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Mit der LINKEN ein Ausflug ins Grüne
27|06|2014

Der "Markenkern" der Partei "Die Linke" verschwimmt zusehends.

Wie sich eine Partei überflüssig machen kann

Es ist für außerparlamentarische Linke eher lästig, wenn sie sich mit den Innereien der Linkspartei beschäftigen müssen. In einer Zeit, in der im Irak und in der Ukraine Macht- und Kriegsfragen über den Tag hinaus entschieden werden, in der mit dem TTIP, dem EU-USA-Handelsabkommen, die Unterwerfung der EU unter das Diktat internationaler Konzerne droht und Israel mal eben machtgeil die syrische Armee bombardiert weil ein junger Mann auf dem Golan von einer Rakete der syrischen Opposition getroffen wurde, ist eine Botschaft an das Innere der Linken eher zeitraubend. Doch hat sich die Linken-Spitze jüngst mit ihrer Distanzierung von der Abgeordneten Sevim Dagdelen und deren Vorwurf an die Grünen-Spitzenfrau Göring-Eckardt, sie verharmlose die Kiewer Faschisten, ein sonderbares ignorantes Stück Politik geleistet, das kommentiert werden will.

Nun gibt es nicht wenige linke Leute, die halten die bürgerliche Demokratie und ihr Parlament ohnehin für unwesentlich. Zumeist zeigen sie das per Wahlenthaltung. Natürlich ist der Stimmzettel nur selten ein Instrument wirklicher Emanzipation. Doch wer sich an den kurzen sozialistischen Versuch im Chile der 70er Jahre erinnert und daran, dass die damalige Regierung Allende durch Wahlen an die Macht kam, der kann kaum behaupten, dass Wahlen und Parlamente grundsätzlich nichts bewegen würden. Auch wenn das gewaltsame Ende der Regierung Allende durch einen Putsch beweist, dass Wahlen allein nicht genügen, um die Freiheit aller zu erreichen, gab und gibt die erfolgreiche linke Eroberung parlamentarischer Positionen in Chile doch Hinweise auf die Rolle des Parlaments auf dem Weg zu einem gerechteren Land. Ohne eine konsequente Linke im Parlament, das beweist auch und gerade der aktuelle Bundestag, würden manche gesellschaftliche Fragen gar nicht oder nur regierungskonform in den Medien diskutiert. Das gilt insbesondere für Themen wie die Kriegspolitik der jeweiligen Bundesregierungen und den Hartz-IV-Komplex.

Doch während der Hartz-IV-Komplex von der Linkspartei weitgehend konsistent thematisiert wird, zeigen sich in der Kriegs- und Friedens-Frage immer wieder Schwankungen in der Haltung der LINKEN. Schwankungen, die linke Grundhaltungen für eine friedliche Außenpolitik Deutschlands durch die Linke selbst konterkarieren. Nicht selten werden diese unproduktiven und unkontrollierten Bewegungen von Gregor Gysi ausgelöst oder wohlwollend begleitet. Es ist der selbe Gysi, der große Verdienste um die Linkspartei hat, ohne den es wahrscheinlich die PDS nicht gegeben hätte, jenes Rettungsfloss für Marxisten aller Art, das zum Kern einer neuen linken Partei geworden ist. Und bis heute ist er der heitere, verständliche, TV-taugliche Erklärer vieler linker Argumente.

Doch historische Verdienste bedürfen ständig der Erneuerung, der Bewährung und der Prüfung. Zum Beispiel den Prüfstein Israel: In seiner Rede "Die Haltung der deutschen Linken zum Staat Israel" von 2008 bei der Luxemburg-Stiftung, kritisierte Gysi ohne jeden Beleg Teile seiner Partei, die vorgeblich den israelisch-arabischen Konflikt in einem Gut-Böse-Schema "implodieren" ließen. Mit diesen ungenannten Teilen und den ungenannten Belegen peitschte er heftig die Luft, um dann - nach vielerlei Ausflügen, die auch eine unergiebige Anleihe bei Clausewitz einschlossen - zu jenem Kernsatz zu kommen: "Aber das Verhältnis Deutschlands zum Staat Israel kann mit dem Stichwort `Solidarität mit Israel´ gekennzeichnet werden und hat auch den Status einer Staatsräson." Solidarität mit einem Apartheid-Staat? Solidarität mit dem Knüppel der USA im Nahen Osten? Was an dieser Solidarität links sein soll, hat er nicht erklärt und erklärt es bis heute nicht. Und warum Linke in der Staatsräson-Galeere der Frau Merkel rudern sollen erschließt er uns auch nicht.
Gerade weil er Jude ist, wäre es wichtig, dass er erklärt, warum Deutschland israelische Expansionspolitik wortlos unterstützen soll. Die Siedlungsbauten auf arabischem Gebiet reißen nicht ab. Die Araber, zu welchem Volk oder welcher Religion sie gehören, sind keine Engel, selbstredend (wir auch nicht!). Doch der Staat Israel trägt keine so blütenweiße Weste, dass man aus Staatsräson zu allem jasagend mit dem Kopf nicken muss.

Zum Beispiel EU: Kaum hatte die Linksparteispitze, inspiriert durch Gregor Gysi, die Formulierung, die EU sei eine "neoliberale, militaristische und weithin undemokratische Macht" aus dem EU-Wahlprogramm der Partei gestrichen, zeigte die EU in der Ukraine was militaristisch ist: Drei EU-Außenminister, unter ihnen der deutsche, stellten sich auf die Seite einer Pro-NATO-Regierung, die mit Nazis gespickt ist und bis heute einen Bürgerkrieg gegen Teile der ukrainischen Bevölkerung führt, um Russland zu einer militärischen Reaktion zu provozieren. Nachdenken bei Gysi und den Seinen? Eine öffentliche Korrektur? Kein Denken daran. Und während nachdenkliche Völkerrechtler wie Reinhard Merkel in der FAZ die Loslösung der Krim von der Ukraine eine "Sezession" nennen und für völkerrechtskonform halten, hält Gregor Gysi im Deutschlandfunk "die Abtrennung von Territorien durch einen Volksentscheid auf diesem kleinen Territorium . . . für völkerrechtswidrig." Juristisch hat er sich verhoben, politisch versucht er anscheinend eine bella figura für die Logen der Bundes-Eliten zu geben.

Fortsetzung folgte: Als die Grünen-Chefin Katrin Göring-Eckardt in ihrer Replik auf einen Beitrag von Sahra Wagenknecht zur Lage in der Ukraine im Bundestag sagte: "Sie reden hier wieder von dem Einfluss der Neofaschisten in der Regierung der Ukraine – meine Güte" und versuchte mit den schlechten Wahlergebnissen der Nazis eben diesen Einfluss zu bagatellisieren, antwortete ihr die Linke Sevim Dagdelen: "Frau Kollegin Göring-Eckardt, Ihre Rede gerade erinnerte mich an den großen Dichter und Denker Bertolt Brecht, der einmal treffend formuliert hat: Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher! Es entsetzt mich, ich bin darüber wirklich schockiert, dass Sie hier die Behauptung aufstellen, dass sich mit den geringen Stimmenzahlen für die Kandidaten der Swoboda oder des Rechten Sektors das Problem des Neofaschismus, das Problem des Antisemitismus in der Ukraine erledigt haben. Sie wissen ganz genau, dass das nicht stimmt. Drei Minister der Regierung in Kiew, also der Regierung der Ukraine, sind Mitglied der neofaschistischen Partei Swoboda. Ein Minister dieser Regierung steht der Swoboda nahe. Ein weiterer Minister gehört der UNA-UNSO, einer neofaschistischen Organisation, an. Das heißt, eigentlich haben fünf Minister dieser Regierung einen neofaschistischen Hintergrund. Der Rechte Sektor kontrolliert weiterhin den ukrainischen Sicherheitsapparat.“

Diese ebenso klaren wie erschreckenden Tatsachen in einem Parlament zu äußern, das in seiner Mehrheit diese von Dagdelen völlig richtig skizzierte ukrainische Regierung unterstützt, war mutig, wahr und notwendig. Aber in einer Presserklärung mochten sich Gregor Gysi, Katja Kipping und Bernd Riexinger dieser Haltung nicht anschließen: "Eine solche Kritik (an der faktischen Verniedlichung der Nazis in der ukrainischen Regierung A. d. R.) rechtfertigt aber keinesfalls, der Abgeordneten Göhring-Eckardt ein Verbrechen zu unterstellen, sie damit als Verbrecherin darzustellen. Von dieser Äußerung unserer Abgeordneten Sevim Dagdelen distanzieren wir uns." Hatte jemand die drei gefragt? Nein. Mussten sie ungefragt einem Mitglied ihrer Partei in den Rücken fallen? Keineswegs. Warum machen sie es dann? Aus jener peinlichen, scheinbaren Wohlanständigkeit heraus, die ein klares scharfes Wort nur deshalb für falsch hält, weil andere es für falsch halten? Oder weil bei den kommenden Landtagswahlen in Thüringen eine Koalition aus LINKEN, SPD und Grünen denkbar ist und man die sensiblen GRÜNEN nicht verärgern will? Dieser Ausflug zu den GRÜNEN ist eher ein Schuss ins Blaue: Niemand weiß mit welch weiteren Anpassungsforderungen SPD und GRÜNE noch kommen werden, niemand weiß, ob es in Thüringen nicht eher zu einer schwarz-grünen Koalition kommen wird, was viel über die inhaltliche Qualität der GRÜNEN aussagt.

Auf die Dauer können taktische, anpasserische Spiele wie jene von Gregor Gysi und seinen Freunden, die Linkspartei ebenso hoffähig wie überflüssig machen: Zwar kann sie so an dieser oder jener Landesregierung beteiligt sein, zwar rückt sie so vielleicht nach den nächsten Bundestagswahlen in die Nähe einer Regierungsbeteiligung, aber in dem Maße, in dem sie den anderen Parteien ähnlich wird und sich selbst unähnlich, entfällt der wesentliche Grund sie zu wählen: Ihre wichtige Position als wirkliche Alternative. Es wäre schade um die LINKE und auch um Gysi, wenn sie in der Profillosigkeit verschwänden. Egal, wo man politisch steht: Es wäre schade, wenn eine weitere Partei nach den Grünen im Anpassungsnirwana und der sich daraus ergebenden Einheitssoße untergeht, würden uns doch die politischen Auseinandersetzungen fehlen. Und zur strittigen Äußerung: Dagdelen hatte lediglich Brecht zitiert und wohlweislich nicht gesagt, dass Frau Karin- Eckert selbst eine Verbrecherin sei. Dass die Regierungsparteien und die Grünen sich wegen des Zusammenhangs darüber aufregen, ist klar und wirkt belebend im Bundestag. Doch distanziert sich die Linke jetzt auch von Brecht? Dann ist sie schon weiter nach rechts gerückt, als sich die meisten ihrer Anhänger es wünschen und bemerkt hätten.

Quelle: Nationalgalerie

Haydn von Hohnstein

Was ist mit Beckenbauer? Korruptionsverdacht?

Fifa sperrt Beckenbauer für 90 Tage

http://faz.met.vgwort.de/na/b434c938f8a249158d6d1ec6fff6321aKeine Kooperation mit Ethikkommission - „Ich bin nicht verpflichtet, mit Herrn Garcia zu reden“: Franz Beckenbauer

Beckenbauer verzichtet nach Fifa-Sperre auf WM-Reise

Franz Beckenbauer wird für 90 Tage für jegliche Tätigkeit im Fußball gesperrt und will auch seine Brasilien-Reise absagen. Wie wir erfuhren, gab es auch Nachforschungen der Fifa-Ermittler wegen Rummenigges Uhren aus Qatar.

Die Ethikkommission des Internationalen Fußball-Verbandes (Fifa) hat am Freitag Franz Beckenbauer für eine Zeit von 90 Tagen als Funktionär national und international gesperrt. Hintergrund ist offenbar die Untersuchung in der korruptionsverdächtigen WM-Vergabe an Qatar und eine mangelnde Bereitschaft des deutschen Fußballidols an einer Zusammenarbeit mit den Fifa-Ermittlern.

Es geht in diesem Fall aber derzeit nicht um Vorwürfe der Bestechlichkeit, gegen die sich Beckenbauer schon gewehrt hatte. „Das mutmaßliche Vergehen steht im Zusammenhang mit der fehlenden Kooperation von Franz Beckenbauer in einer Untersuchung der Ethikkommission, obwohl er wiederholt angefragt wurde, in einem persönlichen Interview oder durch die Beantwortung schriftlicher Fragen, die in Englisch und Deutsch gestellt wurden, Informationen zu liefern“, heißt es in einer Mitteilung der Fifa-Ethikkommission.

Nachforschungen auch zu Rummenigges Zollvergehen

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung darüber hinaus erfahren hat, wurde in der Vergangenheit von den Fifa-Ermittlern auch schon Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge um eine schriftliche Stellungnahme gebeten. Auch hier spielte die Verbindung nach Qatar eine Rolle. Es ging um ein Zollvergehen am 7. Februar 2013, als Rummenigge nach einem Termin als Vorsitzender der Europäischen Klubvereinigung in der qatarischen Hauptstadt Doha bei der Einreise nach Deutschland auf dem Flughafen in München mit zwei neuen Luxusuhren im Gepäck erwischt worden war. Er akzeptierte später einen Strafbescheid des Landshuter Landgerichts wegen Steuerhinterziehung über 249.900 Euro und ist seither vorbestraft.

