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Hoeneß for President


08|11|2013

Wie man eine Republik ordentlich steuern kann

Gut, man muss nicht so weit gehen wie Franz Josef Wagner von der BILD-Zeitung, der in diesen Tagen dem geplagten Uli Hoeneß eine Liebeserklärung machte: "Ich liebte Sie als Manager und Präsident des FC Bayern, der heute den besten Fußball der Welt spielt. Ich liebe Sie auch als Angeklagter." Aber die FAZ hat schon den richtigen Kurs abgesteckt wenn sie rechtfertigend schreibt: "Richtig bleibt [...], dass Hoeneß sich [...] selbst anzeigte", auch wenn er das erst in höchster Not tat, als die Illustrierte Stern seiner Steuerhinterziehung auf der Spur war. Deshalb kommentiert die "Süddeutsche Zeitung" nach der Anklageerhebung gegen den Präsidenten des FC Bayern München [FCB] auch erleichtert: "Jetzt kann gedealt werden" und die "Nürnberger Zeitung" warnt eindringlich "Gerichte können falsch liegen. Das zeigte nicht zuletzt der Skandal um den Psychiatrie-Insassen Gustl Mollath." Doch es geht um mehr, viel mehr als nur eine Hoeneß-Verteidigung. Es geht darum, dass die Bayern-München AG, ein Unternehmen das immerhin rund 400 Millionen Umsatz macht, ein Muster für die Deutschland AG ist, für jene Republik, der Uli Hoeneß vorsitzen sollte, wenn es mit rechten Dingen zu ginge.

Schon im Verwaltungsbeirat des FCB sitzen so honorige Menschen, wie der ehemalige bayerische Ministerpräsident Stoiber, der die legendäre Magnetschwebebahn beinahe vom Münchner Hauptbahnhof, äh, äh, in zehn Minuten, im Grunde genommen, äh, äh, am Flughafen hätte starten lassen. Ihm zur Seite steht der berühmte ehemalige Siemens-Chef, Heinrich von Pierer, der im Zuge der Siemens-Korruptions-Affäre als Aufsichtsratschef seine Handlungen als Vorstandschef völlig objektiv prüfte. Zur Pierer-Zeit ging alles wie geschmiert. So einer versteht was von Geld, das braucht die Republik. Vom Geld versteht auch das FCB-Aufsichtsrat-Mitglied Martin Winterkorn nicht wenig. Der Mann steckt in seinem Nebenberuf als VW-Chef jährlich 14,6 Millionen Euro ein. Die versteuert er sogar. Aber die belgische VW-Konzerntochter Volkswagen Group Services kassierte im vergangenen Jahr einen komplett steuerfreien Gewinn von 153 Millionen Euro. Der Trick ist ganz einfach: VW zieht Eigenkapital aus Deutschland ab, um ihre belgischen Töchter damit zu füttern. Auf das übertragene Geld werden fiktive Zinsen angerechnet. Und schon geht alles am Fiskus vorbei.

Ein weiterer gerichtsfester FCB-Aufsichtsrat ist Dieter Rampl. Der ist zugleich ein Chef bei der UniCreditGroup. Die ist im Fall Gustl Mollath so richtig bekannt geworden. Als die Group noch Hypovereinsbank hieß und der Rampl dort im Vorstand war, gab es jede Menge "Kundentransfers" in die Schweiz. Ein interner Revisionsbericht deckte das zwar auf, aber die Bank mochte ihre Erkenntnisse nicht zur Entlastung von Mollath nutzen: Es hätten dann womöglich andere sitzen müssen. Auch der unlautere Handel der Bank mit Schrott-Immobilien führte nie zu einer Bestrafung: So wie man seinen Kunden Steuern ersparte, so sparte man sich die Verantwortung. Mit dem Telekom-Boss Timotheus Höttges rundet sich das Finanzakrobaten-Bild des FCB auf das Schönste.

