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Sachsen erwache

30. Januar 2015

Das "Wie" sagte doch Herbert Grönemeyer in Dresden am 26. Januar 2015: "Wir müssen feinnervig aufpassen, auf der reaktionären Seite verbietet sich jedes Zündeln. Dort waren wir schon mal, und dort wollen wir nicht mehr hin."

Der "antifaschistische Schutzwall", wie in der DDR die Mauer offiziell genannt wurde, kriegt durch "Pegida" und "Legida" eine ganz neue, ungeahnte Richtung und Bedeutung. Hat er uns vor den Faschisten geschützt?

Wohnt das dumpfdoofe Deutschtum überwiegend in Sachsen? Hat das rotbraune NS Nachfolgesystem DDR diese ganze menschenfeindliche Ideologie konserviert und durchgetragen? Schleppt sich so die braune Brut bis in unsere Tage? War die jahrelange Ausländerhetze erfolgreich?

Wenn man früher von Helmstedt nach Westberlin fuhr, hörte man bei den Grenzern, die einen genüsslich kontrollierten, ausschließlich eine Mundart, die als sächsisch einzuordnen nicht schwer war. Waren sie die besonders verlässlichen Feinderkenner, die immer wussten wie deutsch geht, obwohl sie nicht ganz so sprachen? Es war abstoßend, wie sie ihre vermeintliche Macht ausgekostet haben. Domestizierte Kleingeister, die in der Angst voreinander im Quälen Schwächerer zusammenfanden.

Ist das Lokalrassismus? Ich fürchte ja

Man sieht an meinem Beispiel zumindest, wie unerfreulich das Umfeld Einfluss auf die Sozialisation eines jungen Menschen haben kann. Und dann hält man plötzlich alle Sachsen für strammstehende Vorgartenzwerge.

Sicher liegt das auch an einem Erlebnis, das ich damals hatte: Ein Mitarbeiter und ich besuchten den damals englischen Flugplatz in Upjever und stellten das Auto auf einen freien Platz vor der Kantine, als ein recht bedauernswerter Kerl in deutlich abgetragenem Landseroutfit auf uns zuhinkte und rief: "Hier gennse nich barken! Hier barken die Woachen, die mir beschlochnohm."

Der "Überläufer" hatte ein neues Herrchen gefunden. Das alte Spiel unter neuer Flagge. Deshalb sollten wir im Westen uns gar nicht so über den Osten erheben, wie es gerade jetzt Pegida in Dresden wieder herausfordert. Auch wenn in Köln oder Bonn erheblich weniger Leute unter der "...ida"- Flagge liefen: Die meisten Leute an Rhein und Ruhr verstecken sich nach wie vor hinterm Ofen, sofern sie noch einen haben, sonst hinter der Zentralheizung im Haus, und diskutieren genau die Theman, wegen derer Pegida demonstriert. Zu Hause bleiben ist der herrschenden Politikerkaste natürlich lieber. Dann müssen sie sich damit nicht weiter auseinandersetzen.

Was hab´ ich mich damals in Upjever geschämt, dachte ich doch, bei uns im westen gibt es so etwas nicht. Fremdschämen nennt man das heute. Vielleicht hat zu dem Zeitpunkt meine Sozialentwicklung einen landsmannschaftlichen Knacks gekriegt.

Aber auch der Wechsel von Erich Honecker zu Helmut Kohl fiel den vermeintlichen DDR-Sozialisten nicht gerade schwer. Gestern noch Sozialisten, am nächsten Tag schon Unionschristen. Oder gestern noch FDJ- Sekretärin für was auch immer und dann plötzlich "Kohls Mädchen", um uns heute als Bundeskanzlerin zu dienen. Auf Opportunisten kann man sich verlassen. Bis heute. Sachsen wählt CDU. - Noch.

Was, außer dem Wunsch gut gepampert zu werden, treibt die Sachsen zu den Parteichristen?

Etwas christliches "liebe Deinen Nächsten …" ist es scheinbar nicht. Gerade der Freistaat Sachsen ist religionsstatistisch mit 75 Prozent der Bevölkerung in der Oberliga der "Gottlosigkeit", wie man früher so sagte. Heute wird diese Kategorie "konfessionslos" genannt. Aber demonstrierend ein schwarzrotgoldenes Kreuz hochhalten für die Rettung des Abendlandes. Gute Nacht und Heil Jesus.

Aus diesem ganzen angebräunten Pegidaschiss echot bis heute die Ausländerpolitik der CDU seit Helmut Kohl. Damals hieß es "das Boot ist voll", heute ruft es aus Bayern "wer betrügt, fliegt". Seit Lichtenhagen flackert die Fackel des Ausländerhasses und wird stets neu entfacht, wenn sie zu verlöschen droht. Die Bürger, die sie weitertragen, sind nur die verdorbenen Kinder einer langen, gesellschaftspolitischen Erziehung. Die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds [NSU] unter Aufsicht des Verfassungsschutzes wird doch von vielen als augenzwinkerndes Einverständnis der Politik gedeutet Ausländer für vogelfrei zu halten.

Während Asylbewerberheime brennen, sagte Kohl in Bezug auf Ausländer: "Die Grenze der Belastbarkeit ist überschritten". Volker Rühe weist die Ortsvereine der CDU an, nach Fällen Ausschau zu halten, "bei denen Asylbewerber staatliche Leistungen unberechtigterweise erhalten". Und der CDU-Bundestagsabgeordnete Rudolf Karl Krause behauptet, dass in Deutschland "kriminellen Asylbetrügern mehr Herzenswärme entgegengebracht wird als den eigenen deutschen Volksgenossen." …

Und da waren auch noch Friedrich Merz und die Leitkultur, Roland Kochs Unterschriftenaktion, Jürgen Rüttgers mit "Kinder statt Inder" und Anette Schavan, die Predigten nur noch auf Deutsch verlangte. Natürlich nicht vergessen darf man die Herren Barring, Buschkowsky, Sarrazin und Co.

Schier endlos kann man solche Verlautbarungen fortsetzen. Und nicht nur die BILD-Zeitung stützt diese, über die Presse verbreitete Stimmung.

In dieser Zeit wachsen Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt auf. Es sind die Jahre ihrer Sozialisation. In diesem Dunst welken sie heran.

Der Psychoanalytiker, Philosoph und Sozialpsychologe Erich Fromm ["Die Kunst des Liebens"] prägte für ein bestimmtes Muster von sozialen Einstellungen und Persönlichkeitseigenschaften den Begriff "autoritärer Charakter". Einstellungen, die das Sozialverhalten negativ prägen. Unter anderem durch Vorurteile, Konformität, Rassismus und Ethnozentrismus, ein Begriff, mit dem man die Voreingenommenheit eines Individuums gegenüber fremden Gruppen bezeichnet.

Es wird dafür die Charakterstruktur eines Menschen so beeinflusst und ausgerichtet, dass er in der Gesellschaft die an ihn gerichteten Erwartungen quasi freiwillig erfüllen kann. Dabei wird jedes Abweichen vom "Normalen" abgelehnt oder sogar verfolgt. Kultureller Pluralismus wird, von dem so domestizierten, nicht toleriert. Er wird zum Abziehbild von Agitation und Propaganda.

Da läßt sich gut Ausländer jagen. Es braucht dann nur noch etwas leitende Hilfe, einen Führer, und eine Partei, die sich seiner Befindlichkeiten annimmt und der er beitreten kann. Eine Partei, der "die berechtigten Sorgen guter Menschen" nicht gleichgültig sind.

Parteibewerbungen werden derzeit von den sogenannten "besorgten Bürgern" gern entgegengenommen. … Herr Tillich sagt ja schon, zu Sachsen gehöre der Islam auf keinen Fall und auch Sigmar Gabriel ist bereits auf Wählereinkauf.

War die jahrelange Ausländerhetze so erfolgreich? Schleppt sich so die braune Brut bis in unsere Tage? PRO ASYL vermeldet: Die meisten "rassistisch motivierten Körperverletzungen" gegen Flüchtlinge gab es in Sachsen, dem Ursprungsland von Pegida. Im vergangenen Jahr wählten in Sachsen knapp fünf Prozent NPD und die AfD kam auf fast zehn Prozent.

Warum kämpft "Pegida" gegen Flüchtlinge? Warum nicht gegen die Privatisierung ihres deutschen Abendlandes, dem Verscherbeln des Tafelsilbers an ausländische Investoren, gegen die Armutsgeißel Hartz4, für schimmelfreie Schulen, für Personal in den Krankenhäusern, für Kindergärten, gegen Korruption und Vetternwirtschaft, gegen geheime Handelskonstrukte, gegen die lückenlose Überwachung des Privatlebens. Ist Euch das alles scheißegal? Oder ist das eine Nummer zu groß?

Schwache und Wehrlose schubsen kann jeder, ​ihr mutigen Abendlandretter.

Am Montag haben bei einem Konzert in Dresden zehntausende Menschen gegen Pegida und für Toleranz demonstriert. "Für" war gut, "Gegen" dafür nicht. Ich war noch nie auf irgendeiner Demo "Gegen" etwas und das wird auch so bleiben. Immer wieder machen die Organisatoren solcher Veranstaltungen den Fehler, mit "nicht" und "gegen" aufzurufen ohne sich offensichtlich in unserer Psyche auszukennen. Unser Unterbewusstsein kennt keine Verneinung. Deshalb macht es aus einer Demo "Gegen" Pegida faktisch eine "Für" Pegida und an so etwas beteilige ich mich nicht. Das "Gegen" kennt nur unser Intellekt und mit Intellekt allein lässt sich so etwas nicht bekämpfen. Er steht nur so hoch im Kurs, weil es einfacher ist, mit dem Verstand zu argumentieren als die Herzen der Menschen zu erreichen oder eben, was ungeheuer wichtig wäre, ihr Unterbewusstsein. Solange die Politik das den Psychologen und Psychoanalytikern überlässt, wird sich nicht viel ändern und die Ausländerfeindlichkeit bleiben. Übrigens: Die Nazis mit Goebbels an der Spitze verstanden es ausgezeichnet, das Unterbewusstsein der deutschen Volksgenossen zu manipulieren. Das machte sie so erfolgreich.

Nun wollen wir keine Manipulationen durch die heutige Politik, obwohl die meinungsführenden Medien es schon tagtäglich versuchen, doch durchschauen und einordnen sollten wir die Vorgänge schon können. Es gibt viele Möglichkeiten, zum Unterbewusstsein durchzudringen, ohne zu manipulieren. Eine "Gegen ..." Demo gehört nicht dazu.

Haydn von Hohnstein

Der Kleister des Terrors

22. Januar 2015

Gauck: Wir alle sind Deutschland!

Einige Tausend Menschen waren dem Aufruf des "Zentralrats der Muslime in Deutschland" und der "Türkischen Gemeinde zu Berlin" zur Mahnwache für ein "Weltoffenes und tolerantes Deutschland und für Meinungs- und Religionsfreiheit" zum Brandenburger Tor gefolgt.

Diese Reaktion auf die Terroranschläge in Paris war auch eine Antwort auf die dumpfen Demonstrationen für Fremdenfeindlichkeit in Dresden und anderen deutschen Städten. Dass man in dieser Situation von den Vertretern der Muslime kein Wort der Klage über die Lage der Migranten in Deutschland hören konnte, ist verständlich: Das Menetekel von Paris sieht die Muslime in Europa mit dem Rücken an der Wand. Nur zu gern hörten sie deshalb den Phrasendrescher der Nation, Joachim Gauck, diese schlichte Lüge sagen: "Wir alle sind Deutschland!"

Wenn Du Hakan heißt und einen Job suchst, kannst Du schnell erfahren, dass Du nicht Deutschland bist. Denn den Job hat bereits Tim: Das erzählt eine Studie des "Sachverständigenrates für Integration und Migration". Denn wer einen "rein" deutschen Namen hat wird bei der Job-Vergabe bevorzugt. Mehr als ein Drittel der Arbeitslosen in Deutschland hat ausländische Wurzeln, drei Viertel davon erhalten Hartz IV. Der Anteil der Menschen mit Wurzeln im Ausland liegt aber nur bei 20 Prozent. Zwei Drittel von ihnen haben keinen formalen Berufsabschluss. Wer angesichts der sozialen Diskriminierung nur über Religion und Freiheit schwätzt, der nutzt die Anschläge in Paris als Kleister für eine Gesellschaft, die natürlich Unten und Oben kennt. Und unten sind mehrheitlich die Zugewanderten und ihre Kinder.

"Hunderte junger Männer aus Deutschland haben sich sogar dazu verleiten lassen, in einem fremden Land gegen unschuldige Menschen in den Krieg zu ziehen", fällt dem Gauck ein und keiner wagt öffentlich in ein bitteres Gelächter auszubrechen. Wie viele junge deutsche Soldaten waren und sind in Afghanistan? Wer hat sie verleitet in einem fremden Land Krieg zu führen? Solche, die von der "gewachsenen deutschen Verantwortung" faseln und Auslandseinsätze meinen. Wie viele französische Soldaten haben am Himmel über Libyen einen gnadenlosen Bombenkrieg geführt und jede Menge unschuldige Menschen vom Leben zum Tod befördert? Dem französischen Präsidenten, Nicolas Sarkozy lagen damals, nicht lange vor den nächsten französischen Präsidentschaftswahlen, schlechte Umfragewerte vor. Und erfolgreiche Kriege bessern traditionell die Werte der Amtsinhaber. Doch außer 50.000 Toten und einem kaputten Land konnte der Krieg keine "Erfolge" vorweisen.

"Die offene Gesellschaft", erzählte der Bundespräsident am Brandenburger Tor, "bezieht ihre Stärke gerade auch aus ihren Unterschieden." Die Brüder Chérif und Saïd Kouachi, die Attentäter gegen "Charlie Hebdo", waren Kinder algerischer Migranten. Chérif Kouachi wurde 2005 verhaftet. Die Fahnder, die ihn im Verdacht hatten zur Terrorszene zu gehören, fanden damals auch die Gebrauchsanweisung für eine Kalaschnikow bei ihm. 2008 wurde Chérif Kouachi deshalb zu drei Jahren Haft verurteilt. Die Brüder wuchsen in einem verkommenen Pariser Arrondissements auf. Cherif Kouachi lebte eine Zeit lang im Pariser Vorort Gennevilliers. Einer jener brutalen Orte der Pariser Banlieue, mit grauen, gesichtslosen Beton-Gebirgen, in denen die Armen in Wohnkäfigen gehalten werden. Diese Gesellschaft ist nicht offen. Nicht in Paris und nicht in Berlin. Im Jahr 2005 zeigten die Krawalle in den französischen Vorstädten wie stark die sozialen Unterschiede das Leben bestimmen: In mehr als 300 Kommunen gingen Hunderte Autos in Flammen auf, unzählige Schaufensterscheiben gingen zu Bruch, ganze Geschäftszeilen wurden geplündert. Mit den Krawallen wurde uns die Wahrheit über den "Unterschied" erzählt: Die kapitalistische Gesellschaft ist nach oben geschlossen, nach unten offen ist die Skala der Armut und jener Ohnmacht, die Gewalt erzeugt.

