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Brüssel: Die Merkel- Dämmerung

5. Dez. 2015

Mutti hatte sich für die Rüstungslobby sichtbar aufgehübscht.

LINKE und GRÜNE dämmern mit.

Der Kriegseinsatz in Syrien wurde förmlich durch den Bundestag gepeitscht. Warum sollte man auch noch länger darüber nachdenken dürfen oder diskutieren müssen, denn schließlich waren auf dem EU- Sondergipfel mit der Türkei zuvor bereits alle demokratischen Regeln gebrochen und der Syrienkrieg bzw. die deutsche Beteiligung daran beschlossene Sache. Nur: zu dem Zeitpunkt fehlte noch die Parlamentszustimmung. Eine vernachlässigbare Kleinigkeit, wie wir dann feststellen durften angesichts des Verfahrens und der überwiegenden Negativstimmung in der Bevölkerung. Was war in den Tagen vor der Bundestagssitzung letzte Woche passiert?

Wenn Angela Merkel den CDU-Parteitag in einer Wochen überstehen sollte, dann nur, weil sich keiner als Gegenkandidat aus der Deckung getraut hat: Schäuble nicht, weil er zu alt ist, von der Leyen nicht, weil sie zu kalt ist und de Maizière nicht, weil er erkennbar zu dumm ist.

Wenn sich keiner traut. Denn die Dauer-Kanzlerin droht zwischen zwei Schnittkanten geschreddert zu werden: Der wachsenden Zahl von Flüchtlingen aus den Kriegsländern und der Ausweitung des Syrienkrieges auf die Bundesrepublik Deutschland. Auf dem EU-Sondergipfel mit der Türkei hat die Kanzlerin den Rest an demokratischem Ballast in der Außenpolitik über Bord geworfen und durchgesetzt, dass dem Schutzgeld-Erpresser Erdogan viel Geld gezahlt wird, um die vom Westen erzeugten Flüchtlinge ins türkische Ghetto zu pferchen.

Die Türkei ist nachweislich ein Unterstützer des IS: Nicht nur, weil Wladimir Putin unwidersprochen sagen kann: "Tag und Nacht fahren Tank-Lastwagen in die Türkei. Sie kommen aus den vom IS kontrollierten Gebiet voll beladen, und sie fahren leer wieder zurück." Es sind "Fahrzeuge, die Öl transportieren, in einer Kolonne, die bis über den Horizont reicht." Nicht nur, weil das vom IS eroberte Öl seit langem über den staatlich kontrollierten türkischen Hafen Ceyhan, nahe der Stadt Adana, verschifft wird und so die Kasse der Terrororganisation füllt. Auch weil Sultan Erdogan lieber Kurden bomben lässt, als sich ernsthaft gegen den IS zu wenden. Dieser Erdogan war nun Merkels Wunschpartner in Brüssel und kam nicht mal selbst, sondern schickte nur seinen Laufburschen, Ahmet Davutoglu. Der durfte sich dann als Retter der EU darstellen.

Der neue deutsche Krieg in Syrien war – laut unseren Mehrheits-Medien – da schon längst beschlossene Sache. Fröhlich textete der verhaltensauffällige Daniel Brössler in der SÜDDEUTSCHEN von einem "Waffengang", als sei in Syrien ein Ritterturnier zu bestreiten. Die ZEIT titelte zum Bundeswehr-Syrien-Einsatz: "Aus Liebe zu Frankreich". Denn Liebe geht anscheinend durch Granaten. Auf "tagesschau.de" war sich Jochen Graebert vom ARD-Hauptstadtstudio schon vor der Bundestagssitzung gewiss: "Jetzt ist Deutschland also doch Kriegspartei in Syrien." Wer wollte sich schon mit dem Parlament, dem Völkerrecht oder gar mit dem Grundgesetz aufhalten? Zumal die Stammtisch-Leuchte Stefan Kornelius von der SZ schon entschieden hatte, wie der Krieg ausgeht: "Die Person Assad wird gehen müssen." Die Schreibtischhelden freuen sich erkennbar auf einen weiteren deutschen Krieg. Dann haben sie wieder etwas zu berichten. Das schafft Auflage und nur darum geht es!

So wie die Bundesregierung keinen Plan zum Flüchtlingsproblem vorlegt, so will sie sich planlos in einen Krieg stürzen, der schon verloren ist, bevor deutsche Piloten ihn weiter verlieren helfen. Ohne Assad und ohne die Syrer, die ihn stützen, gibt es keine Lösung. Ohne eine Koordination mit Russland kann der "Islamische Staat" nicht zurückgedrängt werden. Und ohne den IS von seiner Finanzierung durch die Türkei und die arabischen Scharia-Staaten abzuschneiden, wird der Islamische Staat weiter terrorisieren. Doch ernsthafte Anti-IS-Aktionen wünschen die USA offenkundig nicht. Die Merkel-FREUNDE arbeiten schon lange erfolgreich daran, einen weiteren kaputten Staat im arabischen Raum herzustellen. Dem wird sich die FREUNDIN nicht entgegenstellen. Was die Rolle Russlands angeht, war es überaus interessant, dass ein deutscher früherer NATO- General, Luftwaffenoffizier, in einer Talkshow verlauten ließ, dass es taktisch und strategisch sinnvoll ist, was die Russen in Syrien machen, worauf ihm sofort ins Wort gefallen und er niedergesappelt wurde, nicht mehr zu Wort kam. Denn die Mehrheitsmedien sind ganz klar anderer Meinung. Und da sie die Herrschaft haben, erhalten wir eben auch keine anderen Informationen. Daran darf doch so ein lächerliche General nicht rütteln, oder?

Weil Merkel den Zusammenhang zwischen den US-Kriegen und dem Flüchtlingselend nicht thematisieren will, kann sie auch keine Lösungen anbieten. Das befeuert rechte Rechte und Nazis: Die AfD bekommt beschämende Umfragewerte, Pegida besetzt Straßen und Plätze, Nazis können Heime abfackeln, als hätte die Staatsgewalt gerade Urlaub. Wenn nun doch, ob auf dem CDU-Parteitag oder später, einer aus der Deckung kommt, wenn sich die Söders und Schäubles, gestützt auf die von der AfD mobilisierte Straße, doch trauen nach dem Thron zu greifen, dann wird aus der Merkel-Dämmerung das Morgen- Grauen werden: Die Republik wird einen krassen Rechtsruck erleben.

Und während die Merkel dämmert, schläft die deutsche Linke und überlässt den Rechten das Feld. Die GRÜNEN haben offenkundig vergessen, dass sie auch aus der Friedensbewegung entstanden sind. Dass sie ihre ersten, wesentlichen Schritte zur politischen Kraft Anfang der 80er Jahre auf dem Weg zur Anti-Pershing-Blockade in Mutlangen und gemeinsam mit der halben Million Nachrüstungsdemonstranten im Bonner Hofgarten gegangen sind. Dass der SED-Genosse Gregor Gysi am 4. November 1989 vor 500.000 Menschen während der Massenkundgebung auf dem Berliner Alexanderplatz für eine gründlich andere DDR plädierte: Vergangen. Dass der Sozialdemokrat Oskar Lafontaine gemeinsam mit prominenten GRÜNEN gewaltfreien Widerstand gegen die Stationierung von Atomraketen leistete: Vorbei. GRÜNE und LINKSPARTEI verlassen sich auf ein Parlament, in dem die Niederlage jener Mehrheit der Deutschen, die gegen eine Beteiligung am Syrienkrieg sind, schon programmiert ist. Die linken Parteien vertreten das Volk, sie mobilisieren es nicht. Gute Nacht.

Haydn von Hohnstein

Der Beckenbauer, Franz ...

25. November 2015

Dem als "Fußballkaiser" jahrzehntelang schon fast vergötterten Franz Beckenbauer sind wohl unversehens die Hosenträger seiner Beinkleider gerissen, so dass er nun vor der Öffentlichkeit mit entblößtem Unterleib dasteht, sich selber quasi "blanko" präsentiert.

Allein die Aussage bezüglich seines Verhaltens als Vereinspräsident der "Bayern" läßt doch schon schauern und gibt der Phantasie über die Strukturen innerhalb dieses Promiclubs reichlich Stoff zum Blühen – zumal der bayrische Boden durch Vorgänge wie jene um Hoeneß und Konsorten reichlich gedüngt war.

Beschränkte sich sein [mit Verlaub als "geistig beschränkt" einzuordnendes] Verhalten während seiner Münchener Vereinspräsidentschaft lediglich auf leichtfertige Täuschung der Masse der Fans und Vereinsmitglieder, was in der Regel keine Strafverfolgung nach sich zieht, dann wäre es Sache des Vereins ihn dafür intern mit Sanktionen zu belegen. Wenn allerdings, wie bei Hoeneß und Co. geschehen, dem Fiskus mit seinen Ansprüchen eine lange Nase gedreht wurde, dann sollte des Staates Anwaltschaft sich ´mal ein wenig näher mit dem "kaiserlichen Gebaren" in der bajuwarischen Hauptstadt befassen.

Soweit – nein, nicht so gut, sondern so national.

Mit der Annahme des Amtes als Chef des Weltmeisterschafts-Organisationskommitees hat seine "Beschränktheit" sich auf internationales Parkett begeben, auf dem er - durch sein zumindest scheinbares unlauteres Handeln und Verhandeln mit erwiesenermaßen korrupten Betrügern - dem nationalen Ansehen Deutschlands in der globalen Sportswelt ein paar gehörige Dellen zugefügt hat.

Wenn es sich bei seiner "Blankosucht gegenüber Vertrauten", wie er es jetzt eingeräumt, nur um einen alleinstehenden "Ausrutscher" gehandelt hätte, dann sollte man ihm, getreu des Mottos dass jeder eine zweite Chance verdient habe, verzeihen. Da es sich hier aber nicht um einen einzigen Ausrutscher sondern um nur einen von vielen Fehl- bzw. Fettnäpfchentritten in der Karrierezeit des Franz Beckenbauer handelt, ist auch keine Nachsicht oder Milde in der Be- und Verurteilung angebracht.

Vielleicht hat in der Vergangenheit auch nur niemand gewagt an des "Kaisers" glänzenden Kleidern zu kratzen, so hat jetzt vielleicht eine 'zu volle' Hose von sich aus für eine andere Art von 'blanko' gesorgt.

Herzlichst

Ihr Haydn von Hohnstein

Deutschland ohne Bayern

01. November 2015

Die Bayern selbst scheinen die Abschottungspolitik nicht mitgestalten zu wollen.

Seehofer-Ultimatum führt zur Sezession

Er hat es gesagt, der Homo Sapiens Erotikus, der Seehofer Horst, wenn die Merkel die Zuwanderung nicht bis Sonntag stoppt, dann wird er "Notwehrmaßnahmen" ergreifen! Wir weollten es erleben, dass am Sonntag die Glocken der bayerischen Kirchen Sturm läuten, wenn die 47 bayerischen Gebirgsschützenkompanien an den Grenzen zur Bundesrepublik aufmarschieren und von ihren Lippen das Lied der bayerischen Lieder schallt: "Gott mit dir, dem Bayernvolke, dass wir, uns´rer Väter wert, fest in Eintracht und in Frieden, bauen uns´res Glückes Herd!" Hah, das hätten sie nicht gedacht, die Haderlumpen in Berlin: Sezession! Sezession! schreit es dann auf allen Plätzen Bayerns, und wo gestern noch Flüchtlinge ihr Unwesen trieben, treiben die bayerischen Truppen dann die Fremden zu Paaren.