Die Fifa-Ethikkommission wollte allerdings danach offenbar wissen, woher die beiden Uhren kamen und forderte Rummenigge zu einer Stellungnahme auf. Der Deutsche Fußball-Bund war in dieser Angelegenheit nach Ethikreglement nicht tätig geworden. Der Fifa-Aufforderung ist Rummenigge anscheinend gefolgt, sonst wäre wohl auch er wie jetzt Beckenbauer gesperrt worden. Rummenigge hatte beim Zoll angegeben, dass er die beiden Uhren von einem Freund in Qatar geschenkt bekommen hätte. Wer dieser Freund war, ist bisher nicht bekannt.

Der Chefermittler der Fifa, Michael Garcia, ein Staatsanwalt aus New York, hatte beim Fifa-Kongress in São Paulo in seiner Rede vor den Delegierten darauf hingewiesen, dass die Ethikkommission bei ihren Untersuchungen auf den Kooperationswillen der Funktionäre angewiesen ist. Er sprach auch über die Sanktionsmöglichkeiten. Garcia ist dabei, den Untersuchungsbericht bei seiner Qatar-Ermittlung fertigzustellen.

Der Vorsitzende der Fifa-Spruchkammer, der Münchner Richter Hans-Joachim Eckert, war als Deutscher wegen möglicher Befangenheit nicht am Spruch gegen Beckenbauer beteiligt. Der Weltmeister muss nun 90 Tage seine Ehrenmitgliedschaft beim FC Bayern ruhen lassen. Mehr Ämter hat Beckenbauer derzeit nicht im Fußball.

Beckenbauer kündigte an, nicht nach Brasilien reisen zu wollen. „Die WM ist für mich gestrichen, auf die geplante Reise nach Brasilien werde ich verzichten. Ich gehe davon aus, dass ich bei der Fifa nicht mehr willkommen bin“, sagte Beckenbauer.

Und was ist mit Theo Zwanziger, dem früheren deutschen Fußballgott und jetzigem Mitglied der FIFA- Exekutive?

Haydn von Hohnstein  

Katar 2022: Beckenbauer korrupt ?

Im Zuge der Korruptionsaffäre um die WM 2022 wird erstmals auch der Name Franz Beckenbauer genannt.

Im Zuge der Korruptionsaffäre um die Vergabe der Fußball-WM 2022 an Katar kommen immer mehr Details ans Licht, erstmals fällt auch der Name von Franz Beckenbauer.

Laut der britischen Zeitung "Sunday Times" und der "BBC" sei Beckenbauer zusammen mit Vorständen eines Öl- und Gas-Transportunternehmens von der Schlüsselfigur Mohamed Bin Hammam fünf Monate nach der Wahl des Wüstenstaats 2010 nach Doha eingeladen worden.

Beckenbauer (68), bei der Entscheidung Mitglied im Exekutivkomitee des Weltverbandes FIFA, gab auf Anfrage der Sunday Times dazu keinen Kommentar ab. Die beteiligte Firma, die Beckenbauer vermeintlich als Berater angestellt hatte, sagte, bei dem Treffen seien mögliche Investitionen Katars in die Seeschifffahrt diskutiert worden. Zu einem Vertragsabschluss sei es nicht gekommen.

Bereits in der vergangenen Woche hatte die Sunday Times berichtet, der katarische Unternehmer und ehemalige FIFA-Vizepräsident Bin Hammam habe mehrere Offizielle des Weltverbandes mit insgesamt 3,7 Millionen Euro geschmiert, um die WM in sein Heimatland zu holen.

Die doppelte Vergabe der Endrunden 2018 nach Russland und 2022 steht im Fokus der Ermittlungen der FIFA-Ethikkommission mit Chefermittler Michael Garcia, der seine Untersuchung am Montag abschließen will.

Eine "angemessene Ermittlung" forderte inzwischen auch der FIFA-Hauptsponsor Sony und übte damit weiteren Druck auf den Weltverband aus.

Laut den neusten Medienberichten habe Bin Hammam neben den millionenschweren Überweisungen auch seine wirtschaftlichen und politischen Kontakte missbraucht.

So sei es Ende Oktober 2010, kurz vor der Wahl Katars, zu einem Treffen mit Wladimir Putin, damals Premierminister Russlands, gekommen, um "bilaterale Beziehungen im Sport" zu diskutieren.

Auch ein Gas-Deal zwischen Thailand und Katar sei von Bin Hammam, der von der FIFA inzwischen lebenslang gesperrt ist, eingefädelt worden. Die BBC berichtet von Treffen der katarischen Königsfamilie mit neun Mitgliedern des FIFA-Exkos, darunter auch FIFA-Präsident Joseph S. Blatter.

Das katarische WM-Organisationskomitee hatte die Vorwürfe bislang vehement bestritten. Bin Hammam habe weder eine offizielle noch eine inoffizielle Rolle im OK gespielt.

Haydn von Hohnstein

Mutti Merkel salbt Opa Juncker

03|06|2014


Die Übermerkel hat die Patenschaft für den Rettungsschirm: Da paßt der Juncker auch noch drunter!

Das europäische Mysterienspiel

Sie hat es getan, seufzen die Medien erleichtert: Der Luxemburger Jean-Claude Juncker soll Präsident der Europäischen Kommission werden, weil Angela Merkel ihn dazu gesalbt hat. Ausgerechnet auf dem Katholikentag in Regensburg hat die Päpstin Europas das erlösende Wort gesprochen: "Deshalb führe ich jetzt alle Gespräche genau in diesem Geist, dass Jean-Claude Juncker auch Präsident der europäischen Kommission werden sollte." In diesem Geist, dass ... . Kaum jemand kann die deutsche Sprache besser als Nebelmaschine nutzen als Angela Merkel. Monatelang hatten deutsche Medien und Mutti Angie so getan, als hätten die EU-Bürger eine echte Wahl gehabt zwischen Jean-Claude Juncker und Martin Schulz. Ein echtes TV-Duell wurde inszeniert, allüberall gab es Kandidatenportraits. Das Volk kreißte, doch Merkel gebar.

Ausgerechnet Juncker soll es nun sein. Es ist der Juncker, der 18 Jahre lang seinem Herzogtum Luxemburg vorstand. Selbst Putin könnte über die längste Regierungszeit aller Zeiten neidisch werden. Schon die lange Verweildauer im Amt des Jean-Claude ist ein Mysterium, ein tiefes Geheimnis. Das noch Bedeutendere ist der Steuersatz in Luxemburg. Während man überall in der EU scheinbar über die bösen Steuervermeider klagt, die den Staaten das Geld entziehen, ist Luxemburg mit seinen 149 registrierten Banken der Hort solcher Steuerbescheisser wie Amazon, Google und Starbucks. Sie und viele andere zahlen dort einen Steuersatz von 5,7 Prozent. Das ist nicht weit von Null entfernt und hindert die welken EU-GRÜNEN nicht daran, den neoliberalen Juncker zu unterstützen. Der verblühte Daniel Cohn Bendit zum Beispiel rät den Europaabgeordneten, sich hinter Juncker zu stellen: "Denn dann erleben wir wirklich die Weiterentwicklung der europäischen Demokratie." Geht es nach Juncker, erstirbt der Rest europäischer Demokratie im Sumpf des TTIP, des euro-amerikanischen Handelsabkommens.

Tagelang wackelte das Amt des EU-Kommissionspräsidenten. Die Briten fanden den Kandidaten des konservativen Blocks im Europa-Parlament zu europäisch. Deshalb wurde der amtierende EU-Ratspräsident Herman van Rompuy zur Vermittlung zwischen den EU-Regierungschefs geschickt, den eigentlich Mächtigen in der EU. Van Rompuy kommt aus dem Steuervermeidungsland Belgien. Konzerne wie Bayer, VW oder BASF wissen es: Man kann seine Steuern in Belgien bis unter drei Prozent drücken. Das spart Milliarden. Deutsche Schulen und Straßen wären auf einen Schlag saniert, wenn dieses Steuerschlupfloch geschlossen würde. Herman van Rompuy war als belgischer Grande in die Privatisierung der staatlichen Dexia-Bank für 750 Millionen verwickelt, die dann in der Bankenkrise derselbe belgische Staat für vier Milliarden zurückkaufte. Begründung für die Privatisierung: Wir brauchen Geld. Begründung für die Reprivatisierung: Wir brauchen die Bank. Solch ein Mysterium der staatlichen Geldwirtschaft musste dringend mit dem diesjährigen Aachener Karlspreis für van Rompuy belohnt werden. So geht EU.

Das europäische Parlament hat sich bisher nicht einmal konstituiert, schon wird es von den europäischen Staatschefs in das Nirwana der politischen Bedeutungslosigkeit verwiesen. Den Präsidenten der EU-Kommission, der eigentlichen Regierung der EU, bestimmen immer noch die Staatschefs: Wenn Angela Merkel zustimmt. Die EU, das ist jenes Gebilde, das der Ukraine gerade Demokratie beibringen will; und darüberhinaus natürlich Putin. Über all dem Demokratie-Getue schwebt der Merkel-Vorbehalt, denn gegen Juncker hat die Merkel noch den Konjunktiv in der Hand: Sie hat "werden sollte" in ihren Nebelsatz eingebaut. Der endgültige Segen noch lässt auf sich warten.

Haydn von Hohnstein

Die EU lässt grüßen

27|05|2014

Würden Wahlen etwas ändern, so wären sie verboten

In einem durchweg lustlosen Akt beerdigten gestern [Anm. d. Red.: 25.05.2014] Millionen Europäer ihre Stimmen in den Urnen. Kaum die Hälfte der Wahlberechtigten wollte von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Offenkundig hatten nicht wenige die Inszenierung einer scheinbaren Direktkandidatur - Schulz gegen Juncker - durchschaut: Immer noch wird der Präsident nicht unmittelbar gewählt sondern von den Staatschefs der EU ernannt. Und doch taten die deutschen Medien bis zur letzten Sekunde so, als könne man den einen oder anderen Kandidaten ohne jeden Umweg wählen.

Die Vorspiegelung einer Kampfkandidatur war nicht die einzige Lüge dieser Wahl. Denn parallel zu den EU-Wahlen wurden in den Hinterzimmern der Macht die Verhandlungen über das EU-USA-Handelsabkommen [TTIP] fortgesetzt. Ein Abkommen, das die Regeln, nach denen die Europäer künftig leben werden, mehr beeinflusst als jede Wahl. Aber warum sollte es in einem Gebilde, das keine Verfassung besitzt, über das die Bevölkerung nie hat abstimmen dürfen auch anders sein? Die EU hat als EWG, als Europäische Wirtschaftsgemeinschaft begonnen, demnächst wird sie zur Euro-Amerikanischen-Wirtschaftsgemeinschaft umgewandelt und wer die Zeche in dieser Wirtschaft zahlen soll ist klar: Die, denen die Kneipe nicht gehört.

Besonders viele Wahlverweigerer finden sich unter den Arbeitslosen. In einer Studie der Bertelsmann-Stiftung wurde festgestellt: "Hinter der zunehmenden Ungleichheit der Wahlbeteiligung verbirgt sich eine soziale Spaltung der Wählerschaft.“ Mag in der Mittelschicht noch der Glaube vorhanden sein, man könne mit der Wahl tatsächlich etwas bewegen, so ist diese Illusion bei den Abgehängten nicht weit verbreitet. Erstaunlich bleibt der Unterschied zwischen dem erfassten Wählerwillen und der Regierungswirklichkeit: Hartnäckig sagt die klare Mehrheit der Deutschen bei Umfragen, dass sie keine weitere Militarisierung der Bundesrepublik wünscht. Und halsstarrig singen die von der selben Mehrheit gewählten Obrigkeiten das grausige Lied von der "gewachsenen deutschen Verantwortung", dem militärischen Einsatz in anderen Ländern.

Erst jüngst wollte die EU ihrer angeblich gewachsenen Verantwortung außerhalb der Grenzen gerecht werden: Drei EU-Außenminister begaben sich auf dem Kiewer Maidan unter das Volk, vorgeblich um seinem Willen Genüge zu tun. Der Maidan wollte die Macht der Oligarchen beenden. Jetzt hat die augenscheinlich herumliegende Macht Petro Poroschenko in seine dicken Hände genommen. Poroschenko war in der vergehenden Sowjetunion noch Student. Und jetzt ist er Milliardär und Präsident von Teilen der Ukraine. Wo blieb der "Engel vom Maidan", Olga Bogomolets, die sich auch zur Wahl gestellt hatte? Im wahltechnischen Aus. Ihr fehlten schlicht die TV-Sender, die Zeitungen, über die Poroschenko verfügte. Der will nun den Maidan neu pflastern lassen. Hat er versprochen. Dazu wird er den immer noch besetzten Platz räumen lassen müssen. Ob die EU-Außenminister die Räumung auch mit ihrer Anwesenheit beehren werden?

