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Befangenheit und Mitwirkungsverbote an kommunalen Entscheidungen

Aufmerksamkeit erzeugte eine Meldung der Landeszeitung. Dort ging es um einen Bürgerwindpark im Westen von Schleswig- Holstein und einen diesbezüglich zu fassenden Beschluss der Gemeindevertretung, die nicht beschlussfähig war. Bis auf einen Gemeinevertreter mussten sich alle anderen für befangen erklären, geprüft von der Kommunalaufsicht. Die schickte zwar Ersatz, der sich aber erst hineinfinden muss. So konnte (noch) kein Beschluss gefasst werden.

Viele Bürger fragen sich, warum Gemeindevertreter bei diesem Windpark befangen sind, aber bei der Straßenreinigung nicht. Herangezogen wird dazu der in der Gemeindeordnung verwendete Satz, dass jemand nicht befangen ist, wenn der auf ihn/ sie entfallende Vor- oder Nachteil nur darauf beruht, dass er/ sie einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe angehört, deren gemeinsame Interessen durch die Angelegenheit berührt werden. Die Frage bleibt jetzt, ob ein schon "Bürger"- Windpark benannter und als solcher auch geführte Energiepark nicht ebenfalls in die Kategorie der gemeinsamen Interessen fällt. Die Kommunalaufsicht hatte es offenbar verneint. Im Folgenden haben wir für Sie rechtliche Grundlagen zu dem Thema zusammengestellt und so können Sie sich selbst Ihre Meinung bilden.

Ausschließungsgründe für ehrenamtliche und hauptamtliche Kommunalpolitiker

I. Allgemeines und Rechtsgrundlagen

Das Mitwirkungsverbot bei Interessenwiderstreit stellt einen fundamentalen Rechtsgrundsatz für alle Rechtsgebiete dar. Die Vorschriften über den Interessenwiderstreit sollen die Unparteilichkeit und Uneigennützigkeit der öffentlichen Verwaltung auf der kommunalen Ebene und zugleich deren Ansehen in der Öffentlichkeit sichern, d.h. das Vertrauen der Bürger in die Objektivität der Verwaltungsführung erhalten und festigen; Zweck der Befangenheitsvorschriften ist es deshalb, schon „den bösen Schein“, d.h. den Anschein von Korruption, zu meiden. Auch soll den Betroffenen eine persönliche Konfliktsituation erspart werden. Die kommunalpolitisch Tätigen sollen in ihrer Tätigkeit ausschließlich nach dem Gesetz und ihrer freien, nur durch die Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung handeln (OVG Lüneburg, NVwZ 1982, 44; OVG Münster, NVwZ 1984, 667; Hidien, VR 1983, 130). Für das Handeln der Verwaltung sind §§ 20, 21 Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes (VwVfG) vom 25.5.1976, BGBl. Seite 1253, zu beachten.

Im Interesse der Allgemeinheit, der haupt- und ehrenamtlich Tätigen und auch der Bürger und Einwohner sind in den jeweiligen Gemeindeordnungen Regelungen getroffen worden, die die Mitwirkung bei einer Interessenkollision ausschließen, wobei teilweise unterschiedliche Begriffe verwendet werden, die jedoch inhaltlich weitgehend übereinstimmend sind:

§ 18 BaWü – Ausschluß wegen Befangenheit

Art. 49 Bay – Ausschluß wegen persönlicher Beteiligung

§ 28 Bran – Ausschließungsgründe

§ 25 Hess – Widerstreit der Interessen

§ 24 MeVo – Mitwirkungsverbote

§ 26 Nds – Mitwirkungsverbote

§ 31 NRW – Ausschließungsgründe

§ 22 RhPf – Ausschließungsgründe

§ 27 Saarl – Mitwirkungsverbote bei Interessenwiderstreit

§ 20 Sachs – Ausschluß wegen Befangenheit

§ 31 SachsAn – Mitwirkungsverbot

§ 22 SchlH – Ausschließungsgründe

§ 38 Thür – Persönliche Beteiligung

Ehrenamtlich tätigen Bürgern (z.B. Mitglieder von Ausschüssen, Ortsbeiräten sowie Kommissionen) und speziell Gemeinderatsmitgliedern wird die Mitwirkung bei kommunalen Beratungs- und Entscheidungsprozessen untersagt, wenn diese ihnen selbst, ihren Familienangehörigen und Verwandten oder natürlichen oder juristischen Drittpersonen, zu denen eine spezielle Bindung oder Abhängigkeit besteht, einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen können. Die Befangenheitsregeln sollen bei der Mandatsausübung entstehende Interessenkonflikte im Einzelfall ausschließen, die auf einer persönlichen oder sachlichen Beziehung zum Beratungsgegenstand und zur Beschlußfassung beruhen (OVG Münster, OVGE, 27, 60).

Die teilweise recht kompliziert ausgestalteten Regelungen sind Ausfluß einer Güterabwägung zwischen dem Rechtsgut einer möglichst vollständigen Teilnahme aller die Bürgerschaft vertretenden Ratsmitglieder und dem Gut der Wahrung der Allgemeininteressen durch die Ratsmitglieder unter Hintanstellung aller Individualinteressen. Befangenheit liegt vor, wenn der an der Entscheidung im Gemeinderat ((Rat, Gemeindevertretung) beteiligten Person selbst oder einem ihr zuzuordnenden persönlichen und sachlichen Beziehungsbereich ein unmittelbarer Vorteil oder Nachteil entstehen kann oder bei bestimmten Personen ein persönliches oder wirtschaftliches Interesse möglich ist.

In Baden-Württemberg (§ 29 Abs. 2 BaWü) sind in Gemeinden unter 20.000 Einwohnern, in Bayern (Art. 31 Abs. 2 Bay) in Gemeinden bis zu 10.000 Einwohnern zur Vermeidung von Interessenkollisionen Hinderungsgründe für eine gleichzeitige Annahme des Mandats festgelegt.  

Die Kommunalgesetze schließen bei Vorliegen eines Mitwirkungsverbotes jede beratende oder entscheidende Mitwirkung und jedes sonstige Tätigwerden aus.

Der Begriff Beratung bedeutet die mündliche Erörterung zum Zwecke der Willensbildung und Willensentscheidung, das dem Beschlußverfahren regelmäßig vorausgehende und in der Tagesordnung ausgewiesene Beratungsverfahren. Ein aktives Verhalten wird dabei nicht vorausgesetzt, da schon die passive Anwesenheit eines Betroffenen als Mitwirkung zu verstehen ist, da er unter bestimmten Umständen schon durch sein Schweigen die Willensbildung bei der Beratung beeinflussen kann

(OVG Münster, Urteil v. 17.12.1976, DVBl. 1978, Satz 150 ff.).

Nicht als Beratung wird angesehen der Fall der reinen Informationsbeschaffung, wie die bloße Entgegennahme einer Anfrage von Ratsmitgliedern oder die Vorstellung von Wahlbewerbern in Sitzungen des Gemeinderats (Rats, Gemeindevertretung).

Das Mitwirkungsverbot ist anzuwenden auf Beschlußfassungen jeglicher Art, nicht nur beim Erlaß von Verwaltungsakten, sondern auch beim Erlaß von Rechtsnormen.

II. Die Tatbestände im einzelnen

Das Mitwirkungsverbot ist gegeben, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind:

Die ehrenamtlich oder hauptamtlich Tätigen müssen zum betroffenen Personenkreis gehören (1.),

die persönliche (2.) und

die sachliche Voraussetzung (3.) erfüllen.

1. Adressaten des Mitwirkungsverbots (Betroffener Personenkreis)

Das Mitwirkungsverbot gilt allgemein für die Bürger und Einwohner, die ein Ehrenamt ausüben oder eine ehrenamtliche Tätigkeit wahrnehmen. Dazu gehören insbesondere Ratsmitglieder, Bürgermeister und Beigeordnete sowie Personen, die als sonstige Bürger in Ausschüssen des Gemeinderats (Rats, Gemeindevertretung) tätig sind.

Für hauptamtliche Bürgermeister und Beigeordnete / Gemeindedirektoren und für ehrenamtliche Bürgermeister und Beigeordnete gelten zusätzlich die Vorschriften des jeweiligen Landesbeamtengesetzes über Ausschluß und Befreiung von Amtshandlungen, die diesen selbst oder den ihnen zuzuordnenden Personen – Zeugnisverweigerungsrecht im Strafverfahren wegen familienrechtlicher Beziehungen (StPO) – einen Vorteil verschaffen oder Belastungen bringen würden. Das kann der Fall sein im Bereich der eigenen Zuständigkeiten des Bürgermeisters / Beigeordneten (Geschäfte der laufenden Verwaltung, Auftragsangelegenheiten) und beim Vollzug von Rats- und Ausschußbeschlüssen, einschließlich der Vorbereitung.

2. Persönliche Voraussetzung

Diese setzt das Vorliegen eines persönlichen oder sachlichen Auswirkungsbereichs des Adressaten des Mitwirkungsverbots voraus.

2.1 Persönlicher Beziehungsbereich

Dieser umfaßt

die persönliche Beteiligung und den Kreis der Angehörigen,

die kraft Gesetzes und die kraft Vollmacht vertretenen Personen.