"Entscheidend sind nicht Herkunft, Hautfarbe oder Glaube. Die Freiheit, das Recht auf Leben, die Menschenrechte, sie gehören jedem Menschen." Wie schwere Lügenknüppel schlugen die Worte des Bundespräsidenten auf die Köpfe der Menschen vor dem Brandenburger Tor. Von der Reisefreiheit bis zur Meinungsfreiheit: Wie frei ein Mensch ist, entscheidet sein Konto. Hat er Geld, kann er reisen. Hat er sehr viel Geld, kann er seine Meinung verbreiten lassen. Rund 60 Prozent der Insassen der französischen Gefängnisse sind muslimischen Glaubens. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung liegt unter 10 Prozent. Sieht so Menschenrecht aus? Die sozialen Verhältnisse entschuldigen keinen Mord. Aber sie erklären: Wie die Gewalt der Diskriminierung Gewalt erzeugt. Wer wie Gauck die Furcht vor dem Terror als Kleister benutzt, um die auseinanderdriftende Gesellschaft zusammenzuhalten, der verhindert, die Ursachen zu erkennen. Der macht sich mitschuldig. Und wenn der "Deutschland" ist, dann Gnade Deutschland Gott.

Haydn von Hohnstein

Angela Merkel hat sich von ihrer eigenen (sozial....) Vergangenheit in der FDJ (immer noch) nicht gelöst

19. Nov. 2014

Manchmal träumt sie von vergangenen Zeiten.

Unsere Kanzlerin spricht: Sich als "stolze linke Volkspartei" zum Juniorpartner unter der Führung der Linkspartei zu machen, ist nicht nur "für den aufstrebenden Freistaat Thüringen eine schlechte Nachricht", sondern bringe die SPD auch in eine "geradezu staatspolitisch bedrückende Lage".

Was ist los?

Kanzlerin Merkel sorgt sich um ihre arme Schwesterpartei SPD. Ja, Sie haben richtig gelesen. Die SPD spricht sie nicht an als politischen Gegner im Parlament, sondern als ihren treuen Partner in der Groko. Und jetzt verabschiede sich die SPD vom staatstragenden Verhalten, indem sie mit der linken Partei der "Linken" zusammengeht und diese sogar zum König in Thüringen macht. Und: Die SPD ist auf einmal eine "STOLZE LINKE VOLKSPARTEI"!

Könnten Sie sich solche Worte aus dem Munde von Helmut Kohl vorstellen? Oder gar von Franz Josef Strauß??

Im Bundestag lieferten sich früher SPD-Vize Herbert Wehner [der ewige Zweite in der regierenden SPD damals, sehr zu seinem eigenen Leidwesen, deshalb hat er wohl auch seinem Chef Willy Brandt damals 1974 den falschen Rat gegeben, wegen der Guillaume-Affäre zurückzutreten] und der ungeschlagene Austeiler an der schwarzen Front, Franz-Josef Strauß, verbale Saalschlachten. Nicht wenige Politik-Interessierte sehnen sich heute nach diesen rhetorisch feurigen Zeiten zurück. Damals gab es noch Freund und Feind. Das ist inzwischen vorbei. Oder sagen wir besser: Die Frontlinie hat sich fundamental verschoben.

Heute feuern SÄMTLICHE Parteien [mit einer Ausnahme, diese sind das Opfer], brüderlich vereint, und dazu gehört inzwischen auch die ehemals linke Partei SPD, auf die sozial Schwachen und die politisch seit dem Untergang der DDR ausgegrenzten noch weiter Linken mit einer Vehemenz und Brutalität ein, dass es nur so kracht. Die Arbeitslosen und Sozialschmarotzer sind schuld an dem wirtschaftlichen Untergang der Deutschen. [Und das obwohl diese noch immer Export-Weltmeister sind.] Weil diese angeblich nicht arbeiten wollen. Irgendwie geht mir bei diesen Gedanken das vor ein paar Tagen vermutlich von Rechtsextremen gestohlene Eingangstor des Konzentrationslagers Dachau nicht aus dem Kopf. Darauf war auf schmiedeeisernen Lettern zu lesen: "Arbeit macht frei". An Zynismus damals schon nicht mehr zu überbieten. Aber heute, 2014, ist es nicht besser: "Sozial ist, was Arbeit schafft!" [Rainer Brüderle im Bundestag, ein Spruch, aufgewärmt von der Initiative Neue soziale Marktwirtschaft] und davor 1932 Alfred Hugenberg, Deutsch Nationale Volkspartei, und Steigbügelhalter Adolf Hitlers: "Sozial ist, wer Arbeit schafft!".

Und jetzt sorgt sich "Mutti" um die von ihrem braven Arbeitgeber-Weg abkommenden einstigen Arbeitnehmer-Lobbyisten der SPD!

Die Peitsche versteckt sie geschickt unter ihrem Designerin-Hosenanzug.

Sie projiziert ihre eigene Unfähigkeit zu Fairness und echter Demokratie auf die Partei, in der sie, nähme man die bandwurmmäßige Rhetorik von der ewigen Honecker-Nachfolge-Partei ernst, einst selber das "Agit-Prop" = Agitations-Propaganda – Schwert schwang in der Jugendorganisation der SED. Ja, SED. Auch wenn die entsprechenden schriftlichen Nachweise dafür durch eine unsichtbare Hand irgendwie verschollen gegangen sind, was für eine Überraschung.

Wer weiß: Wären damals in Leipzig am 9. Oktober doch Schüsse gefallen, oder hätte sich Politbüromitglied Schabowski nicht aus Versehen verplappert, am 9. November, dann hätten wir wahrscheinlich zwar nicht eine Honecker-Nachfolgepartei, aber vielleicht eine Honecker-Nachfolgerin Angela Merkel?

Aber jetzt ist sie nicht Staatsratsvorsitzende einer SED-Nichtnachfolgepartei [also dem Original], sondern unangefochtene Vorsitzende der Jesus-Nachfolgepartei CDU.

Angela Merkel war offenbar nie in ihrem Leben an etwas anderem interessiert als zu herrschen. Zunächst suchte sie die Nähe zu den Mächtigen bei der SED vor dem Mauerfall, dann blitzschnell nach der "Wende" die Nähe zu Helmut Kohl, ein nicht gerade demokratisch denkender oder als besonders fair bekannter Genosse in der Bundesrepublik. Ein Herrscher, wie er im Bilderbuch stand. Seine Getreuen durften in der Runde im Kanzler-Bungalow nie schriftliche Notizen machen, damit bloß nichts an die Öffentlichkeit kommt, was so alles hinter den Kulissen lief. Und als er die erneute Wiederwahl 1998 verlor, löschte irgendjemand von zentraler Stelle aus komplett sämtliche Datensätze der EDV des Bundeskanzleramts. Vorsorglich. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Denn die CDU propagiert umfangreiche Bürgerüberwachung ja immer damit, dass ja niemand, der Nichts zu verstecken habe, etwas dagegen haben könne. So sprechen die Meister des Versteckspiels.

Also, Angela Merkel war bei solchen "Geheimnisträgern" gut aufgehoben. Sie musste sich von ihrer FDJ-Vergangenheit eigentlich nicht groß umgewöhnen, nur die Propaganda-Formeln nach außen hatten eine andere Wortwahl, was aber keine große Rolle spielt, da diese leeren Worte von  Freiheit und Sicherheit genau so ernst gemeint sind, wie die damaligen Formeln der SED von Erich Honecker. 

Und deshalb darf Angela auch die einstigen Genossen von damals, die nach der heutigen westlichen Medienpropaganda ausschließlich in der neuen Links-Partei überlebt haben sollen, als eine der Ihrigen tüchtig schelten. Böse seid Ihr, dass Ihr genau so die Macht haben wollt, wie ICH !!!

Außerdem: 
Es erklingt gerade ein nahezu wagnerianisches getösenhaftes und einstimmiges Geschrei der Mächtigen, dass nicht sein darf, was nicht sein darf. Nämlich, dass ein "Linker" tatsächlich als Ministerpräsident beweist, was seit zweieinhalb Jahrzehnten alle "bürgerlichen" Parteien von Grün bis Schwarz gegenpropagieren, dass nämlich eine linke Regierung

nicht bündnisfähig
nicht koalitionsfähig
nicht politikfähig
nicht auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sich befände [anders kann man eine Totalüberwachung sämtlicher Links-Partei-Mitglieder durch den Verfassungsschutz rechtlich gar nicht begründen]
undnochvielesmehr–Unfähigkeit
sei.

Sollte sich dieses alles als bloßes gigantisches Horror-Szenario der etablierten, an den Schalthebeln der Macht sitzenden Parteien [von Grün bis Schwarz] herausstellen, dann fehlten einem in Zukunft die Argumente, diesen politischen Konkurrenten per Totschlag-Argument einfach aus dem Weg zu fegen.

Also müssen jetzt alle ran:

Der Bundespräsident
Die Bundeskanzlerin
Die Parteivorsitzende der Grünen
Der Parteivorsitzende der SPD Sigmar Gabriel

Alle müssen sie ran, um ein paar bundespolitisch völlig unbedeutende Abgeordnete in dem ländlich- idyllischen Bundesland Thüringen davon abzubringen, ihre nicht nur von der Verfassung [Grundgesetz] selbst, sondern auch vom Geist und Zweck der Staatsform Demokratie dringend gebotenen Rechte zur Regierungsbildung wahrzunehmen mit den Parteien, mit denen sie ihre eigenen Ziele am besten gemeinsam erreichen kann. Alle sollen unisono auf sie einreden, dass sie dieses Recht nicht wahrnehmen dürfen, obwohl es ihnen zukommt.

Eine Gefahr, dass die Linkspartei durch die Wahl eines der Ihrigen zu einem Ministerpräsidenten gleich die Mehrheit im Bundesrat erlangt, ist derzeit nicht gegeben. Das wäre wohl nur bei einem Totalausfall sämtlicher anderer Parteien möglich. Die Linken dürfen bei den Bundesratssitzungen aber jetzt wenigstens im Plenum mit zuschauen, wie die anderen selbstsicher,  mehrheitsbewußt [im Bund] und "alternativlos" Politik machen. Früfher durften sie als Sozius in Mecklenburg- Vorpommern, Berlin oder Brandenburg schon ab und zu mal schnuppern. Natürlich nur dann, wenn der Minsiterpräsident nicht konnte! Jetzt dürfen sie immer dabei sein! Aber: Allein das soll ihnen bereits nicht gestattet werden. Offenbar hat man Angst vor echten Politikern.

Oh, je, jetzt habe ich die Linken aber über den grünen Klee gelobt. Aber wahrscheinlich habe ich früher zu viel Mannschaftssport betrieben, dass bei mir irgendwie dieser Gedanke der Fairness zu sehr im Hirn sich verpflanzt hat. Damit bin ich selber wahrscheinlich automatisch politikunfähig, koalitionsunfähig [mal fragen, was mein Ehepartner dazu meint], bündnisunfähig und schließlich natounfähig. [Nur die UNO-Unfähigkeit fehlt noch auf dem Anfeindungstablett von CDU, CSU, SPD und Grünen gegen die ewig Ausgeschlossenen.] Und das alles nur, weil man das Gefühl hat, dass die anderen genauso ein Recht auf ihre Meinung haben wollen, wie man selbst. Pech gehabt. In einer westlichen Demokratie kommt es eben darauf an, WAS für eine Meinung man hat. Danach entscheidet sich, ob man diese auch äußern darf oder nicht. Das pflanzt sich natürlich fort bis in kleinste Gemeinden. In Hohn bedeutete andere Meinung Prügelandrohung oder die Drohung, das Haus anzuzünden, im Bund das ewige Ausgeschlossensein. Das hat man eben davon, wenn man eine abweichende Meinung äußert. Unsere Bundeskanzlerei machte es uns vor, wie wir uns zu verhalten haben: Immer den Rock nach dem Wind hängen. Das ist der Weg zur Macht. Alles andere bedeutet Ohnmacht in unserem demokratischen Rechtsstaat. Was ist eigentlich ein Unrechtsstaat?

Quellen:

Angela Merkel: Arbeit an der Akademie der Wissenschaften der DDR [1978–1989]

"Sie [Angela Merkel, die Verf.] engagierte sich während ihrer Tätigkeit an der Akademie der Wissenschaften in ihrer FDJ-Gruppe. Nach eigenen Angaben war Merkel dort als Kulturreferentin tätig. Quellen, die der Merkel-Biograf Gerd Langguth befragt hat, sprachen davon, sie sei für "Agitation und Propaganda" zuständig gewesen ..." Wie schön, dass es keine schriftlichen Aufzeichnungen mehr gibt!

Haydn von Hohnstein

Obama in den Knast -- Sympathisanten vor Gericht

01|10|2014

Die totale Überwachung wird jetzt auch gesetzlich manifestiert

"Die ganze Härte des Strafrechtes", wird zu Zeit den Menschen in Schlagzeilen versprochen, die möglicherweise den "Islamischen Staat [IS]" irgendwie unterstützen. Und das könnte vielleicht gut sein, wenn man denn Beweise hätte und wenn denn das Gesetz für alle gelten würde. Aber vorläufig wird über die weitere Verschärfung eines Gesetze-Instrumentariums gequatscht - Ausbürgerung, Pässe kennzeichnen oder aber auch Pass-Entzug sind im Gerede - ohne dass es Greif- und Beweisbares gibt. Außer man wolle den "Erkenntnissen" jener Behörden glauben, die jahrelang Nazi-Terroristen im eigenen Land nicht haben erkennen können, selbst wenn sie auf ihrem Schoß saßen.

Das deutsche Strafgesetzbuch ist längst mit Paragraphen bestückt, die von der Annahme einer terroristischen Vereinigung und von der Annahme einer Mitgliedschaft in solch einer Vereinigung ausgehen, um von der Annahme der Annahme ausgehend eine radikale Totalüberwachung auszulösen, die in der Vergangenheit zu nicht mehr als drei Prozent gerichtlicher Urteile geführt hat. Aber in den anderen 97 Prozent der Fälle wurde prima überwacht und die unbescholtene Bevölkerung konnte zu 100 Prozent eingeschüchtert und manipuliert werden.

Schon der § 89a, der die "Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat" reklamiert, kann mit bis zu zehn Jahren Gefängnis geahndet werden. Es muss sich im Straffall um eine "Tat gegen das Leben handeln für deren Begehung nicht unerhebliche Vermögenswerte gesammelt, entgegengenommen oder zur Verfügung gestellt werden". Erweitert wird dieses juristische Werkzeug um den § 129a, der die Bildung terroristischer Vereinigungen mit weiteren zehn Jahre für Leute in Aussicht stellt, "…deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet" sind "Mord [§ 211] oder Totschlag [§ 212] oder Völkermord [§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches] oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit [§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches] oder Kriegsverbrechen [§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches]" zu begehen.

