Was fällt alles unter Korruption?

Versuch einer Antwort auf Nachfragen an die BfH

Unsere neue Rubrik "Dies und Das" ist ein voller Erfolg! Das zeigt die wachsende Zahl der Leser und Nachfragen. Zum Korruptionsartikel gab es so einige Nachfragen und Meinungen.

Eine umfassende Antwort auf die Frage, was alles unter Korruption fällt, ist an dieser Stelle nicht möglich. Doch wollen wir in loser Folge einige aktuelle Fälle anführen. Dazu gehört ein Ermittlungsverfahren, welches die Stadt Wilhelmshaven betrifft.

Gegen den ehemaligen Oberbürgermeister Menzel, den früheren Kliniksgeschäftsführer des städtischen Reinhard-Nieter-Krankenhauses, Brost, und weitere vier Personen ermittelt die Staatsanwaltschaft Oldenburg wegen des Verdachts der schweren Untreue. Die Staatsanwaltschaft begründet dies mit Unregelmäßigkeiten in der Altersversorgung. Menzel und weitere vier Personen sollen dem Kliniksgeschäftsführer eine unangemessen hohe Altersversorgung gewährt haben. Eine genaue Summe wurde nicht genannt. Der Geschäftsführer ist ein Freund des früheren Oberbürgermeisters.

Das Auswerten der Beweismaterialien wird laut Staatsanwaltschaft einige Zeit in Anspruch nehmen.

Geschäftsführer Brost war auf eigenen Wunsch zum 1. Oktober 2011 aus gesundheitlichen Gründen aus dem Geschäftsführeramt ausgeschieden. Er soll aber bis 2014 weiterhin 75 Prozent seines Gehalts vom Krankenhaus bezahlt bekommen.

Um diese ungewöhnliche Regelung in Wilhelmshaven durchzusetzen, war das zuständige Beschlussgremium eigens um einen Politiker aufgestockt worden, weil die SPD-Vertreter zuvor gegen die Stimmen von CDU und FDP keine ausreichende Mehrheit in dem Aufsichtsgremium hatten. Durch die Aufstockung erhielt die SPD diese Mehrheit und konnte die überhöhte Altersversorgung durchsetzen. Beim ehemaligen Oberbürgermeister, dem früheren Kliniksgeschäftsführer und den Stadtverordneten, welche der Altersversorgung zustimmten, erfolgten Hausdurchsuchungen.

Keine Hausdurchsuchung gab es bislang nach unseren Informationen bei Ursula Aljets. Die SPD-Kommunalpolitikerin und frühere Ratsfrau war in der fraglichen Zeit Aufsichtsratsvorsitzende des städtischen Reinhard-Nieter-Krankenhauses. Ob sie in der Zeit der Abstimmung vielleicht abwesend war und deshalb die Mehrheit der SPD gefährdet, ist uns nicht bekannt. Sollte das so gewesen sein, hätte sie einfach "Glück gehabt", denn andernfalls hätte sie bestimmt ebenfalls ihre Zustimmung gegeben.

Schlussfolgerung:

Bürgermeister können sich offenbar nicht mehr darauf verlassen, dass ein "Gemeinschaftsbeschluss" vor Strafverfolgung schützt.

Gemeindevertreter auch nicht!

In Hohn ist immer wieder zu beobachten, dass Bürgermeister Müller gerade bei fraglichen Beschlüssen um Einstimmigkeit ringt. Wird später Kritik geübt, verweist er immer wieder auf das Gremium der Gemeindevertretung und seine Beschlüsse. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg zeigt jetzt deutlich: Jeder Gemeindevertreter ist für seine Stimme verantwortlich, gerade, wenn es um die Einhaltung von Rechtsnormen geht.

Dipl.- Ing. Sylke Wegener