2.1.1 Persönliche Beteiligung und den Kreis der Angehörigen am Entscheidungsgegenstand

Der ehrenamtlich tätige Bürger selbst (§ 18 Abs. 1 Satz 1 BaWü, Art. 49 Abs. 1 Bay, §§ 28 Abs. 1 Nr. 1 Bran, 25 Abs. 1 Nr. 1 Hess, 24 Abs. 1 Nr. 1 MeVo, 26 Abs. 1 Nds, 31 Abs. 1 Nr. 1 NRW, 22 Abs. 1 Nr. 1 RhPf, 27 Abs. 1 Nr. 1 Saarl, 20 Abs. 1 Sachs, 31 Abs. 1 SachsAn, 22 Abs. 1 Nr. 1 SchlH, 38 Abs. 1 Thür).

Der Ehegatte (§ 18 Abs. 1 Satz 1 BaWü, Art. 49 Abs. 1 Bay, §§ 28 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 Bran, 25 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 Hess, 26 Abs. 1 Nds, 31 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 NRW, 22 Abs. 1 Nr. 1 RhPf, 20 Abs. 1 Nr. 1 Sachs, 31 Abs. 1 SachsAn , 22 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 SchlH, 38 Abs. 1 Thür).

Der frühere (geschiedene) Ehegatte (§§ 18 Abs. 1 Nr. 1 BaWü, 25 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 Hess, 22 Abs. 1 Nr. 1 RhPf, 20 Abs. 1 Nr. 1 Sachs, 20 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 SchlH).

Der Verlobte (§§ 18 Abs. 1 Nr. 1 BaWü, 25 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 Hessen, 20 Abs. 1 Nr. 1 Sachs, 22 Abs.1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 SchlH).

Die in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade Verwandten (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 BaWü, Art. 49 Abs. 1 Bay, §§ 26 Abs. 1 Nds, 22 Abs. 1 Nr. 1 RhPf, 20 Abs. 1 Nr. 2 Sachs, 31 Abs. 1 SachsAn). Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten (§ 1589 BGB).

Die in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis zum zweiten Grade Verschwägerten (§§ 18 Abs. 1 Nr. 3 BaWü, 26 Abs. 1 Nds, 22 Abs. 1 Nr. 1 RhPf, 20 Abs. 1 Nr. 3 Sachs, 31 Abs. 1 SachsAn); bis zum 3. Grade Verschwägerte (so Art. 49 Abs. 1 Bay, § 39 Abs. 1 Thür). Der Grad der Schwägerschaft wird nach dem Grad der sie vermittelnden Verwandtschaft berechnet (§ 1590 BGB).

Bestimmte sonstige Angehörige (vgl. §§ 28 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 Bran, 24 Abs. 1 Nr. 1 in Anlehnung an § 20 VwVfG MeVo, 31 Abs. 5 NRW, 27 Abs. 1 Nr. 2 Saarl, 22 Abs. 4 SchlH).

Verwandtschaftsgrade nach § 1589 BGB Schwägerschaft nach § 1590 Abs. 1 BGB

1. Grad Eltern (einschl. Adoptiveltern)

Schwiegereltern, Schwiegerkinder

und Kinder, Stiefeltern, Stiefkinder

eheliches Kind und sein Vater

2. Grad Großeltern

Enkel, Geschwister, Stiefgroßeltern, Stiefenkel, Verwandte des Ehegatten

im 2. Grad der Seitenlinie (z.B. Geschwister)

3. Grad Urgroßeltern

Urenkel, Onkel, Tanten, Stiefurgroßeltern, Stiefurenkel,

Verwandte des Ehegatten

Neffen, Nichten im 3. Grad der Seitenlinie

2.1.2 Vertretung kraft Gesetzes oder Vollmacht

Zu den vertretenen Personen gehören natürliche Personen, juristische Personen des Privatrechts und des öffentlichen Rechts sowie auch Personenmehrheiten (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 BaWü, Art. 49 Abs. 1 Bay, §§ 28 Abs. 1 Nr. 3 Bran, 25 Abs. 1 Hess, 24 Abs. 1 Nr. 1 MeVo, 26 Abs. 1 Nds, 31 Abs. 1 Nr. 3 NRW, 22 Abs. 1 Nr. 1 RhPf, 27 Abs. 1 Nr. 3 Saarl, 20 Abs. 1 Nr. 4 Sachs, 31 Abs. 1 SachsAn, 22 Abs. 1 Nr. 2 SchlH, 38 Abs. 1 Thür).

Vertretung kraft Gesetzes

Die gesetzliche Vertretungsmacht kann auf Vorschriften des Zivilrechts, des Familien-, Vereins- und Handelsrecht und des öffentlichen Rechts beruhen.

Diese üben aus die Eltern für ihre Kinder, der Vormund für das Mündel, der Betreuer z.B. für einen Abwesenden,

Vorstandsmitglieder für ihre Körperschaft, Gesellschaft, Genossenschaft oder ihren Verein, Geschäftsführer für die

Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gesetzlicher Vertreter eines Vereins ist nur das Vorstandsmitglied, das hierzu aufgrund der §§ 26 oder 54 BGB oder einer entsprechenden Satzung bestimmt worden ist. Für nicht eingetragene Vereine gelten die Regelungen entsprechend.

Zur Befangenheit von vereinsangehörigen Gemeinderatsmitgliedern (Ratsmitglieder, Mitglieder der Gemeindevertretung) vgl. VGHBW, NVwZ 1987, 1103.

Vertretung kraft Vollmacht

Die Voraussetzungen für eine Bevollmächtigung ergeben sich aus den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts (§§ 164 ff. BGB) und des Prozeßrechts (§§ 78 ff. ZPO). Rechtsgeschäftlich bevollmächtigt sind Prokuristen für ihre Firma, entweder allgemein oder speziell, sowie Anwälte für ihre Mandanten. Architekten gelten als Bevollmächtigte des Bauherrn. Deren Vollmacht wird im Sinne des Sonderinteresses insbesondere dann aktuell, wenn im Rat oder einem Ausschuß Entscheidungen über das gemeindliche Einvernehmen zu einem Bauvorhaben getroffen werden.

Gehören Ratsmitglieder einem Verein lediglich als Mitglieder an, so gelten sie nicht als Bevollmächtigte, wenn ein Förderbeitrag oder ein Steuererlaß behandelt wird.

Personen mit einem Doppelmandat in einem Kreistag und einem Gemeinderat (Rat, Gemeindevertretung) gelten nicht als gesetzliche oder bevollmächtigte Vertreter, wenn in einem Organ der anderen Körperschaft Beschlüsse gefaßt werden.

Bevollmächtigte sind auch Notare, Steuerberater, Vermögensverwalter, Handlungsbevollmächtigte.

2.2 Sachlicher Beziehungsbereich

2.2.1 Beschäftigung gegen Entgelt

Befangenheit ist auch gegeben, wenn der Bürger gegen Entgelt bei jemand beschäftigt ist, dem die Entscheidung derAngelegenheit einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann, es sei denn, daß nach den tatsächlichen Umständen der Beschäftigung anzunehmen ist, daß sich der Bürger in keinem Interessenwiderstreit befindet.

Dieser Tatbestand, der fast in allen Bundesländern bis auf Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen vorgeschrieben ist (§§ 18 Abs. 2 Nr. 1 BaWü, 28 Abs. 2 Nr. 1 Bran, 25 Abs. 1 Nr. 4 Hess, 26 Abs. 2 Nr. 1 Nds, 31 Abs. 2 Nr. 1 NRW, 22 Abs. 1 Nr. 3 a) RhPf, 27 Abs. 2 Nr. 2 Saarl, 20 Abs. 1 Nr. 5 Sachs, 31 Abs. 2 Nr. 1 SachsAn, 22 Abs. 1 Nr. 5 SchlH), ist bei allen unselbständigen Tätigen, also Beamten, Angestellten und Arbeitern erfüllt.

Zu einer Beschäftigung im Sinne dieser Vorschrift gehört nicht die Tätigkeit im Rahmen eines Werkvertrages (Architekt, Unternehmer). Diese sind im Gegensatz zu Arbeitnehmern vom Auftraggeber weisungsmäßig nicht abhängig, können allerdings Bevollmächtigte sein.

Die im Rat zu behandelnde Angelegenheit muß nicht ausschließlich dem beruflichen Bereich des Arbeitgebers zuzurechnen sein, sondern es werden auch Angelegenheiten miterfaßt, die im privaten Bereich des Arbeitgebers liegen. Das ist z.B. der Fall, wenn ein Unternehmer ein gemeindliches Grundstück für private Zwecke erwerben will, da auf das Ratsmitglied ein entsprechender Einfluß ausgeübt werden könnte.

Das Merkmal der Beschäftigung gegen Entgelt ist dann allein nicht ausreichend, wenn sich das betreffende Ratsmitglied deswegen nicht in einem Interessenwiderstreit befindet. Das gilt z.B. für einen Lehrer als Ratsmitglied einer Gemeinde, wenn diese dem Land als Dienstherrn ein Grundstück verkaufen will. Das gilt auch für den Rektor einer Schule, der Ratsmitglied ist, wenn es um Haushaltsmittel für die Schule geht, zumal die Gemeinde selbst für die Lehrmittel finanziell zuständig ist.