Wenn also einer irgendwo auf der Welt anderen befiehlt auf einen Knopf zu drücken, um mittels einer Drohne andere ohne Gerichtsverfahren umzubringen, wäre er in Deutschland eigentlich des Mordes schuldig. Wenn der selbe Mörder in seinem Haushalt "Vermögenswerte" ansammelt, um in anderen Ländern "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" zu begehen, wie zum Beispiel wahllose Bombardements, bei denen Menschen ohne Beweis und Verfahren getötet werden, müsste er auf deutschem Boden inhaftiert werden. Auch Kriegsverbrechen jener Art, wie sie in Libyen oder Syrien von den USA begangen wurden und werden, müssten, wäre Barack Obama Deutscher, zu Verfahren und Strafen gegen den US-Präsidenten führen.

Nun besitzt Obama nicht die deutsche Staatsbürgerschaft und schon eine Festnahme, um den US-Präsidenten auf deutschem Boden zu befragen bevor man ihn einem internationalen Gerichtshof überstellt, würde die US-Armee dazu bewegen, zu ihren vielen Verbrechen ein weiteres zu begehen: "Mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen", wie es so gründlich im § 129a formuliert wird. Zudem ist auch die deutsche Armee in einer solch schlampigen Verfassung, dass sie kaum den dauernd Kriege führenden US-Truppen widerstehen könnte.

Aber was ist mit all den Sympathisanten und Unterstützern jener USA genannten kriminellen Vereinigungen in Deutschland? Wenn man Obama schon nicht belangen kann, müsste man nicht den Sympathisanten-Sumpf in Deutschland austrocknen? Jene Merkel und Steinmeier, jene Atlantiker in den Medien, jene NATO-Agenten, die nicht nur gegen deutsche Gesetze sondern auch gegen deutsche Interessen handeln und uns in die terroristischen Aktivitäten der USA verwickeln, müssen vor Gericht. Um Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Die Gesetze sind vorhanden. Sagt doch der Gesetzestext deutlich "Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland“. Eine Verschärfungsdebatte erscheint unter diesen Bedingungen nicht nötig. Wir wollen doch Frau von der Leyen nicht den Pass entziehen. Außer sie wollte sich der Justiz durch eine Flucht in den Irak entziehen. Oder de Maiziere? Oder Steinmeier? Oder zu Guttenberg? Oder, oder, oder ....

Haydn von Hohnstein

Quelle: auch StGB , Völkerstrafgesetzbuch

Der Exodus der Rüstungs-Industrie

26|09|2014

In Deutschland werden keine schicken Korvetten mehr gebaut und ausgerüstet, weil man sie nicht exportieren darf.

Bei der Flucht bitte die Lobbyisten mitnehmen

Schwer klingen die ersten Takte des Trauermarsches von Frédéric Chopin auf. Ein langer Zug von Panzern schleppt sich die Autobahn entlang. Auf Tiefladern folgen Geschütze, Flugzeuge, Maschinengewehre. Am Ende der schier endlosen Kolonne, auf großen Lastkraftwagen, Maschinen aller Art: Die Deutsche Rüstungsindustrie verlässt das Land. Am Autobahnrand Menschen in Dreiteilern, Trauerflore am Arm, Hüte in der Hand: Lobbyisten und Politiker zollen dem Auszug der Mordbranche ihren Respekt. Überall im Land ist halbmast geflaggt. So wird es sein, folgt man den Worten von Armin Papperger. Der Chef des Rüstungsverbandes BDSV hatte jüngst in der SÜDDEUTSCHEN damit gedroht, die Waffenindustrie würde Deutschland verlassen, wenn der Export weiterhin erschwert und die Abnahme von Rüstungsgütern in Deutschland nicht verbessert werden könne.

Dabei hatte es für die internationale Rüstungsindustrie nach der Ausrufung des Krieges gegen den Terror so gut angefangen: Fast überall auf der Welt stieg der Umsatz in Mordmaschinen. Deutschland erklomm den Platz drei der Rüstungs-Export-Nationen. Die Zahl der unerklärten Kriege wie im Grenzgebiet von Pakistan zu Afghanistan, der Bürgerkriege wie in vielen Teilen Afrikas und der Regime-Change-Kriege wie in Libyen wuchs stetig. Dann plötzlich, aus einem Himmel voller Granatwerfer und Kanonen, das Verbot Siegmar Gabriels ein "Gefechsübungszentrum" nach Russland zu liefern. Die Russen standen im Verdacht, in diesem 135 Millionen teuren Zentrum den Krieg gegen die Ukraine zu üben, mit simulierender Lasertechnik. Zwar wäre dabei niemand zu Tode gekommen, so wie die Menschen in der Ost-Ukraine nach dem Bombardement durch eigene ukrainische Regierungstruppen. Aber den Russen ist eben alles zuzutrauen.

Doch die Firma Rheinmetall, vormals "Reichswerke Hermann Göring", hatte schon vor dem Verbot der Lieferung nach Russland einen vorgeblich neuen Weg des Rüstungs-Exports gefunden: Man liefert demnächst, begleitet vom Wohlwollen der Kanzlerin, eine ordentliche neue Panzerfabrik nach Algerien. Dort können dann, schön nah an den afrikanischen Kriegsschauplätzen, für 30 Millionen Euro prima Panzer montiert werden. Eine Garantie, dass die Fahrzeuge nicht irgendwann gegen Deutschland rollen, gibt es natürlich nicht in einem Land, in dem gerade ein bergsteigender Franzose gekiddnapt und geköpft wurde. Ach so, das Mittelmeer ist dazwischen! Und Deutschland befindet sich außerdem in sicherer Lage zwischen anderen NATO- Staaten. Dann besteht höchstens die Gefahr, dass deutsche Soldatinnen und Soldaten in Mali oder die Ebola- Hilfskräfte von den Panzern überrollt werden könnten oder sich neue, gepanzerte Islamistenhochburgen bilden, die dann wiederum einen deutschen Einsatz erfordern: Die Rüstungsindustrie freut sich darüber! Auch Ägypten ist an solch einer Fabrik interessiert, um "Islamisten im Sinai" zu bekämpfen. Erinnern wir uns wie im Märchen, dass "vor vielen vielen Jahren" ägyptische Soldaten mit damals modernsten russischen Panzern ausgerüstet worden waren, die noch nicht einmal die europäischen Verbündeten der Sowjetunion besaßen. Die Ägypter ließen sie dann einfach in der Wüste des Sinai stehen, als sie zu Fuß die Flucht vor den Israelis ergriffen, die sich wiederum über die neuen Fahrzeuge freuten. So hat jeder seinen Feind und die Waffenindustrie kann direkt vor Ort die Liquidationsgeräte herstellen, egal für wen. Wozu Exportregeln, wenn es um internationale Geschäfte geht.

Waffen sind neutral, sagt die Industrie und hat in gewissem Maße recht. Die Waffen, die den Taliban im Kampf gegen die Sowjetunion geliefert wurden, werden heute gegen die USA benutzt. Die Waffen, die von internationalen Rüstungskonzernen an die libyschen Streitkräfte zur Gaddafi-Zeit verkauft wurden, sollten etwas später gegen die Kräfte des internationalen Militäreinsatzes unter Führung der USA verwendet, um danach vom CIA in den syrischen Bürgerkrieg transportiert zu werden. Heute sind sie bei den Truppen des "Islamischen Staat" gegen Verbündete der USA im Einsatz. Es ist im wahrsten Sinne ein stabiler Blutkreislauf, der allerdings nur die Gesundung der Rüstungsindustrie sichert. Viele andere sterben daran.

Manchmal sitzt man beisammen, die deutschen Waffenschieber und die Politik. Zum Beispiel jüngst beim "Zweiten Caféhaus-Gespräch" des Rüstungsverbandes in Berlin, um über den Schutz "Kritischer Infrastrukturen" zu sprechen. Neben dem Mann von Airbus findet sich dann Nina Warken von der CDU. Die ist in jenem Parlamentsgremium, das die Unverletzlichkeit der Wohnung schützen soll. Da kann nur jede Waffe recht sein. Auch der Gerold Reichenbach, SPD, war dabei. Der ist im Bundestagsausschuss für humanitäre Hilfe. Die muss notfalls eben mit Panzern durchgesetzt werden. Irene Mihalic von den GRÜNEN vertrat den Ausschuss für Innere Sicherheit: Die wird letztlich nur von der Waffen-Industrie gesichert. Wem die Anwesenheit von Prof. Dr. Emil Reisinger, Dekan der medizinischen Fakultät der Universität Rostock, Rätsel aufgibt, der sei daran erinnert, dass Reisinger für Tropenmedizin zuständig ist. Wer weiß, wohin es unsere tapferen Soldaten auf dem Weg der deutschen Verantwortung noch verschlägt. Ja, natürlich, als Ebolahelfer nach Westafrika, wohin später in Algerien produzierte deutsche Panzer fahren können, um sie "platt" zu machen. Vorher müssen sie allerdings vor Ebola geschützt werden, um nicht an dieser Epidemie zu sterben. Wär doch zu schade, wenn die von Islamisten gesteuerten Fahrzeuge keine Feinde mehr finden! Die helfenden Soldaten können sich schließlich verteidigen: mit Waffen aus dem Land, welches die Panzerproduktion ermöglichte, oder?

Noch während die Takte des Trauermarsches in den deutschen Himmel wabern, rätselt das Land über den Ort des Exodus: Luxemburg, der niedrigen Steuern wegen? Frankreich, der geringen Export-Bremsen wegen? Nach Usbekistan, wo die Diktatur des Islam Karimov seit 1991 für stabile Verhältnisse sorgt, und der mit 13 Millionen jährlich alimentierte Bundeswehr-Stützpunkt Termiz eine solide Infrastruktur sichert? Oder doch lieber gleich nach Saudi Arabien, einem Großabnehmer deutscher Rüstungsgüter, wo regelmäßig öffentliche Enthauptungen für ein unerreicht hermetisches Klima der Sicherheit sorgen? Fragen über Fragen, die von einer kleinen Bitte begleitet werden: Nehmt die Warkens, die Reichenbachs und die Mihalics mit, jene Schicht von Politikern, die von Sicherheit reden und damit nur die unerschütterliche Selbstsicherheit ihres kleinen Horizontes meinen.

Haydn von Hohnstein

Quelle: u.a. auch Süddeutsche Zeitung

Luftschläge im Irak - Bomben auf Syrien

19|09|2014

Man hat das Gefühl, dass die Lobby der Rüstungsindustrie bestens funktioniert oder:

Außenpolitik als gefährliche Luftnummer

Luftschläge- wie lustig das klingt. Schlägt man die Luft? Wird mit Luft geschlagen? Soll in die Luft geschlagen werden? Dass da Leute wohnen, Zivilisten, dort wo US-Kampfflugzeuge Bomben werfen oder Raketen abschießen, wen interessiert es? Den obersten Kriegsherren Obama schon mal nicht. Auch nicht jene deutsche Öffentlichkeit, die sicher ist im Fall des "Islamischen Staates [IS]" auf der richtigen Seite zu sein: Würde man nicht selbst auch gern Leute bestrafen, die andere Leute vor laufender Kamera umbringen? Längst hat eine kriegsgeile Medienlandschaft viele ihrer Konsumenten zu Komplizen gemacht. Die Gedanken sind frei und für jeden Unsinn zu haben.

Sieht man sich die Freunde und Geldgeber des IS an, entdeckt man immer wieder nur Freunde der USA und Wie-auch-immer-Verbündete Deutschlands: Das NATO-Mitglied Türkei gewährt den aggressiven Islamisten Rückzugsräume auf türkischem Gebiet. Aus den Öldiktaturen Saudi Arabien, Katar und den Vereinigten Emiraten kommt das Geld für Waffen. Bis heute gibt es in diesem Lager Kräfte, die dem IS im Kampf gegen die syrische Regierung eine nette Nützlichkeit attestieren. Zwar kämpfen Truppen des IS auch gegen Milizen der syrischen Opposition, aber das zeigt nur, dass die Fraktionen im Kampf gegen das letzte laizistische Regime in diesem Raum sich noch nicht haben einigen können, wem denn die Trümmer in Syrien gehören sollen, falls man die jetzige Regierung schlagen kann.

Mal wieder suchen die USA eine Koalition der Willigen, um dort aufzuräumen, wo sie mit ihrem völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak alle staatlichen Strukturen zerschlagen haben. Zerschlagen auch die multi-ethnische, multi-religiöse Gesellschaft, die es noch während der irakischen Diktatur gab und deren Reste bislang in der syrischen Diktatur zu besichtigen sind: Unterschiedliche islamische Fraktionen, Christen, sogar Juden lebten im Korsett autoritärer Regime ziemlich einträchtig nebeneinander. Wären die USA und die ihr hörigen Subsysteme lernfähig, dann solle man aus dem letztlich verlorenen Irak-Krieg wissen, dass man ein UNO-Mandat braucht, dass man Diplomatie braucht, dass man die Helfershelfer der IS und anderer Terror-Gruppen politisch und ökonomisch isolieren müsste. Aber auch die extremen Schlauberger im deutschen Außenministerium scheinen nicht zu wissen, dass man ohne den Iran und ohne Russland in dieser Gegend nicht zum Frieden kommen kann.

Statt dessen wurde geliefert: Deutsche Waffen an kurdische Milizen zum Beispiel. Jetzt, so muss der deutsche Medienkonsument denken, jetzt wird alles richtig gut. Wie gut, dass er nicht die angesehene Agentur REUTERS liest, deren jüngste Meldung über den Nordirak von kaum einem deutschen Medium wahrgenommen wurde: Denn nach den ersten US-Luftschlägen räumten die kurdischen Milizen mit deutschen Waffen im Bündnis mit Shiiten erstmals unter ihren sunnitischen Nachbarn auf: "Zugleich wurden die Islamisten aus 25 nahe gelegenen sunnitischen Dörfern und Städten vertrieben. Doch die Lage entwickelte sich anders, als es die USA erwarteten: Über den sunnitischen Dörfern stehen nun Rauchwolken, wo Häuser niedergebrannt wurden". Die neue kurdisch-shiitische Herrschaft kennt keine Zimperlichkeit: Man brennt die Dörfer der vorgeblichen Feinde nieder, man köpft auch schon mal einen sunnitischen Nachbarn, kein IS-Mitglied, eben nur ein Sunnit, dessen Familie darf dann das Video der Exekution im Internet betrauern.