Vor den ukrainischen Wahlen hat Gernot Erler der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, ein wahres Wort gelassen ausgesprochen: Nach ukrainischem Wahlrecht könne jeder Bürger wählen wo er wolle. Gemünzt war dieser Hinweise auf das Donbass-Gebiet, wo die Anti-EU-Maidan-Leute die Wahl nicht wünschten. Anders als Erler es sich vorgestellt hatte, gab es keine Wählerwanderungsbewegung aus der Ost- in die Westukraine. Und obwohl ARD und ZDF sich große Mühe gaben, die Wahl-Unlust im Osten mit den bewaffneten Separatisten zu erklären, meldete die Kiewer Onlinezeitung "Politnavigator", die Wähler seien einfach nicht in die örtlichen Wahllokale gekommen. Oder, wie eine junge Frau in die Kamera erzählte: "Wir haben doch schon abgestimmt. Mit unserem Referendum über die Unabhängigkeit."

In Belgien legten die flämischen Separatisten bei den EU-Wahlen kräftig zu. Das muss außer bei den Anhängern der "Nieuw-Vlaamse Alliantie N-VA" nirgendwo Freude auslösen. Denn der von der N-VA angestrebte "humanitäre Nationalismus" ist nichts als eine dünnes Mäntelchen für national gefärbten Neo-Liberalismus. Die Zugewinne der heftig rechten Marine Le Pen in Frankreich sind wesentlich die Kehrseite der vielen gebrochenen Wahlversprechen der angeblich sozialistischen Regierung Hollande. Dagegen ist der beachtliche Wahlerfolg der linksradikalen Syriza-Partei in Griechenland - angesichts von Einkommensverlusten der Bevölkerung von 40 Prozent und Rekorden bei den Arbeitslosen-Zahlen - ein Stimmungsbild politischer Reife: Immerhin hat eine Mehrheit der griechischen Wähler - anders als in den meisten europäischen Ländern - nicht wieder die gewählt, die das Europa der Banken seit Jahr und Tag befördern. Wahlen allein ändern nichts. Sonst wären sie verboten. Aber sie sind Reifeprüfungen für die Bevölkerung

Haydn von Hohnstein

Kein Freihandel auf Kosten des Verbraucherschutzes

19|05|2014

Die befürwortenden Verhandlungsparner versprechen sich Wirtschaftswachstum - die Skeptiker den Verlust wichtiger Verbraucherschutzstandards.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband [vzbv] begrüßt Forderung der Verbraucherschutzministerkonferenz

Die Verbraucherschutzminister sind gegen ein Absenken der Verbraucherschutzstandards im Rahmen des Transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP, das aktuell zwischen den USA und der Europäischen Union verhandelt wird. Diese Forderung unterstützt auch der Verbraucherzentrale Bundesverband [vzbv]. „Der Abbau von Handelshemmnissen kann eine Chance sein, aber Verbraucherschutzstandards dürfen nicht zur Disposition stehen“, sagt Klaus Müller, Vorstand des vzbv. Das gelte insbesondere für den sensiblen Agrar- und Lebensmittelbereich.

Der vzbv hatte die Minister im Vorfeld der Verbraucherschutzministerkonferenz der Bundesländer in Rostock zudem aufgefordert, sich gegenüber der Bundesregierung der Europäischen Kommission für mehr Transparenz in den Verhandlungen auszusprechen. Die Minister einigten sich darauf, dass die Bundesländer über den Bundesrat beteiligt werden sollen. Dies würde einen demokratischen Verhandlungsprozess stärken. Darüber hinaus fordert der vzbv, dass auch die Öffentlichkeit mehr Informationsmöglichkeiten erhalten müsse. Derzeit glichen die Informationen der Verhandlungsführer nicht die mangelnde Einbindung der betroffenen Kreise aus.

Vorsorgeprinzip sichern

Aus Sicht des vzbv dürfe auch das in Europa geltende Vorsorgeprinzip nicht aufgeweicht werden. Es sieht vor, dass zunächst wissenschaftlich nachgewiesen werden muss, dass ein Produkt unschädlich ist. In den USA ist das anders: Produkte gelten solange als unschädlich, bis das Gegenteil bewiesen ist. Das führt zu erheblichen Unterschieden in Produktionsprozessen in Europa und den USA.
 
Der vzbv fordert die Verhandlungsführer auf europäischer Seite zudem dazu auf, vom Prinzip der gegenseitigen Anerkennung Abstand zu nehmen. Demnach wären zum Beispiel alle US-amerikanischen Produkte auf dem europäischen Binnenmarkt erlaubt, wenn sie den US-Vorgaben entsprechen. Das würde bedeuten, dass sich Verbraucher nicht auf einheitliche Hygiene und Sicherheitsstandards verlassen können. Auch der Umgang etwa mit Klontechnik sowie Kennzeichnungsfragen müsse sich am europäischen Verbraucherinteresse ausrichten, so der vzbv.


Quelle: Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv)  

Haydn von Hohnstein

Krieg zu Tiefstpreisen

20|05|2014

Deutsche Militärgüter sind begehrt - Israels Seemacht im Mittelmeer

Manche Tage müssen für Angela Merkel ätzend sein. Noch hat sie den Krieg um die Ukraine für die USA nicht gewonnen, da zerren die Israelis an ihren zarten Nerven. Die wollen drei nagelneue Korvetten für ihre Marine haben, aber am liebsten nichts, oder wenn, dann doch nur wenig zahlen. Es geht, sagt die Waffenindustrie, um rund eine Milliarde Euro und die Kriegsschiffe seien bestens ausgerüstet. Das Schiffsgeschütz kann 85 Schuss pro Minute glatte 18 Kilometer weit schießen und dem Raketenwerfer wird im Prospekt geradezu hymnisch eine "bisher unerreichte Effektivität" zugeschrieben. Leider sind zur Zeit keine Fotos von Wasserleichen im Ergebnis der unerreichten Effektivität verfügbar.

Keine Waffen in Spannungsgebiete! Dieser schöne Satz soll auf dem Klopapier stehen, das der "Bundessicherheitsrat" benutzt, jenes geheim tagende Gremium, das den Waffen-Export kontrollieren soll, sich aber eher als Marketing-Agentur für die deutsche Rüstungs-Industrie versteht. Denn die Lieferung der Korvetten an Israel ist natürlich prinzipiell längst bestätigt, es geht nur noch um die Höhe des Rabatts. Und dass die Gegend, in der die Kriegsschiffe ihren Dienst aufnehmen sollen, ein Spannungsgebiet erster Güte ist, versteht sich von selbst: Sie sollen die Erdgas-Felder, die Israel für sich im Mittelmeer beansprucht und deren Pipelines schützen. Zumindest der Libanon, mit dem sich Israel immer noch im Kriegszustand befindet, meldet ebenfalls Ansprüche für die Gasfelder an. Auch die Türkei und Syrien sind in dieser Gegend nicht völlig anspruchslos.

Nun könnte man annehmen, es gäbe internationales Recht, das die jeweiligen Ansprüche regelt. Gibt es auch. Es ist die "Uno-Seerechtskonvention". Aber wie es der Zufall will, hat Israel diese Konvention nie unterzeichnet. Auch die besten Freunde der Kanzlerin, die USA, haben die Konvention ebenfalls nicht unterschrieben. Die FREUNDE lassen sich doch von irgendwelchen internationalen Verträgen nicht die Hände binden wenn es um ihre wirtschaftlichen Interessen geht. Und weil in die Entdeckung und Erschließung der Erdgasfelder unter israelischem Anspruch im Mittelmeer auch der US-Konzern "Noble Energy" - ein Konkurrent von GAZPROM - verwickelt ist, kann man das internationale Recht gleich vierhändig zerreißen.

Das israelische Verteidigungsministerium hat schon im Dezember 2013 bei seinem Finanzminister eine Sonderzahlung in Höhe von 620 Millionen Euro für den Kauf der Korvetten zum "Schutz" der Gasvorkommen beantragt. Um in die Nähe des realen Preises zu kommen, müsste irgendjemand die fehlende Drittel-Milliarde spenden. Dazu gibt der Regierungssprecher Steffen Seibert sachdienliche Hinweise. Es gäbe wegen der "besonderen Verantwortung" Deutschlands für die Sicherheit Israels schon lange eine intensive Zusammenarbeit bei der maritimen Rüstung: "Von dieser Grundhaltung weicht die Bundesregierung nicht ab". Die sechs bereits gelieferten deutschen U-Boote könnten sich in den Häfen der israelischen Kriegsmarine ja einsam fühlen. Auch das muss bedacht sein.

Generell ist die "deutsche Verantwortung" ja mächtig gewachsen. Das haben Bundesscharfmacherpräsident Gauck, Frau Kriegsministerin von der Leyen und der Außen-Dackel Steinmeier schon mehrfach öffentlich erzählt. Deshalb kann die Bundesrepublik auch problemlos Kriegsschiffe in ein Kriegsgebiet liefern. Genau so, wie sie die gewachsene deutsche Verantwortung in der Ukraine mit der einseitigen Unterstützung einer der Bürgerkriegsparteien belegt. Dass zufällig Bill Clinton der wichtigste Lobbyist für "Noble Energy" ist, und dass der Ukraine-Konflikt seine Ursache auch in der internationalen Konkurrenz US-amerikanischer Energie-Konzerne gegen den russischen Gas-Betrieb GAZPROM hat, kann die "deutsche Verantwortung" nur stärken: Bis alles in Scherben fällt.

Haydn von Hohnstein 

Merkel und der Pisspott
15|05|2014

Ausrangierte Politgenossen verfrachtet Mutti Merkel wie im Schlaf in strategisch wichtige Positionen: Annette Schavan an den Heiligen Stuhl.

Die kleine Annette aus dem kreuzkatholischen Neuss am Rhein kommt ganz groß raus: Annette Schavan wird die deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl. Die rund 10.000 Euro des monatlichen Diplomatengehaltes wird die Vertraute der Kanzlerin dringend brauchen. Fehlte ihr doch, nach dem Sturz als Ministerin wegen eines betrügerischen Doktortitels, ihr Ministergehalt sehr: Die armseligen Diäten der Bundestagsabgeordneten von 8.000 monatlich reichen ja hinten und vorne nicht. Aber kann es wirklich nur um Geld gehen? Wie alle Welt von der Chefin der Schavan, der Deutschen und der EU weiß, denkt die Merkel in langen Zeiträumen. Was macht die Frau, wenn die dritte Kanzlerschaft rum ist? Noch mal Kanzler? Kaum. Das wäre kein Karrieresprung für die erfolgsverwöhnte Dame.

Im Gepäck der Schavan finden sich Aufzeichnungen über die wundertätige Wirkung der Kanzlerin. Dazu gehört an erster Stelle das Arbeitslosenwunder. Nach langem Bearbeiten der Statistik hat die Kanzlerin zwar die Arbeitslosigkeit nicht abgeschafft, aber die Arbeitslosen wurden so gründlich in allerlei Sozialschubladen versteckt, dass sie fast, beinahe, irgendwie kaum noch existieren. Ein ähnlich großes Wunder gelang der hohen Frau mit der Formel "Hungern für den Aufschwung". In Ländern wie Griechenland oder Portugal hat sie den Hunger zur Staatsräson erklärt und nun, nach immer mehr Arbeitslosen, nach Selbstmorden und ersten Hungertoten können die Südländer wieder mit den Banken spielen: Sie besorgen sich "frisches Geld" auf dem Finanzmarkt, das mit einer hohen Verzinsung die Schulden der Länder erhöht und unmittelbar zur Rückzahlung alter Schulden verwandt wird, um dann, beim nächsten, absehbaren Kollaps, nach den EU-Wahlen, in bewährter Form von irgendeinem Schirm gerettet zu werden. Diese Wandlung nennt der Fachmann "Die wunderbare Geldvermehrung". Auch wenn die Druckindustrie bei diesem Wunder keine kleine Rolle spielt, ist es doch die deutsche Angela, die der Umwandlung von alten in neue Schulden geradezu mystischen Charakter verleiht.

Das bisher größte Wunder der wahrhaft großen Merkel aber ist die Verbreitung einer Demokratie-Gläubigkeit von messianischer Dimension. Auch wenn die Kanzlerin nicht allein an dieser Erscheinung gearbeitet hat, ist es doch wesentlich ihr Verdienst, wenn demnächst die schäbigen Reste von Demokratie in der Europäischen Union verschwunden sind. Geht ruhig wählen, ruft die Grande Dame der Demokratie-Illusion den Europäern zu, ich kümmere mich derweil um die "Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft", das TTIP, ein Abkommen zwischen der EU und den USA, über das die Völker nicht abstimmen und das ein lautloser, langsamer Staatsstreich ist. Wenn alles klappt, und was sollte bei der Merkel nicht klappen, entscheiden demnächst geheime Privatgerichte, an denen nur Großinvestoren klagen dürfen, über das Wohl und Wehe der Staaten. Die putinesken Oligarchen werden blass vor Neid werden, wenn die West-Konzerne demnächst wirtschaftliche Entscheidungen gegen die Gesetze der Parlamente durchsetzen und sich den größten aller Rettungsschirme aufspannen können. Schon jetzt, mitten in den Verhandlungen über die Abschaffung europäischer Gesetzlichkeit, hat die Merkel gemeinsam mit ihren "Freunden" das EU-Parlament ausgeschaltet: Über die Auslieferung der verbliebenen europäischen Freiheiten an die Konzerne entscheidet die "Europäische Kommission", jener kleine Kreis von nicht einmal durch Wahlen legitimierten Paten, die den Europäern ihre Verfassungen zur Makulatur zerschnipseln.

