenda 20/21 ist zurück

War da nicht jüngst der extrem linke Vorschlag von Peer Steinbrück, die Banken an die kurze Leine zu legen? Die Hedgefonds besser zu kontrollieren, Rücklagen für Krisen zu schaffen und die Geschäfts- von den Investmentbanken zu trennen? Doch mit der Ernennung seines Wahlkampfteams lässt Steinbrück die rote Tünche seiner Kandidatur bereits abblättern, bevor sie richtig trocken ist: Seine neue Mannschaft - die traditionell, wenn Steinbrück Kanzler werden würde, auch mit Posten in der Regierung versorgt wird, - ist die alte: Alles Veteranen der 20/21-Bewegung.

Zu den bewährten Parteikräften im Steinbrück-Team - Siegmar Gabriel, Andrea Nales, Frank-Walter Steinmeier, der Schatzmeister Barbar Hendricks und Thomas Oppermann - muss eigentlich nicht viel geschrieben werden. Vielleicht sollte man bei Oppermann anmerken, das der Mann es schafft, gleich in zwei rechten SPD-Gruppierungen Mitglied zu sein, beim "Seeheimer Kreis" und dem "Netzwerk Berlin". Aber richtig interessant ist die zweite Reihe der Steinbrück-Mannschaft, die demnächst - falls Angela Merkel vorzeitig auf Rente geht und Ursula von der Leyen wirklich keine Lust hat ihre Nachfolge anzutreten - in die erste Reihe der Regierungs-Posten aufrücken will.

Im beschaulichen Ahrensburg, vor den Toren Hamburgs gelegen, mit seinen fünf Reitvereinen und den Naturschutzgebieten rundum, lebt Hans-Roland [Rolli] Fäßler. Er darf sich mit Fug und Recht zu den grauesten aller grauen Eminenzen rechnen. Von Beruf "Berater" hat Rolli eine lange Medienkarriere hinter sich: Nach einer mehrjährigen Beschäftigungszeit bei einem öffentlich-rechtlichen Sender privatisierte der vertraute Freund von Wolfgang Clement [früher SPD, heute Wahlhelfer bei der FDP] seine staatlichen Kontakte und gründet mit Erfolg eine eigene Nachrichtenagentur, die primär den öffentlich rechtlichen Rundfunk beliefert. Dann war er mal Geschäftsführer beim Medien-Konzern "Gruner & Jahr" und "in verschiedenen Funktionen" im Hause Bertelsmann tätig. Also dort, wo das Schröder-Blair-Papier ausgeheckt wurde. Fäßlers Wahlspruch lautet: "Ich will nicht als Adler starten und als Suppenhuhn landen". Als Mitglied des Steinbrück-Teams sollte man ihm einen Start als Suppenhuhn empfehlen, vielleicht klappt es dann später mit der Adlerei.

Matthias Mächtig nennen ihn die Eingeweihten, denn Matthias Machnig, noch Minister in Thüringen, hat schon an mehr Strippen gezogen, als das politische Theater gemeinhin kennt: Er hat Schröders Wahlkampf geleitet, saß im Vorzimmer von Müntefering und war auch mal auf der Lohnliste der BBDO-Consulting GmbH, ein Unternehmen, dessen Kundenregister fast alles enthält, was in der Deutschen Wirtschaft Rang und Namen hat: Von Daimler über Persil bis zu Yellow Strom. Doch viel interessanter ist Machnigs temporäres Engagement in der Unternehmensberatung "Booze Allen Hamilton". An der Spitze dieser US-Amerikanischen Firma gab und gibt es verschiedene verdiente Geheimdienstler, unter ihnen der ehemalige CIA-Chef Robert James „Jim“ Woolsey. Das Unternehmen war unter anderem in die Weiterleitung europäischer Bankdaten an US-Geheimdienste verwickelt. Ob Machnig deshalb den Spitznamen "Prinz der Dunkelheit" trägt, ist unbekannt.

Michael Donnermeyer, einer der wenigen jungen Politiker im Steinbrück-Team, ist vergleichsweise kaum belastet. Angefangen hat er als Redakteur einer Sportartikelzeitung, um dann Pressesprecher von Gerhard Schröder zu werden. Nach Schröders Aufstieg in die Gasprom-Liga musste der Mann versorgt werden und fand auch ein Plätzchen in der Berliner Senatsverwaltung. Dort war es zwar warm, aber offenkundig nicht lukrativ genug für ein Talent wie Donnermeyer. Deshalb ist er zur Zeit noch Geschäftsführer des "Informationszentrum Klima e.V". Der energische Lobby-Verein [Alstom, EnBW, eon, DB Energie, General Electric, Thyssen Krupp, Hitachi Power Europe, RWE, Siemens Power Generation und Vattenfall Europe sind die Hinterfirmen] will nicht das Klima retten, wie man vermuten könnte. Er plädiert dafür, das schädliche CO2-Gas in der Erde zu lagern. Mit diesem Verfahren ist das Gas zwar nicht weg, würde aber so den Energiekonzernen Umweltauflagen ersparen und könnte, wenn es denn durchgesetzt würde, jede Menge staatlicher Subventionen einsacken.

Heiko Geue, der letzte in der Steinbrück-Reihe, ist ein ordentlicher Beamter. Zur Zeit als Staatssekretär in Sachsen Anhalt geparkt, war er doch einst ein Agenda-Stichwortgeber. Als Referent im Schröderschen Bundeskanzleramt bastelte er dort gemeinsam mit Frank Walter Steinmeier an jenem Papier, das den Rentnern und Arbeitslosen bis heute so schrecklich viel Freude macht. Von Von 2005 bis 2009 war Geue "Leiter des Leitungsbereichs" für den Bundesfinanzminister Steinbrück. Und was machte er dort noch? Richtig, er war in diesem Ministerium für Privatisierungen zuständig. Dass Geue mit der Leiterin von Steinbrücks Büro zusammenlebt, wird sicher die Kommunikation zwischen Kanzlerkandidat und Wahlhelfer beträchtlich verbessern.

Aber warum diese bedrohliche Mannschaft so bewährte Kapital-Vertreter wie Schäuble oder Rösler ablösen soll, bleibt, nach Sichtung ihrer Biographien, unverständlich. Doch wenn es zu einer Koalition mit den GRÜNEN kommen würde, träfen die düsteren SPD-Männer vielleicht auf Werner Winkler. Der ist einer von jenen GRÜNEN, die zur Wahl des Spitzenkandidaten angetreten sind. Winkler hatte in seine erste Bewerbung reingeschrieben: "Aus meiner ersten Ausbildung pflege ich immer noch die Kalligrafie, vor allem als Kalligrafielehrer. Falls ich von euch zum Spitzenkandidaten gewählt würde, könnte ich mir also die notwendige Zeit nehmen." Das könnte die neue rot-grüne Regierungs-Anmutung deutlich verbessern: Wenn zum Beispiel die Marschbefehle der ISAF-Nachfolgetruppen oder die Neufassung der Hartz-Gesetze nur noch in Schönschrift ausgefertigt würden.

aus Quelle: Rationalgalerie

Mit freundlichen Grüßen

           Haydn von Hohnstein