Schon in der Nacht wollte das katholische "Radio Maria", der Sender im demnächst angeschlossenen Österreich, aus der Basilika Sonntagberg im Mostviertel, atemlos verkünden: "Ab heute wird zurückgeschlossen!" Erst diese, dann jene Grenze, dann die Sozialämter, in denen die Sozialschmarotzer, die ausländischen, das Blut der Bayern bisher abzapften. Da können sie rund um das Brandenburger Tor lange "Völkerrecht" schreien: Die Bayern werden nur das Unrecht wieder gutmachen, das im Jahre 1949 an ihnen verbrochen worden ist: Erst hatten die Alliierten einen Bundesrepublik- Ausstiegs-Paragraphen der bayerischen Verfassung brutal gestrichen, dann gaben die bayerischen Landtags- Abgeordneten in der Abstimmung über das Bundes-Grundgesetz ihre Antwort und Landtagspräsident Horlacher verkündete: "Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung ist folgendes: Abgestimmt haben 174 Abgeordnete; davon stimmten 64 mit JA, 101 mit NEIN und 9 mit `Ich enthalte mich´. Ich habe demgemäß festzustellen: Das Grundgesetz in der vorliegenden Fassung hat nicht die Zustimmung des Bayerischen Landtags gefunden." Und trotzdem darben die Bayern bis heute in der Zwangs-Bundesrepublik, das sollte sich ab heute ändern.

Umschauen werden sie sich, die Bundesverbrecher, wenn der bayerische Rüstungskomplex seine eigene Außenpolitik machen wird: EADS, Diehl und Krauss-Maffei Wegmann, alles in Bayern beheimatet. Kampfflugzeuge, Panzer, Drohnen, alles in den blau-weißen Farben. Und wenn sich bisher ein Wirtschaftsminister, ausgerechnet von der SPD, mit Waffen-Lieferungen an Katar hat dicke tun können, wird Bayern gleich an beide Seiten liefern: An Katar und dessen Gegner Assad, an die Kurden und die Türken, und wenn die stolzen Bayern noch einen falschen Ton hören, dann eben auch an Nord- und Süd-Korea. Soll sich das doch zu Hause gegenseitig zu Klump schießen, das Gelump, das Fremde, dann lungert es nicht in den schönen bayerischen Gauen herum.

Dass die Tatjana Finsterling oder wie die Pegida-Vorkämpferin genau heißt, nach der Sezession bayerische Innenministerin wird, steht schon mal fest. Die hat Dresden in der Hand, und wer Dresden hat, der hat Sachsen, und Sachsen ist auch ein Freistaat. Da ist die Sezession nicht weit. Die Frau sagt genau das, was der Seehofer-Horst denkt: "Ihr von der radikalen sozialistisch quersexuellen Minderheitenlobby, die Ihr Euch wie Pädophile ständig mit der Sexualität unserer Kinder beschäftigt … Ihr verkorkten Gendertanten, die Ihr mit Eurem überzogenen Sexualscheiß unsere Kinder traumatisiert und frühsexualisieren wollt … euch sage ich, in Dresden werdet Ihr nicht gewinnen …." – Und Europa? Das sezessiert mit. Die Balten, die Ungarn, Slowenen: Die wollen sich auch aus Brüssel nichts mehr sagen lassen. Hat im gut-katholischen Polen nicht gerade Jaroslaw "Kartoffel" Kaczynski die Wahlen gewonnen? Das wäre ein Präsident der neuen Süd-Ost-Europäischen Union nach dem Geschmack von Horst Seehofer.

Die Merkel hat es in der Hand: Noch kann sie die Grenzen dicht und den Horst glücklich machen. Schon bald nachdem der einstige Ingolstädter Amtsinspektor Seehofer beschloss, Politiker zu werden, hat der das Bundesseuchengesetz auf AIDS-Kranke anwenden wollen und gefordert, Infizierte "in speziellen Heimen zu konzentrieren". Auch wenn sich diese Konzentrations- Heime damals nicht haben durchsetzen können, sind sie doch bis heute ein Muster für eine Ordnung, die im Land besser herrschen täte, statt dieser Lari- Fari- Politik aus Berlin. Hätte man nur rechtzeitig die Seehofer- Maut auch für ausländische Fußgänger eingeführt, gäbe es die aktuellen Probleme nicht: Mangels Kasse hätten die Ausländer draußen bleiben müssen. Und weil mit der Sezession auch der Länderfinanzausgleich, der ungerechte, ein schmähliches Ende haben wird, können die Berliner sehen, wie sie ihren Flughafen finanziert bekommen, geschweige, dass er fertig werden würde. Der Schritt zur Krönung des Horst ist in der Bayernhymne bereits angelegt – "Gott mit ihm, dem Bayer-König! Segen über sein Geschlecht! Denn mit seinem Volk in Frieden, wahrt Er dessen heilig Recht. " – Unsicher ist, ob die Stelle mit dem Geschlecht nicht doch zu anzüglich ist, sicher ist: Horst der Erste wird das Letzte sein, was nach dem Ultimatum von der ehemaligen Bundesrepublik an Rühmenswertem bleiben wird. Denn irgendwie wurde letzte Nacht, also kurz vor toresschluss, irgendetwas vereinbart, mit dem niemand etwas anfangen kann. Die SPD zog aus und der besorgte Bürger fragt sich, was denn wohl CDU und CSU anstellen wollen ohne Mehrheit im Parlament. CDU und SPD, das würde gehen. Den Seehofer benötigt man in Berlin doch gar nicht. Schade ist, dass wir nun das Kirchenglockengbimmel heute nicht hören konnten. Ob Angie was gegen die katholischen Glocken hat?

Haydn von Hohnstein

Quelle: Nationalgalerie

Flüchtlingsmission in Mali

25. Oktober 2015

Kriegsmaterial in Krisenregionen zu "verticken" bedeutet auch Wirtschaftswachstum und so ist Tante Uschi von der Leyen auch Wirtschaftsförderin, mit leichten Kollataralschäden der menschlichen Art, wie "Friedensnobelpreisträger" ebenso sind.

Wir schaffen das! ... Ab!

Wenn Sie in Ihrer Nähe das Wort "Mission" hören, sollten Sie unbedingt in Deckung gehen. Denn im Tarnanzug-Sprech der militarisierten deutschen Medien bedeutet Mission - Krieg. Noch ist die Afghanistan-Mission nicht beendet, schon soll die Bundeswehr zu einer weiteren Missionierung aufbrechen. Das Ziel ist das afrikanische Mali und eigentlich ist die Bundeswehr bereits seit dem Februar 2013 mit einem Bundestags-Mandat in Mali unterwegs. Aber weil eine militärische Lösung des Bürgerkrieges seit zwei Jahren nicht gelingt, soll die deutsche Armee ihr Kontingent jetzt verstärkt in die Kämpfe werfen: "Deutschland hat ein besonderes sicherheitspolitisches Interesse an der weiteren Stabilisierung Malis", teilte das Verteidigungsministerium in seiner Gnade jüngst mit und vergaß zu erwähnen, dass "Stabilisierung" eines dieser Worte ist, das die nächste Granate ankündigt.

Würden Sie Frau von der Leyen ein gebrauchtes Gewehr abkaufen? So blöde darf eigentlich keiner sein. Aber die kampftrunkene deutsche Medienlandschaft hat der Dame Leyen schon im Januar 2014 folgenden Satz ohne Mucken abgekauft: "In Zentralafrika entfaltet sich ein blutiger Krieg zwischen Christen und Muslimen. Wir können nicht zulassen, dass der Konflikt die ganze Region in Flammen setzt." Ein Satz, mit dem die Frau schon damals eine Verstärkung des Bundeswehreinsatzes in Mali begründete. Nicht mitteilen wollte von der Leyen, dass es Gold gibt in Mali. Nach Südafrika und Ghana hat Mali die drittgrößte afrikanische Gold-Industrie. Auch Uran kann man im Land finden. Und natürlich ist die missionierende USA in Mali unterwegs: 1998 bildeten rund 70 Soldaten der US-amerikanischen 3rd Special Forces Group im Rahmen des Trainingsprogramms African Crisis Response Initiative [ACRI] ein malisches Bataillon für "Friedensmissionen" aus. Und wie jeder weiß: Wo US-Forces sind, da ist der nächste Krieg nicht weit entfernt.

Doch mitten in der tödlichen Stille deutscher Medien meldete sich jüngst sogar Theo Sommer, früherer Herausgeber der ZEIT, staatlich geprüfter Atlantiker und als "Bilderberger" keiner linken Regung verdächtig: "Jeder dritte Flüchtling, der letzthin aus dem Mittelmeer gefischt worden ist, stammt aus Mali. Sie flohen ein korruptes Regime, das wir nicht mit unseren Hilfsgeldern stützen sollten. Präsident Ibrahim Boubacar Keïta aber hat sich, kaum gewählt, für 37,5 Millionen Euro – ein Drittel des jährlichen deutschen Entwicklungszuschusses – ein prunkvolles Präsidialflugzeug angeschafft, obwohl er bereits eines hat." Mit Boubacar Keïta steht ein Mann der heimischen Oligarchie an der Spitze Malis, dessen Streitkräfte schon seit 2007 von der Bundeswehr unterstützt werden: Es wurde ausgemustertes Gerät, darunter 32 LKW, 14 kleine Boote und vier Wolf Geländewagen von der Bundeswehr nach Mali geschafft. Im Jahr 2009 wurde Mali ein offizielles Partnerland der Ausstattungshilfe für ausländische Streitkräfte. Außerdem wurde ein Ausbildungszentrum für Bundeswehr-Pioniere gebaut.

"Das Land ist eine Drehscheibe für die Flüchtlingsrouten", sagte Frau von der Leyen den Deutschen ins Gesicht. Es sei daher "wichtig, dass Mali dauerhaft befriedet wird und Schlepper nicht weiter ihre üblen Geschäfte machen". In die Reihe der Befriedungs-Argumente hat sich jetzt ein neues eingeschlichen. Ging es bisher vorgeblich um Freiheit, Menschenrechte oder Terrorbekämpfung, will die Verteidigungsministerin jetzt auch noch die Flüchtlinge bekämpfen. Gleich vor Ort will sie befrieden was das Zeug hält. Zunehmend ist auch das Grundgesetz auf der Flucht, das weder den Grund noch den Ort der neuesten Mission erlaubt.

Bisher wurden nur 9900 Flüchtlinge aus Mali bei ihrer Flucht über das Mittelmeer gezählt. Tote nicht eingerechnet. Der Staat Mali ist ein Zerfallsprodukt des Kolonialgebietes "Französisch-Sudan". Der weiße Mann herrschte dort von 1890 bis 1960. Von daher ist es nur logisch, dass die Kinder des Kolonialismus zur Quelle ihres Elends fliehen, dorthin wo die ihnen geraubten Rohstoffe in Kapital verwandelt wurden, wo die Gründer ihrer künstlichen Staaten zu Hause sind. Schon die einfache Beobachtung der letzten Jahre besagt, dass militärische "Missionen" nur die Zahl der Flüchtenden erhöht. Zu solchen Beobachtungen ist die Regierung Merkel offenkundig nicht in der Lage. Statt dessen speist die oberste Fluchthelferin ihre Wähler und auch die Flüchtlinge mit dem Satz "Wir schaffen das!" ab. Wer zugleich Waffen in alle möglichen Krisengebiete exportiert und auch deutsche Soldaten, dessen Zynismus wird nur mühsam mit dem dünnen Firnis der Humanität übertüncht. Das einzige was Merkel & Co. wirklich schaffen, ist das Grundgesetz.... Und zwar ab.