Doch noch fehlt das wichtigste aller Mirakel. Obwohl die unglaublich tapfere Angela Merkel schon als Oppositionsführerin beinah im Irak-Krieg selbst mitgemischt hat - jedenfalls feuerte sie ihre Freunde in den USA so heftig an, dass es denen gelang, nach Hinterlassung von einer halben Million Toten einen kaputten Staat zu kreieren - konnte sie bisher die Deutschen nicht nachhaltig in einen Krieg verwickeln. Doch gemeinsam mit so begabten Kriegspropagandisten wie Präsident Gauck und Ministerin von der Leyen predigt sie seit längeren von der "gewachsenen deutschen Verantwortung", jener brillanten Beschwörungsformel, nach der Verantwortung nicht für den Frieden, sondern für den Krieg übernommen werden soll. Erste kleine Wunder sind bereits erfolgreich platziert: Die deutschen Mehrheitsmedien verkaufen den Ukraine-Konflikt als Kampf für die Freiheit, der heimtückische Russe erlebt seine Wiederauferstehung und der US-Präsident darf "Sanktionen" heilig sprechen, weil ja die Silbe "sankt" im Wort steckt. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, muss sich doch auf Dauer die Neuauflage des Kalten Krieges in einen heißen wandeln lassen.

So fährt denn die Schavan mit allerlei echten Wundern nach Rom, um den ultimativen Karriere-Sprung der Merkel zu befördern: Zur ersten und auch größten Päpstin aller Zeiten, die bald den alternativlosen Ostersegen über Urbi et Orbi ausgießen wird: "Ich freue mich darauf, Ihnen heute wieder einmal im Rahmen dieses Hierseins auf dem Petersplatz Rede und Antwort zu allen Themen zu stehen, die uns beschäftigen. - Vielleicht haben Sie ja wie ich gerade auch in den letzten Monaten gespürt, dass es eine Zeit rasanter Beschleunigung und Veränderungen ist."*

So eingeschläfert kann der Erdkreis sich beruhigt wieder hinlegen und auf den nächste Sprung von Angela Merkel warten. Eingeweihte behaupten, er würde göttlich sein. - Allerdings gibt es immer noch Skeptiker, die an das Volksmärchen vom "Fischer un syner Fru" erinnern. Als die unbedingt auch noch Gott werden wollte, wurde sie vom Wünsche erfüllenden Butt zurück in ihren Pisspott befördert. Noch besser das von Michaela Bindernagel in ihrem Märchenbuch "Der Heilige Wald" aufgeschriebene westafrikanische Märchen vom Baobab, der wegen seiner Wünsche heute hässlich ist und allen Menschen und Tieren dienen muss. Volksmärchen werden Wirklichkeit, wenn das Volk es will. Also, Volk: Pisspott oder lebenslanges Dienen? Entscheide Dich!

*Original-Merkel-Zitate, nur das Wort `Bundespressekonferenz´ wurde durch `Petersplatz´ ersetzt .

Haydn von Hohnstein

Mach mal, Russe!
08|05|2014 

EU-Händewaschen im Akkord

Golineh Atai, die Korrespondentin der ARD in der Ukraine, ist ein Genie: Jüngst, nachdem in einem Gewerkschaftshaus in Odessa 40 Menschen verbrannten, wusste sie schnell, wer die Brandstifter waren: "Prorussische Anhänger – Aktivisten – Demonstranten sind mit Bussen weitgehend in die Stadt [Odessa]gekommen und haben mit Waffen, mit Schlagstöcken, mit Molotow-Cocktails die Menge angegriffen.“ Die Schuldzuweisung für das Massaker ist damit klar: Die Pro-Russen, die haben angefangen. 

Und genial ist diese Feststellung, weil Atai zur Zeit ihres Kommentars 700 Kilometer von Odessa entfernt war, in Donezk, aber von dort aus alles im Auge hatte. Ukrainische Online-Medien vor Ort haben das ganz anders gesehen. Aber die waren ja vor Ort, das trübt die Objektivität. Und weil die ARD ein Hort der Objektivität ist, hat sie zu den Massaker-Ursachen auf "tagesschau.de" flugs die Kiewer Putschregierung zitiert: "Das Innenministerium in Kiew sprach von krimineller Brandstiftung". Na, wenn´s Kriminelle waren... Auf den Videos der lästigen Leute vor Ort sind Bewaffnete des "Rechten Sektor" zu erkennen, die das Gewerkschaftshaus stürmen. Macht nichts. Denn - so der Kriegsschäumer Stefan Kornelius in der "Süddeutschen Zeitung" - die Regierung in Kiew sei "durchaus respektabel". Die wird schon wissen was Wahrheit ist. So einer wie Kornelius würde offenkundig auch eine Bundesregierung mit NPD-Ministern als "durchaus respektabel" bezeichnen. Ein echter Demokrat der Mann. Doch den zynischen Höhepunkt lieferte die Website der "Deutschen Welle" zum Massaker mit der Schlagzeile: "Odessa: Brandherd am Schwarzen Meer". Schade eigentlich, dass denen nicht "Grillen an der Schwarzmeerküste" eingefallen ist. Das wäre noch origineller gewesen.

Keine westliche Kamera bei den Müttern, deren Kinder im Gewerkschaftshaus in Odessa verbrannt oder erstickt sind. Jede Menge Kameras und Mikrofone für jene Leute, die seit Tagen und Wochen fordern, die Russen sollten Einfluss auf die Oppositionellen in der Ost-Ukraine nehmen. Ob und wie viel Einfluss Russland auf die Aufständischen in der Ost- und der Süd-Ukraine hat, ist unklar. Aber wenn der ehemalige russische Menschenrechtsbeauftragte Wladimir Lukin in Abstimmung mit dem Generalsekretär des Europarats, Thorbjörn Jagland, die Freilassung der Geiseln in Slawjansk erreicht, gröhlt die "Zeit" ihm hinterher "Putin kann sehr wohl eingreifen – wenn er will". Schade, dass der Mann vom Europarat nicht als Agent Moskaus entlarvt wurde. Die "durchaus respektable" Regierung in Kiew peitscht inzwischen im ukrainischen Parlament eine Entscheidung gegen ein Referendum zur Föderalisierung durch. Sicherheitshalber hat man die im Parlament vertretenen Kommunisten vorher ausgeschlossen. Die KPU wollte über die Morde an Zivilisten in Donezk, Luhansk und Odessa diskutieren. Über diese Verbrechen mochten die Timoschenko-Parlamentarier keinesfalls reden. Derweil fällt der Dame Merkel dies aus dem Mund: "Es ist wichtig, dass sich alle Mitgliedstaaten der EU mit der gleichen Botschaft an Russland wenden". Aber das tun sie doch seit Monaten: EU-Außenminister lungern auf dem Kiewer Maidan rum und feuern die oppositionelle Menge an. EU-Außenminister reichen bewaffneten Nazis die Hände. EU-Regierungen schweigen gleichzeitig, wenn ukrainische "Anti-Terror-Einheiten" die Menschen in der Ost-Ukraine terrorisieren. Die Botschaft an die Putschregierung ist klar und deutlich: Weiter so!

Manchmal rutscht dem ukrainischen Übergangspräsidenten Alexander Tutschinow, der sich als Vorsitzender des Komitees für Privatisierung die Taschen vollgestopft hatte, eine echte Wahrheit raus: "Sagen wir es doch mal ehrlich: Die Bürger dieser Regionen [Ost- und Süd-Ukraine] unterstützen die Separatisten, sie unterstützen die Terroristen, was die Durchführung der Anti-Terror-Operation erheblich erschwert." Hören wir einen Aufschrei der Steinmeiers und der Merkels? Da gibt der Putschisten-Präsident unumwunden zu, dass er zumindest in der Ost- und der Süd-Ukraine das Volk gegen sich hat. Und er beschwert sich, dass dieses blöde Volk sich seiner nagelneuen "Nationalgarde", rekrutiert aus den jetzt beschäftigungslosen Maidan-Truppen, entgegenstellt. Liest oder hört man in den deutschen Medien das Wort Menschenrechte? Nein. Zu lesen ist die hasserfüllte Überschrift auf der ersten Seite der "Süddeutschen Zeitung": "Kiew: Russland führt Krieg gegen uns". Bravo Kornelius, respektable Leistung. Nicht schlecht auch die ARD: Auf der Web-Site der Tagesschau, auf der das markige Merkel-Wort zur europäischen Geschlossenheit referiert wird, häuften sich die wütenden Kommentare der Zuschauer. Das ist der ARD zu viel. Deshalb liest man am 06. Mai 2014 um 16:46 Uhr auf der Seite: "Liebe User, meta.tagesschau.de ist derzeit überlastet. Deshalb kann diese Meldung im Moment nicht kommentiert werden. Mit freundlichen Grüßen, die Moderation." Der riesige und mächtige ARD-Apparat konnte zu der Zeit nicht mehr als neun Kommentare verkraften. Da irgendjemandem im Apparat auffiel wie lächerlich diese Begründung war, wurde die Kommentarfunktion kurzzeitig wieder geöffnet, um dann, nach 110 zumeist konträren Kommentaren, um 19.14 Uhr die Kommentar-Funktion erneut zu schließen. Mit folgender Begründung: "Liebe User, um Ihre Beiträge besser bündeln zu können, wird die Kommentierung dieser Meldung geschlossen." 

Ein Wort von den EU-Gewaltigen, die der Ukraine eine Assoziierung und eine NATO-Mitgliedschaft aufschwätzen wollten, an ihre Marionetten in Kiew, und die Antiterror-Truppen blieben in den Kasernen. Ein Wort von den Urhebern der Unruhen, und die Kiewer Untergangsregierung müsste den russischen Vorschlag zu einer gemeinsamen Konferenz mit den Oppositionellen aus der Ost- und Süd-Ukraine annehmen. Aber die Anerkennung der Wirklichkeit, das Eingeständnis, dass man zu hoch gepokert hat, das kommt den USA-Verstehern nicht über die Lippen. Das würde ja die Kriegsgefahr mindern. Deshalb waschen die EU-Funktionäre im Akkord ihre Hände in Unschuld und zeigen mit ihren nach wie vor dreckigen Fingern auf Russland und johlen: Mach mal, Russe!

Haydn von Hohnstein

Die Deutsche Außenpolitik ist lächerlich ...

30|04|2014

Im Kanzleramt herrscht schon längst die "Postdemokratie".

Und daran ist nicht Schröders Geburtstagsfeier mit Putin schuld.

Roland Nelles, einer der PR-Journalisten von Spiegel Online, nennt Gerhard Schröders Geburtstagsfeier mit Putin in St. Petersburg eine Irrfahrt.

Andere Medien äußern sich ähnlich – wie so oft in diesen Zeiten gleichgerichtet, oder wie ich sage: „gleichgeschaltet“.

Von letzterem muss man sprechen, weil man einen Unsinn, wie Nelles schreibt, nicht aus eigenem Antrieb schreiben kann: Schröder mache die deutsche Außenpolitik lächerlich, meint Nelles. Das ist abwegig. Wenn man überhaupt einen Hauch von eigener Außenpolitik der Bundesregierung verspüren kann, dann jenen, dass sie zusätzlich zur aggressiven Rhetorik und zum Säbelrasseln noch Brücken zu Russland aufrecht zu erhalten versucht. Wenn die Regierung klug wäre, dann würde sie deshalb Schröder zum Brückenbau und – erhalt einsetzen. Und selbständig denkende deutsche Medien würden Schröder loben.

Leider fährt die Bundesregierung die ihr von mir freundlicherweise zugeschriebene Linie nicht konsequent. Im Gegenteil, sie eiert und macht sich selbst lächerlich. 

Zum Beispiel:

Die Bundesregierung gibt sich gesprächsbereit, lässt aber dann Bundeswehroffiziere in Zivil in die Spannungszone Ost-Ukraine fahren. Das ist das Gegenteil von Vertrauensbildung: Wahnsinn und lächerlich. Die Geiselnahme ist nicht zu entschuldigen und die Bundesregierung trifft eine Mitschuld und man sollte froh sein, wenn Putin überhaupt noch genügend Einfluss auf die Separatisten hat, um dieses Drama zu beenden. Wenn die Freundschaft zu Schröder dabei hilft, dann kann es nur gut sein.

Die Bundesregierung macht das kindische Spiel mit den Sanktionen mit.

Die Bundesregierung unterstützt eine Übergangsregierung, welche entgegen des damals auch vom deutschen Außenminister abgeschlossenen Abkommens einseitig und nationalistisch besetzt wurde und als erstes einen Gesetzentwurf einbrachte, der die russischen Ukrainer, zunächst noch friedlich, zu Protesten auf die Straße trieb.

Die Bundesregierung macht die Personalisierung des Konflikts mit. Sie unterstützt es tatkräftig, Putin als Buhmann aufzubauen, statt um des möglichen Brückenbaus willen persönliche Verletzungen und Schmähungen wegzulassen. Glaubt denn jemand ernsthaft, dass Visa- und Kontosperrungen die Führungskreise Moskaus jucken? Das ist eine lächerliche Außenpolitik, die offensichtlich vor allem nach innen wirken soll und den Applaus eines immer weiter aufgehetzten und kriegslüsternen Teils der Öffentlichkeit und Medien erheischt.