2.2.2 Organmitgliedschaft

Die gesetzliche Vertretung von juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts wird in fast allen Bundesländern durch die Mitgliedschaft in einem Organ - Vorstand, Aufsichtsrat oder gleichartiges Organ – erweitert (§§ 18 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BaWü, 28 Abs. 2 Nr. 2 Bran, 25 Abs. 1 Nr. 5 Hess, 26 Abs. 2 Nr. 2 und 3 Nds, 31 Abs. 2 Nr. 2 NRW, 22 Abs. 1 Nr. 3 b) und c) RhPf, 27 Abs. 1 Nr. 3 Saarl, 20 Abs. 1 Nr. 6 und 7 Sachs, 31 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SachsAn, 22 Abs. 1 Nr. 5 SchlH).

Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen haben hierzu keine Regelungen.

Die Befangenheit ist auch gegeben, wenn der Bürger bzw. bestimmte Angehörige Gesellschafter einer Handelsgesellschaft oder Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft ist oder Mitglied des Vorstands, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs eines rechtlich selbständigen Unternehmens oder eines nichtrechtsfähigen Vereins ist, denen die Entscheidung der Angelegenheit einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann, sofern er diesem Organ nicht als Vertreter oder auf Vorschlag der Gemeinde angehört.

2.2.3 Gutachterliche Tätigkeit

Diese kann Tatbestandsmerkmal eines Mitwirkungsverbots sein, wenn ein Ratsmitglied in anderer als öffentlicher Eigenschaft ein Gutachten abgibt (§ 18 Abs. 2 Nr. 4 GemO BaWü, Art. 49 Abs. 1 Bay, §§ 28 Abs. 2 Nr. 3 Bran, 25 Abs. 1 Nr. 6 Hess, 24 Abs. 1 Nr. 2 MeVo, 26 Abs. 2 Nr. 1 Nds, 31 Abs. 2 Nr. 3 NRW, 22 Abs. 1 Nr. 2 RhPf, 27 Abs. 2 Nr. 4 Saarl, 31 Abs. 2 SachsAn, 22 Abs. 1 Nr. 6 SchlH).

Diese Vorschrift knüpft nicht an die personelle, sondern an die sachliche Befangenheit eines ehrenamtlich tätigen Bürgers an. Der Gesetzgeber geht davon aus, daß der Bürger, der sich durch private Tätigkeit im Vorfeld der Entscheidung bereits in seiner sachlichen Beurteilung potentiell festgelegt hat, möglicherweise keine objektiven gemeinwohlorientierten interessenunabhängigen Entscheidungen mehr treffen kann. Die Erstellung von Gutachten kann mit der beruflichen Tätigkeit eines Ratsmitglieds, z.B. als Anwalt, Steuerberater, Grundstückschätzer, Wissenschaftler zusammenhängen, aber auch als Privatperson z.B. bei Vorliegen spezieller Sachkenntnisse.

2.2.4 Sonstige Tätigkeit

Dieser Tatbestand wird fast in allen Gemeindeordnungen ausdrücklich geregelt und kann als eine Art Generalklausel betrachtet werden (§§ 18 Abs. 2 Nr. 4 BaWü, 28 Abs. 2 Nr. 3 Bran, 25 Abs. 1 Nr. 6 Hess, 31 Abs. 2 Nr. 3 NRW, 22 Abs. 2 Nr. 2 RhPf, 24 Abs. 2 Nr. 4 Saarl, 20 Abs. 1 Sachs, 31 Abs. 2 SachsAn, 22 Abs. 1 Nr. 6 SchlH). Hierdurch werden die Fälle erfaßt, in denen der Betroffene aufgrund vorheriger Befassung mit der Sache voreingenommen sein könnte, so daß zumindest die Möglichkeit einer nicht sachgerechten Entscheidung entsteht. Unerheblich ist, ob die vorherige Tätigkeit entgeltlich oder unentgeltlich wahrgenommen wurde.

3. Unmittelbarer Vorteil oder Nachteil, persönliches oder wirtschaftliches Interesse (Sachliche Voraussetzung)

3.1 Allgemeines

In diesen Merkmalen liegt die zentrale Problematik. Dabei ist das Begriffspaar Vor- oder Nachteil umfassend gemeint; von der weitgefaßten Zweckrichtung der Ausschließungsgründe her müssen sowohl finanzielle, wirtschaftliche wie auch rechtliche Vorteile und Nachteile aber auch immaterielle (Ehrung, Ansehensgewinn, Ansehensverlust) erfaßt sein (vgl. 3.2.1).

Die die Befangenheit begründende Möglichkeit eines unmittelbaren Vorteils oder Nachteils bzw. in Sachsen-Anhalt eines besonderen Vor- oder Nachteils ist nach der Rechtsprechung gegeben, wenn der ehrenamtlich tätige Bürger oder ihm nahestehende bzw. von ihm vertretene Personen aufgrund der Beziehungen zum Gegenstand der Beratung oder Entscheidungtatsächlich ein materielles oder ideelles Sonderinteresse haben, das von der Beratung oder Beschlußfassung gezielt getroffen wird und das zu einer Interessenkollision führen kann und die Besorgnis rechtfertigt, die genannten Personen würden nicht mehr uneigennützig oder zum Wohl der Gemeinde handeln.

Die Befangenheitsvorschriften knüpfen hiernach an äußere Tatbestandsmerkmale an und unterstellen eine daraus folgende Interessenkollision. Es kommt also nicht darauf an, ob tatsächlich eine solche Interessenkollision gegeben ist; es genügt ihre konkrete und hinreichend wahrscheinliche Möglichkeit (NVwZ-RR 1993, 97, 98). Zweck der Befangenheitsvorschriften ist es, nicht erst die tatsächliche Interessenkollision, sondern schon den bösen Schein zu vermeiden. Allerdings ist bei Feststellung dieser Voraussetzung auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. Hiernach muß die Einschränkung des Mitwirkungsrechts zur Vermeidung des bösen Scheins geboten sein und darf nicht weitergehen als der Zweck der Befangenheitsvorschriften die Einschränkung unbedingt fordert.

Neben dem Vorliegen eines persönlichen oder sachlichen Beziehungsbereichs des Ratsmitglieds (objektive Voraussetzungen) ist eine Befangenheit nur dann gegeben, wenn das weitere Tatbestandsmerkmal eines „unmittelbaren Vorteils oder Nachteils in allen vorgenannten Beziehungsbereichen hinzukommt“ (§ 18 Abs. 1 u. 2 BaWü, Art. 49 Abs. 1 Bay, §§ 28 Abs. 1 Bran, 25 Abs. 1 Hess, 24 Abs. 1 MeVo, 20 Abs. 1 Sachs, 22 Abs. 1 SchlH, 38 Abs. 1 Thür), in einzelnen Ländern bei Beschäftigung gegen Entgelt, Organmitgliedschaft und Gesellschafterstatus ein persönliches oder wirtschaftliches Interesse für einen Beziehungsbereich vorliegt (§§ 26 Abs. 2 Nds., 22 Abs. 1 RhPf, 31 Abs. 1 SachsAn). Bei diesen Tatbestandsmerkmalen handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die eine Ermessensentscheidung ausschließen.

In einzelnen Bundesländern genügt bei der Abgabe des Gutachtens oder bei dem Tatbestandsmerkmal „sonst tätig geworden sein“ allein dessen Erfüllung. Das Vorliegen eines persönlichen oder wirtschaftlichen Interesses muß nicht mehr hinzukommen (vgl. §§ 18 Abs. 1 Nr. 4 BaWü, 28 Abs. 1 Nr. 3 Bran, 25 Abs. 1 Nr. 5 Hess, 31 Abs. 1 Nr. 3 NRW, 22 Abs. 1 Nr. 2 RhPf, 27 Abs. 4 Nr. 4 Saarl, 20 Abs. 1 Sachs, 31 Abs. 2 SachsAn, 22 Abs. 1 Nr. 6 SchlH, 38 Abs. 1 Thür).

3.2 Unmittelbarer Vorteil oder Nachteil

3.2.1 Vorteil und Nachteil

Zunächst muß ein Vorteil oder Nachteil vorliegen, der in der Regel dann gegeben ist, wenn eine persönliche Besser- oder Schlechterstellung in materieller (wirtschaftlicher), rechtlicher, ideeller, familiärer, religiöser oder ethischer Hinsicht eintreten kann, bzw. das persönliche Interesse in einem Einzelfall dem Interesse der Gemeinde oder der Allgemeinheit entgegengesetzt ist (Interessenwiderstreit), gleichgültig, ob es sich um persönliche oder vermögensrechtliche Angelegenheiten handelt. Es ist ausreichend, daß ein Vorteil oder Nachteil eintreten kann, wenn das Ratsmitglied bzw. die ihm zuzuordnenden Personen aufgrund besonderer persönlicher Beziehung zum Gegenstand der Beschlußfassung ein individuelles Sonderinteresse an der Entscheidung hat, das zu einer Interessenkollision führt und die Besorgnis rechtfertigt, daß nicht mehr uneigennützig und zum Wohl der Gemeinde gehandelt wird (VGH BW, 31.8.1964, DVBl. 1965, 366).

Beispiel:

Besitzt ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb in einer kleineren Stadt ein faktisches Monopol, so wird der Inhaber durch den Verkauf eines Grundstücks an einen bauwilligen Konkurrenten unmittelbar betroffen, da der Vertrag sein Monopol beseitigt.