Aber deutsche Großfressen wissen es besser. Andreas Schockenhoff von der CDU meint, Deutschland müsse aufgrund seiner Exportstärke eine besondere Verantwortung innerhalb der Nato wahrnehmen: "Wer ein Drittel seiner Wirtschaftsleistung über den Export verdient, kann nicht einfach sagen: Wir verdienen das Geld, aber ihr sorgt für Sicherheit". Außenminister Steinmeier kündigt weitere Hilfe für den Nordirak an. Wer auch immer das ist: Der Nordirak. Denn längst sind US-Strategen weiter. Und der deutsche Stammtisch immer hinterher: Der außenpolitische Sprecher der CDU, Philipp Mißfelder, schließt eine Bundeswehr-Beteiligung für die geplanten US-Luftangriffe gegen Islamisten in Syrien nicht aus: Sollte eine entsprechende Anfrage gestellt werden, sei er "eindeutig der Meinung, dass wir die Amerikaner unterstützen müssen", sagte der CDU-Mann in der ARD.

Gestern noch Irak, heute ab nach Syrien: Völkerrecht? Souveränität Syriens? Das interessiert die USA nicht und ihre deutschen Kombattanten haben die Begriffe anscheinend noch nie gehört. Denn in Syrien werden langfristige strategische Ziele verfolgt: Der letzte russische Militärstützpunkt im Nahen Osten soll weg, der Einfluss des Iran in Syrien soll gebrochen werden, also wird unter dem Vorwand der IS-Bekämpfung irgendwo in Syrien irgendwas gebombt. Und weil die Al Qaida-Truppen in Syrien als Partner gegen Baschar al-Assad politisch nicht korrekt erscheinen, meldet sich der letzte US-Botschafter in Damaskus, Robert Ford: Man könne doch die "Freie Syrische Armee [FSA]" bewaffnen. Dass in deren Reihen Kindersoldaten kämpfen, dass die katholische Kirche ethnische Säuberungen durch die FSA-Brigaden beklagt, dass man in türkischen Zeitungen über Organ-Handel durch die FSA lesen kann: Das alles spielt keine Rolle wenn die "westliche Staatengemeinschaft" eine missliebige Regierung auf die schwarze Liste gesetzt hat.

Die brutale, dumme US-Außenpolitik hat viele Anhänger in Deutschland. Ob Merkel oder Mißfelder, ob in der Ukraine oder im Nahen Osten: Unverantwortliche deutsche Politiker lassen sich zum Handlanger der geostrategischen Interessen der USA machen. Und aus den deutschen Medien ist dann zu erfahren, dass es sich nur um Luftschläge handelt. So gerät die deutsche Außenpolitik zunehmend zur Luftnummer: Ratlos und gefährlich.

Haydn von Hohnstein

MH 17 – Der Zwischenbericht liegt vor und lässt viele Fragen offen

10|09|20

Was mit MH 17 passierte wirkt inzwischen ebenso verwässert, wie die Geschichte rund um MH 370 der Malayischen Fluggesellschaft, die wahrscheinlich im Pazifik oder dem Indik spurlos verschwand. Heute Morgen jedenfalls um 10.00 [09-09-2014] veröffentlichten die niederländischen Behörden den lang erwarteten Zwischenbericht zum Absturz/Abschuss von MH 17. Wer sich davon eine möglichst lückenlose Aufklärung der Ereignisse erhofft hat, wird jedoch enttäuscht sein.

Dabei konnte man dieses Ergebnis absehen. Sinn und Zweck der Untersuchungen war es, das Unglück aus Flugsicherheitsaspekten heraus zu beleuchten. Und da lief alles erwartungsgemäß rund – die Maschine war fehlerfrei, die Crew fit und auch die Fluglotsen machten ihren Job offenbar fehlerfrei. Zur Frage, warum der Luftraum oberhalb 33.000 Fuß nicht gesperrt war, obgleich [nicht nur] die ukrainischen Behörden Informationen darüber hatten, dass die Separatisten womöglich in Besitz von Flugabwehrraketensystemen sind, die auch in wesentlich größeren Höhen eine potentielle Gefahr für Zivilflugzeuge darstellen, geht der Bericht gar nicht erst ein. Und auch ansonsten hält man sich bemerkenswert vornehm zurück, wenn es um politische Aussagen geht.

Veröffentlicht wurden nun erstmals die Aufzeichnungen des Voice Recorders, des Bodenfunkverkehrs und die Flugdaten aus der Black Box. Die Aussagekraft dieser Daten ist jedoch – ebenfalls erwartungsgemäß – nicht sonderlich groß. Der Funkverkehr riss demnach abrupt ab, es gab keine ungewöhnlichen Vorkommnisse. Fest steht lediglich, dass MH 17 in der Luft auseinander gerissen wurde, so dass die Wrackteile sich über einen großen Raum verteilen. Auch das war jedoch nicht neu. Bezüglich der Unglücksursache verweist der Bericht auf eine große Anzahl “hoch energetischer Objekte", die die Boeing von außen durchlöcherten. Dies ist symptomatisch für den Abschuss durch ein Flugabwehrraketensystem, wie z.B. das Buk-System. Die niederländischen Behörden vermeiden jedoch auch hier jede Festlegung. Noch nicht einmal der Begriff „Rakete“ taucht im Bericht auf. Spekulationen, MH 17 sei durch die Bordkanonen eines Kampfjets abgeschossen worden, dürften damit wohl widerlegt sein. Ob MH 17 aber nun durch eine Rakete der Separatisten oder durch eine Rakete der ukrainischen Regierungstruppen abgeschossen wurde, ist jedoch nach wie vor nicht mit Sicherheit zu sagen.

Der offizielle Zwischenbericht eignet sich nicht dafür, politische Aussagen oder Schuldzuweisungen, gleich in welche Richtung, zu machen. Er stützt vor allem nicht die Argumentationsgrundlage für die verschärften Sanktionen, die der Westen gegen Russland ausgesprochen hat. Der gesamte Bericht enthält kein einziges Indiz, das für eine russische aktive oder passive Urheberschaft spricht. Für den Spiegel und andere schreibende Falken im Blätterwald dürfte dies eine Enttäuschung sein. Da der Bericht jedoch allgemein keine verwertbaren Aussagen zur Täterschaft enthält, ist zu erwarten, dass MH 17 auch weiterhin im Sinne der Konfrontationsstrategie missbraucht wird. Die “Wahrheit” bleibt im Dunklen, so viel ist klar. Mit dem Abschlussbericht ist in diesem Jahr nicht mehr zu rechnen. Wahrscheinlich werden wir nie erfahren, wer MH 17 abgeschossen hat.

Haydn von Hohnstein

Die Irren sind unter uns
27|08|2014

Ganz Deutschland eine Rüstungs-Anstalt

Ein düsterer Wahn umweht Regierungs- und Medienzentralen in Berlin. Ein Wahn von Waffen, von Wichtigkeit und von Weltgeltung. Kaum jemand hat diesen Wahn bisher besser zusammengefasst als Frank Wahlig vom ARD-Hauptstadtstudio: "Die Front wird Wirklichkeit", ruft der Mann dem Zuschauer zu, "Deutschland liefert Waffen. Nur die Üblichen rufen weiter nach Gebetskreisen, Aspirin und Bäckereien und nach einem Abwarten, dass das Morden weiter ermöglicht. Das ist ein Politikwechsel. Deutsche Waffen in Kriegsgebiete: Das wird von jetzt an kein Tabu mehr sein. Dieser Bruch ist notwendig. Denn, wenn wir nicht liefern, tun es andere und es kostet unsere Arbeitsplätze“. Waffen in den Irak, das ist der nächste Schritt triumphierender "deutscher Verantwortung", der nächste Schritt deutscher Großmannssucht in die Abgründe internationaler Kriege.

Doch nicht nur am Rand der politischen Macht, nicht nur in den Medien schreit es nach bewaffneter Bedeutung. Auch aus dem CDU-Strippenzieher Volker Kauder spricht die Besoffenheit der Geltungssucht: "Die Interessen unseres Landes" sagt er mit Blick auf den Kriegseinsatz im Irak, "und unsere Werte sind nicht immer deckungsgleich. Man kann sie nicht gegeneinander ausspielen." Was die deutschen Werte sind, das steht im Grundgesetz und seinem Gebot der Landes-Verteidigung. Was die deutschen Interessen sein sollten, sagt die deutsche Bevölkerung beharrlich in den Umfragen: Kein Soldat, keine Waffen ins Ausland. Doch der wirre alternder Kauder - flankiert vom geschwollenen Bundesprediger Gauck bis zum kranken Ehrgeiz der von der Leyen, die eine "Bereitschaft zum Tabubruch" fordert - ist an den Deutschen nicht interessiert. Er trifft sich mit dem schrillen Ton des ARD-Hauptstadtstudios: "Das deutsche Volk ist überwiegend gegen Einmischung und Verantwortung. Lichterketten wären sicherlich die leichtere Alternative". Sie scheissen auf das Volk und pflegen ihren Wahn.

"Die sehr gute Trefferquote der MILAN und die leichte Schulung der Richtschützen machte sie zu einem der weitestverbreiteten Lenkflugkörper weltweit." So steht es im Verkaufsprospekt des handlichen Raketenwerfers, der demnächst aus Bundeswehr-Beständen in den Irak geliefert werden soll. Das Wort heißt WEITESTVERBREITET. Mal haben die Franzosen viele praktische MILANs im Wert von 168 Millionen Euro an die Gaddafi-Regierung geliefert. Dann wiederum machten die Diktaturen Saudi Arabiens und Katars viele MILANs der libysche Opposition gegen die Regierung zum Geschenk. Gesichtet wurde die mobile Wunder-Waffe auch schon bei der libanesischen Hisbollah-Miliz, im Tschad und ebenfalls in Syrien: Dort hantiert die oppositionelle, islamistische Al-Nusrah-Front - bis zum Streit mit dem eben noch befreundeten "Islamischen Staat [IS]" - mit dem Todes-Gerät wie ein Video belegt. Treffen demnächst im Irak MILANE auf MILANE? Erklimmt die wahnwitzige "deutsche Verantwortung" bald die gefährlich verblödeten Höhen der USA? Denn mit deren im Irak irgendwie hinterlassenen Militärzeugs terrorisiert der "Islamische Staat" zur Zeit jene Menschen, derentwegen das unverantwortliche Deutschland aus "humanitären" Gründen erst mal Waffen liefern will.

Es werden die üblichen humanitären Gründe gewesen sein, mit denen die Kanzlerin sich bewaffnet hatte, als sie jüngst Lettland besuchte. Die Beistandspflicht der Nato stünde nicht nur "auf dem Papier" versicherte sie mit Blick auf die Ukraine, sie müsse "im Zweifelsfall natürlich auch mit Leben gefüllt werden". In Riga hätte sie gut Raimonds Graube treffen können. Der ist nicht nur Generalleutnant und Befehlshaber der lettischen Streitkräfte, der nimmt auch gern an Veranstaltungen lettischer SS-Veteranen teil. Solche Treffen, wie auch der jährliche Zug der "Lettischen Legion", ein SS-Gedenkmarsch durch Riga, werden den Regierenden notwendig sein, um jenes Drittel der Bevölkerung in Lettland zu bedrohen, der man Russisch als zweite Amtssprache ebenso verweigert wie die volle Staatsbürgerschaft. Mit diesem Problem der Russo-Phonie hat auch der ukrainische Präsident zu tun, den die Merkel als nächsten besuchte. Schon vorab hatte Regierungssprecher Seibert verkündet, bei den Gesprächen gehe es darum, Wege zu finden, um die Ukraine im Kampf gegen die Aufständischen zu unterstützen. Sollen nur MILANs aus den Restbeständen der Bundeswehr nach Kiew geliefert werden, um den Mord an der russischen Bevölkerung zu beschleunigen? Immerhin sieht das umnachtete EU-Ukraine-Assozierungsabkommen ja die militärische Zusammenarbeit und den gemeinsamen Anti-Terror-Kampf der Partner vor. Im Zweifelsfall wird sich Deutschland für eine mit Nazi-Ministern geschmückte Regierung einsetzen. Zumindest Geld sollte sich für den humanitären Bündnisfall finden lassen.

Das sieht auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg im Irak-Fall so: "Es ist nicht damit getan, einfach Waffen zu liefern“. Sensburg will Bundeswehrsoldaten schicken. Nicht weit von ihm entfernt winkt der Grünen-Außenpolitiker Nouripour mit der Luftwaffe: "Natürlich kann auch das Militärische eine Rolle spielen, vor allem aus der Luft. Immer von deutscher Verantwortung in der Welt zu sprechen, und dann sich in die Büsche schlagen, wenn es ungemütlich wird, das geht nicht." Der grüne Militär-Experte Cem Özdemir weiß genau, dass man der deutschen Verantwortung im Kampf gegen den "Islamischen Staat" nicht "mit der Yoga-Matte" gerecht werde. Im verstörten Sprachgebrauch der Waffen-Narren verbleibt auch Außenminister Steinmeier in einem Brief an die SPD-Abgeordneten: Es reiche nicht den kurdischen Kämpfern „anerkennend auf die Schultern zu klopfen“. Wer vorschnell Nein sage zu Waffen, „macht es sich zu leicht“.

Der gewöhnliche deutsche Kriegs-Irre macht es sich ähnlich schwer wie die USA: Politische Probleme werden grundsätzlich mit Waffen gelöst. Die Erfolge sind weltweit zu besichtigen. Die Insassen der Rüstungs-Anstalt setzen auf Risiko. Und während sie anderer Leute Leben aufs Spiel setzen, halten sie sich für toll: Für Tabubrecher, für Vertreter deutscher Interessen, für Träger schwerster Verantwortung. So geht Paranoia. Gegen ihre aggressive Form hilft nur Wegsperren. 

Haydn von Hohnstein

U-Boote der Staatsräson

16|08|2014

U-Boote aus Deutschland waren schon immer Verkaufsschlager. Sie werden auch schon ´mal als Kaufanreiz, wie z. B. an Israel, mehr oder weniger verschenkt.

Manchmal könnte man an der deutschen Staatsräson irre werden: Hatte doch die größte deutsche Kanzlerin aller Zeiten erklärt, die "Sicherheit Israels" sei Teil der deutschen Staatsräson und so einen echte Nibelungen-Eid geleistet. Aber nun, in höchster Not - in einer Zeit, in der die Hamas die Palästinenser aus Gaza in eine Art permanenten Selbstmordanschlag gegen Israel führt, sogar 430 Kinder musste die israelische Armee zur puren Selbstverteidigung umbringen - wird der Räson-Eid scheinbar aufgeweicht: "Der Status quo", schreibt Außenminister Frank-Walter Steinmeier in der WELT, „das zeigen die immer wiederkehrenden militärischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre, ist nicht haltbar." Ja was will er denn, der Steinmeier? Die notwendige israelische Härte gegen den Hamas-Terror, in deren Ergebnis inzwischen fast 2000 tote Palästinenser nötig waren, aufweichen? Den guten alte Status quo - nach der die israelische Regierung in Gaza ein echtes Gefangenen-Lager unterhält, mit Todesstreifen, pädagogischen Bombardements und alledem - etwa abschaffen?