Quelle: Nationalgalerie

Haydn von Hohnstein

Gib Abgas, Mutti

29. Sep. 2015

Deutschland einig Auto-Land

Wer bestimmt hier wen?

Was macht eigentlich der TÜV, der Technische Überwachungs Verein? Er macht Geld. Viel Geld. Zum Beispiel hat der TÜV SÜD 2014 zwei Milliarden Euro Umsatz eingefahren. Die anderen regionalen TÜVS haben ähnliche Ergebnisse erzielt. Der TÜV untersucht alle zwei Jahre die Abgaswerte zugelassener Kraftfahrzeuge. Und was kommt raus? Genau das, was die Auto-Industrie sich wünscht.

Was macht eigentlich die Kanzlerin? Die Kanzlerin spricht alle vier Jahre einen Amtseid: "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe." Und was kommt raus? Natürlich nicht nur das, was die Auto-Industrie sich wünscht. Branchen wie Banken oder die Chemie-Industrie haben ja auch Wünsche. Aber die Auto-Industrie hat schon einen speziellen Zugang zum jeweiligen Kanzler. Die Deutschen hatten sogar mal einen Auto-Kanzler. Die jetzige Amtsverweserin lies sich lange "Klima-Kanzlerin" nennen. Dem Klima ist das Lachen schon seit Jahren vergangen.

Motoren laufen nur, wenn sie ständig geschmiert werden. Das weiß die Auto-Industrie. Und so füllt sie Jahr für Jahr die Wanne, in die Politiker ihre Kolben tauchen, mit einem Schmierstoff, der abgasfrei verbrennt: Geld. Die Daimler AG überwies 2012 zum Beispiel jeweils 150.000 Euro an CDU und SPD. BMW leistet sich traditionell eine Sachspende. Der Wert dieser offiziell als "kostenlose Fahrzeugnutzungsüberlassung" bezeichneten Zuwendungen an CDU, CSU, SPD und FDP wird auf der Webseite des deutschen Bundestages mit einem Betrag von insgesamt 367.045 Euro beziffert. Hinzu kommen Spenden der Arbeitgeberverbände der Metallindustrie: Allein aus Bayern, Baden-Württemberg und NRW wurde der Tank für die Koalitionsparteien mit 2,67 Millionen Euro gefüllt.

Einmal, als die arme Autoindustrie wirklich dringend Hilfe brauchte, weil die Europäische Union eine schärfere Abgas-Norm forderte, da griff die Familie Quandt-Klatten – die Sippe, der BMW gehört – mal eben in die Portokasse und lies 600.000 Euro Parteispenden für Angela Merkels CDU rüberwachsen. Und was kam dabei heraus? Die Abgasnorm war vom Tisch. Der VW-Konzern erledigt so etwas mal eben mit einer prima Software. Hinzu kommt, dass der Staat über das Land Niedersachsen eine Sperrminorität an den Kapitalanteilen der VW-AG hält. Da ist eine Parteispende geradezu rausgeworfenes Geld. Offenkundig hat Volkswagen aber zu wenig Geld in US-Wahlkämpfe investiert. Das rächt sich jetzt.

Wenn demnächst allüberall Monster-Laster die deutschen Straßen verstopfen, sollten die neuen 25-Meter-LKW´s Aufschriften tragen wie "Danke CSU" oder "Ich bremse nur für Kanzler". Denn die CSU setzt sich für die hirnrissige Idee, noch mehr Fracht von der Schiene auf die Straße zu verlegen, ganz besonders ein. Und der Chef des Auto-Lobby-Verbandes Wissmann, der mal CDU-Verkehrsminister war, will diese verkehrspolitische Idiotie unbedingt durchsetzen. Der Verband der Automobilindustrie [VDA] behauptet, zwei Riesenlaster könnten drei herkömmliche LKW ersetzen und so den Verkehr reduzieren. Doch eine Studie des Bündnisses "Allianz pro Schiene" warnt: Wenn sich die Monster durchsetzten, könnten rund acht Prozent des Frachtverkehrs von der Schiene auf die Straße verlegt werden und so der Umwelt und dem Straßen-Netz schaden. Die GRÜN-dominierte Landesregierung in Stuttgart will sich da nicht querstellen. Sie hat den Giga-Lastern eine Ausnahmegenehmigung für drei Autobahnabschnitte erteilt. Die Verbindungen führen vor allem zu Werken des Autokonzerns Daimler, der die Sondererlaubnis auch beantragt hat. So geht GRÜNE Software.

Spätestens seit Auto-Kanzler Schröder wird das Wort "Freiheit" mit "Vorfahrt für Privat" übersetzt. Auf dieser Spur fährt längst auch Angela Merkel, deren Koalition vor zwei Jahren privaten Busanbietern jede Menge Linienverbindungen zwischen den Städten genehmigt hat. Die Bahn rechnet mit 40 Millionen Euro weniger Einnahmen wegen der Konkurrenz durch Fernbusse. Seit 2013 ist der Bus-Verkehr freigegeben. Acht Millionen Menschen nutzten das Angebot. Während die Bahn jede Menge Geld für ihre Trassen aufwenden muss, werden die Autobahnen für die Busse vom Steuerzahler finanziert. So bremst die Regierung Merkel die Bahn aus, die noch dem Staat gehört und bei weitem umweltfreundlicher ist, als der Bus-Betrieb.

Was ist eigentlich der TÜV? Ein Verein, der mit hoheitlichen Aufgaben betraut ist und, im Fall des TÜV SÜD, weitgehend den Energiekonzernen E.ON, Vattenfall und EnBW gehört. Der Chef der TÜV Rheinland AG war vorher Chief Executive Officer der RWE Technology. So ein schöner Kreislauf: Konzerne prüfen Konzern-Produkte, der Steuerzahler blecht beim Kauf, bei der Produktprüfung und für die genutzten Straßen. Und mit diesem Geld kaufen die Inhaber der Deutschland AG jene Parteien, die vorgeben, Interessen der Wähler zu vertreten. Der nächste Wahlkampf-Slogan für die CDU kann deshalb nur lauten "Gib Abgas, Merkel!" Ganz sicher wird der TÜV ihr dann, nach gründlicher Prüfung versteht sich, ein Ehrlichkeits-Zertifikat verleihen.

Haydn von Hohnstein

Klamotte VW - Die Dieselkomödie

24. Sep. 2015

Er läuft und läuft und läuft und läuft ....

Dieser, seinerzeit auf den robusten Käfer gemünzte unvergessene Werbespruch - aus einer bescheideneren, vielleicht auch aus den Neuanfängen heraus ein wenig moralischeren Zeit - der Wolfsburger Automobilschmiede könnte jetzt aus der Mottenkiste springen und Synonym für den neuesten Skandal um die, ich möchte schon fast sagen größenwahnsinnigen, Manager im Süden Niedersachsens werden.

Skandale und Skandälchen begleiten seit längerem die Marke VW und ihre vielen Töchter.

Ich erinnere da zum einen nur an die fidelen Bummstouren des fast gesamten Spitzenmanagements, die lange die Justiz in unserem Land beschäftigt haben. Mit dem Namen des Hauptakteurs dieser Schmierenklamotte wird unsere Gesellschaft immer noch Tag für Tag konfrontiert. Ich sage nur "Hartz (IV)".

Zum anderen fällt mir da ohne nachzudenken die "Geschmäcklesache" zwischen dem Konzern VW und dem jetzigen Bundeswirtschaftsminister und damaligen Hannoverschen Ministerpräsidenten mit seiner vorgeblich selbstlosen aber dennoch fürstlich honorierten "Beratertätigkeit" für die Porsche-Enkel ein.

Das vorläufige Meisterstück in Sachen unverfrorener betrügerischer Dreistigkeit des Wolfsburger Managements wird der staunenden Öffentlichkeit allerdings jetzt als "Dieselkomödie" in mehreren Aufzügen vorgeführt. Die Provinz-, Deutschland- oder Europabühne ist für eine solche Inszenierung jedoch bei weitem nicht ausreichend dimensioniert. Die globusumspannende Weltbühne ist es, auf der vorläufig noch generalgeprobt wird. Was als cleveres Gaunerstück, als Ingenieursmeisterleistung 'Made in Germany', ersonnen und durchgeführt wurde, endet nun mit Sicherheit als großes Drama mit unabsehbaren Folgen für unser Land. Alle, vom einfachen Arbeitnehmer bis hin zum hochalimentierten Staatsdiener, werden es zu spüren bekommen, das weltweite Abwenden der konsumierenden Schichten von deutschen Erzeugnissen. Naserümpfend ob des müffigen Geruches deutscher Qualitätsarbeit werden sich unüberschaubare Käuferscharen von ihnen ab- und konkurrierenden Produkten aus anderen globalen Fertigungsgebieten zuwenden.

Mit "wir haben auf Deutsch gesagt schlicht Mist gebaut" bezeichnete der US Chef von VW das betrügerische Tun der Konzernverantwortlichen.

Mit einem solchen Bekenntnis – das es übrigens auch nicht trifft, denn Mist könnte als Dünger für Nachwachsendes genutzt werden - wird es aber nicht getan sein, zumal das Entsetzen, die Enttäuschung und der politische Wille zur rückhalt- und lückenlosen Aufklärung der betrügerischen Machenschaften hinter dem VW Logo erkennbar eine schillernde Blase ist. Denn wie anders ist die Einlassung des Olaf Lies, durch sein Amt als niedersächsischer Wirtschaftsminister automatisch Mitglied im VW Aufsichtsrat, zu deuten, wenn er personelle Konsequenzen in die hintere Reihe befördert und in die Aufklärung des Verbrechens die für diese Misere verantwortlich Verantwortlichen einbinden will? Die Verantwortlichen dabei außen vor zu lassen, ist allerdings schwer, denn nirgendwo existiert eine so enge Beziehung zwischen Unternehmen, seinen Beschäftigten und der Landespolitik, die alle gemeinsam im Aufsichtsorgan sitzen und offensichtlich ebenfalls nur die Renditen und die Umsatzzahlen im Kopf hatten an Stelle des wirklichen langfristigen Wohls des Unternehmens. Wenn Ermittler, müssten sie schon auf Bundesebene angesiedelt sein, was allerdings ebenfalls schwierig ist angesichts der engen "Verwandschaft" des momentanen Wirtschaftsministers mit VW. Wenn man vergleicht, welche Hatz die SPD auf den zurückgetretenen Bundespräsidenten Wulff auslöste und veranstaltete, so müssten zumindest die niedersächsischen Regierungsvertreter im Aufsichtsrat ebenfalls ihren Hut nehmen. Wulff hatte den Landtag unvollständig informiert, VW Kunden und Prüfer betrogen. Das Präsidium des Aufsichtsrates opferte den Firmenchef wohl, um selbst nicht die Verantwortung übernehmen zu müssen. Jedenfalls scheint es in der Summe keine wirkliche Unternehmenskultur bei VW zu geben, die über Umsatz, Gewinn und Renditen hinaus geht. Angesichts dessen sei folgende Frage erlaubt:

Hat sich das Gefüge und das Rechtsempfinden unserer Gesellschaft tatsächlich so gewandelt, dass Täter gleichrangig mit Ermittlern und Richtern in einem Boot sitzen?