Außenminister Steinmeier wechselt die Rollen zwischen Vermittler und Scharfmacher behänd. Das galt schon für seine Mitwirkung beim Abkommen mit dem früheren Präsidenten der Ukraine Janukovic und den Maidan-Kräften. Als dieses von Steinmeier und den deutschen Medien gefeierte Abkommen nur mal ein paar Stunden hielt, ward der deutsche Außenminister nicht mehr gesehen, um es doch noch durchzusetzen: lächerlich. Wenn der damalige ukrainische Präsident und die Parlamentarier seiner Partei die Flucht ergreifen, weil sie um ihre Sicherheit und die ihrer Familien fürchten, so gab es dennoch ein auch von z.B. dem ukrainischen Parlamentarier Klitschko (der nicht geflohen ist und immer noch dem Parlament angehört) unterschriebenes Abkommen, das umzusetzen gewesen wäre. Statt dessen hatte auch Steinmeier gleich die Flucht ergriffen in dieser Sache.

Lächerlich ist auch der Auftritt des Bundespräsidenten in der Türkei mit seinem pastoralen Geschwafel. Wenn man dort wirklich erreichen will, dass Erdogan Demokratie und Rechtsstaat nicht weiter demoliert, dann sicher nicht mit öffentlichen, feindseligen Erklärungen bei einem Staatsbesuch. Dieses Verfahren dient erkennbar nur der Profilierung des Herrn Bundespastor Gauck. In der Türkei wird er als ausländischer Gast mit solchen Erklärungen nur erreichen, dass sich die Türken noch mehr um ihren Ministerpräsidenten scharen und damit eine weitere undemokratische Islamisierung befördern. Nebenbei: die sich häufenden derartigen pastoralen Belehrungen dienen auch der Selbstbespiegelung zu Hause. Je mehr man andere als schlechte Demokraten attackiert, umso mehr erscheint man zu Hause selbst im guten Licht. Durchaus bestehende Demokratiedefizite in Deutschland müssen dann nicht mehr so angemahnt werden. Darin ist der Bundespräsident sehr ruhig geworden verglichen mit seinen ersten Reden oder gemessen an seinem früheren Leben als angeblicher großer Freiheitskämpfer in der DDR.

Haydn von Hohnstein

Quelle: auch Spiegel Online

Obama hat Recht

25|04|2014

Was für den einen gilt, gilt nicht unbedingt für den anderen:

"Obama hat Recht", sagte der SPD-Finanzexperte Joachim Poß, nachdem er jüngst von seiner Ukraine-Reise zurückgekehrt war. Denn Obama hatte, unmittelbar nach dem Genfer-Abkommen zur Ukraine-Krise, das auf eine friedliche Lösung orientierte, weiter gezündelt: "Ich glaube nicht, dass wir zu diesem Zeitpunkt über irgendetwas sicher sein können“. Und unser Joachim aus Gelsenkirchen gab ihm aus gebückter Haltung schnellstens Recht und wollte auch Sanktionen nicht ausschließen: "Sollte die Lage weiter so unübersichtlich bleiben." Weil Joachim keine Übersicht hat, hat Obama Recht und Sanktionen gegen Russland sind fällig. So funktioniert deutsche Politik.

Obama hat immer Recht, wie man den kränkelnden deutschen Medien entnehmen kann, die sich von ihrer Rückgrat-operation bisher nicht erholt haben. Das Genfer Abkommen kommentieren sie so:

STERN: "Separatisten trotzen geplanter Entwaffnung"

ARD: "Russland stimmte der Entwaffnung separatistischer Kräfte im Osten des Landes zu"

ZDF: "Unter anderem hat Russland einer Entwaffnung der Separatisten im Osten der Ukraine zugestimmt."

TAGESSPIEGEL: "Russland hat der Entwaffnung der Separatisten in der Ostukraine beim Krisentreffen in Genf zugestimmt"

und BILD: "Die pro-russischen Separatisten im Osten der Ukraine müssen ihre Waffen niederlegen und die besetzten Gebäude verlassen."

Das haben die Redakteure, offenkundig mit der Obama-Brille ausgestattet, in das Abkommen hineingelesen. Aber das Wort Ost-Ukraine kommt im Genfer Abkommen gar nicht vor. Statt dessen steht dort:

"Alle illegalen bewaffneten Gruppen müssen entwaffnet werden. Alle illegal besetzten Gebäude müssen ihren legitimen Eigentümern zurückgegeben werden. Alle illegal besetzten Straßen, Plätze oder andere öffentliche Flächen in den ukrainischen Städten und Gemeinden müssen geräumt werden." Dreimal in einem Abschnitt das Wort ALLE. Und alle, das schlösse auch den immer noch besetzten Maidan in Kiew ein, das beträfe die immer noch bewaffneten Kräfte des RECHTEN SEKTORS, das wären die Regierungsgebäude, besetzt von einer fraglos illegalen Regierung. Aber deren provisorischer Außenminister, Andrej Deschtschiza, muss die Obama-Version des Textes gelesen haben: "Wenn Sie diese Vereinbarungen aufmerksam durchlesen, ist dort die Rede von der Befreiung von Straßen und Plätzen, die illegal von Protestteilnehmern besetzt sind. Soweit ich weiß, halten sich die Aktivisten auf dem Maidan legal auf“.

Und weiter im Genfer Text: "Alle Seiten müssen jede Form von Gewalt, Einschüchterung oder provokative Handlungen unterlassen." Schon wieder dieses ALLE. Aber zwei Tage nach dem Abkommen erklärte die Sprecherin der ukrainischen Staatssicherheit, Marina Ostapenko: "Die Anti-Terror-Operation läuft weiter. Wie lange sie andauern wird hängt davon ab, wie lange Terroristen in unserem Land bleiben.“ Das wird Obama für Recht halten. Aber was bringt schon die US-Unterschrift unter ein Papier, das dem Ende der Gewalt in der Ukraine gewidmet ist, wenn es gegen Terroristen geht? In Obamas Umgebung sind alle erstaunt, dass der Mann den provisorischen Kräften in Kiew noch keine Drohnen angeboten hat. Doch immerhin hat Polens Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak angekündigt, dass demnächst US-Bodentruppen in sein Land verlegt werden sollen. Wer das als eine Provokation versteht, die in Genf ALLE Seiten unterlassen sollen, der versteht die US-Logik nicht: Was in Genf vereinbart wurde, gilt nach US-Lesart nur für die Süd-Ost-Ukraine. Wer das nicht glaubt, der muss nur deutsche Medien konsumieren. So gesehen war das Papier von Genf niemals die Tinte wert, die darauf verschrieben wurde: Ganz anders, als beim vorhergehenden Vertrag zur Ukraine, als eine Regierung der nationalen Einheit vereinbart war, gab es in Genf keine Einladung an die protestierenden Menschen in der Ostukraine, einen Vertreter zu benennen und zu entsenden. Warum also sollten diese sich durch das Abkommen gebunden fühlen, wenn sich ansonsten in diesem Land auch keiner daran hält, sie einfach zu "Terroristen" abgestempelt werden und somit den Russen im Osten von ihrer eigenen Regierung deutlich gemacht wird, dass man ihre Befindlichkeiten nicht zur Kenntnis nehmen wird, ganz anders, als mit den Leuten auf dem Maidan, die nachträglich legitimiert wurden?

Der Recht-Teilhaber Joachim Poß war bei seiner Reise durch die Ukraine auch in Donezk. Ältere Menschen in Donezk können sich noch erinnern, dass die Stadt vom 28. Oktober 1941 bis zum 5. September 1943 von den Deutschen besetzt war. Als die Wehrmacht die Stadt verließ, war sie völlig zerstört. Mehr als 60.000 ihrer Bewohner überlebten den Besuch der Deutschen nicht. Unter ihnen waren 17.000 russische Juden. Gern und oft wird angesichts deutscher Verbrechen an die besondere Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel erinnert. Ob Joachim Poß eine besondere Verantwortung gegenüber den Menschen in Donezk verspürte, ist unbekannt.

Die Situation in der Ukraine ist inzwischen fast zu einer unmöglich zu lösenden Frage geworden, die immer weiter eskaliert, weil die europäischen "Stardiplomaten", unter ihnen Außenminister Steinmeyer, ihrem eigenen Versagen gegenüber sprachlos sind. Denken Sie daran: Wenn es in Europa zu einem kalten oder heißen Krieg kommt, was niemand wirklich will, dann gibt es am Ende nur einen Profiteur: Die USA, wie nach dem ersten und besonders nach dem zweiten Weltkrieg geschehen, als Europa in Schutt und Asche lag. Deshalb darf es auch zu Russland keine neue Mauer geben. Statt dessen wird überall weiter gezündelt und eskaliert.

Da regt man sich auf über einen russischen Langstreckenbomber, der sicher provoziert hatte. Doch was ist mit den Juden in der Ostukraine, die sich neuerdings melden und ihr Vermögen angeben müssen? Diese antisemitische Tatsache wurde nur einmal in den deutschen Medien benannt und danach tot geschwiegen. Deutschland hat ja schließlich nur eine besondere Verantwortung gegenüber Israel. Was gehen uns die Juden in anderen Ländern, wie zum Beispiel der Ukraine, an! Die jetzige Eskalation hat viele Verlierer und, wie gesagt, wahrscheinlich nur einen Sieger: die USA. Erstaunlich, dass dann einige deutsche Medien ganz verwundert darüber sind, wenn Putin seine Landsleute auf kommende Entbehrungen vorbereitet: Die "deutlichen" Worte Obamas zu Russland lassen doch gar keine andere Schlussfolgerung für Putin zu. Und die EU ist blind und sieht die eigenen möglichen Verluste nicht, die eine weitere Eskalation nach sich ziehen wird. Vor allem ist niemand bereit, Verantwortung für das eigene politische Versagen bzgl. der Ukraine zu übernehmen. Genscher war nach der Anerkennung Kroatiens klugerweise zurück getreten, weil er die kriegerischen Folgen auf dem Balkan kommen sah. Steinmeyer besitzt diese Courage nicht, weil er wohl gar nicht überblickt, was er angerichtet hatte, indem er sich nach der Vertragsunterzeichnung für eine "Regierung der nationalen Einheit" in der Ukraine aus der Verantwortung verabschiedete, anstatt darauf zu drängen, dass diese Regierung auch tatsächlich gebildet wird. Stattdessen verschenken wir Millionen € an ein Land, dass sie wahrscheinlich niemals zurückzahlen kann. So großzügig waren wir nicht mal gegenüber Griechenland, Portugal oder Spanien, schon gar nicht gegenüber Zypern.

Haydn von Hohnstein

Quelle: Nationalgalerie

Der Preis der Freiheit

16|04|2014

Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland

Für die meisten deutschen Medien ist die Sache klar: Da die Ukraine sich nun dem Westen in die Arme wirft, droht Russlands Präsident Putin „uns“ nun mit einem Gas-Stopp. So schrieb es beispielsweise die BILD-Zeitung in der letzten Woche wörtlich und auch seriösere Medien teilen diese Lesart. Die Wirklichkeit ist – wie so oft – jedoch um einiges komplizierter. Fest steht, dass irgendwer das viele Gas bezahlen muss, das die Ukraine aus Russland bezogen hat und auch noch über lange Zeit beziehen wird. Die europäischen Steuerzahler stehen hierbei auf der Liste der potentiellen Zahlmeister ganz weit oben, wobei sowohl die Bevölkerung als auch die Industrie der Ukraine schon jetzt zu den kommenden Verlierern zählen.

Will Putin „uns“ das Gas abdrehen? Nein, natürlich nicht. Bei der aktuellen Wiederauflage des russisch-ukrainischen Gasstreits geht es – vereinfacht gesagt – darum, dass Russland künftig von der Ukraine den 2009 verhandelten Importpreis für seine Gaslieferungen in Rechnung stellen will. Dieser Preis existierte bis dato eigentlich nur auf dem Papier. De facto zahlte die Ukraine anstatt der vertragsgemäßen 485 Dollar im letzten Jahr nur 268 Dollar pro 1.000 Kubikmeter Erdgas aus Russland. 100 Dollar Rabatt wurden der Ukraine als Pacht für die Marinestützpunkte auf der Krim gewährt. Diese Preisminderung ist nun hinfällig. Der Rest der Differenz war nach russischer Lesart eine Subvention des ökonomisch kränkelnden Brudervolkes. Doch dies ist bestenfalls die halbe Wahrheit. In der Tat stellte die Subvention vielmehr eine Art Wohlverhaltensprämie dar. Solange die Ukraine nicht offen mit Russland bricht und mit der EU ein Assoziierungsabkommen abschließt, war Russland bereit, sich diese Freundschaft auch etwas kosten zu lassen. Auch diese Preisminderung ist nun hinfällig.

Dass die Ukraine, genauer gesagt der staatseigene ukrainische Gasmonopolist Naftogaz, hohe Schulden bei Russland, genauer gesagt dem staatlich kontrollierten russischen Gasmonopolisten Gazprom, hat, ist nichts Neues. Seit Russland 1994 angefangen hat, seine Energieexporte in die anderen GUS-Staaten marktwirtschaftlich zu definieren und Geld zu verlangen, hat die Ukraine Gas-Schulden bei Russland. Seit diesem Zeitpunkt gibt es auch regelmäßig Vorfälle, bei denen die Ukraine Gas aus den Transitleitungen, das für den Westen bestimmt ist, illegal entnimmt. 2001, 2006, 2008 und 2009 führten diese Konflikte zu den sogenannten „Gasstreits“ zwischen den beiden Ländern. Heute befinden wir uns in der fünften Auflage dieses Gasstreits und im Grunde genommen sind die Konfliktlinien ähnlich wie bei den vorrangegangenen Streitigkeiten.