Nach dem Zweck der Bestimmungen genügt die bloße Möglichkeit (vgl. VGH Mannheim, NVwZ-RR 1998, 663 ff.). Allerdings bleiben ganz fern liegende Folgen außer Betracht.

Nicht jeder theoretisch denkbare Vor- oder Nachteil führt zu einem Mitwirkungsverbot. Das zeigen, jeweils bezogen auf ein Ratsmitglied, folgende Beispiele:

Soll der Name einer Straße den Namen eines Politikers erhalten, ist darin kein Vorteil für die Ratsmitglieder der betreffenden Partei gegeben; bei Eigentum an Grundstücken in dieser Straße kann das allerdings der Fall sein, da die Änderung des Straßennamens mit Anschriftenänderungen insbesondere für einen Gewerbebetrieb verbunden sein kann.

Sind im Zustimmungsverfahren zur Einstellung von Mitarbeitern nähere Vorschläge zu erwarten, so ist ein Vorteil nur bei dem Bewerber gegeben, zu dem ein persönlicher Beziehungsbereich besteht.

Entscheidungen, die das Ansehen eines Bürgers oder Kommunalpolitikers betreffen, z.B. Anerkennung einer Leistung, bringen keinen Vorteil.

3.2.2 Unmittelbarkeit des Vorteils oder Nachteils

3.2.2.1 Unmittelbare Wirkung

Eine allgemeine Formel für das Vorliegen unmittelbarer Vor- bzw. Nachteile wird sich kaum finden lassen, maßgeblich sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles (VGH Mannheim NVwZ-RR 1993, 504). Gleichwohl können aus Sinn und Zweck der Befangenheitsvorschriften Kriterien für Einzelfallentscheidungen gewonnen werden; bei teleologisch-funktionaler Auslegung der Bestimmungen wird man für die Ermittlung der Kriterien zur Eingrenzung des interessenmäßig berührten Personenkreisesim Zweifel vom „Empfängerhorizont“ auszugehen haben, also prüfen müssen, welchen Eindruck es auf die Bürgerinnen und Bürger macht, wenn gerade dieses in seinen Interessen möglicherweise tangierte Rats- bzw. Ausschußmitglied an der fraglichen Entscheidung mitwirkt.

Unmittelbar ist ein Vorteil oder Nachteil, wenn eine Entscheidung selbst den Vorteil oder Nachteil entweder eintreten läßt oder zu dessen Eintritt (bindend) beiträgt. Dabei ist unerheblich, ob durch die Entscheidung selbst der Vorteil oder Nachteil eintreten kann oder ob noch eine weitere Entscheidung hinzukommen muß (HessVGH, 30.3.1981, NVwZ 1982, 44).

In folgenden Fällen liegt Unmittelbarkeit nicht vor:

Im Haushaltsplan sind Förderungsbeträge für Vereine veranschlagt worden; da der Haushaltsvorschlag lediglich eine Ermächtigung für den Rat oder die Verwaltung ist, einen Förderungsbeitrag zu gewähren, kommt es erst auf diese Entscheidung an; eine formale unmittelbare Wirkung liegt noch nicht vor.

Die Entscheidung, ob eine über den Gemeindebereich hinausgehende öffentliche Ausschreibung oder eine beschränkte Ausschreibung erfolgen soll, die faktisch nur ortsansässige Handwerker umfassen soll, hat noch keine unmittelbaren Wirkungen.

Die Gewährung eines Förderbetrages für einen Sportverein unter Mitwirkung eines Ratsmitglieds, das ein Sportgeschäft betreibt, hat noch keine unmittelbaren Wirkungen.

Ist ein Gemeinderatsmitglied Eigentümer eines Grundstücks, das neben anderen Grundstücken für eine geplante Landesstraße in Anspruch genommen werden soll, hindert dies nicht an seiner Mitwirkung im Rahmen der gemeindlichen Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren. Die Stellungnahme ist eine unter vielen und hat keine unmittelbare Rechtswirkung (OVG Koblenz, NVwZ-RR 1996, 218).

3.2.2.2 Formale mittelbare Wirkungen

Die Unmittelbarkeit des Vorteils oder Nachteils ist nicht so zu verstehen, daß diese allein und erst durch die Entscheidung des Rats ausgelöst wird, also nicht im Sinne einer direkten Kausalität (OVG Münster, 20.9.1983, NVwZ 1985, 667), sondern diese muß unmittelbar auf die Person bezogene besondere und über den allgemeinen Nutzen oder die allgemeinen Belastungen hinausgehende Vorteile oder Nachteile haben können und sich gewissermaßen auf die Person zuspitzen, die somit mit derEntscheidung in einem bedeutsamen Zusammenhang steht.

Die Unmittelbarkeit eines Vorteils und Nachteils ist jedoch dann gegeben, wenn zwar noch ein weiteres Ereignis erforderlich ist, dieses aber zwangsläufig aufgrund der ersten Entscheidung zu erwarten ist. In der Grundentscheidung des Rats liegt, obwohl formell noch eine zusätzliche Maßnahme erforderlich ist, dann bereits der unmittelbare Vorteil oder Nachteil, da eine andere Entscheidung nicht mehr zu treffen ist.

Das Erfordernis der Unmittelbarkeit schließt nicht aus, daß zwischen dem Beschluß und dem Eintritt des Vorteils oder Nachteils weitere Glieder in der Ursachenkette eingeschoben sind, etwa der Vollzug des Beschlusses. Sind weitere Entscheidungen erforderlich, so kommt es für den Einfluß der Befangenheit auf die nachfolgende Entscheidung darauf an, inwieweit die vorangehende Entscheidung die nachfolgende festlegt.

3.3 Persönliche oder wirtschaftliche Vorteile

Dieses Tatbestandsmerkmal ist eine sachliche Einengung des umfassenden Begriffspaars Vorteil oder Nachteil, so daß z.B.ethische, wissenschaftliche oder religiöse Belange nicht erfaßt sind. Das ist auch durch den Beziehungsbereich der Ratsmitglieder bedingt, nämlich Beschäftigung gegen Entgelt, Organmitgliedschaft und Gesellschafterfunktion. Obwohl das wirtschaftliche Interesse bei diesem Beziehungsbereich von der Sache her im Mittelpunkt steht, ist zur Abrundung bzw. zur Absicherung auch das persönliche Interesse von Bedeutung, falls z.B. der Verkauf eines Grundstücks nicht für Unternehmenszwecke,sondern für eine private Nutzung des Arbeitgebers in Frage kommt. Nicht jeder Gegenstand, der zur Behandlung im Rat ansteht, muß z.B. den Unternehmensbereich und auch zugleich den Privatbereich des Unternehmens berühren, sondern es kann der Gegenstand auch nur für die privaten Belange des Arbeitgebers relevant sein, z.B. die Höhe der Selbstbeteiligung beim Ausbaubeitrag in dessen Wohnstraße.

Ein wirtschaftliches Interesse liegt z.B. in der Gewährung von Subventionen für die Umsiedlung störender Betriebe aus dem Ortskern in ein neues Gewerbegebiet oder für Beihilfen für die Vorhaltung von Ausbildungsplätzen durch einzelne Unternehmen vor.

4. Ausnahmen von der Befangenheit

Die Vorschriften über das Vorliegen eines Sonderinteresses finden keine Anwendung, wenn es sich

um Belange einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe oder

um Wahlen des Rats handelt.

4.1 Gemeinsame Gruppeninteressen

4.1.1 Allgemeines

Die Befangenheitsvorschriften gelten nicht, wenn die Entscheidung nur die gemeinsamen Interessen einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe berührt.

Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn es sich um kollektive, auf das gleiche Ziel gerichtete Interessen von Personenmehrheiten handelt, die grundsätzlich nicht von vorneherein und persönlich bekannt, namensmäßig feststellbar und aufzählbar sind, sondern die nur nach örtlichen, beruflichen, wirtschaftlichen oder sozialen Gesichtspunkten abgrenzbar sind (vgl. §§ 18 Abs. 3 S. 1 BaWü, 28 Abs. 3 Nr. 1 Bran, 25 Abs. 1 Hess, 24 Abs. 2 Nr. 1 MeVo, 26 Abs. 1 Nds, 31 Abs. 3 Nr. 1 NRW, 22 Abs. 2 RhPf, 27 Abs. 3 Nr. 1 Saarl, 22 Abs. 2 Nr. 1 SchlH, 20 Abs. 2 Nr. 2 Sachs, 31 Abs. 1 S. 2 SachsAn).

Die Voraussetzungen, die für einen Ausschluß gelten, nämlich ein Individualinteresse im Gegensatz zu den Belangen der Gemeinde, können für eine größere Zahl von Ratsmitgliedern vorliegen, so daß häufig die Vertretungskörperschaft nur mit einer Mindestzahl von Ratsmitgliedern beschließen kann oder weitere Behelfe notwendig sind, z.B. Entscheidungen nur durch den Bürgermeister oder gar durch die kommunale Aufsicht (Beauftragten). Es würden außerdem wenige nicht befangene Ratsmitglieder über Belange einer größeren Gruppe Bürger entscheiden, bzw. deren Belange könnten im Rat nicht zur Geltung gebracht werden.

Diesen möglichen Auswirkungen wird dadurch begegnet, daß eine Befangenheit nicht anzunehmen ist, wenn die Ratsmitglieder oder die ihnen zuzuordnenden Personen Angehörige einer Berufsgruppe oder Bevölkerungsteils sind, deren gemeinsame Belange berührt werden und demzufolge nicht als befangen gelten.