Man stelle sich nur einmal den Aufschrei der Welt vor, wenn nach Kriegsende beim Nürnberger Tribunal die Verschulder zugleich Ermittler und Richter gewesen wären.

Haydn von Hohnstein

Deutsche Waffen machen Flüchtlinge

05|09|2015

Ungewöhnlich: Ähnliche scharfe Töne gab es auch in den Tagesthemen von Georg Restle. Der "Rest" der Presse schweigt und streicht lieber die Gewinne der Rheinmetall-Anzeigen ein?

Saudi Arabien mit Bomben und Panzern im Jemen:

Im Berliner Innenministerium haben sie auf die Landkarte geschaut: Prima, der Jemen liegt nicht am Mittelmeer. Selbst wenn ein Boot voller Flüchtlinge durch das Rote Meer führe, spätestens im Suez-Kanal wäre Schluss mit Flucht. Auch der Landweg nach Europa ist ziemlich unmöglich. Aufatmen. Zwar sind dank einer von Saudi Arabien geführten Militärintervention im Jemen nach UN-Angaben im Land bereis 1,4 Millionen Menschen als Binnenflüchtlinge unterwegs. Wie lange es die im Land hält, ist ungewiss. Deshalb stellt sich die UN schon mal auf 100.000 Flüchtlinge in den nächsten sechs Monaten ein. Ordentliche Flüchtlinge, die außer Landes fliehen. Aber nach Deutschland werden sie es nicht schaffen.

Es sind alles lupenreine Demokratien, die von den Saudis angeführt seit dem 26. März 2015 im Jemen Krieg führen: Bahrain, Katar, Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jordanien, Marokko und der Sudan. Gottseidank werden sie von noch reineren Demokratien, den Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich und Großbritannien logistisch unterstützt. Die USA zum Beispiel helfen freundlicherweise mit jeder Menge Streubomben aus. Schon lange exportieren die Vereinigten Staaten Drohnen in den Jemen, immer schön zielgenau. Als jüngst mal eine Hochzeitsgesellschaft dabei drauf ging, hat das jemenitische Parlament den Einsatz von Drohnen verboten. Das Gelächter in Washington war bis nach Berlin zu hören.

In Berlin wird nur vornehm geschmunzelt: Zwischen 2001 und 2014 billigte die deutsche Regierung Rüstungsverkäufe im Wert von fast 2,6 Milliarden an die saudische Diktatur. Das sichert Profite der deutschen Rüstungsindustrie. Auch die anderen Länder der Jemen-Überfall-Aktion sind in den Kundenbüchern der deutschen Industrie verzeichnet. Feuerleiteinrichtungen, Kriegsschiffe, Munition, Kleinwaffen sowie Fahrzeuge und Panzer sind die wesentlichen Exportgüter. Natürlich wurden Tornado-Panavia Kampfbomber auch schon geliefert. Das ist bei Saudi Arabien besonders pikant. Denn Hilfsgelder und Investitionen fließen vom saudischen Verteidigungsministerium nicht nur in den Syrien-Krieg, sondern auch in die pakistanische Rüstungsindustrie. Weitgehend gesichert ist eine Beteiligung Saudi-Arabiens am pakistanischen Atom-Programm. Macht nichts. Denn die Saudis sind FREUNDE der deutschen US-FREUNDE und außerdem gute Kunden.

Jetzt bereitet die Saudische Militärkoalition eine Großoffensive auf die jemenitische Hauptstadt Saana vor. Deutsche Panzer [mit Öl-Dollars bezahlt] rücken bereits in das östlich von Saana gelegene Gouvernement Ma´rib vor. Zwar sagt das UN-Welternährungsprogramm bereits jetzt, dass durch die saudische Blockade 6,5 von den 24 Millionen Jemeniten von einer Hungersnot bedroht sind. Aber die Jemeniten sind den Initiatoren und Freunden der Operation Decisive Storm "Sturm der Entschlossenheit" einfach noch nicht schlank genug.

Auch in Deutschland herrscht Entschlossenheit vor: Entschlossen schweigt die Bundesregierung zu ihrem Anteil am neuesten Kriegsverbrechen ihrer Freunde. Entschlossen schweigen auch die Freunde der neuen deutschen Verantwortung in den Medien. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schafft es in diesen Tagen, einen ganzseitigen Artikel über die vom Krieg gefährdeten "märchenhaft schönen" Bauten in der jemenitischen Hauptstadt zu verbrechen, ohne mit einem einzigen Wort auf die wirkliche deutsche Verantwortung einzugehen: Die Ausrüstung der arabischen Kriegsparteien mit teuren und effektiven deutschen Waffen.

"Was die Frage der ankommenden syrischen Flüchtlinge anbelangt, so sehe ich ehrlich gesagt keine Mitverantwortung Deutschlands" erbricht die Kanzlerin zum Flüchtlingsthema. Und natürlich kann man das Wort syrisch jederzeit gegen afghanisch oder irakisch austauschen. Immer hatte und hat die Bundesrepublik Deutschland ihre schmutzigen Finger in den Kriegen des nahen und mittleren Ostens. Ob Kanzlerin oder Medien: Die vorgetragene Empathie gegenüber den Flüchtlingen ist nichts anderes als miese Heuchelei, solange die deutsche Mitschuld nicht benannt wird. Aber vielleicht begrüßt ja die Merkel bald doch den ersten jemenitischen Flüchtling in Berlin mit den Worten: "Das hast Du doch prima gemacht." Und der junge Mann bekommt dann ganz sicher einen Ausbildungsplatz bei "Rheinmetall". Dort kann er dann lernen, wie man die guten deutschen Leopardpanzer zusammenschraubt, die dann ohne Umwege an Saudi Arabien geliefert werden.

Haydn von Hohnstein

Eine Regierung auf der Flucht

21. Aug. 2015

Im Falle einer Invasion des Bundestages können die Deutschen Politikerinnen auch mit der U-Bahn vor ihren selbst geschaffenen Problemen flüchten!

Flüchtlinge bedrohen die Bundesrepublik

Da geht er hin, der Innenminister, und schüttelt eine Flüchtlingshand in der "Bearbeitungsstraße" der Bundespolizei in Deggendorf, dem Flüchtlings-Aufnahmelager. Mehr als einen feuchten Händedruck hat er nicht zu bieten. Vielleicht ist das besser als die aufgesetzten Streicheleinheiten der Kanzlerin für ein Mädchen aus dem Libanon: "Das hast Du doch gut gemacht". Was hat das reiche, große Land und seine offizielle Politik neben der Überforderung der Ämter noch zu bieten? Ein Abwehr-Video des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge [BAMF]: "Ruinieren Sie nicht sich und ihre Familie [durch die Flucht]" heißt es dort an Asyl-Suchende gewandt. Und mit Facebook-Anzeigen werden potentielle Flüchtlinge in Serbien und Albanien vor einem Asyl-Antrag in Deutschland gewarnt. Achtung: Schnelle Abschiebung.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR von Mitte 2015 sind weltweit knapp 60 Millionen Menschen auf der Flucht - so viele wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Gut 38 Millionen von ihnen irren im eigenen Land umher, knapp 20 Millionen gelten als Flüchtlinge, knapp zwei Millionen als Asyl-Suchende. In Deutschland gingen 2014 rund 202.800 Asyl-Anträge ein. Die Türkei nahm rund 1,6 Millionen Flüchtlinge auf. Es folgen Pakistan [1,5 Millionen], der Libanon [1,2 Millionen], der Iran[1 Million], Äthiopien und Jordanien [je knapp 700.000]. All diese Länder nehmen – im Verhältnis zur Einwohnerzahl – viel, viel mehr Flüchtlinge auf als Deutschland.

"Für mich ist das Wichtigste der ehrenamtliche Einsatz, die Vielen, die sich persönlich und privat um die Flüchtlinge kümmern", sagt Birte Vogel am Telefon. Frau Vogel betreibt im Netz die Site "Wie kann ich helfen", eine Seite, die mit einer Übersichtskarte viel, viel mehr Hilfsprojekte für Flüchtlinge ausweist, als das Wort Abschiebung an Buchstaben zählt. Und viele Projekte mehr, als sich regierende Politiker Gedanken zur Hilfe für die Verzweifelten machen. Denn in Deutschland regiert der Wahlkampf. Manchmal, wie in Bayern, immer. Und manchmal, wie in Baden-Württemberg, nur vor dem Wahltermin im März 2016. Mit Fremdenfeindlichkeit lässt sich in Deutschland allemal Stimmung machen, Stimmen fangen.

Man erkennt ihn sofort, den Gebrauchs-Muster-Schwaben, wenn der Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit seiner Madame an der Seite und dem flotten Strohhut auf dem Kopf durch den Wahlkampf wandert: "Wir könnten Einwanderungskorridore für die hiesigen Mangelberufe, etwa für das Pflegepersonal, schaffen", sagt Kretschmann und schon das Wort "Korridor" klingt nach Amt und Amtsmissbrauch. Wer den Korridor nicht erwischt, der kommt nicht rein. Im Bundesrat hat der unendlich liberale GRÜNE für die Einstufung der drei Balkanstaaten als sichere Herkunftsländer gestimmt. Denn wenn die als sicher gelten, dann können die Flüchtenden doch zu Hause bleiben. Spricht´s und ist für nichts weiter verantwortlich.

Dass es in den 90er Jahren seine Partei war, die mit Außenminister Fischer und der NATO-Bombardierung Jugoslawiens, die Zerstörung des Landes begleitet und zur US-Kolonie Kosovo führte: Da weiß er nix von, der feine Strohhut-Träger. Auch für die 2,6 Millionen Flüchtlinge aus Afghanistan findet sich kein Verantwortlicher. Dass der dort andauernde Krieg mit deutscher Beteiligung internationalisiert wurde, dass es eine große Koalition aus CDU-SPD-GRÜNEN war, die in Afghanistan die neue "deutsche Verantwortung" probte. Häh? Nö. Vergessen. Auch dass die NATO-Komplizen der Bundesregierung im Irak, in Libyen und Syrien die gigantischen Flüchtlingszahlen im Ergebnis ihrer Kriege erzeugt haben, wird von der Regierung der deutschen Verantwortung ignoriert. Nur schade, dass die damalige Oppositionsführerin Angela Merkel ihre Begeisterung für den US-Krieg im Irak nicht in einen persönlichen Front-Einsatz umgemünzt hat. Wir hätten eine Reihe Problemen schon gelöst bevor sie entstanden wären.

Liest man Zeitungen und hört man den Laut-Sprechern der Regierung zu, dann sind die Flüchtlinge im wesentlichen eine Bedrohung für das arme Deutschland: Zu viel, zu arm, zu anders. Manchmal helfen Zahlen: Rund 80 Millionen Menschen leben in der Bundesrepublik. Von 1990 – 2014 haben 3,2 Millionen Flüchtlinge Asyl beantragt. Mehr als 60 Prozent der Anträge wurden abgelehnt. Zugleich schrumpft die Zahl der Deutschen: Im Jahr 2060 werde die Bevölkerungszahl bei 67,6 bis 73,1 Millionen liegen, sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Roderich Egeler. Was als Bedrohung gehandelt und als Wahlkampfmunition verschossen wird, ist für die Deutschen in Wahrheit ein Wellness-Programm. Sie werden verjüngt und vor der Schrumpfung gerettet. Doch stellvertretend für die Regierung der Ignoranz darf der Innenminister gelten. Um die Flüchtlinge abzuschrecken, die öffentlich gern als Räuber deutscher Kassen diffamiert werden, will de Maizière den verängstigten, erniedrigten, verzweifelten Menschen das "Taschengeld" kürzen. So wie man bösen Kindern das Taschengeld streicht. - Die Bedrohung unseres Landes hat eine Adresse: Willy-Brandt-Straße 1, Berlin. Dort liegt das Kanzleramt. Von dort aus werden jene Kriege unterstützt, die noch mehr und noch mehr Flüchtlinge erzeugen.