Die Deutsche Telekom überweist als Sponsor jährlich um die 30 Millionen Euro an den bayerischen Fußballclub. Im Kern ist die Telekom ein Staatsbetrieb: 15 Prozent der Anteile hält die Bundesrepublik Deutschland direkt. Weitere 17 Prozent besitzt die rein staatliche "Kreditanstalt für Wiederaufbau [KfW]". Wenn einer weiß, wie man Finanzen steuert, dann die Leute von der KfW. Die hatte der Lehman-Brother-Pleite-Bank schnell noch 320 Millionen Euro überwiesen, als alle Welt schon von deren Insolvenz wusste. Auch die KfW-Millionen-Investments bei isländischen Wackel-Banken und isländischen Schrott-Staatspapieren beweisen jene besondere pekuniäre Intelligenz, die unter der Führung von Uli Hoeneß bei Bayern München versammelt ist. Lasst die nächsten Euro-Krisen nur kommen: Ein Uli Hoeneß an der Spitze der Deutschland AG wird schon jene Schlupflöcher finden, die uns aus jedem Desaster steuern.

Haydn von Hohnstein

Quelle: Nationalgalerie

Unsere Mutti im Fadenkreuz NSA

28|10|2013


Alle dürfen belauscht werden: die Südamerikaner, die Russen, die Franzosen, aber doch nicht die Zentralraute Europas. Dass das billige Volk abgeschnüffelt wird, geschieht ihm recht, weshalb macht es sich auch so verdächtig. Die Terrorfahndung auf unsre Mutti auszudehnen, ist ein Loch zu viel im Eimer, oh Henry, oh Henry, mach`s dicht, oh Henry, oh Henry...... Vielleicht hat Angie ja sogar schon eine Drohne am kreisen, falls sie mal mucksch wird; und ihr transatlantischer Freund ist gar keiner. Weiß man´s?

Sie hat geschworen, sie wolle ihre "Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen". Stattdessen schwafelt sie solches Zeug, wie: "Wer nichts zu verbergen hat, braucht auch nichts zu befürchten."  (.. hat die STASI auch immer so gesagt.)

Nun ruft sie den amerikanischen Präsidenten an und hält ihre Überwachung für einen "gravierenden Vertrauensbruch" und "völlig inakzeptabel", was sie "unmissverständlich missbilligt". Da pellt sich Obama natürlich ein Ei drauf. Außerdem ist nach Hans-Peter Friedrich Kritik an der NSA-Spionage eine Mischung aus Anti-Amerikanismus und Naivität, die ihm "gewaltig auf den Senkel" gehe. Das sollte sie sich mal merken. Zudem hatte Kanzleramtsminister und Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla schon vor Wochen die Spionageaffäre persönlich beendet. Jetzt versuchen solche integren Leute wie MdB Bosbach (CDU), ihn zu schützen durch Eindämmung auf nur eine Frage, die damals eben beantwortet war. Wie sauer Herr Bosbach tatsächlich ist, weil er wie alle anderen Abgeordneten tüchtig auf den Arm genommen wurde, kann man ihm anmerken.

Pofalla und Friedrich, "Harry und Eddie", sowas kriegt man nie wieder. Dafür gibt es keinen Ersatz. Die bleiben auch, zumindest im Moment. Und alles klingt wie selbst getextet, was sie so reden. Zum Piepen, die Jungs!

Da hilft auch nicht, dass Michael Spreng (Spiegelredakteur) der Meinung ist: 
"Wenn die Regeln politischer Verantwortung und Hygiene noch gelten würden, dann müssten heute zwei deutsche Minister ihren Hut nehmen: Kanzleramtsminister Ronald Pofalla und Innenminister Hans-Peter Friedrich". ... "

Muttis Hofnarren werden uns erhalten bleiben.

Wozu regt die gute Frau sich aber auch auf. Im inneren Zirkel von Swasiland erprobt und bewährt, ist sie doch bestens vertraut mit all den Formen der Regentenparanoia. Der Journalist Kai Biermann schreibt in "Leben im Überwachungsstaat" (Zitat) : " ... Das Ministerium für Staatssicherheit hatte so viele Angestellte, dass pro 180 Einwohner ein hauptamtlicher Mitarbeiter zur Verfügung stand. In keinem Land davor und in keinem danach kamen so viele Bewacher auf so wenige Überwachte, es war der größte Geheimdienstapparat der Weltgeschichte. ... " Das wird er sicher auch bleiben, denn heute brauchen wir gar nicht mehr so viele Überwacher, schließlich haben wir alle Handys und Computer.

Privilegiert waren nur die Stützen des Systems und das gilt wohl heute ebenso, oder vielleicht doch nicht?