Die Gazprom hat ein berechtigtes Interesse daran, die momentan offenen Gasschulden in Höhe von 2,2 Mrd. Dollar einzutreiben. Die Naftogaz hat jedoch kein Geld, um ihre Schulden zu begleichen und sieht sich auch nicht in der Lage, die Verpflichtungen aus den laufenden Lieferungen zu begleichen. Daher vertritt Russland den – eigentlich verständlichen Standpunkt -, dass die neuen Freunde der Ukraine nun auch die Gasimporte des Landes bezahlen sollten. Dies teilte Putin letzte Woche auch den EU-Staatschefs mit – er fügte hinzu, dass Russland auf mögliche illegale Gasentnahmen der Ukraine, die für den Westen bestimmt sind, mit einer Reduzierung der Einspeisung reagieren würde. Die Botschaft: Wenn die Ukraine Gas klaut, dann klaut sie dies nicht Russland, sondern dem Westen. Es ist erstaunlich, dass die deutschen Medien hier Ross und Reiter nicht beim Namen nennen und Russland wieder einmal für Dinge verantwortlich machen, die bei näherer Betrachtung von der Ukraine zu verantworten sind.

In der Vergangenheit eskalierten die Gasstreitigkeiten zwischen Russland und der Ukraine immer dann, wenn in Kiew eine pro-westliche Regierung am Ruder war. In Zeiten eher pro-russischer Regierungen in Kiew gab es hingegen auch bei den Gasstreits meist eine Entspannung. Nun ist es freilich mehr als unwahrscheinlich, dass Kiew in nächster Zeit wieder eine pro-russische Regierung haben wird. Der Gasstreit wird also aller Voraussicht nach an Intensität zunehmen und es ist nicht davon auszugehen, dass Russland von seinen Preisvorstellungen abweicht. Wer soll nun bitteschön die Rechnung bezahlen?

Wenn die ukrainische Bevölkerung und die ukrainische Industrie die Preiserhöhungen voll übernehmen müssten, so wie dies unter anderem vom IWF gefordert wird, käme dies einer wirtschaftlichen Katastrophe gleich. Den Menschen fehlt schlichtweg das Geld, um derartige Energiekosten zu zahlen und große Teile der Wirtschaft sind (nicht nur) in puncto Energieeffizienz immer noch in der sowjetischen Tonnenideologie stecken geblieben. Dank langjähriger massiver Subventionen auf den Gaspreis sind sie auf eine Anpassung an den Weltmarktpreis nicht vorbereitet. Betriebsschließungen, verbunden mit Massenarbeitslosigkeit, sind da eine durchaus realistische Perspektive. Wäre man zynisch, könnte man dies als den „Preis der Freiheit“ bezeichnen. Die ostdeutschen Bürger mussten diesen Preis auch zahlen und zahlen ihn heute noch mit niedrigeren Löhnen und hoher Arbeitslosigkeit.

Wie sehen die Alternativen aus? Die Ukraine könnte ebenfalls den Einsatz erhöhen und die russischen Preiserhöhungen mit Erhöhungen der Transitgebühren kontern. Dann würden die Energieverbraucher im Westen zur Kasse gebeten – nicht nur aus diesem Gesichtspunkt war es eine gute Entscheidung, mit der Nordseepipeline eine [fast] direkte Energietrasse zwischen Deutschland und Russland zu bauen. Die Ukraine unabhängig von russischen Erdgaslieferungen zu machen, ist keine realistische Alternative. Wo soll denn das Gas herkommen? Allenfalls Iran käme hier als Konkurrent für Russland in Frage. Der Westen hat jedoch kein Interesse daran, Iran wirtschaftlich aufzuwerten. Hinzu kommt, dass der Bau einer Pipeline Jahrzehnte dauern und Milliarden kosten würde. Der vielfach ins Spiel gebrachte „Re-Export“ russischer Gaslieferungen aus Deutschland oder Ungarn ist längst Praxis, aber nur in einem sehr begrenzten Maßstab technisch möglich. Hinzu kommt auch hier die Haftungsfrage. Wer garantiert einem Konzern wie der RWE die Verbindlichkeiten aus der Ukraine? Bliebe die Steigerung der Energieeffizienz in der Ukraine. Dieser Schritt ist ohnehin längst überfällig, jedoch ebenfalls nicht in wenigen Monaten umzusetzen.

Für den Westen ist diese Situation höchst grotesk. Die nun fließenden Geldströme werden zu einem großen Teil über den Umweg Kiew direkt nach Moskau fließen, um die ukrainischen Schulden und die Verpflichtungen aus laufenden Verträgen zu decken. Das ukrainische Volk hat davon nichts – im Gegenteil, durch die gestiegenen Preise und die zu erwartende Wirtschaftskrise wird es wohl schon bald seine Vorliebe für den Westen ernsthaft in Frage stellen. Und was kommt dann? Die Rechtsradikalen stehen bekanntlich schon in den Startlöchern.

Haydn von Hohnstein

Wenn zwei das Gleiche tun ...

12|04|2014

... droht der Regierungssprecher mit Sanktionen

Es ist noch nicht lange her, da waren deutsche Medien voll des klatschenden Beifalls für Demonstranten, da gab es Bestnoten für Barrikaden und EU-Außenminister flogen nach Kiew um, den revoltierenden Massen die Hände zu schütteln. Nun wird man EU-Außenminister in der Ostukraine nicht unbedingt vermissen, aber es wäre ein Gebot der Fairness, wenn man die russisch sprechenden Ukrainer - die jetzt auch demonstrieren, jetzt auch Barrikaden errichten und das alles ganz sicher ohne Nazi-Begleitung - mit neutralem Interesse begleiten würde. Aber irgendwie ist das Gleiche nicht das Selbe:

Böse ist immer nur dann böse, wenn es sich gegen die eigenen Interessen richtet?

Was interessiert es den deutschen Redakteur, wenn die nationalistischen West-Ukrainer mit der Abschaffung des Russischen als zweite Amtssprache eine nationale Welle im Osten und Süden des Landes auslösen? Was interessiert es ihn, wenn eine Kiewer Regierung weder durch die ukrainische Verfassung noch durch Wahlen legitimiert ist. Und dass nach wie vor führende Posten in dieser Regierung von Faschisten besetzt sind? Ist ihm doch egal, dem Redakteur. Es darf auch gern eine Redakteurin sein, wie jene in der TAZ, die stellvertretend für den Mainstream steht, wenn sie mit Schaum vor dem Mund schreibt: "Zweifellos zieht der Kreml, der unlängst mit aberwitzigen Föderalisierungsplänen für den Nachbarn aufwartete, auch in Lugansk, Charkiw und Donezk wieder maßgeblich die Strippen. Die Devise lautet: destabilisieren und Unruhe schüren um jeden Preis." Es ist der Russe! Ist das jetzt endlich klar, fragt Euch die TAZ und erwartet ein total chorisches ja, ja, ja! Dabei vergessen jetzt alle, dass auch der Westen einmal das Wort des föderalistischen Staates für die Zukunft der Ukraine einmal benutzte. Man könnte ja auf die aberwitzige Idee kommen, dass mit den Russen zu verhandeln wäre! Deshalb gilt das Adenauerwort: "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern!"

Seit dem 19.03.2014 benötigen alle Russen, die in die Ukraine einreisen wollen, ein Visum. Das hat die Euro-Maidan-Regierung verordnet, um einen möglichen "Demonstrations-Tourismus" zu verbieten. Wenn also jemand genau wüsste und mit Zahlen über Russen aufwarten könnte, die über die ukrainische Grenze einreisten, um eine "orchestrierte Kampagne mit russischer Unterstützung [US-Außenminister Kerry]" zu inszenieren, dann wären es die ukrainischen Behörden. Aber Zahlen oder Fakten zur "Kampagne" sind nicht zu haben. Trotzdem droht der mächtige deutsche Regierungssprecher Seibert schon mal mit der Verschärfung der Sanktionen gegen Russland: Man bläst ins Feuer. Statt Wasser kippt der Westen Öl in einen durchaus denkbaren Bürgerkrieg.

Und weil der Westen ja alles weiß und das auch besser, geistert die "Gas-Erpressung" durch die Medien: Der Russe, so ist zu lesen und zu hören, erhöht brutal den Gaspreis, um Kiew in die Knie zu zwingen. Tatsächlich streicht der russische Gaslieferant nur die bisher gewährten Rabatte für die Ukraine. Und er landet jetzt bei exakt dem Marktpreis, den man auch den Deutschen abknöpft - [352 Euro für 1000 Kubikmeter]. Nun sollte man eigentlich Beifall von den Marktwirtschaftlern erwarten, wird doch der Freiheit des Marktes zum Durchbruch verholfen und eine Subvention gestrichen. Doch statt des Applaus nur Kritik: "Während USA, EU und IWF Milliarden nach Kiew leiten, um das Land vor dem Bankrott zu retten, erhöht Gazprom die Gaspreise drastisch", schreibt die galoppierende Idiotie in der "Süddeutschen Zeitung" - verschweigend, dass der letzte "Hilfe-Einsatz" des IWF die Ukraine an den Rand des Staatsbankrottes brachte und diese Krise die Ukraine bis heute destabilisiert. Im Übrigen zahlte die Ukraine auch den subventionierten Gaspreis nicht, was mehr als 2 Mrd. EUR Schulden gegenüber Russland anhäufte.

Es sind Massen, die im Osten und Süden auf die Straße gehen. Die aktuelle Kiewer Regierung reagiert auf die Proteste in Odessa, Donezk, Mariupol, Lugansk und Charkow so, wie es die alte Regierung auf dem Maidan gern machte, als sie noch im Amt war: Sie schickt "Spezialeinheiten", um besetzte Gebäude zu räumen und "die Lage zu beruhigen". Damals wussten die deutschen Medien genau, dass es sich bei solchen Aktivitäten um staatliche Willkür handelt. Heute begleitet die "Spezialeinheiten" eher eine klammheimliche Freude. Die Zeit der unverhohlenen Sympathie mit Massen, die ihr Recht einfordern, ist im Westen vorbei. So sieht man lieber weg, wenn eine ganze Stadt mit Hausarrest belegt wird und Kampfhubschrauber über ihr kreisen. Ein toter Polizist ist sehr bedauerlich, was die deutschen Medien deutlich zum Ausdruck bringen. Dass dem aber sehr viele tote Demonstranten gegenüberstehen, finden dieselben Medien nur noch für am Rande erwähnenswert. Schließlich sind das ja nur tote Russen, oder? Hatten wir dieses Denken nicht schon mal?

Nicht vorbei ist die Kriegsgefahr. Wie immer, wenn der Nationalismus Bewegungen antreibt, setzt der Verstand gern aus. Der "Rechte Sektor" betreibt nach wie vor Ausflugsfahrten aus der West-Ukraine in die Ost-Ukraine. Und nach wie vor ist der Nazi-Sektor nicht entwaffnet. Warum auch? Stellt er doch Minister in der neuen Regierung. Statt darüber nachzudenken, wie man den Sprachenstreit entschärfen könnte, gelten "Föderalsierungspläne" als "aberwitzig". Schon mal nach Belgien geguckt auf die föderale Entzerrung des flämisch-wallonischen Sprachenstreites? Mal einen Blick nach Spanien riskiert, wo Galizien, Katalonien und das Baskenland mit ihren eigenen Sprachen als "historische autonome Gemeinschaften" gelten? Nein. Man hat die Ukraine fest im Auge als Erweiterungsgebiet für was auch immer. Der Gedanke, sie zu einem Land der Vermittlung und Verbindung zwischen den Kulturen zu entwickeln, ist schon lange wieder ausgedacht. Und wenn der kalte zum heißen Krieg wird? Dann sind es sicher nicht Kinder der Steinmeiers und der gewöhnlichen deutschen Redakteurinnen, die ihn ausfechten müssen. Da ist man schon ein bisschen "gleicher" als die anderen.

Haydn von Hohnstein

Quelle:  … auch TAZ,SAZ.

Innere Kündigung der Deutschen
05|04|2014

Mutti Merkel sucht dringend ein neues Volk

Die angeblich seriöse Umfrage-Firma Gallup hat mal wieder ernsthaft gefragt, wie hoch die emotionale Bindung von "Mitarbeitern" an ihr jeweiliges Unternehmen ist. Sind Antworten wie "Ich liebe Herrn Zetsche, weil er einen so wunderbaren Schnurrbart hat und ich an seinem Fließband geile Autos herstellen darf" denkbar? Gibt es Irre, die behaupten am Schalter der Deutschen Bank eine tiefe emotionale Bindung an das Betrügersystem zu empfinden? Kann die schlecht bezahlte, bespitzelte und ausgequetschte Verkäuferin von Lidl eine unheimliche, perverse Neigung zu ihrem Laden empfinden? Das zumindest unterstellt Gallup und kommt trotz der Fragen aus der Anstalt zu solchen Antworten: „Mit 16 Prozent sind nur wenige aller Arbeitnehmer bereit, sich freiwillig für die Ziele ihrer Firma einzusetzen. - 67 Prozent der Deutschen machen nur Dienst nach Vorschrift. - Der Anteil der Arbeitnehmer, die innerlich gekündigt haben, liegt bei 17 Prozent."