Im Ergebnis des Ukraine-Bürgerkrieges sind fast eine Million Menschen nach Russland, Weißrussland und Polen geflohen, hat die UN-Flüchtlingsagentur ermittelt. Sie flohen aus einem Krieg, der zumindest mit dem Segen der NATO, der EU und Deutschlands losgetreten wurde. Noch klopften in den ersten sieben Monaten dieses Jahres nur 589 Menschen aus der Ukraine in Deutschland an die Asyl-Tür. Doch muss mit jedem Monat eines Krieges, der von den USA gewollt und von Deutschland wohlwollend begleitet wird, mit mehr Menschen gerechnet werden, die vor deutschen Toren stehen. Die dürfen dann sagen: Wir sind vor der Kriegs-Bedrohung geflohen, die ihr uns eingebrockt habt. Guten Tag!

Haydn von Hohnstein

Antidemokratischer Schutzwall

Urheberrecht

15. August 2015

Wenn der Macht die Argumente fehlen, dann "schnitzt" sie sich welche!

Der totale Schutz vor der Demokratie und anderen Übeln

Noch jammert eine unbelehrbare Öffentlichkeit über die notwendige Strafverfolgung von ein paar Bloggern, die ziemlich langweilige Dokumente ins Netz gestellt haben, da schlägt das Imperium erneut zu: Die Funke Medien-Gruppe brachte vor Jahren in verräterischer Absicht "Afghanistan Papiere" der Bundeswehr ins Netz, aus denen ersichtlich war, dass Afghanistan keine ganz so friedliche Friedensmission war. Diese Papiere waren "VS "Nur für den Dienstgebrauch" gestempelt und hatten Urheber. Und nur um diese Urheber zu schützen, drohte das Berliner Kriegsministerium mit einem Vollstreckungsbefehl: Bis zu drei Jahren Knast wurde den Medien-Verbrechern am Urheberrecht versprochen, wenn sie die Werke der begabten Bundeswehr-Offiziere nicht umgehend aus dem Netz nähmen. Das hat die Funke-Gruppe nun getan. Und so werden die Urheber von Kriegen und anderen staatswichtigen Unternehmen endlich den Schutz bekommen, den sie verdienen.

Ein riesiger Beamten-Apparat schreibt Tag für Tag alles Mögliche auf. Zum Beispiel die Anweisungen für V-Leute im rechten Sumpf. Diese Lyrik für Nazi-Vertrauens-Leute ist nicht nur vertraulich, sondern auch von hoher sprachlicher Qualität: "Nennen Sie ihre neue Gruppe keinesfalls 'Schutz-Staffel' sondern 'Heimatschutz', sonst wird das Geld gekürzt!" Oder: "Treffen Sie mich nächste Woche im Internetcafé von Halit Yozgat in Kassel. Unbedingt bevor Sie ihn erledigt haben!" Diese Lakonie, diese unerreichte Klarheit der Sprache muss, solange die Schutz-Staffeln noch nicht ganz legal sind, unbedingt durch das Urheberrecht geschützt sein.

Meisterwerke des amtlichen Dienstverkehrs, wie die TTIP-Verhandlungsprotokolle, werden, um sie vor Plagiatoren zu schützen, in der US-Botschaft aufbewahrt. Schon Fragmente des US-EU-Austausches - wie "Fuck the EU, Eure Victoria" - lassen die ganze Sprachgewalt der Beteiligten erahnen: "F. sie doch in den Arsch, die deutschen Dödels!" - "Muss nicht sein, Gabriel will Jungfrau bleiben" heißt es dort im geschützten Mail-Verkehr. Längst ist dieses Kompendium diplomatischer Grazie dem Auswahl-Komitee für den Literatur-Nobelpreis zugeleitet worden. Die offizielle Auszeichnung wird allerdings erst nach Abschluss des Abkommens vorgenommen werden. Parallel zur Verleihung des Friedensnobel-Preises an den nächsten US-Präsidenten. Auch aus deren Begründung soll nichts und gar nichts vorab zitiert werden, vor allem nicht dieser Satz: "So viele schöne Tote in Syrien sind den USA zu verdanken. Auch die völlige Zerstörung des Landes ist ein Erfolg, den nur die USA hatten erreichen können."

Wie sollten die Tonnen von dienstlichen Schreiben an Lobbyisten geschützt bleiben, wenn das Urheberrecht nicht als Dark Room den Kopisten den Blick verwehren würde: "Lieber Herr [geschwärzt], gern übernehmen wir Ihre Schulden in die staatliche Bad-Bank. Dort sind sie gut aufgehoben. Kaum auf den Steuerzahler verteilt, die Rückzahlung nicht mehr eilt!" Hier zum Beispiel wird dem deutschen Endreim jene Bedeutung verschafft, die ihm international bisher verweigert wird. Wir wollen doch den Anglophonen keineswegs offenbaren, dass wir die eigentliche Bedeutung des Begriffs "Bad Bank" auf gut Deutsch entschlüsselt haben.

"Sehr geehrter Herr Bundespräsident Gauck, bitte nutzen Sie doch bitte in Ihren nächsten Reden immer die Begrifflichkeit von der 'gewachsenen deutschen Verantwortung'. Schon das Wort 'gewachsen' hat einen äußerst positiven Klang. Es erinnert an das natürliche Wachstum, an die Möhren im Garten und die Bäume im Wald, es spricht die Seele der deutschen Kleingärtner ebenso an wie die des Waldschwärmers. Das Wort 'deutsch' – lange Zeit nur wegen der paar Morde in der Hitlerzeit eher verpönt – erfährt so auf der Wachstumsschiene neuen Glanz, wenn es nicht gar den alten Glanz wieder aufpoliert. Schließlich bringt uns die "Verantwortung" in den Bereich des elterlichen Regimes: Wer wollte nicht Verantwortung für die eigenen Kinder übernehmen, und so müssen auch die verwirrten Eingeborenen fremder Länder in die Obhut deutscher Verantwortung genommen werden. So wird Ihre Rede biblische Gewalt atmen: Deine Rede sei nicht JA, JA sondern JAWOLL, wie es in Matthäus 5, 33-37 so oder so ähnlich heißt. Mit verantwortungsvollen Grüßen, Ihr Propagandareferent."

Am letzten Text wird die Schutzbedürftigkeit des schriftlichen Dienstverkehrs besonders deutlich. Will doch Gaucks Propaganda-Referent nach dessen Amtszeit sein Buch "Wie ich dem Präsidenten das Sprechen beibrachte" herausbringen. Und wie sollte dieser Amts-Schriftsteller sein Buch noch verkaufen können, wenn zentrale Teile des Werkes bereits vorab veröffentlicht wären? - Was die Ministerien schon lange dringend brauchten, war ein Anti-Demokratischer Schutzwall. Den haben sie nun endlich mit dem Urheberrecht gefunden. Denn wo kämen wir hin, wenn alle alles lesen könnten? Zur Anarchie der Wissenden, zur Demokratie der Durchblicker, zur Macht der Vielen. Davor, vor allem, muss der Apparat geschützt bleiben. Wir wollen doch nicht, dass die Urheber öffentlichen Verschweigens vorzeitig enttarnt werden.

Angesichts solcher Machenschaften kann man selbst als Autor zum Verfechter der Abschaffung des Copyrights werden.

Haydn von Hohnstein

Hat Russland sich die Fußball- WM gekauft?

28. Juli 2015

Fußball: die koruppteste Nebensache der Welt?

Als am Samstag die Qualifikations-Gruppen der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in St. Petersburg ausgelost wurden, bot sich den deutschen Medien wieder eine "hervorragende" Möglichkeit, Russland als zutiefst korruptes Land darzustellen.

DFB-Präsident Niersbach hatte bereits öffentlichkeitswirksam angekündigt, der Veranstaltung fern zu bleiben. Lächelnd und händchenhaltend zusammen mit Sepp Blatter für Fotos zu posieren, ist für Niersbach jedoch kein Problem. Wenn es um Bestechungen bei der WM-Vergabe geht, wird Russland immer wieder in einem Atemzug mit Katar genannt, wo 2022 die WM stattfinden wird. Das ist erstaunlich. Während es zahlreiche sehr überzeugende Hinweise und Beweise für Bestechungen durch Katar gibt, ist dies bei der WM-Vergabe an Russland nicht der Fall. Aber was interessieren denn schon die Fakten, wenn es darum geht, Stimmung zu machen.

Die Fußball-Weltmeisterschaften 2018 und 2022 wurden zum ersten Mal in der Geschichte parallel vergeben. Für 2018 kamen nach dem Rotationsprinzip der Fifa nur die Europäer, für 2022 nur Asien, Ozeanien und Nordamerika infrage. Über die Vergabe der WM 2022 an Katar wurde viel geschrieben, Einzelheiten der Vergabe der WM 2018 an Russland sind jedoch weitestgehend unbekannt. Neben Russland kandidierten noch das Duo Spanien und Portugal, das Duo Niederlande und Belgien und England. Die Niederlande und Belgien hatten bereits 2000 die Europameisterschaft ausgetragen, die im Jahre 2004 von Portugal ausgetragen wurde. Da die internationalen Fußball-Verbände Wert auf Rotation legen, galten die beiden Duos damit von vorn herein als krasse Außenseiter. Hinzu kam beim Duo Spanien/Portugal, dass die Finanzierung wegen der Eurokrise mehr als zweifelhaft erschien. Der aussichtsreichste Konkurrent von Russland war somit England.

Was genau die Engländer falsch gemacht haben, bleibt bisher unbekannt. Hinter den Kulissen ist jedoch von "Arroganz" und "Hochnäsigkeit" die Rede. England schied jedenfalls für viele überraschend bereits in der ersten Abstimmungsrunde mit lediglich zwei von 22 möglichen Stimmen aus. In der zweiten Runde entschied dann Russland mit 13 Stimmen die Vergabe erwartungsgemäß für sich – Spanien/Portugal bekam sieben, Niederlande/Belgien zwei Stimmen. Eine große Überraschung war der Sieg Russlands somit nicht, schließlich hatte Russland und vormals die Sowjetunion noch nie ein internationales Fußballturnier ausgetragen und war somit gemäß der Vergabelogik endlich an der Reihe.

Wenn es um die WM-Vergabe geht, wird Russland stets in einem Atemzug mit der skandalösen WM-Vergabe an Katar genannt. Warum? In Russland gibt es kein Wüstenklima, Russland hat anders als Katar eine große Fußballtradition und in Russland sterben auch keine Tausende Arbeiter auf den WM-Baustellen. Sicher, in puncto Menschenrechte ist auch Russland kein Vorbild. Dies hat – um es zynisch auszudrücken – bei der WM-Vergabe jedoch noch nie eine Rolle gespielt. Die erste WM in Europa fand 1934 in Mussolinis Italien statt, 1978 durfte die argentinische Militärjunta die WM veranstalten – dagegen, und auch im Vergleich zu Katar, ist Russland sogar ein Hort der Menschenrechte. Aber darum geht es bei der Kritik ja auch nur am Rande. Russland soll vielmehr – ebenso wie Katar – die Fifa-Funktionäre bestochen haben, um die WM zu bekommen. Stimmt das?