4.1.2 Berufsgruppe

Eine Berufsgruppe umfaßt alle Personen, die inhaltlich einen wesentlich gleichen Beruf ausüben. Hierbei kann es sich um selbständige – Handwerker, Einzelhändler, Unternehmer, Landwirte, Ärzte, Anwälte, Gastronomen und Hoteliers – oder um unselbständige – Angestellte und Arbeiter im Produktions- und Dienstleistungsunternehmen – handeln.

Es können auch mehrere Berufsgruppen ein verbindendes Merkmal haben, z.B. hinsichtlich der Gewerbesteuer – Handwerks-, Einzelhandels- und Industriebetriebe – (OVG RhPf, 1.8.1966, VZ GStB 1967, 4).

4.1.3 Bevölkerungsteil

Eine Bevölkerungsgruppe bzw. ein Bevölkerungsteil ist gegeben, wenn unabhängig vom Beruf übereinstimmende personen- oder sachbezogene Merkmale bzw. gleichartige Interessen und Tätigkeiten sowie Besitz- und Vermögensverhältnisse gegeben sind. Personenbezogene Merkmale sind gegeben für Eltern von Kindern im Kindergarten und von schulpflichtigen Kindern, Mitgliedern von Sport- und Kulturvereinen sowie politischen Parteien und Senioren (z.B. Vergünstigungen bei Benutzung gemeindlicher Einrichtungen). Sachbezogene Merkmale liegen z.B. vor bei Grundstückseigentümern (Grundsteuer), Hundehaltern (Hundesteuer) und Anliegern von Fußgänger- und verkehrsberuhigten Zonen.

Ein Gruppeninteresse liegt nur vor, wenn es um die Belange aller Angehörigen einer Gruppe, die es in der Gemeinde gibt, geht. Sind nur die Grundstückseigentümer in einem Bebauungsplan und nicht alle Grundstückseigentümer in der Gemeinde betroffen, fehlen die Voraussetzungen für ein Gruppeninteresse. Handelt es sich um eine größere Zahl gleichgelagerter Einzelinteressen, die gleichzeitig im Gemeinderat (Rat, Gemeindevertretung) behandelt werden, z.B. Anträge auf Ermäßigung von Beiträgen, liegt ein Gruppeninteresse nicht vor.

Es muß stets ein gemeinsames Interesse der gesamten Gruppe und nicht das individuelle konkrete Interesse einzelner gegeben sein. Über das Gruppeninteresse hinaus darf nicht ein besonderes Einzelinteresse verfolgt werden.

4.1.4 Anwendungsfälle

Angelegenheiten, bei denen in der Regel ein Gruppeninteresse vorliegt:

Erlaß von Satzungen mit abstraktem Charakter, die noch einer weiteren Umsetzung (Verwaltungsakt) bedürfen (Maßnahmesatzungen). Hiervon weichen die Einzelfallsatzungen ab, die individuellen / konkreten Inhalt haben.

Festlegung von Hebesätzen für Realsteuern.

Erlaß von Gebühren- und Beitragssatzungen.

Satzungen über örtliche Steuern (Hundesteuer, Vergnügungssteuer, Jagdsteuer).

Beschlußfassung über die Herstellung von Einrichtungen, die allen Vereinen zur Verfügung stehen, z.B. Dorfgemeinschaftshaus, Turnhalle.

In folgenden Angelegenheiten liegt kein Gruppeninteresse vor:

Aufstellung von Bebauungsplänen in allen Verfahrensstufen; das gilt auch in kleineren Gemeinden, wenn der Bebauungsplan den gesamten Ort erfaßt.

Festlegung von bebauten Ortsteilen im Außenbereich und Abrundung des Bebauungsgebiets (§ 34 Abs. 4 BauGB).

Mit Bebauungsplänen sind nicht gleichzusetzen Verkehrsplanungen oder Radwegeplanungen, da diese keine rechtliche Bindung auslösen, sondern Vorstufe zu konkreten Planentscheidungen sind.

4.2 Wahlen und Abberufungen

Die Nichtanwendung der Befangenheitsvorschriften bei der Durchführung von bestimmten Wahlen im Gemeinderat (Rat, Gemeindevertretung) soll gewährleisten, daß das Ergebnis der Kommunalwahlen bei solchen politischen Entscheidungen nicht verändert wird. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung dem aus der Volkswahl hervorgegangenen Mandat höheres Gewicht beigemessen als der Gefahr eigennütziger Wahlentscheidungen bei Bestehen von Interessenkollisionen (vgl. §§ 18 Abs. 3 S. 2 BaWü, 28 Abs. 3 Nr. 2 Bran, 25 Abs. 2 Hess, 24 Abs. 2 Nr. 2 MeVo, 31 Abs. 3 Nr. 2-4 NRW, 22 Abs. 2 RhPf, 27 Abs. 3 Nr. 2 Saarl – nur bei unbesoldeten Stellen –, 20 Abs. 2 Nr. 1 Sachs, 22 Abs. 2 Nr. 2 SchlH, 38 Abs. 2 Thür).

Eine Wahl im Sinne dieser Vorschriften liegt bei ehren- und hauptamtlichen Bürgermeistern und Beigeordneten, Ausschußmitgliedern, Vertretern für andere Körperschaften und einer Person zum Ehrenbürger vor. Wahlen sind personenbezogene Auswahlentscheidungen.

Die Festlegung der Reihenfolge der Vertretung von Beigeordneten vor der Wahl sowie die Entscheidung über Verzicht auf Ausschreibung für hauptamtliche Zeitbeamte ist eine wahlähnliche Entscheidung.

Die Übertragung eines Geschäftsbereichs auf einen ehrenamtlichen Beigeordneten ist keine Wahl (vgl. § 50 Abs. 3 RhPf). In Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen ist die Abwahl / Abberufung von Zeitbeamten in gleichem Sinne zu bewerten.

Die weiteren Personalentscheidungen des Rats, z.B. die Beschlußfassungen über die Einstellung, Beförderung und Entlassungvon Bediensteten zählen nicht als Wahl. Das gilt auch für Entscheidungen über Angebote von Unternehmen hinsichtlich der

Erteilung von Aufträgen, da es sich in erster Linie um einen Sachbeschluß handelt.

5. Feststellung des Sonderinteresses und Folgerungen

5.1 Mitteilungspflicht und Entscheidung

Der Feststellung eines Sonderinteresses gehen Mitteilungspflichten der Ratsmitglieder, Kenntnisse des Bürgermeisters und Hinweise anderer Ratsmitglieder voraus. Eine ausdrückliche Mitteilungspflicht im Verhältnis zum Bürgermeister bzw. zum Ratsvorsitzenden ist fast in allen Ländern festgelegt (§§ 18 Abs. 4 Satz 1 BaWü, 28 Abs. 4 Satz 1 Bran, 25 Abs. 4 Hess, 24 Abs. 3 Satz 1 MeVo, 26 Abs. 4 Satz 1 Nds, 31 Abs. 4 Satz 1 NRW, 22 Abs. 4 Satz 1 RhPf, 20 Abs. 3 Satz 1 Sachs, 31 Abs. 4 Satz 1 SachsAn, 22 Abs. 3 Satz 1 SchlH, 38 Abs. 3 Satz 1 Thür).

Eine mittelbare Mitteilungspflicht ergibt sich aus dem Treueverhältnis zwischen dem Ratsmitglied und seiner Gemeinde, das auch zum Inhalt hat, die Gemeinde vor Nachteilen zu bewahren, die dadurch entstehen können, daß z.B. ein Bebauungsplan für rechtsungültig erklärt wird.

Bei Verletzung der Anzeigepflicht bei Vorliegen der Befangenheit sind grundsätzlich keine Sanktionen vorgesehen. Da es sich hierbei um gesetzlich abschließende Regelungen handelt, sind auch entsprechende Bestimmungen in der Geschäftsordnung nicht zulässig. In einzelnen Ländern ist lediglich festgelegt, daß Verstöße gegen die Offenbarungspflicht durch schriftlichen Bescheid festzustellen sind (§§ 28 Abs. 4 Satz 4 Bran, 31 Abs. 4 Satz 3 NRW). Das ist als eine Art förmliche Rüge zu bewerten.

Ob ein Sonderinteresse vorliegt, wird dem betreffenden Ratsmitglied stets durch den Bürgermeister eröffnet, und zwar auch dann, wenn er nicht selbst, sondern der Gemeinderat (Rat, Gemeindevertretung) das Sonderinteresse festgestellt hat und er diesen Beschluß vollzieht.