Doch flugs meldete sich der israelische Außenminister Avigdor Lieberman zu Wort und rief die Bundesregierung zu mehr Engagement im Krisenherd Nahost auf: „Die Deutschen als politische Führungsnation in Europa müssen eine ganz entscheidende Rolle im Gaza-Konflikt einnehmen“. Der Mann hat die Gauck-Formel von der deutschen VERANTWORTUNG gut begriffen: "Führungsnation" nennt uns der ehemalige Saalordner, da wissen wir doch genau, wohin uns das führt. Da schlägt die Räson die Hacken zusammen, meldet sich zur Stelle und liefert umgehend das nächste U-Boot von Kiel nach Haifa. So jedenfalls kündigte es Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel an und wird mit dieser Verschiffung hoffentlich den Status quo weiter vertiefen, wenn nicht gar verbreitern. Denn nicht "Ab-Tauchen" ist die Devise deutscher Räson, sondern unsere U-Boote werden auftauchen und der Hamas mal zeigen was ein deutscher Torpedo ist.

Schon seit Jahren, genauer seit dem März 1999, helfen wir dem armen israelischen Staat dabei, seine Haupt-Rolle in der Welt zu spielen: Pfahl sein im Fleische arabischen Übermuts, Knüppel sein für alle, die Washington im Nahen Osten nicht leiden mag. Denn in diesem März Ende der 90er Jahre lieferte Deutschland ein erstes U-Boot der Dolphin-Klasse an Israel aus. Das 225 Millionen teure Boot, eigens mit Torpedo-Rohren für atomare Marschflugkörper ausgerüstet, war ein Geschenk an die Ordnungsmacht im Mittelmeer. Der deutsche Steuerzahler hatte sich nicht lumpen lassen, um dem letzten Land ordentlicher Apartheid einen atomaren Angriffs-Vorsprung vor den anderen Staaten in diesem Raum zu sichern. Es gab dann noch eine zweite U-Boot-Lieferung. Ebenfalls gratis. Und erst das dritte U-Boot, im Juni 2000 ausgeliefert, wurde zur Hälfte vom israelischen Staat selbst bezahlt. 

Nun also, man ist geneigt zu sagen: endlich, kommt das vierte Boot zum Einsatz. Als erstes könnte es mal die restlichen Fischer vor der Gaza-Küste unter Betreuung nehmen. Bisher hatte die israelische Marine diese Terror-Fischer nur von den guten Fanggründen in der international üblichen 12-Meilen-Zone ferngehalten. Doch was die Fischer dann anlandeten, war zum Sterben immer noch zu viel.

Diese Drohung mit dem palästinensischen Überleben könnte der deutsche Dolphin mit seinem geringen Tiefgang auf nahe Null bringen: So ein paar Bötchen sind für die deutsche Kriegsmaschine kein Problem. Auch die palästinensische Tunnel-Plage - immer wieder schmuggeln die Gaza-Isten Lebensmittel durch die Röhren ins Land – ließe sich damit final klären: Ein paar Torpedos in jeden Tunnel-Eingang, und der Ausgang hätte sich letal erledigt. Für Deutschland ist diese Form der Räsonausübung sogar billiger als üblich, zahlen die Israelis bei diesem vierten Boot doch sogar fast zwei Drittel des Preises. Allerdings kostet es inzwischen mit 550 Millionen Euro auch schon das Doppelte. Schließlich ließe sich mit den atomaren Marschflugkörpern auch eine endgültige Lösung des Hamas-Problems erreichen. So was ist nun mal nicht umsonst zu haben.

Neben dem praktischen Nutzen ist die erneute U-Boot-Lieferung von unschätzbarer moralischer Bedeutung. Sagt doch das deutsche Waffengeschenk klipp und klar: Für die Räson nehmen wir gern den Verfassungsbruch in Kauf. Artikel 26 des Grundgesetzes formuliert eindeutig, dass "Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören", unter Strafe stehen. Ach was, Strafe, sagt sich der Gabriel. Es geht schließlich auch um das deutsche Waffenmarketing. Was sollen unsere Freunde in der Welt denn denken, wenn wir unsere Verpflichtungen nicht mehr einhalten? Gerade erst haben wir uns im Abkommen der Ukraine mit der EU auf eine "gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik" festgelegt. Der neue ukrainische Kriegsminister, Waleri Heletei, ließ bereits verlauten: "Ich werde alles auch für eine ukrainische Krim tun und bin überzeugt, dass wir siegen werden". Solche Überzeugungen dürfen nicht erschüttert werden. Deutschland wird liefern.

Haydn von Hohnstein

Quelle: auch Bundesarchiv

"Die NSA darf in Deutschland alles machen"

Der Freiburger Historiker Josef Foschepoth fand geheime Vereinbarungen zwischen der Bundesregierung und den Westalliierten, die noch heute gelten.

Josef Foschepoth, Jahrgang 1947, ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Freiburg. Der Historiker stellte in seinem 2012 erschienenen Buch "Überwachtes Deutschland" dar, wie die Westalliierten USA, Großbritannien und Frankreich zur Zeit des Kalten Krieges die Postsendungen und Telefonate in Deutschland kontrollierten. Demnach schlossen die Westalliierten mit den Bonner Regierungen in den ersten Nachkriegsjahrzehnten zum Teil geheime Vereinbarungen, die den Diensten freie Hand einräumten. Mitunter sind diese Abkommen immer noch gültig, wie Foschepoth nachweisen konnte.

Geschichtsprofessor Josef Foschepoth hat dokumentiert, wie umfangreich die USA seit den Anfängen der Bundesrepublik die Kommunikation kontrollieren. Im Interview erklärt er, wieso die US-Geheimdienste auch nach der Wiedervereinigung freie Hand haben - und warum NSA-Whistleblower Edward Snowden auf keinen Fall nach Deutschland kommen sollte.

In seinem Buch "Überwachtes Deutschland" weist er nach, wie umfangreich US-Geheimdienste die Kommunikation in der Bundesrepublik überwacht haben.

Muss die deutsche Nachkriegsgeschichte umgeschrieben werden?

Das Narrativ vom schnellen Aufstieg der Bundesrepublik nach dem Krieg unter gleichberechtigten Freunden stimmt auf jeden Fall so nicht. Es gibt dicke Fragezeichen. Dadurch wird ja nicht alles schlecht, aber einige Dinge waren eben anders, als wir bislang dachten. Fakt ist: Der ganze Überwachungskomplex ist ein wesentliches Element der Rechtstaatsentwicklung Westdeutschlands gewesen. Die Bundesrepublik wäre niemals das geworden, was sie ist: in ihrer ganzen Beschränktheit, aber auch in ihrer Eingebundenheit in den Westen. Aber natürlich auch in ihrer Aggressivität gegenüber dem Ostblock.

Wir haben teilweise geheime Vereinbarungen gefunden und mit öffentlich zugänglichen Dokumenten kombiniert.

Es ist frappierend, was alles in irgendwelchen Vereinbarungen und Statuten versteckt ist. Aber irgendwann wurde klar: Wir haben nahezu symbiotische Zustände zwischen den Geheimdiensten. Und alles mit dem Segen und Wissen der Bundesregierungen.

Wie kann eine geheime Verwaltungsvereinbarung die deutsche Verfassung ausstechen?

Die Verwaltungsvereinbarung erläutert ja nur, was in den Hieroglyphen anderer völkerrechtlicher Verträge enthalten ist. Sie ist auch dafür da, um die Intensität der Zusammenarbeit zu präzisieren und sie vor Geheimnisverrat und Strafverfolgung zu schützen - Dinge, die durch die Causa Snowden momentan aktuell sind.

Neben der Kooperation mit deutschen Diensten schnüffelten die USA aber auch auf eigene Faust. Inwiefern ist ihnen das in Deutschland erlaubt?

Ein Passus im Zusatzabkommen zum NATO- Truppenstatut, der 1963 in Kraft trat und den Truppenvertrag von 1955 ablöste, öffnet in diesem Fall die Tür. Darin verpflichten sich beide Seiten zu engster Zusammenarbeit. Diese betraf insbesondere "die Sammlung, den Austausch und den Schutz aller Nachrichten". Um die "enge gegenseitige Verbindung" zu gewährleisten, verpflichteten sich beide Seiten, weitere Verwaltungsabkommen und geheime Vereinbarungen abzuschließen. In Artikel 38 wurde zudem ein striktes Geheimhaltungsgebot vertraglich festgelegt.

Gelten diese Bestimmungen auch in anderen Nato-Staaten?

Nein. Das Zusatzabkommen haben die drei Westmächte nur mit der Bundesrepublik geschlossen. In diesem Sonderrecht spiegeln sich nach wie vor Sieger- und Besatzungsrecht wider. Der Clou sind allerdings die Grundgesetzänderung, das G-10-Gesetz und die dazu abgeschlossene geheime Verwaltungsvereinbarung von 1968. Scheinbar großherzig gaben die Alliierten die Überwachung an die Deutschen ab, die nun Dienstleister in Sachen Überwachung für die drei Westmächte wurden. Eine völkerrechtlich verbindliche geheime Zusatznote vom 27. Mai 1968 berechtigte die Alliierten außerdem, im Falle einer unmittelbaren Bedrohung ihrer Streitkräfte auch weiterhin eigene Überwachungsmaßnahmen durchzuführen. Es war der Bluff des Jahres 1968. Truppenstatut, Verwaltungsvereinbarung und geheime Note überdauerten auch die Wiedervereinigung, sie gelten bis zum heutigen Tage weiter.

Was heißt das für uns heute?

Vieles deutet darauf hin, dass es sogar noch viel schlimmer geworden ist. Die Vernetzung zwischen den Diensten ist enger, die technischen und finanziellen Möglichkeiten wurden immer gewaltiger. Gemessen an dem Umfang der Überwachung, haben wir heute nach Ansicht der Geheimdienste offenbar eine x-mal größere Bedrohungslage als zu Zeiten des Kalten Krieges.

Welche Grenzen hat ein westalliierter Geheimdienst wie die NSA in Deutschland?

Im Prinzip keine. Die NSA darf in Deutschland alles machen. Nicht nur aufgrund der Rechtslage, sondern vor allem aufgrund der intensiven Zusammenarbeit der Dienste, die schließlich immer gewollt war und in welchen Ausmaßen auch immer politisch hingenommen wurde.

Der NSA-Whistleblower Edward Snowden hat unter anderem in Deutschland um Asyl gebeten. Manche Politiker wollen ihn gerne als Zeugen vorladen. Wäre Snowden gut beraten, in die Bundesrepublik zu kommen?

Auf keinen Fall. Aufgrund des Zusatzvertrags zum Truppenstatut und einer weiteren geheimen Vereinbarung von 1955 hat die Bundesregierung den alliierten Mächten sogar den Eingriff in das System der Strafverfolgung gestattet. Wenn eine relevante Information im Rahmen eines Strafverfahrens an die Öffentlichkeit gelangen könnte, heißt es in Artikel 38, "so holt das Gericht oder die Behörde vorher die schriftliche Einwilligung der zuständigen Behörde dazu ein, dass das Amtsgeheimnis oder die Information preisgegeben werden darf". Gemäß der geheimen Vereinbarung wurde sogar der Strafverfolgungszwang der westdeutschen Polizei bei Personen aufgehoben, die für den amerikanischen Geheimdienst von Interesse waren. Stattdessen musste die Polizei den Verfassungsschutz und dieser umgehend den amerikanischen Geheimdienst informieren. Dann hatten die Amerikaner mindestens 21 Tage lang Zeit, die betreffende Person zu verhören und gegebenenfalls außer Landes zu schaffen. Was nicht selten geschah. Im Übrigen hat natürlich die Bundesregierung keinerlei Interesse, sich auf einen neuen Kalten Krieg, dieses Mal mit den Vereinigten Staaten, einzulassen.

"Es ist schon viel Heuchelei im Spiel"

CrID: 42598808965

Gilt das im Grundgesetz-Artikel 10 verankerte Postgeheimnis überhaupt, wenn die Amerikaner im Prinzip alles überwachen dürfen?

US-Geheimdienst in der Bundesrepublik – Deutschland erlaubte den Amerikanern das Schnüffeln

Die Beschränkungen sind inzwischen so zahlreich, dass es ein Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Post- und Fernmeldegeheimnisses nicht mehr gibt. 1968 änderte die Große Koalition Artikel 10 folgenschwer ab. Ein Zusatz sieht vor, dass die überwachten Personen nicht das Recht haben, informiert zu werden. Zudem wird der Rechtsweg ausgeschlossen. Mit der Ausschaltung der Gewaltenteilung wurde ein verfassungswidriges Prinzip in die Verfassung geschrieben. Das ist eine der schlimmsten Beschädigungen des Grundgesetzes. Die heutige Fassung stellt den Grundgedanken unseres Staatsverständnisses auf den Kopf. Der Staat hat die Bürger und seine Grundrechte zu schützen und nicht diejenigen, die es verletzen. Er hat die Grundrechte zu gewährleisten und nicht zu gewähren.

Wie kam es dazu, dass die Große Koalition unter Kanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) und Vizekanzler Willy Brandt (SPD) Artikel 10 entsprechend geändert hat?

Das hängt mit dem großen Wunsch nach Ablösung der alliierten Vorbehaltsrechte zusammen. Als Willy Brandt im Deutschen Bundestag erklärte, dass die Vorbehaltsrechte endgültig abgelöst seien, war das nicht falsch, aber nur die halbe Wahrheit. Über den Zusatzvertrag zum Nato-Truppenstatut waren die gleichen Rechte seit 1963 völkerrechtlich verbindlich weiterhin in Kraft und sind es bis heute. Mit den Alliierten wurden das G-10-Gesetz und alle weiteren Vereinbarungen mit den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs Schritt für Schritt und Wort für Wort abgestimmt. Das war übrigens auch in den Siebziger- und Achtzigerjahren und sicher auch noch in den folgenden Jahrzehnten der Fall, wenn das G-10-Gesetz wieder einmal im Interesse der Geheimdienste novelliert werden musste.

Den Regierungssprecher lässt die Kanzlerin nun erklären, Abhören unter Freunden "gehe überhaupt nicht".

Frau Merkel weiß, was Volkes Meinung ist. Nicht nur die aktuelle Affäre, sondern auch die sechzigjährige Geschichte der Bundesrepublik zeigen, dass die Realität anders aussieht. Auch das ist Heuchelei, insbesondere unter dem Blick der Vergangenheit der Bundeskanzlerin in der DDR und der, berechtigten, Verdammung der Spitzelei der Stasi. Gleiches trifft auf den Bundespräsidenten zu. Statt aus ihrer ganz persönlichen vergangenheit die Lehren zu ziehen, kuschen auch sie genau wie ihre Vorgänger.