Diese Frage lässt sich natürlich ohne Einblick in die Kontoauszüge sämtlicher Fifa-Funktionäre nicht sicher beantworten. Es gibt jedoch bei der WM-Vergabe an Russland nur kleinere Indizien, die auf Unregelmäßigkeiten hinweisen. Und diese Indizien beziehen sich interessanter- und pikanterweise ausschließlich auf europäische und nicht auf lateinamerikanische, afrikanische oder asiatische Fifa-Funktionäre, die ansonsten immer wieder mit Korruption in Verbindung gebracht werden. So hat der deutsche Funktionär Franz Beckenbauer wenige Monate nach der WM-Vergabe an Russland einen lukrativen Vertrag als "Sportbotschafter" des Verbands russischer Gasproduzenten ergattern können – Gerhard Schröder lässt grüßen. Das zweite Indiz betrifft den Zyprioten Marios Lefkaritis, dessen Ölkonzern Petrolina kurz vor der WM-Vergabe lukrative Aufträge von einer Gazprom-Tochter bekam. Ob hier Stimmen gekauft wurden, ist aber allenfalls spekulativ. Beckenbauer macht keinen Hehl daraus, Russland seine Stimme gegeben zu haben [während er bis heute zur Stimmabgabe für die WM 2022 schweigt] und Lefkaritis galt seit jeher als Unterstützer einer russischen WM.

Bei der Vergabe der WM 2018 nach Russland gab es jedoch nach jetzigem Wissensstand keine Treffen, bei denen afrikanischen Funktionären Millionenbeträge angeboten wurden und keine fragwürdigen "Nebengeschäfte" mit asiatischen oder lateinamerikanischen Funktionären, wie es bei der WM-Vergabe an Katar protokolliert der Fall war. Auch die aktuellen Ermittlungen des FBI haben nichts mit der WM-Vergabe an Russland zu tun. Mehr noch – wenn man einmal die Indizienlage vergleicht, ist sogar die WM-Vergabe 2006 an Deutschland korruptionsverdächtiger als die WM-Vergabe 2018 an Russland.

Dies alles störte die deutschen Medien jedoch nicht. Auch am Samstag hieß es in den meisten einschlägigen Medienberichten wieder, die WM-Vergabe an Russland sei von "Korruptionsvorwürfen" begleitet. Solange es die "Richtigen" trifft, schaut man lieber nicht so genau auf die Fakten.

Haydn von Hohnstein

Tritt den Griechen in den A...

Der Gabriel bläst zum Siegesmarsch

18. Juli 2015
Wenn jemand im Land Recht hat, dann doch wohl die BILD-Zeitung. Und die hat jüngst den Gabriel als den "Eisernen Sigmar" gelobt. Richtig: Gabriel ist der Bismarck für alle! Man sollte Heringe nach ihm benennen. Denkmäler einweihen. Und Kinderchöre um ihn gruppieren. Denn was der eiserne Kanzler damals mit dem Sozialisten-Gesetz nicht geschafft hat, das bringt jetzt unser Siggi: Ganz ohne Verbot zerschlägt er das, was von der SPD nach Schröder noch übrig war. Und deshalb feuert ihn die BILD-Zeitung auch weiter an: "Hart, härter, Gabriel! Vizekanzler Sigmar Gabriel [55, SPD] kennt beim Thema Griechenland derzeit nur eine Richtung: drauf auf die Regierung in Athen". Immer feste druff auf die Griechen, die schon am Boden liegen. Ja, Gabriel ist die Re-Inkarnation von Bismarck und Blücher zugleich. So viel deutsches Wesen gab es seit Volker Kauder nirgendwo.

Dabei war auch unser Siggi als junger Mensch dem sozialdemokratischen Irrweg erlegen: Er wurde Mitglied bei der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken[SJD] und war später sogar Vertreter des Bezirks Braunschweig, der dem marxistischen Flügel zugerechnet wurde. Doch solche Flausen schlug sich Gabriel eigenhändig aus dem Kopf. Schon bald war er Soldat auf Zeit, eine "Zett-Sau" wie die gewöhnlichen Soldaten solche Existenzen nannten, und die wussten gewöhnlich was sie sagten. Schnell stieg der Obergefreite Gabriel in der SPD auf: Vom Ratsherrn zum Landtagsabgeordneten und plötzlich war er sogar Ministerpräsident in Niedersachsen. Natürlich nicht durch ordentliche Wahlen, Siggi ist einfach nachgerückt. Richtige Wahlen hatte er dann gegen den äußerst schwachen Christian Wulff verloren. Auch wegen solcher Fertigkeiten soll er jetzt Kanzlerkandidat der SPD werden: Selbst die Rest-SPD kann noch weiter zertrümmert werden.

Einmal hat Siggi mal eine gefährliche Wahrheit ausgesprochen. Nach der Bundestagswahl 2009 schrieb er an die SPD-Mitglieder: "Unsere SPD befindet sich in einem katastrophalen Zustand". Und dieser oder jener hätte auf die Idee kommen können, vom Agenda-Kurs auf die alte Vor-Schröder-SPD zurückschalten zu wollen. Aber nicht mit Gabriel! Der trieb die vergehende SPD in die verhasste Vorratsdatenspeicherung, und der befürwortete die Freihandelsabkommen TTIP und CETA. Nur um der SPD die lästige sozialdemokratische Maske vom Gesicht zu reißen. Und er hatte schnell erkannt, dass in Griechenland mit der SYRIZA eine sozialistische Partei unterwegs war, die für andere Länder in Europa hätte ansteckend sein können. Sowas Linkes musste totgetreten werden.

So fiel dem begabten Mann aus Goslar dann früh schon ein, der griechische Regierungschef Alexis Tsipras habe "letzte Brücken eingerissen, über die Europa und Griechenland sich auf einen Kompromiss zubewegen konnten." Und deshalb seien "Verhandlungen" über neue Hilfsprogramme "kaum mehr vorstellbar". Deshalb hat er auch schnell dem Schäuble-Grexit zugestimmt, der das Totengeläut für ein anderes Europa bedeutete. Damit das keinem auffiel, hat er es mit der üblich-üblen Lügen der Sozialbetrüger versucht zu überdecken: "Wir alle sind froh darüber, dass Europa die Spaltung verhindert hat und zusammen gefunden hat". So wird ein Tritt in den Arsch der hungernden Griechen noch als europäische Wohltat verkauft. Dass diese Gabriel-Fanfare den Sieg über eine siechende SDP verkündet, wird den Genossen sicher erst auffallen, wenn es zu spät ist. Irgendwann unterhalb der 20 Prozent.

Nach Otto von Bismarck wurde ein Hering benannt. Jener damals billige Fisch, den die Armen an den Feiertagen neben ihre Pellkartoffeln legten. Nach Gabriel sollten Mülltonnen bezeichnet werden, jene Tonnen, aus denen die Armen in Europa zunehmend häufiger ihr Essen kratzen. "Gabriel-Tonne" - wie stolz das klingt. Die Nebenbedeutung dieses Namens, dass man die SPD nach dem Verrat an Griechenland getrost in die Tonne treten kann, muss ja nicht verraten werden.

Ringsum Griechenland geht es inzwischen um Grundfragen der Demokratie und der Informationspolitik. Wir haben dort im Süden Europas eine demokratisch gewählte Regierung, die offensichtlich der Großen Koalition in unserem deutschen Lande nicht passt, weshalb sie weg muss. Die Geldpolitik dient dazu und es wird ganz offensichtlich, wer heutzutage an der Regierungsmacht ist: die Banken. Schließlich sieht Griechenland von den gut 7 Mrd. Überbrückungskredit nicht einen Cent. Das Geld geht an den Internationalen Währungsfonds und die Europäische Zentralbank. Dann bleibt noch ein Rest übrig, sagen alle Rechner. Ja, tatsächlich, da bleibt noch was: Das geht in einen Sicherungsfonds für Großbritannien. Dieser Fonds stellt Großbritannien von den Haftungen für Griechenlandgelder frei. Für das gesamte Geld soll Griechenland zahlen und es lässt sich gut dafür gebrauchen, die deutschen Bürger gegen Südeuropa mit seiner "faulen Bagage" aufzubringen. Und der Geldkreislauf von Bank zu Bank und Steuergeld zu Banken geht munter weiter. Die Finanzoligarchie freut sich, dass die dummen Bürger weiter zahlen ohne aufzumucken. Ja, Sie lesen richtig: Auch hier in Europa gibt es Oligarchen, nicht nur in Russland und der Ukraine. Wir verschleiern es nur besser, damit es nicht so auffält.

Haydn von Hohnstein

Man redet Deutsch in Europa

zumindest überwiegend ... dann ein wenig französisch ... und gar nicht griechisch

14. Juli 2015

Volker Kauder [CDU] gilt als "Hardliner" unter den Konservativen, nicht nur in seiner Partei. Deshalb jetzt das Kauderdeutsch für Deutsche ... oder Kauderwelsch? Egal, Hauptsache Kauderansicht: Gestern noch "Nein" zu einem neuen Hilfspaket für Griechenland, heißt es jetzt, die Fraktion zu einem "Ja" zu vereinen. Kauder ... (was noch gleich?) eben!

Ja, die griechische Regierung ist scheinbar eingeknickt: Sie hat dem immensen Druck der Deutschen und ihrer Kohorten in der EU zumindest teilweise nachgegeben, nachgeben müssen. Es war Volker Kauder, der Stramme Max von Mutti Merkel, der schon 2011 auf dem CDU-Parteitag voller Häme verkündete: "Jetzt auf einmal wird in Europa Deutsch gesprochen." Fast ohne Wehrmacht und ohne den rechten Arm in die Luft zu recken, wurde das "Modell Deutschland" vielen anderen europäischen Ländern aufgezwungen. Das Modell, das der verhungernden Kuh eine Fastenkur zur Gesundung empfiehlt. Ein Modell, dass nicht den Bauern reich macht, nur dessen Bank. Ein Modell, das auch in Deutschland selbst zu kaputten Straßen und Schulen geführt hat, und dessen Folgen für ein kränkelndes Gesundheitssystem in jedem Wartezimmer zu spüren sind.

"Nein, an Kinder ist nicht zu denken", sagt Candela aus Madrid, die nicht will, dass man ihren vollen Namen nennt. Die 33-jährige Juristin hat fünf Jahre lang studiert, um in einem Job zu landen, der früher, bevor in Spanien Deutsch gesprochen wurde, mindestens 1.500 Euro monatlich brachte. Jetzt gibt es nur noch 800 Euro. Da ist eine Familiengründung nicht drin. Spanien, das ist das Musterland der Merkels und der Kauders, das ist das Land, das den "faulen" Griechen immer als gutes Beispiel vorgehalten wird. Man nennt sie "Generación Perdida", die verlorene Generation, jene unter 35-jährigen Spanier, von denen 3,5 Millionen seit 2008 ihren Arbeitsplatz verloren haben. Tatsächlich verzeichnet Spanien dennoch einen leichten wirtschaftlichen Aufschwung.