In Zweifelsfällen ist über den Ausschluß ein Beschluß des Gemeinderats (Rats, Gemeindevertretung) bzw. Ausschusses herbeizuführen. Obwohl eine vorhergehende Anhörung des betreffenden Ratsmitglieds ausdrücklich nur bei Vorliegen eines Zweifelfalls und nach dem Landesrecht (§§ 24 Abs. 3 Satz 2 MeVo, 22 Abs. 4 Satz 2 RhPf) zu erfolgen hat, gilt der allgemeine Grundsatz der Anhörung, wie er in § 28 VwVfG festgelegt ist, entsprechend, und zwar nicht nur für die Entscheidungen des Gemeinderats (Rats, Gemeindevertretung), sondern auch des Bürgermeisters, falls nach seiner Meinung eindeutig Sonderinteresse gegeben ist. Der Ausschluß wegen Befangenheit von einer Sitzung berührt nämlich ein Mitgliedschaftsrecht, das Grundlage eines Kommunalverfassungsstreitverfahrens sein kann. Die Teilnahme eines Ratsmitglieds mit Sonderinteresse berührt nicht das Mitgliedschaftsrecht eines anderen Ratsmitglieds. Ein Ratsmitglied ist daher nicht berechtigt, das Vorliegen eines Sonderinteresses eines Ratsmitglieds in einer Sitzung des Gemeinderats (Rats, Gemeindevertretung) gerichtlich feststellen zu lassen, sondern erst eine entsprechende Entscheidung des Rats (so § 26 Abs. 4 Nds).

Hinsichtlich der Form der Sitzung, in der über die Befangenheit eines Ratsmitglieds befunden wird, bestehen unterschiedliche Regelungen. Ist in nichtöffentlicher Sitzung darüber zu entscheiden, so bedeutet das Ausschluß der Öffentlichkeit (so ausdrückl. §§ 24 Abs. 3 Satz 2 MeVo, 22 Abs. 4 Satz 2 RhPf, 38 Abs. 3 Thür). Es ist aber auch bestimmt, daß die Entscheidung in öffentlicher Sitzung zu treffen ist, aber mit der Möglichkeit des Aufenthalts des betreffenden Ratsmitglieds im Zuhörerraum (§ 20 Abs. 4 Satz 2 Sachs).

Teilweise wird auch bestimmt, daß ohne Mitwirkung des betreffenden Ratsmitglieds (Art. 49 Abs. 2 Bay), d.h. Verlassen des Beratungstisches oder in Abwesenheit, also Verlassen des Sitzungsraums (§ 18 Abs. 4 Satz 2 BaWü, §§ 28 Abs. 4 Satz 2 Bran, 25 Abs. 4 Hess, 25 Abs. 5 Nds, 31 Abs. 4 Satz 1 NRW, 31 Abs. 5 SachsAn, 22 Abs. 3 Satz 3 SchlH) zu entscheiden ist.

Besteht keine ausdrückliche Regelung über den Aufenthalt des Ratsmitglieds bei der Entscheidung über das Vorliegen eines Sonderinteresses (§ 27 Saarl), ist zumindest der Beratungstisch zu verlassen.

5.2 Wirkung des Ausschlusses

Die Feststellung des Bürgermeisters, daß ein Sonderinteresse vorliegt, wirkt unmittelbar, selbst wenn das betreffende Ratsmitglied mit der Entscheidung nicht einverstanden ist und eine Klage beabsichtigt wird.

Der Ausschluß gilt für die Beratung und Abstimmung. Die Abhandlung eines Tagesordnungspunktes teilt sich allerdings in der Regel in Berichterstattung, Beratung und Abstimmung. Daraus ergibt sich, daß ein Ratsmitglied, bei dem Sonderinteresse festgestellt worden ist, am Aufruf des Tagesordnungspunktes und an der Berichterstattung noch teilnehmen darf, da seine Einflußmöglichkeit auf die anstehende Angelegenheit in einem oder im Sinne der im zuzuordnenden Personen erst mit der Beratung beginnt.

5.3 Pflicht zum Verlassen der Sitzung

Mit Beginn der Beratungen hat das befangene Ratsmitglied bei öffentlicher Sitzung den Beratungstisch, d.h. sich deutlich räumlich von dem Gremium – ein unzureichendes Abrücken vom Sitzungstisch ist nicht ausreichend – zu entfernen (§§ 18 Abs. 5 BaWü, 28 Abs. 4 Satz 1 und 2 Bran, 24 Abs. 3 Satz 1 MeVo, 26 Abs. 5 Nds, 31 Abs. 4 Satz 1 NRW, 22 Abs. 3 RhPf, 27 Abs. 4 Satz 2 Saarl, 20 Abs. 4 Sachs, 31 Abs. 5 SachsAn, 22 Abs. 3, Satz 3 und 4 SchlH). Es darf jedoch in dem für die Zuhörer bestimmten Teil des Sitzungsraumes bleiben. Bei einer nichtöffentlichen Sitzung muß der Betroffene den Sitzungsraum verlassen.

Den Sitzungstisch bzw. Sitzungsraum haben auch solche Teilnehmer in einer Sitzung zu verlassen, die zwar kein Beratungsund Abstimmungsrecht haben, z.B. Ortsvorsteher, Vertreter berührter Bevölkerungsteile, Sachverständige, wenn bei ihnen ein Befangenheitsgrund vorliegt.

Auch Ratsmitglieder, die Protokollführer sind oder die Niederschrift unterzeichnen sollen, haben bei dem betreffenden Tagesordnungspunkt den Sitzungstisch bzw. Sitzungsraum zu verlassen.

6. Rechtsfolgen bei Verstößen

6.1 Teilnahme an Sitzung trotz Vorliegens eines Sonderinteresses

Die Teilnahme eines Ratsmitglieds, bei dem Sonderinteresse festgestellt und ihm bekanntgegeben worden ist, ist unzulässig, weil der Bürgermeister von der Möglichkeit seiner Ordnungsgewalt Gebrauch machen muß.

Häufiger sind die Fälle, in denen bei der Beratung und Abstimmung das Sonderinteresse noch nicht bekannt war, z.B. das Verwandtschaftsverhältnis eines Ratsmitglieds – er wußte nicht, daß ein Grundstück seinem Großvater gehört –. Die Erfüllung eines objektiven Tatbestands eines Sonderinteresses ist entscheidend, auf die Kenntnis (subjektive Voraussetzung) kommt es nicht an.

Die Mitwirkung eines befangenen Gemeinderatsmitgliedes (Ratsmitgliedes, Mitgliedes der Gemeindevertretung) bei der Beratung oder Beschlußfassung macht einen Gemeinderatsbeschluß rechtswidrig. Das gleiche gilt, wenn ein Ratsmitglied ausgeschlossen war, obwohl Befangenheit nicht vorlag (so ausdrückl. § 22 Abs. 5 Satz 1 RhPf; vgl. VGH BW NVwZ 1987, 1103) oder wenn der Gemeinderat das Vorliegen eines Befangenheitsgrundes zu Unrecht verneint hat. Verstöße gegen Vorschriften des Sonderinteresses führen zur Unwirksamkeit eines Beschlusses, auch wenn dieser im übrigen einstimmig oder mit großer Mehrheit zustande gekommen ist. Rechtsnormen sind nichtig.

Ohne Bedeutung für die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses ist hingegen, wenn ein Ratsmitglied die Sitzung in der irrigen Meinung verlassen hat, befangen zu sein.

Ohne Bedeutung ist auch, ob der Gemeinderat über die Befangenheit Beschluß gefaßt hat oder nicht (VGH BW, NVwZ-RR 1992, 538).

Ohne Bedeutung ist auch, ob die Mitwirkung trotz Befangenheit oder der Ausschluß trotz Nichtbefangenheit für die Entscheidung kausal war, d.h., ob ohne die Mitwirkung des befangenen Ratsmitglieds die Entscheidung anders ausgefallen wäre. In einzelnen Gemeindeordnungen ist allerdings bestimmt, daß ein Beschluß, an dem ein befangenes Ratsmitglied mitgewirkt hat, nur dann ungültig ist, wenn seine Stimme für das Abstimmungsergebnis entscheidend war (vgl. Art. 49 Abs. 3 Bay, §§ 28 Abs. 6 Bran, 26 Abs. 6 Nds, 31 Abs. 6 NRW, 39 Abs. 4 S. 1 Thür).

6.2 Heilungsmöglichkeiten

Das Sonderinteresse kann festgestellt werden:

6.2.1 Während oder nach Abschluß der Beratung oder nach Abstimmung, aber noch vor Erledigung des Tagesordnungspunktes.

In diesem Falle kann die Beratung, ggf. Abstimmung, unter Ausschluß des befangenen Ratsmitglieds nach entsprechenden Feststellungen des Bürgermeisters wiederholt werden, nachdem der Bürgermeister den Beschluß beanstandet hat (§ 22 Abs. 5 S. 4 RhPf schreibt allerdings ausdrücklich eine Wiederholung des Beschlusses vor). Ein solches Verfahren ist möglich, wenn der Tagesordnungspunkt noch nicht abgeschlossen war.

6.2.2 Nach Erledigung des Tagesordnungspunktes, aber noch vor Ende der Sitzung.

In diesem Falle besteht die Möglichkeit, den an sich erledigten Tagesordnungspunkt wieder in die Tagesordnung aufzunehmen.

Hierfür sind die Regelung über eine Ergänzung der Tagesordnung zu beachten, z.B. qualifizierte Mehrheiten und Dringlichkeit.

Das letztere kann dann angenommen werden, wenn mit einer erneuten Entscheidung nicht bis zu der nächsten geplanten Sitzung gewartet werden kann und unter Umständen dann eine Eilentscheidung zu treffen ist.

6.2.3 Erst nach der Sitzung, aber vor Ablauf der sog. Heilungsfristen.

Wird noch vor Ablauf der Heilungsfristen, die in den einzelnen Gemeindeordnungen unterschiedlich in ihren Zeiträumen und Beschlußarten geregelt sind, das Vorliegen eines Sonderinteresses eines Ratsmitglieds, das an einem gefaßten Beschluß mitgewirkt hat, festgestellt, hat eine Beanstandung durch den Bürgermeister, das ist eine gesetzliche Verpflichtung, bzw. durch die Aufsichtsbehörde zu erfolgen.