Das Human-Kapital ist einfach nicht dankbar. Obwohl man in den letzten Jahren viele Überkapazitäten abgebaut, Arbeitnehmer auf das Feinste outgesourct und freigesetzt hat, scheinen die Verbleibenden ihr Privileg noch Arbeit zu haben, nicht recht zu würdigen. Die rund sieben Millionen, die von der staatlichen Fürsorge leben müssen, sind immer noch nicht Ansporn genug, die Entlassungsproduktivität, jenen kranken Eifer, der aus Angst entsteht, zu steigern. Denn aus der lustlosen Buchung von Belegen, dem stoischen Rühren von Beton und dem routinierten Absondern von flotten Sprüchen sollte eine hingebungsvolle Zuneigung zu jenen entstehen, die uns großzügig Arbeit geben. Arme Arbeitgeber, zahlen sie doch immer wieder Gehalt ohne entsprechende Dankbarkeit zu erzeugen.

Als ähnlich undankbar erweist sich auch der deutsche Wähler. Rackern sich doch diverse Koalitionen, uneigennützig wie sie sagen, für die Deutschen ab, doch die Wähler bleiben immer häufiger zu Hause: Rund ein Drittel geht nicht mehr zu Bundestagswahlen, bei Europawahlen sieht es noch schlimmer aus und in manchen Städten liegt der Anteil der Wähler nur noch um die 50 Prozent. Dabei nehmen die Regierenden dem gemeinen Mensch doch die Last der Entscheidung ab, wie die größte aller Merkels es so eindringlich formulierte: "Die Leute sollen uns Politiker die Politik machen lassen, weil wir so viel mehr davon verstehen". Und statt diesen Satz mit Ehrfurcht zu schlürfen, gehen immer mehr Deutsche in das Exil der inneren Kündigung und selbst jene, die noch wählen gehen, halten die Politiker mehrheitlich für arrogant, gierig und unehrlich.

Die passive Form der Kündigung schlägt in die aktive Kündigung um, wenn es um das Zeitungsabonnement geht. Seit Jahr und Tag sacken die Auflagen der Blätter. Nur zu gern wird der tiefe Fall der Leserquote mit dem Internet erklärt. Gemeint ist: Da bekommt man die selben Informationen wie in den Zeitungen billiger und bequemer. Dass es auch damit zu tun hat, dass es bei manchen Themen völlig gleich ist welches Blatt man liest, weil ohnehin überall das Gleiche zu lesen ist, will den Verlagen nicht in den hohlen Kopf. Auch dass die Damen und Herren in den Reaktionen gegen die Interessen ihrer Leser schreiben, will ihnen nicht einleuchten. Tapfer rühren sie im Ukraine-Krim-Komplex die Kriegstrommeln während nach einer N24-Emnid-Umfrage 82 Prozent der Befragten für direkte Gespräche mit Putin sind, um die Krise im Dialog zu lösen. Und nur zwei Prozent befürworten eine militärische Drohung gegen Russland. Wetten dass, wenn es eine Kündigung der öffentlich-rechtlichen Medien gäbe, jede Menge Leute bereit wären auf die Rundfunkgebühren zu verzichten?

So ist die "Innere Kündigung" zu einem Merkmal des deutschen Alltags geworden, das nur mühsam von der Äußerlichkeit des Frust-Kaufens, der Billig-Unterhaltung und des Parolen-Nachsprechens überdeckt wird. Doch auch hier weiß die schlaue Firma Gallup eine Lösung: Reduziert ein Unternehmen den Anteil seiner Beschäftigten ohne emotionale Bindung und tauscht sie gegen solche mit hoher Bindung aus, können die Humankosten deutlich reduziert werden. Na bitte, das Land braucht einfach ein neues Volk. 

Haydn von Hohnstein

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Alaska back to Russia

29|03|2014

... Wirtschaftswachstum über alles. Es ist nur ein Frage der Zeit, bis dieses System grundsätzlich kollabiert.

Völkerrecht! ruft´s zur Zeit heftig aus dem Medienwald und findet sein Echo zuweilen in der Wirklichkeit: Bürger von Alaska, einem Bundesstaat der USA, wollen nicht nur raus aus den Vereinigten Staaten, sondern sich ausgerechnet Russland anschließen. So jedenfalls ist es in einer Petition zu lesen, die auf den Seiten des White House unter der Überschrift "We the People" aufzurufen ist.  Mehr als 29.000 Unterschriften zieren die Petition. Um eine Reaktion des Weißen Hauses auszulösen, braucht dieser Hilfe-Ruf nach Staatenwechsel allerdings zumindest 100.000 Unterschriften.

Nur scheinbar ist die Alaska-zurück-nach-Russland-Petition völlig sinnfrei. Immerhin landete der russische Seefahrer und Kaufman Grigori Iwanowitsch Schelichow 1783 mit zwei Schiffen auf der Insel Kodiak. Nach Attacken der Koniag-Indianer ließ er das Feuer auf sie eröffnen und tötete und verwundete jede Menge "Eingeborene". Nachdem er so seine Herrschaft sichergestellt hatte, gründete er die erste ständige Siedlung in Alaska an der heutigen Three Saints Bay. Von solcher Art der Landnahme könnten auch amerikanische Indianer erzählen, wenn ihr Stamm denn überlebt hat. Durch diese gewaltsame Besetzung gehörte Alaska völkerrechtlich lange Zeit zu Russland. Erst 1867 erwarben die USA das Gebiet vom Russischen Kaiserreich. Für 7,2 Millionen Dollar wechselte das Land mit Mann und Maus den Besitzer. Ein Schnäppchen.

Aber dürfen die Alasker das denn, so einfach das "Land der Freien und Mutigen", von denen die amerikanische Nationalhymne fabuliert, verlassen? Es gibt Völkerrechtler, die sagen: Ja, dürfen sie. Die Unabhängigkeitserklärung der USA sieht ausdrücklich die Sezession, die Abspaltung, vor, wenn sich die Regierung in eine “tyrannische” Richtung entwickelt: "So ist es ihr Recht, ja ihre Pflicht, solche Regierung abzuwerfen" schreibt die Unabhängigkeitserklärung dem Volk der damals englischen Kolonien vor und meinte seinerzeit den englischen König. Schon damals gab es eine Fraktion der Völkerrechtler, die dem bewaffneten Referendum der Kolonisten skeptisch gegenüberstand. Aber wenn doch Tyrannei herrscht, meinte die andere Fraktion, deren Nachfahren bis heute auf der in der Erklärung von 1776 beschriebenen Sezessionsmöglichkeit beharren.

Der letzte Präsidentschafts-Wahlkampf in den USA hat ungefähr sechs Milliarden Dollar gekostet, die von den beiden Kandidaten zur Manipulation des Wahlvolkes eingesetzt wurden. Kein vernünftiger Mensch wollte bestreiten, dass es sich hier um die Tyrannei des großen Geldes handelte. Doch damit nicht genug. Der "Patriot Act", ein unter dem Präsidenten Busch dekretiertes Gesetz, das bis heute gültig ist, schränkt die Freiheit der US-Bürger so erheblich ein, dass die Tyrannei unabweisbar ist: Telefon- oder Internetüberwachung ist ohne richterliche Genehmigung möglich, Hausdurchsuchungen dürfen ohne Wissen der betreffenden Person durchgeführt werden, das FBI hat das Recht, Einsicht in die finanziellen Daten von Bank-Kunden zu nehmen, ohne dass Beweise für ein Verbrechen vorliegen, und so fort. Infolge dieses "Act" wurde der Whistleblower Bradley/Chelsea Manning gefoltert und für 35 Jahre ins Gefängnis verbannt. Und der Enthüller Edward Snowden ist vom Tod bedroht und musste ins Ausland fliehen. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" stuften die USA in der Rangliste der Pressefreiheit um 13 Plätze herunter, sie liegen nun hinter Staaten wie El Salvador und Rumänien. Mit dem "National Defense Authorization Act 2012" verschärfte die Obama-Administration die prekäre Freiheits-Lage der US-Bürger weiter: Die Befugnisse des Militärs wurden ausgeweitet. Es darf jetzt amerikanische Bürger und Ausländer auf Verdacht zeitlich unbegrenzt inhaftieren. Schließlich wurden mit dem "Federal Restricted Buildings and Grounds Improvement Act of 2011" (nach dem Start der Occupy-Bewegung in Kraft gesetzt) Protestaktionen in der Nähe von Regierungsgebäuden untersagt.

Die Petition "Alaska zurück nach Russland " wurde von einem namenlosen Bewohner von Anchorage, der größten Stadt Alaskas, gestartet. Dem Vernehmen nach sucht die NSA, eines der tyrannischen US-Unterdrückungsinstrumente, heftig nach den Urhebern des Aufrufes. Erste Vermutungen weisen auf die indigenen Völker Alaskas. Immerhin findet in Anchorage jährlich das "Indigenous World Film Festival" statt. Dessen Initiatoren sollen prophylaktisch bestritten haben, eine terroristische Vereinigung zu sein. Höchst bedenklich stimmt die NSA auch die Städtepartnerschaft von Anchorage mit der russischen Stadt Magadan. Noch sucht man nach den Verantwortlichen für diesen russophilen, unpatriotischen Akt. Sicher ist eins: Falls die Bürger von Alaska ernsthaft versuchen sollten, die Tyrannei abzuwerfen, werden die USA bei wirtschaftlichen Sanktionen nicht stehen bleiben.

Wen verwundert es da noch, wenn Obama auf Russland heute so gereizt reagiert? Es wäre für ihn unvorteilhaft, wenn sich öffentlich innenpolitisch zeigt, dass auf die Zurück-zu-Russland-Petition nicht völkerrechtlich demokratisch, sondern geheimdienstlich diktatorisch reagiert wird. doch letztlich geht es auch im freiheitlichen Amerika nur um Macht und Geld: Schließlich ist Alaska der Energielieferant der USA für die Zukunft. Da darf man kein Referendum zulassen und muss die NSA einsetzen gegen die eigene Bevölkerung. Wo ist der Unterschied zwischen Amerika und Russland? Offensichtlich besteht er wohl nur noch darin, dass Europa den USA folgen. Schließlich verkörpern sie derzeit die Weltmacht und es ist immer besser, hinter oder vor dieser zu stehen statt eigene Ziele zu formulieren. Schließlich ist Russland nur noch eine regionale Macht, wie Obama es formulierte. Jetzt hat er den Ärger vor der eigenen Haustür und muss natürlich den westlichen Nachbarn am Nordpazifik kleinreden. Wir Europäer wissen nun auch, warum der heutige US- Präsident den Stillen Ozean als "Hauptinteressenssphäre" bezeichnete: Alaska liegt dort im Westen und will die USA verlassen. Wer dachte, es geht um China und chinesischen Einfluss, der hatte sich gründlich geirrt.

Haydn von Hohnstein

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Skandal im Bundestag!

Heimlich wird das Einsichtsrecht von BürgerInnen und JournalistInnen in Unterlagen des Bundesrechnungshofes gekippt

Wir erleben beinahe täglich, wie wenig der Datenschutz hierzulande noch wert ist. Die Überwachung der Bürger seitens des Staates, insbesondere der Geheimdienste hat groteske Ausmaße angenommen. Wie wir wissen, ist der gläserne Bürger bereits zur traurigen Realität geworden. Doch wie sieht es umgekehrt aus? Welche Möglichkeiten der Kontrolle hat das Volk als Souverän der Regierung und den Behörden gegenüber?

Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes

Beachtlich genug, dass erst 2005 das sogenannte Informationsfreiheitsgesetz (IFG) beschlossen wurde, welches den Bürgern das Recht einräumt, überhaupt Einsicht in Behördenakten des Bundes zu erlangen. Schließlich ist nur durch Informationen eine demokratische Meinungs- und Willensbildung und damit die Beteiligung an politischen Prozessen möglich. Durch diese neu geschaffene Transparenz sollte das Vertrauen der Bürger (wieder)gewonnen und die Politikverdrossenheit gesenkt werden. Natürlich gibt es hier auch verständliche Ausnahmen wie die Belange der inneren und äußeren Sicherheit, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren, geistiges Eigentum und personenbezogene Daten. Auch der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen fällt hierunter, allerdings bietet dieser die Möglichkeit einer sehr weiten Auslegung, derer man sich auch gerne bedient. Die Erfahrung vieler Journalisten zeigt, dass die Bundesbehörden sehr ungerne Informationen herausrücken, meist mit der Begründung eines unzumutbaren Arbeitsaufwands. Dabei können für die Einsicht sogar nicht unerhebliche Gebühren erhoben werden.  

Daten und Prüfberichte des Bundesrechnungshofs

Als unabhängige und selbstständige Behörde hat der Bundesrechnungshof die Aufgabe, die Haushaltsführung des Bundes zu überprüfen. Es liegt auf der Hand, dass gerade die Einsicht in die Akten des Rechnungshofs für die Bürger interessant ist, schließlich ist dies eine der wenigen Gelegenheiten zu erfahren, wohin unsere Steuergelder fließen. Doch eben für diese Behörde, deren ausnahmsloser Zweck darin besteht, Transparenz bezüglich der Staatsausgaben zu schaffen, wurde bereits letzten Juni beschlossen, dass sie komplett vom Informationsfreiheitsgesetz auszunehmen ist. An sich schon eine pikante Tatsache, doch es kommt noch viel dicker. Betrachtet man die Art und Weise und die Umstände, wie es zu dieser Gesetzesänderung kam, könnte man fast von einem Staatsstreich sprechen.