Und wie im deutschen Modellland auch, geht der wirtschaftliche Aufschwung in Spanien über die Leichen der sozial Ausgegrenzten: Mehr als 5,4 Millionen Spanier sind offiziell arbeitslos gemeldet. Mit 23,7 Prozent ist die Arbeitslosenquote weit höher als in Botswana oder Bangladesch. Wie im deutschen Europa üblich, mussten Banken gerettet werden, nicht Menschen: Allein 41 Milliarden Euro hat die Rettung der Großbanken rund um die Schrottbank "Bankia" den spanischen Steuerzahler gekostet. Immer schön dem deutschen Vorbild folgend, haben auch die spanischen Banken- Retter viele Arbeitslose in die Hunger- Jobs gerettet: "Trabajos de basura", Mülljobs, nennen Spanier wie Candela die Mini-Jobs. Befristete Arbeitsverhältnisse, die durchschnittlich gerade einmal 53 Tage halten. Auch deshalb verdient mehr als ein Drittel der spanischen Beschäftigten weniger als 600 Euro pro Monat.

Als die spanischen Linken bei den letzten Kommunal-Wahlen viele Rathäuser eroberten, fuhren noch in der Wahl-Nacht Kolonnen von Lastkraftwagen auf Mülldeponien und zu den großen Reißwölfen: Tonnen von Akten der bisherigen Rathausbesitzer – der CDU-Schwesterpartei Partido Popular – mussten entsorgt werden. Spanien ist ein wenig altmodisch: Hier hinterlässt die Korruption noch Spuren auf Papier. Im deutschen Musterland gilt der Wechsel vom alten Amt in den neuen Job im selben Fachgebiet nicht als Korruption. Wo soll es Spuren geben, wenn doch diese Sorte der Korruption ganz legal ist.

Als legal gilt es auch, dass zwei Drittel der "Rettungsgelder" für Griechenland an internationale Gläubiger gegangen sind. So teilt es der IWF-Chefökonom Olivier Blanchard lapidar mit. Und weiter weiß er zu sagen: "Die Finanzierung für Griechenland wurde benutzt, um ausländische Banken zu bezahlen". Kaum 10 Prozent der Hilfsgelder sind bei den griechischen Regierungen gelandet. Und weil es die korrupten sozialdemokratischen und konservativen Regierungen waren, die mit dem Rest – den die Banken nicht geschluckt haben – gefüttert wurden, weiß man, wo das Geld gelandet ist: In deren Taschen und nicht bei den normalen Griechen. Doch den deutschen Finanz-Sturmtrupp-Führer Wolfgang Schäuble macht das nicht irre in seiner Meinung: Er schlägt einen auf fünf Jahre befristeten Grexit vor. Einen Austritt aus dem Euro, der auch jene Griechen zu Hungerleidern machen würde, die noch nicht so richtig darben. Damit aber die linke griechische Regierung komplett und auf Jahre hinaus diskredidiert ist, sollen die Griechen vorher noch Vermögenswerte in Höhe von 50 Milliarden Euro an einen Treuhandfonds übertragen und damit die Schulden tilgen. Ob die Akropolis einen neuen Platz in Schwaben finden soll, mochte das Finanzministerium bisher nicht mitteilen. Dafür verweist man auf seine Erfahrungen mit der Treuhand, der größten, die es bisher gab. Sie enteignete 16 Mio. Ostdeutsche und verplemperte das Vermögen, damit sie am Ende mit Schulden dasteht, um nichts wieder verteilen zu müssen. Ein tolles Vorbild für den griechischen Treuhandfonds. So soll der Hafen Thessaloniki für ungefähr 150 Mio. € verkauft werden. Er spielt derzeit 25 Mio. € jährlich in den Staatshaushalt, die nach der Privatisierung mindestens in privaten Taschen landen und spätestens ab dem 7. Jahr dem griechischen Haushalt fehlen dürften. Was das Land bräuchte, wären Investitionsgelder für den Hafen, um zu erneuern und zu erweitern, damit künftig noch mehr Mio. das Staatssäckel füllen. Doch weit gefehlt! Auch in Griechenland, wie in Ostdeutschland, soll es heißen: Privatisierung vor Sanierung und damit Verschleuderung des Eigentums zu Lasten des Volkes und zu Gunsten einiger weniger Menschen oder Banken (?) oder Staaten wie Deutschland, das schon Milliarden an der Griechenlandkrise verdiente.

Am linken deutschen Rand hält sich eine wirre Diskussion, die der griechischen Linkspartei, der SYRIZA, Verrat vorwirft: Sie hätte der Euro-Gruppe keinen neuen Vorschlag machen dürfen. Leider begleiten die Kritiker ihr Mäkeln nicht mit eigenen Vorschlägen: Soll es der Hunger-Grexit sein, den Schäuble vorschlägt? Hätte es eine solide Revolution alten Stils sein sollen? All den SYRIZA-Kritikern ist gemein, dass sie im eigenen Land kaum Leute mobilisieren. Ihnen folgen auch jene deutschen Massen nicht, die in der andauernden offenen oder verdeckten Arbeitslosigkeit verharren, die immer noch bei den rund sechs Millionen Hartz-IV-Empfängern und Angehörigen zu finden ist. Denn man spricht auch in Deutschland Kauder-Deutsch. Zu hoffen, dass die Griechen und die Spanier die deutschen Probleme lösen, ist fast so dumm-dreist-deutsch wie der Kauder-(welsch) aus der Merkelei.

Haydn von Hohnstein

Quelle: Nationalgalerie und ntv

Die Botschaft der Griechen

07. Juli 2015

Die Wiedereinführung der Drachme könnte wie ein Weckruf für diejenigen sein, die derzeit noch unter den Auswirkungen der "Troika" leiden.

Alle diejenigen, die dem europäischen Austeritätskurs kritisch gegenüber stehen und die sich noch ein Stück Empathie gegenüber der griechischen Bevölkerung bewahrt haben, aber auch die, die für ein gemeinsames, wohlgemerkt demokratisches Europa sind, dürften sich über das deutliche Votum von über 61 gegenüber knapp 39 Prozent für ein "Oxi" bei einer Wahlbeteiligung von über 62 Prozent gefreut haben. Die Botschaft des Referendums lautet doch: Die große Mehrheit der Griechen will eine alternative europäische Politik.

Die Sorge ist allerdings, dass künftig von den europäischen Vertretern der Gläubigerinteressen nicht mehr nur an der linken Regierung in Griechenland, sondern an der gesamten Bevölkerung ein Exempel statuiert werden könnte. Erste Stimmen in Deutschland lassen das Schlimmste befürchten. Von Wolfgang Lieb: Ich will ausnahmsweise einmal ganz persönlich und aus dem Bauch heraus reagieren. Ich freue mich über das "Oxi" der Griechen gegenüber dem Austeritätsdiktat der "Institutionen". Ein "Nai", wäre ein Triumph für Schäuble, Merkel, Juncker, Schulz, Dijsselbloem, Draghi oder Lagarde gewesen. Ja es sind die mächtigen Bannerträger der Spar- und Abstrafideologie denen die Griechen eine lange Nase gezeigt haben.

Was wurde nicht im Vorfeld spekuliert und Stimmung gemacht – sowohl in den Medien als auch in der Politik. So sagte etwa der Präsident des Europaparlaments Martin Schulz gegenüber dem Handelsblatt: "Tsipras ist unberechenbar und manipuliert die Menschen in Griechenland, das hat fast demagogische Züge". [Nebenbemerkung: die verbalen Nachtritte von Varoufakis galten selbstverständlich als unverzeihlich.]

Ständig wurde von einem Kopf an Kopf-Rennen zwischen Ja- und Nein-Stimmen geredet. Zum Glück haben die Griechen ein eindeutiges Votum abgegeben, so dass man gegenüber dem Abstimmungsergebnis auch nicht einwenden kann, das seien nur die Stimmen der notorischen Europagegner aus der rechtspopulistischen Ecke oder von linken Spinnern gewesen.

Das hat wohl auch der Chef der griechischen Oppositionspartei Nea Demokratia und Wortführer der Ja-Sager, Andonis Samaras, so erkannt und ist deswegen noch am Abend des Referendumtages zurückgetreten.

Ich freue mich vor allem deshalb, weil mit dem Nein der Griechen ein demokratisches Signal gegen den Fiskal- und wirtschaftspolitischen Kurs innerhalb der Europäischen Union gesetzt wurde. Hätten die Griechen mit Ja gestimmt, dann wäre die Regierung Tsipras praktisch abgewählt worden, vermutlich wäre eine weitere Technikerregierung eingesetzt worden oder die alten Klientelpolitiker wären wieder an die Macht gekommen und der ärmere Teil der Griechen wäre noch mehr ausgequetscht worden.

Eine Niederlage der derzeitigen griechischen Regierung hätte wohl auch zur Folge gehabt, dass in der kommenden Dekade keine andere europäische Bevölkerung mehr den Mut aufgebracht hätte, eine "linke" Regierung [vielleicht sollte man genauer sagen eine politische Alternative zur herrschenden Ideologie] zu wählen. Die spanische Oppositionsbewegung jedenfalls jubelt über den Syriza-Erfolg.

Dem Votum der Griechen halten nun die Grexit-Unterstützer bei uns entgegen, auch die Vertreter der Institutionen seien demokratisch gewählt. Das stimmt für Draghi und Lagarde überhaupt nicht, für Dijsselbloem nur bedingt. Und die übrigen 18 europäischen Regierungschefs sollten sich hinsichtlich ihrer europapolitischen Legitimierung gleichfalls nicht so weit aus dem Fenster hängen, sie sollten sich an das Scheitern der EU-Verfassung durch die ablehnenden Referenden in Frankreich und in den Niederlanden im Jahre 2007 erinnern. Würde man nämlich in den europäischen Ländern über die Fortsetzung der herrschenden Austeritätspolitik abstimmen lassen, so könnten sich eine Reihe von südeuropäischen, aber auch von osteuropäischen Regierungen über den Ausgang solcher Volksabstimmungen nicht so sicher sein.

Müssen wir das Schlimmste befürchten?

Was heißt "das Schlimmste"?

Es überkommt mich die Sorge, ja sogar Angst, wenn ich die strategische Kompromisslosigkeit der Politiker, die die Interessen der Gläubiger vertreten, nicht erst seit dem griechischen Regierungswechsel im Januar dieses Jahres beobachte. Es steht zu befürchten, dass sie Rache üben werden, nicht nur an Tsipras und seiner Regierung, sondern auch am gesamten griechischen Volk. Es steht zu befürchten, dass an den Griechen ein Exempel statuiert wird.

Die Umdeutung des Wahlergebnisses durch die Hofberichterstatter der "Institutionen" begann bereits am Tag danach.

Es wurde ja schon vor dem Referendum nahezu durchgängig behauptet, die Griechen wüssten gar nicht worüber sie abstimmten bzw. der Abstimmungsgegenstand sei nicht mehr aktuell. Dabei dürfte kaum ein anderes Volk jemals eine politische Debatte, wie die der letzten Monate, so intensiv verfolgt haben, wie die Griechen. "Das Parlamentsfernsehen ist im Augenblick das spannendste Programm, es ist Komödie, Krimi, Drama und Tragödie zugleich", sagte mir ein einfacher Wirt in einer Taverne in Athen als ich ihn vor vier Wochen fragte, warum er denn nun gerade eine Parlamentsdebatte den ganzen Abend am Fernseher verfolge.

Nein, die Griechen stimmten mit dem Nein eben nicht für einen Grexit, wie jetzt die Banker uns unisono weiß machen oder wie es etwa der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU). [Warum wird gerade er im ARD-Brennpunkt interviewt?] Dafür war der Anteil der Nein-Stimmen viel zu hoch und schließlich sind ja alle, die mit Ja gestimmt haben auch gegen den Austritt.