Der Bürgermeister darf, falls er von der Verletzung der Vorschriften des Sonderinteresses Kenntnis erhalten hat, den Ablauf der Heilungsfristen nicht abwarten, um damit die Wirksamkeit des Beschlusses zu erreichen.

6.2.4 Überhaupt nicht oder erst nach Ablauf der Heilungsfristen.

Teilweise enthalten die Gemeindeordnungen Unbeachtlichkeits- (Heilungs-)regelungen, wonach ein Beschluß dann rechtswirksam bzw. rechtsgültig zustande gekommen ist, wenn die betreffenden Fristen verstrichen sind. Diese Fristen sind allerdings in zeitlicher und sachlicher Hinsicht in einzelnen Ländern unterschiedlich geregelt. Nach den Bestimmungen der §§ 18 Abs. 6 BaWü, 27 Abs. 5 MeVo, 27 Abs. 6 Saarl, 20 Abs. 5 Sachs, 31 Abs. 6 SachsAn, 22 Abs. 5 SchlH gilt ein Beschluß ein Jahr nach der Beschlußfassung oder, wenn eine öffentliche

Bekanntmachung erforderlich ist, ein Jahr nach dieser als von Anfang an gültig zustande gekommen, es sei denn, daß der Bürgermeister dem Beschluß wegen Gesetzwidrigkeit widersprochen oder die Rechtsaufsichtsbehörde den Beschluß vor Ablauf der Frist beanstandet hat. Die Heilung tritt nicht gegenüber demjenigen ein, der vor Ablauf der Jahresfrist einen förmlichen Rechtsbehelf eingelegt hat, wenn in dem Verfahren die Rechtsverletzung festgestellt wird.

§ 26 Abs. 5 Hessen – eine Sechs-Monatsfrist nach Beschluß bzw. Bekanntmachung.

§ 22 Abs. 5 S. 3 RhPf – eine Drei-Monatsfrist für allgemeine Beschlüsse, ein Jahr für Satzungen (§ 24 Abs. 6 RhPf).

Nach § 38 Abs. 4 S. 2 Thür gilt ein Beschluß von Anfang an als wirksam, wenn der Verstoß nicht innerhalb von drei Monaten nach Beschlußfassung unter Bezeichnung der Tatsachen, die einen solchen Verstoß begründen können, gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden ist. Für Satzungen gilt ein Jahr.

Nach §§ 28 Abs. 6 Bran, 26 Abs. 6 i.V.m. 6 Abs. 5 Nds gilt eine Jahresfrist für den Eintritt der Bestandskraft nur bei Erforderlichkeit einer Bekanntmachung. Die Heilung tritt nicht ein, wenn die Verletzung schriftlich innerhalb dieser Frist gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden ist.

Bei den Fristen kann es sich jedoch nach der Verteilung der Gesetzgebungskompetenz zwischen Bund und Ländern (Art. 74 Abs. 1 GG) nur um Fristen des Kommunalrechts, nicht aber des Verwaltungsprozeßrechts handeln, da der Landesgesetzgeber nicht befugt ist, ohne entsprechende bundesgesetzliche Ermächtigung im Bereich des gesetzlichen Verfahrens Präklusionsfristen zu normieren.

Legt jemand vor Ablauf der o.g. Fristen einen förmlichen Rechtsbehelf ein, dieser ist jedoch nicht gegen den Beschluß selbst, sondern nur gegen die Vollzugsmaßnahme (Verwaltungsakt) oder den bekanntgemachten Bebauungsplan zulässig, tritt diesem gegenüber die Wirksamkeit des Beschlusses nicht ein, wenn im Laufe des Verfahrens der Mangel festgestellt wird. Werden die von mehreren Beitragspflichtigen gestellten Anträge auf Erlaß des Beitrags vom Rat unter Beteiligung von befangenen Ratsmitgliedern abgelehnt und legt nur ein Antragsteller innerhalb der vorgesehenen Fristen ein Rechtsmittel ein, das zur Feststellung des Mangels führt, ist nur im Verhältnis zu ihm und nicht im Verhältnis zu den anderen Beitragspflichtigen der Bescheid unwirksam.

Wird ein an sich wegen Sonderinteresses mangelhafter Beschluß in der Heilungsfrist vollzogen und sind dadurch Rechte Dritter entstanden, z.B. bei einem Bauauftrag, berührt eine Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses nicht das Außenverhältnis. Werden trotz Einlegung eines Rechtsbehelfs Entscheidungen nach Ablauf der Heilungsfrist vollzogen, bleiben diese wirksam, sofern keine rechtlichen Bedenken gegen die Aufrechterhaltung solcher Entscheidungen bestehen.

Während der Rechtsbehelf gegen Entscheidungen aufgrund allgemeiner Beschlüsse keinen Hinweis auf die Tatsache einer unzulässigen Mitwirkung eines Ratsmitglieds enthalten muß und auch eine Feststellung von Amts wegen ausreicht, ist bei der Beschlußfassung von Satzungen mit unmittelbarer Wirkung, z.B. Bebauungsplan, Satzung über Veränderungssperre und Vorkaufsrecht, die Tatsache, daß Bestimmungen über Ausschließungsgründe wegen Sonderinteresses verletzt worden sind, in die Geltendmachung (Rechtsbehelfsbegründung) einzubeziehen. Wird die Rechtswidrigkeit einer Satzung wegen Verletzung der Ausschließungsvorschriften in einem Rechtsmittelverfahren festgestellt, ist eine nochmalige Beschlußfassung u.U. mit rückwirkender Kraft und Bekanntmachung erforderlich.

Bei Mitwirkung eines befangenen Ratsmitglieds steht den anderen Ratsmitgliedern ein Klagerecht nicht zu, da sie hierdurch nicht in ihren Mitgliedschaftsrechten als Voraussetzung für ein kommunales Verfassungsstreitverfahren verletzt sind. Sie können lediglich den Bürgermeister auf einen solchen Mangel hinweisen, damit dieser tätig wird. Nur ein ausgeschlossenes Ratsmitglied kann ein kommunalverfassungsrechtliches Streitverfahren anstrengen. Dritte können als Betroffene von Verwaltungsakten oder einer gemeindlichen Satzung, insbesondere eines Bebauungsplans, eine Feststellung der Unwirksamkeit wegen Mangels der Befangenheit nur über eine Anfechtungsklage oder in einer Normenkontrollklage geltend machen, weil ihre Rechte in der Sache beeinträchtigt sein könnten (§ 42 VwGO).

6.3 Rechtswidriger Ausschluß eines Ratsmitglieds

Ist ein Ratsmitglied zu Unrecht von der Mitwirkung ausgeschlossen worden, z.B. bei einer Beschäftigung gegen Entgelt, liegt aber offensichtlich kein Interessenwiderstreit vor, oder die Nichtbeteiligung des betreffenden Ratsmitglieds an der Klärung einer Zweifelsfrage hat eine andere insofern ausgenutzte Mehrheit ergeben, ist der Beschluß rechtsunwirksam (so ausdrückl. § 18 Abs. 6 Satz 1 BaWü, 22 Abs. 5 Satz 1 RhPf, 20 Abs. 5 Satz 1 Sachs, 38 Abs. 4 Satz 1 Thür).

Nimmt ein Ratsmitglied irrtümlich für sich das Vorliegen eines Sonderinteresses an und läßt es der Bürgermeister dabei bewenden, hat das keine Auswirkung auf den Sachbeschluß.

Ist ein Mitwirkungsverbot zu Unrecht angenommen worden, ist der Sachbeschluß gleichwohl wirksam, solange das betreffende Ratsmitglied die Verletzung seiner Mitgliedschaftsrechte nicht geltend macht und daraufhin der Beschluß für unwirksam erklärt wird.

6.4 Verminderte Beschlußfähigkeit wegen Sonderinteresses

Liegt bei einer größeren Zahl von Ratsmitgliedern Sonderinteresse vor, kann das zur Folge haben, daß die allgemeine Beschlußfähigkeit nicht mehr gegeben ist.

In kleineren Gemeinden mit einer geringen Zahl von Ratsmitgliedern tritt Beschlußunfähigkeit wegen Sonderinteresses, insbesondere bei grundstücksbezogenen Entscheidungen, Bebauungsplan, Bildung von Erschließungseinheiten, ein.

Während bei einer vermeidbaren Beschlußunfähigkeit die entsprechenden Tagesordnungspunkte in einer weiteren Sitzung zu behandeln und zu beschließen sind, kann bei einer unvermeidbaren Beschlußunfähigkeit wegen Sonderinteresses die Behandlung der betreffenden Tagesordnungspunkte in allen Ländern bis auf Bayern und Nordrhein-Westfalen in der gleichen Sitzung fortgesetzt werden.