Können die deutschen Dienste oder die G-10-Kommission sich den Amerikanern verweigern?

Bislang ist das, soweit ich das überblicke, nicht geschehen. Die deutschen Stellen, insbesondere die G-10-Kommission, haben nach Auskunft eines langjährigen Mitglieds in der Vergangenheit jedenfalls alles durchgewinkt. Verstöße gegen Abmachungen wurden hingenommen. Die G-10-Kommission bekommt ohnehin nur gefilterte Informationen.

Die Bundesregierung hat inzwischen zugegeben, dass die Verwaltungsvereinbarung von 1968 noch in Kraft ist. Aber sie werde nicht mehr angewandt, heißt es in einer Antwort auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele.

Vielleicht werden keine Anträge mehr gestellt. Ist inzwischen auch nicht mehr nötig. Stattdessen wird das G-10-Gesetz immer wieder angepasst, die letzte Novelle stammt von 2006. Da schreibt man dann eben das rein, was die deutschen Dienste angeblich brauchen. Selbst von jedem Skandal konnten sie bislang profitieren. Jedes Mal gibt es mehr Geld und mehr Personal, neue schwammige Vorschriften und neue Gremien. Die Apparate wachsen immer mehr und werden immer unübersichtlicher.

Warum ließen sich deutsche Kanzler von Adenauer über Brandt bis Kohl auf diese Deals ein?

Es gab eine tiefe Sehnsucht, souverän zu werden. Adenauer sprach davon, auch Brandt als Vizekanzler 1968. Kohl wollte wohl die Wiedervereinigung nicht gefährden. Auch die Regierungen Schröder/Fischer und die Regierung Merkel haben die bestehenden Regelungen nicht angefasst. Sie haben alle den großen Kotau gemacht vor den Amerikanern. Sie sitzen in einem Boot, weil sie von den US-Informationen auch profitieren.

Haben alle bisherigen Bundeskanzler ihren Amtseid gebrochen, demzufolge sie Schaden vom deutschen Volk abzuwenden haben?

Wenn ich als Geschäftsführer einer privaten Firma Steuern hinterziehe, werde ich dafür angeklagt. Wenn ein Kanzler von verfassungswidrigen Vorgängen weiß und es hinnimmt, dann kann er allenfalls abgewählt, aber nicht persönlich dafür haftbar gemacht werden. Letztlich ist es nur Sache der Öffentlichkeit und der Zivilgesellschaft, den nötigen Druck zu erzeugen, der in der Lage ist, die beschädigte Verfassung, die teils schlimmen gesetzlichen Regelungen und Paragrafen, nicht zuletzt die noch geltenden deutsch-alliierten geheimen Vereinbarungen zu ändern beziehungsweise abzuschaffen. Dazu muss die Politik aber erst einmal bereit sein. Bisher bleibt festzustellen, dass der Amtseid der Bundeskanzler in dieser Hinsicht der Bespitzelung der eigenen Bürger durch fremde Geheimdienste wohl schon immer gebrochen wurde.

Was müsste passieren, damit sich Deutschland aus dem Griff der Dienste lösen kann?

Als Erstes müsste Artikel 10 des Grundgesetzes korrigiert werden, damit das Post- und Fernmeldegeheimnis endlich geschützt ist. Es kann nicht sein, dass Eingriffe in ein Grundrecht vor der Justiz verheimlicht werden dürfen. Danach müsste man das Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut aufkündigen und die übrigen Vereinbarungen außer Kraft setzen. Die Nachrichtendienste müssten ein klareres Profil erhalten - mit deutlichen Grenzen und unter echter deutscher parlamentarischer Kontrolle. Aktionen müssen vorher genehmigt werden und nicht im Nachhinein legalisiert werden. Erst wenn das erreicht ist, werden rechtsstaatliche Verhältnisse herrschen.

Kann so dem Datenhunger der US-Dienste tatsächlich Einhalt geboten werden?

Keine Supermacht gibt einfach so auf, was sie sich erarbeitet hat. Deshalb läuft das bis heute so fort. Die US-Überwachung wächst inzwischen rasant. Vor den rechtsstaatlichen Grenzen der Bundesrepublik und anderer europäischer Länder macht sie nicht halt. Wir können uns schützen. Als Erstes aber müssen wir mit der Vergangenheit aufräumen.

Haydn von Hohnstein

Quelle: auch SZ-Archiv, Josef Foschepoth- „Überwachtes Deutschland“.

Bestechung oder Rufschädigung?

01.Aug.2014

Viele schöne alte Segelschiffe in Aktion auf Warnow und Ostsee machen den Reiz der Hanse Sail aus. Viele von ihnen nehmen den oft weiten Weg nur auf sich, wenn ihnen das Hanse-Sail-Büro Einnahmen in bestimmter Höhe garantiert durch Ausfahrten mit bezahlten Gästen. Einen Großteil dieser Ausfahrten finanzieren Unternehmen, die ihren Geschäftspartnern Rostock von seiner schönsten Seite zeigen wollen.

Der Staatsanwalt ermittle gegen den Chef des Ingenieurbüros Inros Lackner, weil dieser Geschäftspartner und Amtsmitarbeiter zu kostenlosen Traditionssegler-Fahrten bei der Hanse Sail einlud. Mit diesem Aufmacher sorgt heute, eine Woche vor Beginn des Segel-Großereignisses, die "Ostsee-Zeitung für Furore".

Die Wirkung setzt sofort ein: "Also das geht ja wohl gar nicht", so die erste Reaktion meiner Gattin am Frühstücks- und Morgenlektüretisch beim Anlesen des Artikels "Justiz ermittelt wegen Firmenfahrten bei der Hansesail".

"Was geht nicht?", frage ich zurück – hab’ die Lektüre schon hinter mir. "Na das ist doch Korruption", antwortet meine bessere Hälfte.

Es zeigt sich deutlich dasselbe, was auch bei mir passierte: Der Artikel hat lange vorm Zuendelesen eine unselige Verknüpfung im Gehirn bewirkt: gut gehende Firma, kostenlose Segeltörns, Behördenmitarbeiter, Anzeige, Staatsanwalt = Korruption. Dass das Unternehmen seine Charterfahrten für dieses Jahr storniert hat = Schuldeingeständnis.

"Wie Korruption?", frage ich zurück. "Hallo? Unser Freund XY lädt im Auftrag seines Unternehmens auch Kunden und Geschäftspartner zu kostenlosen Segeltörns bei der Hanse Sail ein. Was ist daran unredlich?" Meine Frau: "Na was kostet so ein Törn? 80, 90 Euro? Das ist doch Bestechung." Ich wieder: "Häh? Wenn Deine Firma Weihnachtsgeschenke unter Euren besten Kunden verteilt, ist das auch Bestechung?"

Hm. Jetzt überlegt Sie laut, wie man dem Dilemma begegnen könnte. Denkt über was nach in der Art von "die geladenen Gäste könnten den geldwerten Vorteil des Geschenks versteuern". Ich wieder: "Häh? Versteuern Eure Kunden den Wert Eurer Weihnachtsgeschenke? Es ist doch völlig normal, gang und gäbe, Usus, dass Unternehmer sich bei guten Kunden und Geschäftspartnern für gute Zusammenarbeit bedanken, auch mit solchen Einladungen. Sei es zum Neujahrsempfang, sei es zu einer Ausfahrt auf einem historischen Segelboot. Nur: Von diesen Segelschiffen lebt die Hanse Sail. Ohne gut bezahlte Charterfahrten keine Traditionssegler. Ohne Traditionssegler keine Sail!"

"Ja, aber hier geht es um den Mitarbeiter einer Behörde", sagt meine Frau. "Jaaa, genau", erwidere ich. "Die Behörde, die hat das Problem. Sie muss doch regeln, ob und in welchem Maße ihre Mitarbeiter solche Geschenke annehmen dürfen. Dass die Unternehmen auch Mitarbeiter der öffentlichen Hand – oder auch Journalisten – zu solchen Fahrten einzuladen versuchen, ist doch normal. Wie diese damit umgehen, da liegt der Hase im Pfeffer", argumentiere ich. Dass in diesem Fall ein Behördenmitarbeiter das einladende Unternehmen angezeigt haben soll – nun, diese Art, damit umzugehen, erschließt sich mir nicht. Und auch nicht, warum ein Staatsanwalt sich mit dieser Anzeige seit laut Artikel nunmehr zwei Jahren auseinandersetzt. Mir erscheint das so, als ob der anzeigende Behördenmitarbeiter übellaunig ist, weil er nicht eingeladen wurde. Denn ansonsten hätte er seinen eingeladenen Kollegen anzeigen müssen wegen Vorteilsnahme im Amt."

Mittlerweile hat meine Frau den Artikel zu Ende gelesen. "Ja, hier steht auch, dass Rostocks Rathausmitarbeiter eine Erlaubnis des Oberbürgermeisters oder eines Senators benötigen, wenn sie Gratis-Firmen-Einladungen annehmen wollen. Für Landesbedienstete existiert eine Verwaltungsvorschrift zur Vermeidung von Korruption", zitiert Sie. Ja, das steht im allerletzten Absatz des Artikels. Allerdings wird nicht ausgeführt, was Landesbediensteten vorgeschrieben wird. Überhaupt: Wer mit dem Lesen bis dahin kommt, hat die Verknüpfungen in seinem Kopf vielleicht neu sortiert, aber nur vielleicht. So wie meine Frau. Wer nicht, denn schließlich ermittelt die Staatsanwaltschaft ja gegen die Firma und nicht gegen den Behördenmitarbeiter, für den hat der Name "Inros Lackner" und vielleicht auch der der Hanse Sail jetzt einen schalen Beigeschmack. Das würde ich als Rufschädigung bezeichnen, bei der eine Firma für alle hängen soll. Wenn schon, dann müsste gegen alle Unternehmen ermittelt werden, die Boote zur Hansesail für Firmenausfahrten chartern. Hätte zumindest einen Vorteil: Es gäbe dann wahrscheinlich zur Sail wieder viele freie Liegeplätze. Nicht nur während der Ausfahrt-Zeiten, sondern die gesamten vier Tage lang

Haydn von Hohnstein 

Die Biedermänner als Brandstifter

2014 -07-26

Wer ist schuld an der Ukraine-Krise? – ... genau: Russland, weil das alle sagen, oder doch nicht?

Um das schnell vorweg zu sagen, ich bin für den Frieden. Auch, wenn das verdächtig macht.

Hätte die CDU den Klitschko nicht nach Kiew geschickt, wär´ die ganze Kacke nicht so am dampfen. Angefangen hat dieser Krieg doch mit einer normalerweise verbotenen Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes, indem Herr Klitschko dort Opposition machen sollte. Wie würden wir wohl reagieren, wenn Putin jemanden zu uns schickte, die Werbetrommel zu rühren, eine Partei aufzubauen, um dann selbst für das Regierungsamt zu kandidieren? Nun ja, Klitschko hat dann nur noch als Kiewer Bürgermeister kandidiert in wohl realistischer Einschätzung seiner Chancen. Dass der reiche Mann aus der Ostukraine dann wirklich den kompromisslosen Bürgerkrieg gegen sein eigenes Volk führt, hat so wohl vorher auch keiner geahnt. Aber so etwas passiert den Strategen nicht zum ersten Mal ....

Es war auch nicht der russische Außenminister, der auf dem Maidan Platz ["Platz der Unabhängigkeit"] in der ukrainischen Hauptstadt die Belange eines souveränen Staates in seinem Sinne zu beeinflussen suchte, sondern ein Herr Steinmeier aus deutschen Landen.

Und jetzt fordert der grüne Friedensbote Özdemir Konsequenzen. Wie er der "Welt Am Sonntag" sagte, fordere er harte Sanktionen gegen Russland, weil Putin verantwortlich ist für die Destabilisierung des Landes und für Leid und Tod. "Ansonsten sind wir mitverantwortlich für das Leid in der Ostukraine." Wo lebt Herr Özdemir? Wir tragen doch schon die Verantwortung dafür, auch wenn sich das die EU und Deutschland, zumindest öffentlich, nicht eingestehen.

Wer hat destabilisiert?

Es war die Konrad Adenauer Stiftung, die mit einem Crashkurs aus dem bekannten ukrainischen Hau drauf Boxer einen Politiker zu machen versuchte, wofür der sich auch offiziell bedankt hat. Was hat diese Stiftung am Rad der Geschichte zu drehen?

Als der Westen sich die Ukraine einverleiben wollte, die Amerikaner schon ihre Öllizenzen in der Tasche hatten und man davon sprach, die russische Schwarzmeerflotte von der Krim zu verjagen, um dort Nato Raketen den Russen in den Vorgarten zu stellen, hatten die da erwartet, dass Putin sich das gefallen läßt? Die Schwarzmeerflotte ist länger auf der Krim, als Amerika eine Verfassung hat. Was würden die Amerikaner machen, sollte sie jemand aus ihrem Stützpunkt auf Kuba vertreiben wollen oder von ihren Militärbasen in Deutschland verjagen?

Im Westen sind die Guten, im Osten die Bösen, das ist klar. Man denke nur an Putins Vietnamkrieg, seinen völkerrechtswidrigen Überfall auf den Irak, den Aufbau der Terrortruppe Al Kaida … oder waren das die von Haus aus Guten? 

Putin unterstützt die Separatisten in der Ostukraine...

Wie viele Terrorbanden hat Amerika schon installiert, mit Geld und Waffen versorgt, um Verhältnisse zu schaffen, die in den geostrategischen Kram passten? Menschenleben? Drauf geschissen! Natürlich heißen die Killerkommandos, die den USA nützlich sind, nicht Separatisten oder Umstürzler oder Terroristen, sondern Freiheitskämpfer, weil sie ja für die Freie Welt anderer Blut vergießen.

Nur ein Beispiel von (leider) sehr vielen:

In den 80er Jahren versuchte die amerikanische Regierung die Regierung in Nicaragua zu stürzen. Dazu unterstützte US Präsident Reagan die sogenannten "Contras", die die Aufgabe hatten, das Land zu destabilisieren. Die von Amerika geschulten Terroristen zerstörten Gesundheitszentren, Schulen, Landwirtschaftsgeräte und  Gemeindezentren, stahlen das Vieh und verbrannten die Ernte. Sie folterten und ermordeten Zivilisten, Frauen und Kinder, hackten ihnen die Köpfe ab und stachen ihnen die Augen aus. Aufmunternde Anleitung dazu gab ein Handbuch, das die CIA für die Contras erstellt hatte mit dem Titel "Psychological Operations in Guerilla Warfare".