Nein, die Griechen haben für eine andere europäische Politik gestimmt. Und sie wissen auch warum, denn sie haben den bisherigen Kurs sprichwörtlich am eigenen Leib erleiden müssen.

Ob Tsipras mit diesem unerwartet deutlichen Wählervotum in Brüssel mehr Erfolg haben wird als bisher oder ob man darauf pfeifen wird, was der griechische „Demos“ meint, lässt sich noch nicht sicher beantworten.

Die Hoffnung, dass die Griechen wenigstens einen Denkanstoß gegeben haben könnten, ist jedenfalls für Deutschland sehr gering: Der Chefredakteur des ZDF, Peter Frey, ließ es sich nicht nehmen noch einmal alle gängigen Phrasen der Bundesregierung zusammenzufassen und Thomas Baumann stand ihm in der ARD nicht nach, gegen die Griechen zu wettern. Rolf-Dieter Krause spielte wieder einmal, wie üblich den publizistischen Minenspürhund der EU-Kommission.

Dabei kam selbst der stets um Harmonie mit der Herrschaft bemühte Günther Jauch in seiner Sendung nicht umhin, schwarz auf weiß zu belegen, dass das angebliche Entgegenkommen der Gläubigerstaaten etwa mit einem Schuldenschnitt oder einem 35-Milliarden-Investitionsprogramm schlicht Falschaussagen von Merkel, Gabriel, Juncker und Schulz waren.

Das Kampagne-Blatt für den Grexit, die Bild Zeitung, macht auf mit der Schlagzeile: "Feiern die Griechen ihren Untergang“. CSU-General Andreas Scheuer warnte Athen: "Die linken Erpresser und Volksbelüger wie Tsipras können mit ihrer schmutzigen Tour nicht durchkommen."

Für die SPD ist eine linke Partei mit einer kritischen Position zur Austeritätspolitik natürlich eine besondere Bedrohung. Deshalb nimmt es nicht wunder, dass wieder einmal Sozialdemokraten das Wasser nicht halten konnten und nach dem Referendum in nur noch populistisch zu nennender Weise nach vorne preschten: „Tsipras hat letzte Brücken eingerissen, über die Europa und Griechenland sich auf einen Kompromiss zubewegen konnten“, äußerte sich der SPD- Parteivorsitzend Gabriel und der EU-Parlamentspräsident Schulz [SPD] sieht nach dem Referendum Tsipras eher in einer schwachen Position, er habe "völlig unvernünftig gehandelt". Selbst Steinmeier musste noch seinen Senf dazu geben. Die clevere Merkelmutti ließ nach dem Referendum in Griechenland nur verlauten, dass sie in Paris mit Hollande spreche.

Niemand weiß genau, wie es weitergehen wird. Jeder, der gefragt wird, sagt etwas anderes. Eine Staatspleite in einem einheitlichen Währungsraum hat es schließlich als Feldversuch noch nie gegeben. Sind die Griechen ab kommender Woche pleite oder reicht das bisher abgehobene Geld, um den Wirtschaftskreislauf noch eine Zeit am Laufen zu halten? Kann der griechische Staat Renten und Löhne der Bediensteten auszahlen? Wie reagieren die Menschen, die kein und nur begrenzt Geld mehr vom Bankautomaten abheben können? Wie geht es mit dem Gesundheitssystem weiter? Fragen über Fragen, die ungeklärt sind.

Kann es Griechenland durchhalten, seine Schulden einfach nicht zurückzubezahlen? Oder stünden dann unsere europäischen Spitzenpolitiker, die doch die Gläubigerinteressen mit aller Härte vertreten haben, vielleicht blamiert da, nicht etwa weil ihre Länder zur Kasse gebeten würden, sondern weil sie uns eine Schimäre vorgegaukelt haben, dass die griechische Schulden direkt vom Steuerzahler finanziert werden müssten. Aber selbst wenn das so wäre, könnte vielleicht sogar der deutsche Michel einmal die Frage stellen, wer denn sein Geld bekommen hat.

Quelle: auch Nationalgalerie

Haydn von Hohnstein

Das darf der Grieche nicht

01. Juli 2015

Wird Griechenland über kurz oder lang zur Drachme zurückkehren?

Wer das Volk abstimmen lässt, ist diktatorisch?

Griechenland will den Euro behalten und in der EU bleiben. Beides soll nicht Gegenstand des Referendums sein. Die EU- Elite mit der gleichgeschalteten Presse behauptet immer wieder etwas anderes oder diskutiert es ernsthaft ständig, denn eines darf der Grieche offensichtlich nicht:

Über sein Schicksal selbst entscheiden!

Schon 2011 wollte Georgios Papandreou das Volk über das EU-Bankenrettungs-Paket abstimmen lassen. Das haben ihm Merkel und Sarkozy damals schleunigst verboten, auch wenn heute etwas anderes behauptet wird. Sie "erlaubten" zwar das Referendum, doch nur in einer von ihnen genehmigten Form, wie es jetzt ebenfalls schon wieder versucht wird. Im Ergebnis wurde Papandreou von seiner Partei abgesetzt. Nur die spanische Finanzministerin sah das voraus. Ja, die Südeuropäer ticken etwas anders als wir Nordeuropäer. Sie reagieren auf jeden Fall impulsiver nach dem Grundsatz Veränderung vor Ärgern, was übrigens der Seele sehr gut tut. Eine "Basta" Politik wie bei Schröder lassen sie nicht mit sich machen, auch nicht, wenn sie von der EU kommt. Irgendwann ist Schluss. Jetzt wagt es jedenfalls die Regierung Tsipras erneut: Mit einem Referendum will sie das Volk befragen. Ob Griechenland zugunsten der Banken weiter hungern soll. Ob das Land weiter ins Bodenlose sparen muss. Ob es unter dem Merkel-Diktat demütig darben, oder aufrecht den Weg der Vernunft gehen will. Die Reaktionen sind beschämend für uns.

Deutsche Medien wissen, dass dem Griechen der Luxus einer eigenen Meinung nicht zusteht: "Griechenland erpresst Europa!", rülpst die BILD-Zeitung des Referendums wegen in die deutsche Stammtisch-Runde. DIE WELT weiß "Wie Alexis Tsipras sich als Feigling entlarvt". Nie würde Angela Merkel feige das eigene Volk befragen. Es könnte ja auf eine echte Frage ehrlich antworten. Die DEUTSCHE WELLE lässt einen "Experten" erklären, dass Tsipras sein Land "stabilisieren" will. Die Diktatur beginnt für die besonders Deutsche Welle offenkundig immer mit einer Volksabstimmung. Empört fragt die demokratisch getünchte ZEIT: "Referendum, was soll das nun wieder?" und lässt sich vom SPIEGEL, dem Gossenblatt für Halbgebildete, gern assistieren: "Ja, sie nerven, die Griechen."

Das moderne Griechenland hat in seiner Geschichte die Herrschenden schon häufiger genervt. Hatte doch die britische Regierung am Ende des Zweiten Weltkrieges entschieden, dass die Griechen nach ihrer Selbstbefreiung vom deutschen Faschismus gefälligst die Monarchie wieder einführen sollten. Angeführt von Georgios II. aus dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. Der stützte sich auf die äußerste Rechte in Griechenland, die sich durch die Kollaboration mit den abziehenden deutschen Nazis handfeste Vorteile erhofft hatte. Die griechische Volksbewegung und deren Partisanen-Armee verlangten deshalb bereits 1944 eine Volksabstimmung über die Staatsform.

Und schon früher wussten die Vertreter der Londoner City, was von Volksabstimmungen zu halten war: Nichts. Deshalb forcierte die britische Regierung unter Winston Churchill den beginnenden Bürgerkrieg in Griechenland: Rund 5.000 britische Soldaten unter General Ronald Scobie bekämpften die Partisanen, die sich gegen eine von London eingesetzte Monarchie wehrten und das Volk über seine Regierungsform selbst entscheiden lassen wollten. Erst nach einem langen, blutigen Bürgerkrieg durfte dann eine Volksabstimmung abgehalten werden: Tausende Tote und Verhaftete schufen die Bedingungen, unter denen das von London gewünschte Ergebnis erzielt werden konnte. Zur Durchsetzung der monarchistischen Marionetten-Herrschaft wurde erstmals in Europa Napalm gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt. Jenes nicht löschbare Brandgemisch von Dow Chemical, dass die USA später erfolgreich zur Verbrennung von Vietnamesen angewandt haben. Der jetzige US- Präsident ist sicher gut beraten, in Bezug auf Griechenland Zurückhaltung zu üben.

Seit der brutalen Inthronisierung der griechischen Monarchie gehört das Land zur "westlichen Wertegemeinschaft". Daran konnte auch eine Phase der offenen faschistischen Diktatur – von 1967 bis 1974 – nichts ändern. Schon seit 1952 war Griechenland immerhin Mitglied der NATO. Und nach anfänglichen Irritationen der US-Administration – der Putsch griechischer Obristen war nicht im Detail mit der CIA abgesprochen – kam es zur Versöhnung auf offener Bühne: Der Obrist Stelios Pattakos absolvierte im März 1969 seinen Besuch bei US-Präsident Richard Nixon. Alles war wieder gut.

Was in den deutschen Medien zur Zeit als Drama der griechischen Ökonomie aufgeführt wird, ist im Grunde ein Lehrstück über das Selbstbestimmungsrecht der Völker: Darf Griechenland sich selbst vor dem Verhungern retten, darf das Land die Diktatur der Banken abwehren? Oder muss es weitermachen mit einer Fremdbestimmung, die seit Jahrzehnten andauert und für viele lukrativ war und ist, von den griechischen Eliten bis zu den deutschen Rüstungslieferanten der griechischen Armee. Die Volksabstimmung am 5. Juli wird darauf eine erste Antwort geben. Selbst wenn die Griechen entscheiden würden, dass sie lieber hungern, als weiter fremd bestimmt zu werden, so ist es ihre eigene, ganz legitime Entscheidung, die wir als Demokraten zu respektieren habe. Jetzt zeigt sich immer deutlicher, dass es nicht um Demokratie und Selbstbestimmungsrecht geht, sondern um einen zu sichernden Absatzmarkt für deutsche und französische, englische und amerikanische Produkte, wie in Portugal. Eigene Industrie? Unerwünscht, weil Konkurrenz! Arbeitsplätze? Unerwünscht, weil die gut ausgebildeten jungen Menschen als Arbeitskräfte im Norden benötigt werden, der dann auch die satten Steuereinnahmen einstreichen darf. So leben wir auf Kosten des europäischen Südens und die Politiker wagen es auch noch, das dann "solidarisch" zu nennen. Nicht mal der Sozialdemokrat Gabriel begreift dieses bitterböse hinterhältige Spiel, denn er redet, enttäuschenderweise, immer noch von einer Solidarität gegen Gegenleistung. Wenn ich bisher solidarisch spendete z.B. für Flut-, Erdbeben- oder Hurrikanopfer erwartete ich niemals, dass diese Menschen mir das Geld zurück zahlen. Nein, was Europa da macht, ist ein riesiges Geschäft, von dem wir in Deutschland alle profitieren, ein Geschäft, das nichts mit Solidarität zu tun hat, ein Geschäft zu Lasten der Südeuropäer, die Verlierer auf der ganzen Linie.

Haydn von Hohnstein