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Müssen die Bundestagsabgeordneten zu Fuß laufen?

Einzelfall oder symptomatisch?

Mitten in die flaue Zeit zwischen den Koalitionen fällt eine brisante Meldung: Die Fahrbereitschaft des Bundestages stellt ihre Dienstleistung ein, weil die Verwaltung die fälligen Zahlungen über Monate nicht geleistet haben soll. Die Firma musste Insolvenz anmelden. Die Bundstagsabgeordneten sollten nun Taxi fahren, was sie selbst zu bezahlen hätten. Die Proteste unserer Volksvertreter folgten prompt, das Dementi ebenfalls: Die Firma befindet sich "nur" in einer Art "Vorkonkurs" und die Bundestagsabgeordneten könnten innerhalb Berlins weiter mit dem Auto fahren.

Nur wenige Bürger diese Landes konnten glauben, was sie dort lasen. Dabei wäre es nicht das erste Mal, dass wegen fehlender Zahlungen der öffentlichen Hand Firmen Insolvenz anmelden. Schon vor mehr als 10 Jahren demonstrierten vor Landtagen Eigentümer von Handwerksfirmen, weil von den Kommunen beauftragte und erledigte Bauleistungen gar nicht oder mit Monaten Verspätung bezahlt wurden. In Niedersachsen stellte eine Gartenbaufirma, welche die kommunalen Grünflächen pflegte, ihre Arbeiten wegen fehlender Bezahlung ein. Daraufhin wurde der Vertrag gekündigt und seitens der Stadt neu ausgeschrieben, eine neue Firma beauftragt und wieder nicht bezahlt. Gegen einen Privatmann würde die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Betrug ermitteln. Bei den Kommunen sind die Ermittlungsorgane blind, taub und stumm.

Alles nur Einzelfälle?

Eher nicht, denn in ganz Europa spielen sich diese Dinge ab, und das nicht nur in den Schuldenstaaten. Doch in diesen ist die Situation besonders dramatisch. So erhielten in Portugal Firmen, welche die Kommunen beliefern, schon teilweise seit Jahren kein Geld. Das reicht von Energielieferungen bis hin zu Papier und Bleistift. Würden sie alle wie die Fahrbereitschaft des Bundestages oder der Gartenbaubetrieb ihre Leistungen einstellen, wäre das gesamte öffentliche Leben in Portugal lahm gelegt. Nicht einmal so ein renommierter Fußballclub wie Benfica Lissabon bezahlt seine Rechnungen, wenn er nach einem Spiel in eine örtliche Gaststätte mit Spielern und Betreuern einkehrt.

Und was machen die Menschen, welche keinen Lohn für ihre Arbeit erhalten?

Bisher verkauften sie auf Wochenmärkten oder am Straßenrand Früchte aus den Gärten, Handarbeiten oder auch nicht mehr benötigten Hausrat, um sich etwas hinzuzuverdienen. Diese Möglichkeit wurde unbürokratisch nach der Nelkenrevolution, also der Befreiung von der Salazar- Diktatur, geschaffen, damit sich die vollkommen verarmte Bevölkerung etwas hinzu verdienen konnte, indem sie eigene Produkte örtlich anbieten. Jetzt sollen sie auf Druck der Troika eine Genehmigung für den Handel einholen, die monatlich mit 63,00 EUR zu bezahlen wäre. Das mag sich wenig anhören, ist hier aber für die Betroffenen ein Vermögen. In der Zeit der Orangenernte werden z.B. 3 kg Orangen für 1,00 € verkauft. Um die monatliche Genehmigung zu bezahlen, müssten also 189 kg Orangen im Monat verkauft werden. Das gelingt einem nebenberuflichen "Hobbygärtner", der seine Ernte verkauft, eher selten.

Eine andere Händlerin verkauft kleine Flacons mit Ölen zu je 0,30 EUR das Stück. Rechnen Sie mal, wieviel sie verkaufen müsste, um die 63,00 EUR zu erhalten für die Genehmigung.

Die Forderungen der Troika zur Reorganisation des Landes führen aktuell dazu, dass diese kleinen Händler einfach verschwinden, womit die Armut der Betroffenen wieder zunimmt. Waren es früher die Junker und Handlanger des Salazarregimes, welche die Bevölkerung verarmen ließen, sind es heute die EURO- Rettungsprogramme, welche die Banken retten, die dann weiterzocken dürfen, und die Bevölkerung zur Kasse bitten. In Deutschland merken wir es nur noch nicht, weil der Export irgendwie ja funktioniert.

Wie lange noch?

Dipl.- Ing. Sylke Wegener