Für ihre militärischen und paramilitärischen Aktionen in und gegen Nicaragua wurden die USA vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag verurteilt und sollten 2,4 Milliarden US-Dollar Strafgeld zahlen. Die Amerikaner erklärten den Gerichtshof - dem sie angehörten - für unbefugt, über die USA zu urteilen, verweigern bis heute die Zahlung und stockten stattdessen die Hilfen für ihre Söldnerarmee auf. In Florida und Kalifornien wurden gleichzeitig tausende Contras für ihren Mordauftrag trainiert.

Außerdem  hatten die Guerillas mehrere Jahre unter Aufsicht der CIA tonnenweise Kokain in die USA geliefert zur Finanzierung ihrer Untaten. Sie kämpften ja gegen eine linksgerichtete Regierung und da heiligt der Zweck jedes Mittel. Die riesigen Mengen Kokain wurden vor allem in den Ghettos von Los Angelos - auch die Engel sind nicht mehr das, was sie mal waren - unters Volk gebracht, denn auch in Ghettos lauert bekanntlich linkes Potential, dem man somit gleich noch das Hirn wegschießen konnte. Zwei "Fliegen" mit einer Klappe, CIA-Ökonomie.

Der US-Präsident Reagan nannte diese Mörderbanden "Freiheitskämpfer" und in der westlichen Presse wurde das Ganze als Kampf gegen den Kommunismus dargestellt, weil der ja bekanntlich anerkannt böse ist. Und wer gegen den ist, logo, kann nur gut sein.

Wie gesagt, nur ein Beispiel von dem, was sich durch die Jahrzehnte zieht, wenn von Amerika in alle Teile der Welt die "Freiheit" ausschwärmt. Und Europa stellt sich doof, läßt sich auf Putin hetzen, von der NSA Gassi führen und sich durch ein "Frei"handelsabkommen die Souveränität nehmen. Feigheit vor dem Freund aber Feindschaft dem Feind, wen auch immer die USA dazu erklären. Das lenkt so achön ab: von Syrien spricht niemand mehr, Irak und Afghanistan sind nach hinten gerutscht ...

Außerdem ist der Westen ja moderner, Russland im letzten kriegerischen Jahrhundert stehen geblieben. Ja, Amerika muss nicht mehr irgendwo einmarschieren. Heute werden Drohnen geschickt, die, wie im Computerspiel, von sicheren Stützpunkten aus mit Joystick gesteuert Leben vernichten. Die sogenannten "punktgenauen" Angriffe töten nach wie vor Unschuldige, vorrangig Frauen, Kinder und Alte. Diese "Drohung" aus der Ferne wirkt natürlich ebenfalls. Waffen oder Panzer liefert man dennoch, sogar an Länder, gegen die Russland das einzig weiße Lamm unter lauter schwarzen ist. Denken wir nur an Saudi- Arabien oder Katar. Bisher flog jedenfalls noch keine russische Drohne gen Kiew, was hoffentlich auch so bleibt. Dafür gab es den Abschuss einer Zivilmaschine mit fast 300 Toten. Bis heute wissen wir nicht, was wirklich passiert ist. Amerika geht von einem Versehen der Separatisten aus, welche die Technik nicht beherrschen. Europa zeremoniert Trauer um die Opfer und zeigt mit dem Finger auf ... wohin? Natürlich Putin! So muss man sich die eigenen Taten und Versäumnisse, die zur ukrainischen Eskalation führten und damit letztlich auch zu diesem tragischen Flugzeugabschuss, nicht eingestehen. Eigene Schuld kann niederdrücken. Deshalb: Ein deutscher Nachrichtensender, der zugegebenermaßen die ans Herz gehende Trauerfeier in Eindhoven in voller Länge übertrug, entblödete sich nicht, zu verkünden, dass das russische Fernsehen, sprich das staatliche Hauptprogramm, in den Nachrichten nur 33 sec. darüber berichtete. Ich habe nicht nachgemessen, aber ARD und ZDF hatten in ihren Nachrichten auch nicht mehr Zeit dafür und original wurde ebenfalls nicht übertragen, sondern das normale Programm weiter abgespult. Solche Vergleiche von Äpfel und Birnen sind in dieser tragischen Situation nicht gerade hilfreich, sondern eskalieren weiterhin, zumindest in den Köpfen der Menschen, die zuhören und das Gesagte auch noch glauben.

Meinetwegen kann man ja den Putin und Russland dem Reich des Bösen zuordnen, wer aber die USA und ihre westlichen Vasallen für den Hort des Guten hält, ist einfach nur bescheuert. Und wer die gleichgeschaltete Parteinahme der freien Presse für frei hält, der hält auch ein sogenanntes Freihandelsabkommen für den absoluten Ausbund von Freiheit. Klar, es ist die Freiheit von der Freiheit. Diese Steigerung hat noch nicht einmal unser Knitterköpfchen drauf.

So blickt denn auch Herr Özdemir auf den vom Westen angezettelten Krieg in der Ukraine und meldet sich mit markiger Kindskopfigkeit zu Wort:
"Wer ein Ende des Blutvergießens wolle, müsse endlich mit dem Wattebäuschchen-Weitwurf-Wettbewerb in Brüssel, Paris und Berlin aufhören und wirksame Sanktionen gegen Putin verhängen."

Tapfer, tapfer. So spricht die Stimme der einstmaligen Friedensbewegung. Den Özdemir kann man auch vor jeden Jauchewagen spannen. Für den Job gibt es schon genug Leute, da muß er sich nicht auch noch als Musterschüler vordrängeln.

Haydn von Hohnstein

Agent  Angela
15|07|2014

"Mutti Merkel" bleibt auch beim größten Spionagefall nach der Guillaume- Affaire wie immer völlig gelassen.

Verkauftes Deutschland

Ein Rauschen geht durchs Land: Gezählte zwei US-Spione sind aufgeflogen und während die Perma-Bespitzelung aller Deutschen durch die NSA nur mäßiges Interesse bei den Berliner Funktionären ausgelöst hat, kräuselt der Zwei-Agenten-Stein jetzt den Teich rund um das Bundeskanzler-Amt: Die amerikanische Geheimdienstpolitik sei "ein Förderprogramm für den Antiamerikanismus in Europa", sorgt sich der tapfere Sozialdemokrat Thomas Oppermann. Wolfgang Schäuble beklagt "so viel Dummheit“ der Amerikaner und ist beleidigt, weil die USA nur "drittklassige Leute“ anwerben. Der Bundesprediger Gauck barmt um ein "Spiel mit Freundschaft"" und spielt seine Empörung nicht mal schlecht. Doch der einsame Höhepunkt bleibt der Kanzlerin überlassen: Diese Agenten-Affäre sei "Eine Vergeudung von Kraft", weiß Merkel zu sagen und auch: "Wir sollten uns auf das Wesentliche konzentrieren". Und dann kommt die Aufzählung jener Problem-Länder - Israel, Syrien, Irak, Ukraine und Russland - bei deren Behandlung die Merkel im Kielwasser der USA paddelt.

Wer die Fotos von der damaligen Verleihung der "Medal of Freedom" durch Obama, der höchsten zivilen Auszeichnung der USA, an die deutsche Kanzlerin gesehen hat, der sieht eine glückliche, eine strahlenden Frau. Die kleine Angela aus Templin weiß sich am Ziel. Der Orden wird nur an Personen verliehen, die sich für die Interessen Amerikas besonders stark eingesetzt haben. Und kaum jemand aus der ersten Reihe deutscher Politik gilt als so sehr den USA ergeben wie eben sie. Nur Joachim Gauck taucht nicht nur tiefer in den US-Kakao, er schmatzt auch beim Trinken. Beide waren für den Irak-Krieg, beide distanzieren sich bis heute nicht vom Krieg in Afghanistan und beiden ist gemein, dass sie in der DDR völlig unauffällig gelebt hatten bis andere das Trittbrett der DDR-Opposition schnitzten und die heutigen deutschen Spitzenleute kurz aufsprangen, um von dort aus an ihren Karrieren im vereinten Deutschland zu basteln.

Man darf die eigentlichen, die wesentlichen Agenten der USA in Deutschland nicht als bezahlte Verräter begreifen. Sie sind Überzeugungstäter, Einfluss-Agenten, das ist nicht strafbar, sie sind da so reingerutscht. Beispiel Agent Angela: Als Folge der deutschen Einheit wurde ihr bisheriger Arbeitsplatz, die Akademie der Wissenschaften, abgewickelt, sie wurde arbeitslos. Plötzlich nahte Rettung: Sie bekam von ihrer neuen Partei, der CDU, eine Planstelle im Bundespresseamt zugeschanzt: 5.725,86 DM monatlich waren damals viel Geld. Und es sollte Zug um Zug mehr werden. Und mehr Macht, mehr Ansehen, mehr Orden: Großkreuze aus aller Herren Länder, auch aus Saudi Arabien, zwei Ehrendoktor-Würden aus Israel und eben die Freiheits-Medaille der USA. All das war im neuen, gelobten Deutschland nur möglich, wenn man "atlantisch" dachte und handelte, Kreuzschmerzen vom Bücken vor den USA wurden scheinbar erfolgreich durch Kreuze behandelt. Sogar ein deutsches ist dabei, das große Bundesverdienstkreuz. Und da niemand damals darüber gelacht hat, als die Kanzlerin den damaligen Bundespräsidenten angewiesen hatte ihr das bunte Blech umzuhängen, weil sie "besondere Leistungen auf politischem, wirtschaftlichem, kulturellem, geistigem oder ehrenamtlichem Gebiet" erbracht habe, glaubt sie auch heute noch selbst an diese Leistungen.

Neben der freundlichen Begleitung des Kriegskurs der USA, neben der kaum verhüllten Duldung der NSA-Überwachung und dem kräftigen Einsatz für das TTIP, jenes Handelsabkommen mit den USA, das der wirtschaftlichen Unterwerfung der EU dient, kommt jetzt noch die Duldung des Billig-Aufkaufs deutscher Betriebe durch US-Unternehmen hinzu: 900 Milliarden Dollar, sagt Ulrich Grillo Präsiden des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, hätten amerikanische Konzern für ihre Einkaufstour in Deutschland bereit gestellt. Dollar-Milliarden, die durch die Steuer-Vermeidung dieser Unternehmen in der EU entstanden sind und jetzt, so Grillo, den "Wettbewerb verzerren". Mit Angst und Bangen sieht der Mann auch die staatliche Hilfe der USA im Kampf der internationalen Banken für die eigenen Finanzhäuser: Jüngst hat die französische Bank BNP Paribas 9 Milliarden Dollar auf den Tisch legen müssen, wegen angeblicher Verstöße gegen Sanktionen [unter anderem gegen Kuba], die von den USA angeordnet worden waren. Auch die deutsche Commerzbank steht bei den US-Behörden im Verdacht Geld in den Iran und den Sudan transferiert zu haben. Das kann kosten. Vor allem eine gute Position in der globalen Konkurrenz.

"Die Freunde", ist als offizielle Bezeichnung für die USA zur Zeit ein wenig in den Hintergrund getreten. Auch wenn das beleidigte "unter Freunden tut man das nicht" deutscher Politiker über die US-Abhörerei noch nicht ganz verklungen ist. Aus dem Mund der Ex-DDR-ler, Merkel und Gauck, klingt der Begriff "die Freunde" ganz besonders komisch. War er doch zu DDR-Zeiten eine gängige Metapher für die Sowjetunion. Und wie weit die Freundschaft der Freunde ging, war allseits bekannt: Auf keinen Fall bis zur Befehlsverweigerung. So hat denn die imperiale USA die imperiale Sowjetunion wunderbar ersetzt: Die Bundesrepublik dient der Außenpolitik der USA und auch deren Wirtschaftspolitik. So begrenzt sich denn der Patriotismus der deutschen US-Einfluss-Agenten auf das Singen der Nationalhymne beim Finale der Fußball-Weltmeisterschaft, Merkel und Gauck waren dabei und die NSA wird es mitgeschnitten haben.

Haydn von Hohnstein

Das Reich ist reich
02|07|2014

Die "reichen Deutschen" werden schon längst über ihre Girokonten enteignet - die niedrigen Zinsen machen es möglich. Die Volksbank beweist Humor und hat, falls jemanden der Schlag beim Ablesen des Kontostandes trifft, prophylaktisch einen Defibrillator direkt neben den Geldautomat gehängt!

Doch warum wundern wir uns alle? Nirgendwo steht geschrieben, dass wir einen Anspruch darauf haben, mit Geld Geld zu machen und von Zinsen leben zu können. Geld war in erster Linie Tauschmittel, also Umlaufmittel, und sollte das auch nach wie vor sein. Es dient als Wertmaßstab für die Bewertung unterschiedlicher Produkte und als Zahlungsmittel. Eine Aufbewahrungsfunktion sollte es nur als Akkumulationsmittel haben, also sozusagen als Ansparung für größere Investitionen. Das wird natürlich schwieriger, wenn eine Inflation das aufbewahrte Geld entwertet. So gibt es zwei extreme Pendelausschläge um den Wert des Geldes: eine Entwertung wegen Inflation ohne entsprechenden Zinszuwachs und auf der anderen Seite extrem überhöhte Zinsen und damit eine Aufwertung des angesparten Geldes ohne entsprechende Wertzuwächse in der Wirtschaft. Letzteres hat uns die Immobilien- und Finanzkrise beschehrt, die immer noch nicht vollständig überwunden sind. Es beschehrte uns auch, dass man mit Geld mehr Geld verdienen konnte und kann als mit seiner Hände Arbeit und damit ein weiteres Anwachsen sozialer Ungerechtigkeiten. Obwohl genug Geld vorhanden ist, wirkt es anders, weil das meiste davon gehortet wird, um damit weiter Geld "zu machen", es sich also nicht im Umlauf befindet, auch nicht für Investitionen genutzt wird, sondern für die Gesellschaft sozusagen "brach" liegt. Jetzt sollen die Banken mit einem Negativzins angeregt werden, Geld nicht mehr festzuhalten, sondern in den Umlauf zu bringen. Und wir jammern? Sogar die Armen jammern, dass ihr Geld abgewertet wird, obwohl sie es ohnehin innerhalb eines Monats ausgeben müssen um zu leben? Wir alle müssten unser Verhältnis zum Geld überdenken. Gesellschaftlich sollte die Umlaufmittelfunktion weiter gestärkt und das Geldverdienen mit Geld weiter eingeschränkt werden. Doch momentan weiß die Politik nicht, was sie in dieser Hinsicht will. Jammern dagegen ist augenscheinlich immer gut, vor allem im reichen Deutschland.