Eine verminderte Beschlußfähigkeit, teils mit, teils ohne eine Mindestzahl von anwesenden stimmberechtigten Ratsmitgliedern, reicht aus, wenn bei mehr als der Hälfte der Ratsmitglieder Befangenheit vorliegt (vgl. §§ 37 Abs. 2 S. 2 BaWü, 39 Abs. 2 Sachs – mindestens ein Viertel der stimmberechtigten Ratsmitglieder; §§ 46 Abs. 3 Bran, 53 Abs. 3 Hess, 46 Abs. 3 Nds, 53 Abs. 3 SachsAn – ohne Mindestzahl, jedoch Beschlußgenehmigung durch die Aufsichtsbehörde;

§ 30 Abs. 2 MeVo – mindestens ein Drittel der stimmberechtigten Ratsmitglieder;

§§ 39 Abs. 2 RhPf, 36 Abs. 3 Thür – mindestens ein Drittel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder, anderenfalls Entscheidung durch den Bürgermeister nach Anhörung der nicht ausgeschlossenen anwesenden Ratsmitglieder anstelle des Gemeinderats;

§§ 44 Abs. 3 Saarl, 38 Abs. 2 SchlH – mindestens drei stimmberechtigte Ratsmitglieder).

In Bayern (Art. 47 Bay) und Nordrhein-Westfalen (§ 49 NRW) ist die Fortsetzung der Behandlung des anstehenden Tagesordnungspunktes bei Beschlußunfähigkeit wegen Sonderinteresses ausgeschlossen und eine Einladung zu einer weiteren Sitzung erforderlich.

Zum Mitwirkungsverbot in den Kommunalverfassungen aller Bundesländer ist eine umfangreiche Rechtsprechung ergangen sowie eine Vielzahl von speziellen Abhandlungen (s. dazu unter V. – Literaturhinweise).

III. Häufige Einzelfälle von Befangenheit, Widerstreit der Interessen, Ausschließungsgründe und

Mitwirkungsverbote

Aufstellung von Bebauungsplänen:

Die Rechtsprechung hat die Anwendung des Mitwirkungsverbotes auch bei der Feststellung von Bebauungsplänen bejaht, weil Bebauungspläne unbeschadet ihres Normcharakters auch unmittelbar rechtliche Gestaltungswirkung für die Bebaubarkeit und unmittelbar wirtschaftliche Auswirkungen für die betroffenen Grundstücke haben, indem sie deren Wert beeinflussen.

Die Belegenheit eines Grundstücks im Bereich eines Bebauungsplanes reicht somit zur Annahme einer Interessenkollision aus. Das Mitwirkungsverbot beschränkt sich nicht nur auf den eigentlichen Satzungsbeschluß, sondern auf alle Beratungen und Beschlüsse der Gemeindevertretung und ihrer Ausschüsse, da bereits dort die Weichenstellung für das Ob und Wie der Planung erfolgt ist und der Planinhalt weitgehend festgelegt wird.

Anschluß- und Beitragssatzungen:

Hier geht die Rechtsprechung von einer Zulässigkeit der Mitwirkung betroffener Grundstückseigentümer bei der Beratung aus, weil Satzungen keine unmittelbare Wirkung für ein Gemeinderatsmitglied (Ratsmitglied, Mitglied der Gemeindevertretung) grundsätzlich zeitigen und die Beitragspflicht erst durch den Erlaß eines Heranziehungsbescheides aktualisiert wird.

Verkauf, Vermietung, Verpachtung von Grundstücken:

Eine Interessenkollision liegt auf der Hand, wenn das Gemeinderatsmitglied (Ratsmitglied, Mitglied der Gemeindevertretung) Käufer und Verkäufer, Mieter oder Vermieter des betreffenden Grundstücks an die Gemeinde ist.

Personalwesen:

Bei Einstellung, Entlassung, Höhergruppierung von Mitarbeitern, die in einem Verwandtschaftsverhältnis im Sinne des Gesetzes zu einem Gemeinderatsmitglied (Ratsmitglied, Mitglied der Gemeindevertretung) oder hauptamtlich Tätigen sind, ist eine Mitwirkung des entsprechenden Kommunalpolitikers unzulässig.

IV. Widerstreit von Interessen beim Verwaltungshandeln

§ 20, 21 Verwaltungsverfahrensgesetz

§ 20 Ausgeschlossene Personen

(1) In einem Verwaltungsverfahren darf für eine Behörde nicht tätig werden,

1. wer selbst Beteiligter ist;

2. wer Angehöriger eines Beteiligten ist;

3. wer einen Beteiligten kraft Gesetzes oder Vollmacht allgemein oder in diesem Verwaltungsverfahren vertritt;

4. wer Angehöriger einer Person ist, die einen Beteiligten in diesem Verfahren vertritt;

5. wer bei einem Beteiligten gegen Entgelt beschäftigt ist oder bei ihm als Mitglied des Vorstandes, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs tätig ist; dies gilt nicht für den, dessen Anstellungskörperschaft Beteiligte ist;

6. wer außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist.

Dem Beteiligten steht gleich, wer durch die Tätigkeit oder durch die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann.

Dies gilt nicht, wenn der Vor- oder Nachteil nur darauf beruht, daß jemand einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe angehört, deren gemeinsame Interessen durch die Angelegenheit berührt werden.

In kleineren Gemeinden mit einer geringen Zahl von Ratsmitgliedern tritt Beschlußunfähigkeit wegen Sonderinteresses, insbesondere bei grundstücksbezogenen Entscheidungen, Bebauungsplan, Bildung von Erschließungseinheiten, ein.

Während bei einer vermeidbaren Beschlußunfähigkeit die entsprechenden Tagesordnungspunkte in einer weiteren Sitzung zu behandeln und zu beschließen sind, kann bei einer unvermeidbaren Beschlußunfähigkeit wegen Sonderinteresses die Behandlung der betreffenden Tagesordnungspunkte in allen Ländern bis auf Bayern und Nordrhein-Westfalen in der gleichen Sitzung fortgesetzt werden.

Eine verminderte Beschlußfähigkeit, teils mit, teils ohne eine Mindestzahl von anwesenden stimmberechtigten Ratsmitgliedern, reicht aus, wenn bei mehr als der Hälfte der Ratsmitglieder Befangenheit vorliegt (vgl. §§ 37 Abs. 2 S. 2 BaWü, 39 Abs. 2 Sachs – mindestens ein Viertel der stimmberechtigten Ratsmitglieder; §§ 46 Abs. 3 Bran, 53 Abs. 3 Hess, 46 Abs. 3 Nds, 53 Abs. 3 SachsAn – ohne Mindestzahl, jedoch Beschlußgenehmigung durch die Aufsichtsbehörde; § 30 Abs. 2 MeVo – mindestens ein Drittel der stimmberechtigten Ratsmitglieder; §§ 39 Abs. 2 RhPf, 36 Abs. 3 Thür – mindestens ein Drittel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder, anderenfalls Entscheidung durch den Bürgermeister nach Anhörung der nicht ausgeschlossenen anwesenden Ratsmitglieder anstelle des Gemeinderats; §§ 44 Abs. 3 Saarl, 38 Abs. 2 SchlH – mindestens drei stimmberechtigte Ratsmitglieder).

In Bayern (Art. 47 Bay) und Nordrhein-Westfalen (§ 49 NRW) ist die Fortsetzung der Behandlung des anstehenden Tagesordnungspunktes bei Beschlußunfähigkeit wegen Sonderinteresses ausgeschlossen und eine Einladung zu einer weiteren Sitzung erforderlich.

Zum Mitwirkungsverbot in den Kommunalverfassungen aller Bundesländer ist eine umfangreiche Rechtsprechung ergangen sowie eine Vielzahl von speziellen Abhandlungen (s. dazu unter V. – Literaturhinweise).

III. Häufige Einzelfälle von Befangenheit, Widerstreit der Interessen, Ausschließungsgründe und

Mitwirkungsverbote

Aufstellung von Bebauungsplänen:

Die Rechtsprechung hat die Anwendung des Mitwirkungsverbotes auch bei der Feststellung von Bebauungsplänen bejaht, weil Bebauungspläne unbeschadet ihres Normcharakters auch unmittelbar rechtliche Gestaltungswirkung für die Bebaubarkeit und unmittelbar wirtschaftliche Auswirkungen für die betroffenen Grundstücke haben, indem sie deren Wert beeinflussen.

Die Belegenheit eines Grundstücks im Bereich eines Bebauungsplanes reicht somit zur Annahme einer Interessenkollision aus.

Das Mitwirkungsverbot beschränkt sich nicht nur auf den eigentlichen Satzungsbeschluß, sondern auf alle Beratungen und Beschlüsse der Gemeindevertretung und ihrer Ausschüsse, da bereits dort die Weichenstellung für das Ob und Wie der Planung erfolgt ist und der Planinhalt weitgehend festgelegt wird.

Anschluß- und Beitragssatzungen:

Hier geht die Rechtsprechung von einer Zulässigkeit der Mitwirkung betroffener Grundstückseigentümer bei der Beratung aus, weil Satzungen keine unmittelbare Wirkung für ein Gemeinderatsmitglied (Ratsmitglied, Mitglied der Gemeindevertretung) grundsätzlich zeitigen und die Beitragspflicht erst durch den Erlaß eines Heranziehungsbescheides aktualisiert wird.

Verkauf, Vermietung, Verpachtung von Grundstücken:

Eine Interessenkollision liegt auf der Hand, wenn das Gemeinderatsmitglied (Ratsmitglied, Mitglied der Gemeindevertretung) Käufer und Verkäufer, Mieter oder Vermieter des betreffenden Grundstücks an die Gemeinde ist.