Im Bundestag nachts um halb eins...

Warum haben Sie und ich bisher noch nichts von dieser Entscheidung mitbekommen? Das mag daran liegen, dass die Aushebelung grundlegender Bürgerrechte quasi in einer Nacht- und Nebelaktion durch den Bundestag gedroschen wurde. Es geschah wieder einmal in einer der letzten Bundestagssitzungen kurz vor der Sommerpause. Nachts um halb eins stimmen um die 20 (!) der ca. 600 Abgeordneten in weniger als einer Minute im Eilverfahren über das "Erste Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetz" ab. Dabei geht es eigentlich um Zuschüsse für Hartz-IV-Empfänger in den ostdeutschen Bundesländern. Doch tags zuvor wurde hier der besagte völlig sachfremde Passus eingefügt, der die Bundeshaushaltsordnung dahingehend ändert, dass der Bundesrechnungshof nun keinen Zugang mehr zu seinen Akten gewähren muss. Allein dass eine solche Vorgehensweise überhaupt möglich ist, empfinde ich als sehr bedenklich. Schließlich ist die Bundesgesetzgebung an sich sowohl für Abgeordnete und erst Recht für die Bürger kaum überschaubar. Problematisch auch, dass das Parlament mit einer Besetzung von zwei Dutzend Parlamentariern als beschlussfähig gilt, wenn niemand der Anwesenden diese anzweifelt - meines Erachtens nach kaum hinnehmbar. Da es nicht das erste Mal so stattfindet, wäre es an der Zeit für eine öffentliche Initiative für eine entsprechende Änderung dahingehend, dass der Bundestag mit weniger als der Hälfte der Abgeordneten per se nicht beschlussfähig ist, unabhängig von Zweifeln der Anwesenden. Das wäre zumindest ein erster Schritt dahin, dass solche Heimlichkeiten vor dem Volk so unverfroren möglich sind.

Was sind die Gründe und warum die Eile?

Weshalb aber wurde plötzlich diese Eile an den Tag gelegt? Der Stern liefert interessante Indizien dafür, dass es unserer Groko zunächst darum ging, die Offenlegung der Verwendung von Fraktionszuschüssen zu verhindern. Es handelt sich immerhin um 80 Mio. € pro Jahr. Kurz vor der Entscheidung hatte ein Journalist entsprechende Akteneinsicht beantragt, die Zurückweisung erhielt er nach nun beinahe einem Jahr mit Berufung auf die Gesetzesänderung und die einstimmige Ablehnung durch die Fraktionen.

Bemerkenswert ist, dass sowohl der Präsident des Rechnungshofs Dieter Engels als auch sein Stellvertreter Christian Ahrendt ehemals selbst Fraktionsämter inne hatten. Es scheint also nicht verwunderlich, dass sich alle Beteiligten ausnahmsweise schnell einig wurden und gemeinsame Sache machen. Man wird sich doch nicht freiwillig den lästigen Fragen der Öffentlichkeit ausliefern...

Im April 2014 endet übrigens die zwölfjährige Amtszeit von Dieter Engels. Da ist es doch nett, wenn zukünftig nicht in den Akten gestöbert werden kann. Entsprechend dankte der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages dem noch amtierenden Präsidenten des Bundesrechnungshofes für die langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit - ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Selbstverständlich bilden die genannten Fraktionsgelder nur die Spitze des Eisbergs, denn in den versiegelten Akten bleibt nun die Vergabe von Steuergeldern in Milliardenhöhe ein Staatsgeheimnis.

Also: Herzlich willkommen in der Postdemokratie der Bananenrepublik Deutschland! Anders kann ich diese Zustände nicht mehr bezeichnen, denn in einer Demokratie sollten die zuständigen Beamten verstehen, dass die Akten nicht ihnen selbst gehören, sondern dass sie diese lediglich für die Öffentlichkeit verwalten.

Mit empörten Grüßen

Haydn von Hohnstein

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Amerika verabschiedet sich von Supermacht-Status

Feldherr Putin führt Zauderer Obama an der Nase durch den Ring

Mittwoch, 19.03.2014  

Barack Obama verspielt im Konflikt um die Krim Amerikas Ruf als Supermacht, poltern Hardliner in den USA. Doch der Präsident steckt in einem schwierigen Dilemma: Er kann Putin zwar nicht ausstehen, braucht aber dessen Unterstützung bei anderen Krisen.

Fürs Attackieren ist John McCain zuständig. Der Republikaner-Senator aus Arizona, der 2008 die Wahl gegen Barack Obama verlor, geht sofort auf Angriffskurs gegen den US-Präsidenten. Obama gebe in der Krim-Krise nicht nur eine traurige Figur ab, sondern setze obendrein auch noch Amerikas Ruf als Supermacht aufs Spiel, ereifert sich der 77-Jährige am Montag (Ortszeit) im US-Fernsehen: „Sogar Angela Merkels Erklärungen sind entschlossener, als die unseres Präsidenten. Diese Regierung versteht entweder nicht, wie wichtig Amerikas Führungsrolle (in der Welt) ist, oder sie will sie gar nicht mehr haben.“

Leichte Daumenschrauben

Kurz zuvor hatte Obama mit ernster Miene die ersten Strafmaßnahmen gegen sieben russische und vier ukrainische Politiker verkündet. Ihre US-Konten sollen bis auf weiteres eingefroren werden: „Wir wollen damit deutlich machen, dass deren Handlungen Konsequenzen haben“, betonte der Präsident und drohte: „Wenn Russland sich weiterhin in der Ukraine einmischt, sind wir zu neuen Sanktionen bereit.“ Womöglich noch in dieser Woche, heißt es aus Regierungskreisen.

Zugleich ließ Obama jedoch die Tür für eine  friedliche Beilegung des Streits offen: „Ich glaube, es gibt nach wie vor einen Weg, die Situation diplomatisch zu lösen, der sowohl die Interessen Russlands als auch die der Ukraine berücksichtigt“, unterstrich er. Dieser Weg setzte jedoch „den Abzug der russischen Truppen von der Krim auf ihre Stützpunkte“ voraus. Druck zur Deeskalation lautet die Zauberformel des Präsidenten. Er zieht die Daumenschrauben leicht an, in der Hoffnung Putin damit doch noch zum Einlenken zu bewegen.

Obamas Schwäche bestätigt Putin

Für McCain sind Obamas Warnungen dagegen nichts weiter als zahnlose Rhetorik. Dass das Weiße Haus sowohl Putin als auch dessen Außenminister Sergei Lawrow ausdrücklich aus dem Repressalien-Fadenkreuz nahm, zeugt für ihn von „absoluter Ängstlichkeit“, wie er betont: „Noch schwächer hätte der Präsident nicht reagieren können. Er erlässt Sanktionen gegen nur sieben Leute, nach einem Akt offener Aggression. Wann werden er und seine Berater endlich aufwachen und realisieren, was Putin tatsächlich vorhat.“

Unter einem Präsidenten John McCain hätten sich die USA niemals derart kläglich ins Bockshorn jagen lassen, beteuert der säbelrasselnde Vietnamkriegsveteran. Schließlich müsse eine Weltmacht Stärke demonstrieren: „Wir sollten der Ukraine Militärhilfe geben und die Europäer dabei unterstützen, sich von russischem Erdgas unabhängig zu machen“, fordert McCain: „Außerdem müssen wir unsere Beziehungen zu Putin neu überdenken.“ Schwäche, wie Obama sie demonstriere, bestätige den Kreml-Chef doch nur in seiner Politik.

Sanktionen wollen gut überlegt sein

McCain hat es leicht, vor der Fernsehkamera als Staatsmann zu schwadronieren. Er ist nicht für die US-Außenpolitik verantwortlich und braucht auch keine Rechenschaft für deren Folgen abzulegen. Für Obama dagegen bedeutet die Krim-Krise eine diffizile diplomatische Gratwanderung: Er muss Putin einerseits öffentlich abmahnen, schon um zu demonstrieren, dass die USA seine Krim-Strategie nicht tatenlos hinnehmen. Zugleich darf er es sich jedoch nicht ganz mit ihm verscherzen. Denn er braucht die Hilfe Moskaus bei anderen Konflikten: etwa in Syrien, bei den Atomverhandlungen mit dem Iran oder beim Truppenabzug aus Afghanistan, der  u.a. über russische Versorgungsrouten führt. Da wollen Sanktionen gut überlegt sein.

Jedenfalls setzte Russland nun erst einmal Senator Mc Cain auf eine Sanktionsliste: Er darf nach Russland nicht mehr einreisen. Ob er es jemals vorhatte? Wohl eher nicht. Allerdings ist die Liste anders herum auch nicht zwingender.

Haydn von Hohnstein

Quelle: auch Fokus Online

Freiheit für Uli Hoeneß

Wo alle auf dem armen Uli Hoeneß herumhacken, muss einer aufstehen und mutig seine Wertschätzung für den Fußball- und Wurstgott bekunden. Diese Aufgabe übernehme ich gern. Mit schon an Shakespeare gemahnender Rhetorik mache ich klar: Die Justiz in einem kapitalistischen System soll nicht entrüstet tun, wenn jemand nach dem Motto “Alles für mich, nichts für die Gemeinschaft“ handelt. Schließlich hätte die Gemeinschaft überhaupt keinen Anspruch auf irgendwelche zusätzlichen Hoeneßmillionen, wenn der Bayerngott nicht gezockt hätte. Insoweit ist dem "gemeinen" Volk überhaupt nichts weggenommen worden. Ein Zocker am Roulette muss seine Gewinne schließlich auch nicht versteuern. Wo ist der Unterschied? Der liegt eben genau darin, dass das Gesetz ist wie es ist und Hoeneß als Deutschlandgott hätte wissen müssen, dass seine Millionenzockerei eine Millionensteuerzahlung nach sich zieht. Er hatte ganz offensichtlich auf dieser Ebene jeglichen Bezug zur Realität verloren, ohne Frage.

Bei Uli Hoeneß passt einfach alles: Er ist Wurstfabrikant, Spekulant, war Präsident der derzeit spektakulärsten Fußballmannschaft der Welt und wohnt in einer Villa am Tegernsee. Er ist ein Bilderbuchkapitalist, hat steuervergünstigt Millionen gespendet und etliche Millionen mehr hinterzogen. Business as usual. Dank sei einem Bankensystem, das spezialisiert ist auf den Steuerbetrug der Superreichen, die jetzt, wie Hoeneß, Schwerverbrecher sind.

Ich weiß nicht genau, was man als Hilfsarbeiter in einer Wurstfabrik verdient, aber man muss schon ein paar Stunden schuften, um sich ein Ticket in der Allianz Arena zu erarbeiten. Ich wünsche niemandem den Knast. Verständlicherweise. Und auch dem Herrn Hoeneß nicht, der tatsächlich viel Geld erwirtschaftet und fast 30 Millionen Steuern hinterzogen haben soll, vielleicht sogar noch mehr. Dafür kann das Volk schon eine Haftstrafe erwarten, wenn Jahre zuvor bereits für 3 Mio. € Steuern auf Nichts 4 Jahre Haft angemessen erschienen. Dennoch sieht eine Haft für Hoeneß unangemessen aus, denn der Mann ist sowieso nicht resozialisierbar. Ebensowenig wie seine Freunde von den Banken, Automobilkonzernen und Versicherungen. Es sei denn, das Finanzamt nimmt ihm schließlich alle Millionen weg und für ihn bleibt nach der Haft Hartz IV. Das wäre für Hoeneß sicher lehrreich, denn eine unternehmerische Tätigkeit oder eine Tätigkeit als Prokurist darf er normalerweise, wie alle anderen Steuerhinterzieher auch, zumindest in Deutschland nicht mehr ausüben, weil er steuerlich unzuverlässig ist. Er kann also nicht mal mehr seine eigene Wurstfirma leiten. Dann bleibt ihm wieder nur die Zockerei mit Freundeshilfe aus dem erlauchten Kreis der Superreichen. Die wird ihm schließlich nicht verboten und wäre die Chance, wieder dazu zu gehören.

Nun will ich nicht weiter auf Hoeneß herumreiten. Schließlich hatte er viel Gutes getan und sein Lebenswerk, wie das vieler anderer Menschen im Übrigen auch, besteht aus vielen Facetten. Deutschland hatte ihn schließlich zum Gott erhoben. Nun ist er vom Sockel gestürzt, auf den andere ihn stellten. Was übrig bleibt ist ein ganz normaler Mensch, der einen Fehler oder mehrere (lt. Urteil sieben) gemacht hatte, wie wir alle in unserem Leben auch. Deshalb sollten wir bei Uli Hoeneß menschlich bleiben und mehr auf das System schauen, welches solches zulässt. Uli Hoeneß hat nicht zuletzt deshalb Millionen scheffeln können, weil er, wie viele andere, auf Währungen zockte, was nicht zuletzt die Währungskrisen weltweit mitverursachte. Man muss den Sumpf ausrotten, nicht auf denen rumtrampeln, die diesen Sumpf nutzen und damit wenigstens einen Teil der Bankenmillionen als Steuern wieder dem Volk zuführen. Das gilt vor allem in der heutigen Zeit, wo das Volk den Banken erst mal dieses Geld gab, mit dem sie weiter zocken und zocken lassen.

Deshalb gibt es für jeden aufrechten Kapitalisten nur einen möglichen Kampfruf: Freiheit für Uli Hoeneß!

Haydn von Hohnstein