Jeder Deutsche hat theoretisch 112 000 Euro auf seinem Bankkonto

Endlich ist sie erschienen, die Schätzung des Bundesverband deutscher Banken[BdB]. Auf den deutschen Parkbänken brach Jubel aus. In den Bahnhofsmissionen wurde rhythmisch geklatscht, so manchem Flaschentaucher fiel die 25-Cent-Flasche vor Freude aus der Hand: Über zehn Billionen Euro beträgt inzwischen das Geld- und Immobilienvermögen der privaten Haushalte in Deutschland! Nach Abzug der Schulden bleibt den Deutschen immer noch neun Billionen. Die ersten Schuldnerberatungen schlossen ihre Büros. Auch die 333.000 deutschen Wohnungslosen warfen ihre Plastik-Tüten weg: Denn das Immobilien-Vermögen der Deutschen wuchs binnen zweier Jahre um 500 Milliarden auf 5,5 Billionen. Da wird sich doch sicher ein nettes Plätzchen für die Obdachlosen finden.

Etwas säuerlich kommentiert der Bankenverband, dass nur sechs Prozent dieses überbordenden Vermögens in Aktien angelegt sind. Hat doch die wunderbare Sendung auf der ARD "Börse vor Acht", früher "Börse im Ersten", die seit dem Jahr 2000 täglich auf die deutschen Hirne eindrischt das Volk immer noch nicht in Massen an die Geldvernichtungs-Maschine geführt. Aber Geduld, sagt sich Jürgen Fitschen - der nicht nur einer der Deutsche Bank-Chefs ist sondern auch Präsident des Bankenverband - das wird noch kommen. Für ihn persönlich ist alles längst gekommen: Er hat im letzten Jahr mit 7,5 Millionen Euro - deutlich mehr als 2012 verdient, obwohl die Deutsche Bank nach einer Reihe von Skandalen miese Zahlen präsentieren musste. Aber Fitschen weist mit einem langen Finger auf den VW-Boss Martin Winterkorn dessen Jahresgehalt bei 15 Millionen Euro liegt, obwohl der Gewinn vor Steuern bei VW stagniert.

Wenn man das Immobilienvermögen "der" Deutschen aus dem Gesamtvermögen raus rechnet, hat statistisch noch jeder 64.000 Euro auf der hohen Kante. Das reicht leider nicht, um sich eine wirkliche Spitzenuhr zu leisten, zum Bespiel die Hublot "Big Bang $ 5 Million". Die heißt nicht nur so, die kostet auch so viel weil sie mit mehr als 1.200 Diamanten besetzt ist. Das würde aber schön glitzern, wenn der statistische Deutsche mit dem dicken Ding am Arm am Normal-Bettler an seinem Lieblings-Supermarkt vorbei ginge. Geben kann er leider nichts, man kommt nicht zu so viel Geld wenn man gibt, man nimmt lieber. Ausgeben aber kann die deutsche Fettschicht ganz gut, wie uns die Unternehmensberatung Roland Berger in seiner Studie zum deutschen Luxusmarkt schon 2012 freudestrahlend berichtete: "Uhren, Schmuck sowie Mode und Accessoires wuchsen von 2010 bis 2011 jeweils um mehr als 20 Prozent."

Wenn jetzt der Statistik-Deutsche auf seinen Arm schaut und nur die Uhr von Woolworth sieht, dann gehört er wahrscheinlich zu den 28 Prozent der deutschen Bevölkerung, die keinen Euro gespart haben oder sogar verschuldet sind. Und der trübe Blick wird klarer, wenn er dann auch noch weiß, dass die reichsten 10 Prozent in Deutschland durchschnittlich 217.000 Euro besitzen. Angehörige des reichsten Prozents der deutschen Bevölkerung verfügten durchschnittlich sogar über 800.000 Euro. Besonders die Ost-Deutschen, die man erfolgreich heim ins Reich geholt hatte, müssen sich mit einem Blick in die Röhre begnügen: Sie haben nur die Hälfte von dem was der Westdeutsche hat, dafür sind ihre durchschnittlichen Schulden aber höher. Natürlich sind die Armen selbst schuld. Sagen die Reichen. Und haben in gewissem Maße recht. Denn bei deutschen Durchschnitt hat sich immer noch nicht rumgesprochen, dass man den Reichen nehmen muss wenn man den Armen geben will.

Haydn von Hohnstein 

Mit der LINKEN ein Ausflug ins Grüne
27|06|2014

Der "Markenkern" der Partei "Die Linke" verschwimmt zusehends.

Wie sich eine Partei überflüssig machen kann

Es ist für außerparlamentarische Linke eher lästig, wenn sie sich mit den Innereien der Linkspartei beschäftigen müssen. In einer Zeit, in der im Irak und in der Ukraine Macht- und Kriegsfragen über den Tag hinaus entschieden werden, in der mit dem TTIP, dem EU-USA-Handelsabkommen, die Unterwerfung der EU unter das Diktat internationaler Konzerne droht und Israel mal eben machtgeil die syrische Armee bombardiert weil ein junger Mann auf dem Golan von einer Rakete der syrischen Opposition getroffen wurde, ist eine Botschaft an das Innere der Linken eher zeitraubend. Doch hat sich die Linken-Spitze jüngst mit ihrer Distanzierung von der Abgeordneten Sevim Dagdelen und deren Vorwurf an die Grünen-Spitzenfrau Göring-Eckardt, sie verharmlose die Kiewer Faschisten, ein sonderbares ignorantes Stück Politik geleistet, das kommentiert werden will.

Nun gibt es nicht wenige linke Leute, die halten die bürgerliche Demokratie und ihr Parlament ohnehin für unwesentlich. Zumeist zeigen sie das per Wahlenthaltung. Natürlich ist der Stimmzettel nur selten ein Instrument wirklicher Emanzipation. Doch wer sich an den kurzen sozialistischen Versuch im Chile der 70er Jahre erinnert und daran, dass die damalige Regierung Allende durch Wahlen an die Macht kam, der kann kaum behaupten, dass Wahlen und Parlamente grundsätzlich nichts bewegen würden. Auch wenn das gewaltsame Ende der Regierung Allende durch einen Putsch beweist, dass Wahlen allein nicht genügen, um die Freiheit aller zu erreichen, gab und gibt die erfolgreiche linke Eroberung parlamentarischer Positionen in Chile doch Hinweise auf die Rolle des Parlaments auf dem Weg zu einem gerechteren Land. Ohne eine konsequente Linke im Parlament, das beweist auch und gerade der aktuelle Bundestag, würden manche gesellschaftliche Fragen gar nicht oder nur regierungskonform in den Medien diskutiert. Das gilt insbesondere für Themen wie die Kriegspolitik der jeweiligen Bundesregierungen und den Hartz-IV-Komplex.

Doch während der Hartz-IV-Komplex von der Linkspartei weitgehend konsistent thematisiert wird, zeigen sich in der Kriegs- und Friedens-Frage immer wieder Schwankungen in der Haltung der LINKEN. Schwankungen, die linke Grundhaltungen für eine friedliche Außenpolitik Deutschlands durch die Linke selbst konterkarieren. Nicht selten werden diese unproduktiven und unkontrollierten Bewegungen von Gregor Gysi ausgelöst oder wohlwollend begleitet. Es ist der selbe Gysi, der große Verdienste um die Linkspartei hat, ohne den es wahrscheinlich die PDS nicht gegeben hätte, jenes Rettungsfloss für Marxisten aller Art, das zum Kern einer neuen linken Partei geworden ist. Und bis heute ist er der heitere, verständliche, TV-taugliche Erklärer vieler linker Argumente.

Doch historische Verdienste bedürfen ständig der Erneuerung, der Bewährung und der Prüfung. Zum Beispiel den Prüfstein Israel: In seiner Rede "Die Haltung der deutschen Linken zum Staat Israel" von 2008 bei der Luxemburg-Stiftung, kritisierte Gysi ohne jeden Beleg Teile seiner Partei, die vorgeblich den israelisch-arabischen Konflikt in einem Gut-Böse-Schema "implodieren" ließen. Mit diesen ungenannten Teilen und den ungenannten Belegen peitschte er heftig die Luft, um dann - nach vielerlei Ausflügen, die auch eine unergiebige Anleihe bei Clausewitz einschlossen - zu jenem Kernsatz zu kommen: "Aber das Verhältnis Deutschlands zum Staat Israel kann mit dem Stichwort `Solidarität mit Israel´ gekennzeichnet werden und hat auch den Status einer Staatsräson." Solidarität mit einem Apartheid-Staat? Solidarität mit dem Knüppel der USA im Nahen Osten? Was an dieser Solidarität links sein soll, hat er nicht erklärt und erklärt es bis heute nicht. Und warum Linke in der Staatsräson-Galeere der Frau Merkel rudern sollen erschließt er uns auch nicht.
Gerade weil er Jude ist, wäre es wichtig, dass er erklärt, warum Deutschland israelische Expansionspolitik wortlos unterstützen soll. Die Siedlungsbauten auf arabischem Gebiet reißen nicht ab. Die Araber, zu welchem Volk oder welcher Religion sie gehören, sind keine Engel, selbstredend (wir auch nicht!). Doch der Staat Israel trägt keine so blütenweiße Weste, dass man aus Staatsräson zu allem jasagend mit dem Kopf nicken muss.

Zum Beispiel EU: Kaum hatte die Linksparteispitze, inspiriert durch Gregor Gysi, die Formulierung, die EU sei eine "neoliberale, militaristische und weithin undemokratische Macht" aus dem EU-Wahlprogramm der Partei gestrichen, zeigte die EU in der Ukraine was militaristisch ist: Drei EU-Außenminister, unter ihnen der deutsche, stellten sich auf die Seite einer Pro-NATO-Regierung, die mit Nazis gespickt ist und bis heute einen Bürgerkrieg gegen Teile der ukrainischen Bevölkerung führt, um Russland zu einer militärischen Reaktion zu provozieren. Nachdenken bei Gysi und den Seinen? Eine öffentliche Korrektur? Kein Denken daran. Und während nachdenkliche Völkerrechtler wie Reinhard Merkel in der FAZ die Loslösung der Krim von der Ukraine eine "Sezession" nennen und für völkerrechtskonform halten, hält Gregor Gysi im Deutschlandfunk "die Abtrennung von Territorien durch einen Volksentscheid auf diesem kleinen Territorium . . . für völkerrechtswidrig." Juristisch hat er sich verhoben, politisch versucht er anscheinend eine bella figura für die Logen der Bundes-Eliten zu geben.

Fortsetzung folgte: Als die Grünen-Chefin Katrin Göring-Eckardt in ihrer Replik auf einen Beitrag von Sahra Wagenknecht zur Lage in der Ukraine im Bundestag sagte: "Sie reden hier wieder von dem Einfluss der Neofaschisten in der Regierung der Ukraine – meine Güte" und versuchte mit den schlechten Wahlergebnissen der Nazis eben diesen Einfluss zu bagatellisieren, antwortete ihr die Linke Sevim Dagdelen: "Frau Kollegin Göring-Eckardt, Ihre Rede gerade erinnerte mich an den großen Dichter und Denker Bertolt Brecht, der einmal treffend formuliert hat: Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher! Es entsetzt mich, ich bin darüber wirklich schockiert, dass Sie hier die Behauptung aufstellen, dass sich mit den geringen Stimmenzahlen für die Kandidaten der Swoboda oder des Rechten Sektors das Problem des Neofaschismus, das Problem des Antisemitismus in der Ukraine erledigt haben. Sie wissen ganz genau, dass das nicht stimmt. Drei Minister der Regierung in Kiew, also der Regierung der Ukraine, sind Mitglied der neofaschistischen Partei Swoboda. Ein Minister dieser Regierung steht der Swoboda nahe. Ein weiterer Minister gehört der UNA-UNSO, einer neofaschistischen Organisation, an. Das heißt, eigentlich haben fünf Minister dieser Regierung einen neofaschistischen Hintergrund. Der Rechte Sektor kontrolliert weiterhin den ukrainischen Sicherheitsapparat.“

Diese ebenso klaren wie erschreckenden Tatsachen in einem Parlament zu äußern, das in seiner Mehrheit diese von Dagdelen völlig richtig skizzierte ukrainische Regierung unterstützt, war mutig, wahr und notwendig. Aber in einer Presserklärung mochten sich Gregor Gysi, Katja Kipping und Bernd Riexinger dieser Haltung nicht anschließen: "Eine solche Kritik (an der faktischen Verniedlichung der Nazis in der ukrainischen Regierung A. d. R.) rechtfertigt aber keinesfalls, der Abgeordneten Göhring-Eckardt ein Verbrechen zu unterstellen, sie damit als Verbrecherin darzustellen. Von dieser Äußerung unserer Abgeordneten Sevim Dagdelen distanzieren wir uns." Hatte jemand die drei gefragt? Nein. Mussten sie ungefragt einem Mitglied ihrer Partei in den Rücken fallen? Keineswegs. Warum machen sie es dann? Aus jener peinlichen, scheinbaren Wohlanständigkeit heraus, die ein klares scharfes Wort nur deshalb für falsch hält, weil andere es für falsch halten? Oder weil bei den kommenden Landtagswahlen in Thüringen eine Koalition aus LINKEN, SPD und Grünen denkbar ist und man die sensiblen GRÜNEN nicht verärgern will? Dieser Ausflug zu den GRÜNEN ist eher ein Schuss ins Blaue: Niemand weiß mit welch weiteren Anpassungsforderungen SPD und GRÜNE noch kommen werden, niemand weiß, ob es in Thüringen nicht eher zu einer schwarz-grünen Koalition kommen wird, was viel über die inhaltliche Qualität der GRÜNEN aussagt.

Auf die Dauer können taktische, anpasserische Spiele wie jene von Gregor Gysi und seinen Freunden, die Linkspartei ebenso hoffähig wie überflüssig machen: Zwar kann sie so an dieser oder jener Landesregierung beteiligt sein, zwar rückt sie so vielleicht nach den nächsten Bundestagswahlen in die Nähe einer Regierungsbeteiligung, aber in dem Maße, in dem sie den anderen Parteien ähnlich wird und sich selbst unähnlich, entfällt der wesentliche Grund sie zu wählen: Ihre wichtige Position als wirkliche Alternative. Es wäre schade um die LINKE und auch um Gysi, wenn sie in der Profillosigkeit verschwänden. Egal, wo man politisch steht: Es wäre schade, wenn eine weitere Partei nach den Grünen im Anpassungsnirwana und der sich daraus ergebenden Einheitssoße untergeht, würden uns doch die politischen Auseinandersetzungen fehlen. Und zur strittigen Äußerung: Dagdelen hatte lediglich Brecht zitiert und wohlweislich nicht gesagt, dass Frau Karin- Eckert selbst eine Verbrecherin sei. Dass die Regierungsparteien und die Grünen sich wegen des Zusammenhangs darüber aufregen, ist klar und wirkt belebend im Bundestag. Doch distanziert sich die Linke jetzt auch von Brecht? Dann ist sie schon weiter nach rechts gerückt, als sich die meisten ihrer Anhänger es wünschen und bemerkt hätten.

Quelle: Nationalgalerie

Haydn von Hohnstein