Wenn alle Bürger als potentielle Terroristen gelten, ist Mutti eben die Topterroristin. Glaubt sie denn, sie hätte andere Grundrechte als die Bürger? Aber deren millionenfache Ausspähung durch die NSA war ihr weitgehend egal. Gilt die Privatsphäre nur ab Kanzleramt? Ihre NSA Akte wird sie bestimmt nicht einsehen dürfen.

Vielleicht ist diese amtliche Empörung ja auch nur der eilige Kürlauf um drohenden Veröffentlichungen in der Presse zuvor zu kommen. Es gibt die Vermutung, dass der jetzt veröffentlichte Tatbestand intern schon im August bekannt war, als Frau Merkel irgendwas vom Neuland erzählte. Vor der Wahl wäre das Bekanntwerden jedoch äußerst ungünstig gewesen. Jetzt kann man Skandale wieder bequem aussitzen und auf die Vergesslichkeit der Wähler bauen, schnell eine neue Sau durchs Dorf treiben und die Blicke in eine andere Richtung lenken. Man wird uns zeigen, wie gut es ist, mit den Wölfen zu heulen. Aus Gründen der Sicherheit ... 

Wahrscheinlich ist es technisch gar nicht möglich, bei einer Totalüberwachung aller elektronischen Kommunikationsgeräte ein einzelnes Kanzlerinnenhandy zu übersehen. Mitgefangen, mit gehangen. Will sie ihre Privatsphäre, muss sie sie für alle erkämpfen, was sie nicht macht. Also, was soll das Gewimmer?

"Wer nichts zu verbergen hat, braucht auch nichts zu befürchten."

Wirklich nicht? Was die Vermutung oder Gewissheit, abgehört zu werden, mit einem persönlich so anstellt, konnte Günther Jauch am Sonntag (27. Okt.) sehr schön veranschaulichen. Millionen früherer DDR- Bürger wissen das schon lange, doch auf die hört ja keiner, sind eben "Stasi- Geschädigte", so wie Mutti Merkel eben auch. Es zeigt wich wieder einmal: Erst wenn die persönliche Betroffenheit da ist, wird der Mensch aktiv. Politiker sind auch nur Menschen!

Die Umstände, die zur generellen Überwachung der amerikanischen Kolonie auf deutschem Boden führen und eben auch keine Kanzlerin auslassen, beschreibt ein ZEIT-Interview mit dem Historiker Foschepoth:

Zitat: "... Die USA dürfen Merkel überwachen

Die NSA hat deutsche Politiker schon immer ganz legal oberserviert, sagt der Historiker Foschepoth. Im Interview fordert er, Gesetze und geheime Verträge zu ändern. ... 

Foschepoth: Was die Kanzlerin im Sommer gesagt hat, war ziemlich zynisch. Denn sie hat den Eindruck erweckt, als würden Deutsche in Deutschland durch hiesige Gesetze vor einer Überwachung geschützt. Dem ist nicht so. Die Interessen der ehemaligen Alliierten sind in deutschen Gesetzen verankert. Sie sind damit deutsches Recht. Dazu gehört nicht nur die intensive Kooperation der Geheimdienste, sondern auch die Möglichkeit der USA, von ihren militärischen Standorten in Deutschland aus selber zu observieren. Wir werden noch staunen, was von dem geplanten großen NSA-Zentrum in Wiesbaden alles möglich sein wird. Das "souveräne Deutschland" lässt zu, dass so etwas auf dem eigenen Staatsgebiet passiert!

ZEIT ONLINE: Die Bundesregierung schützt nicht die Grundrechte der Bürger, sondern die Interessen der USA?

Foschepoth: So ist es! Die Zusammenarbeit der Geheimdienste ist zur Staatsräson in Deutschland geworden. Wir werden beherrscht von einem großen nachrichtendienstlichen Komplex, der sich immer weiter ausbreitet, egal, wer gerade regiert, und der kaum noch zu kontrollieren ist. Das ist ein zentrales Thema für den Rechtsstaat und die Zivilgesellschaft. ... 

... So sind zum Beispiel gemäß Artikel 38 des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut nicht nur die Exekutive, sondern auch die Gerichte verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ein amerikanisches Amtsgeheimnis oder eine entsprechende Information nicht preisgegeben wird. …“

Ob unsere Regierung willens und in der Lage ist, Gesetze und geheime Verträge zu ändern, kann man kaum glauben. Eher ist knicksen und dienern zu erwarten und ein Handelsabkommen, wie es freier nicht sein kann. Und auch die Freiheitsposaune im Schloss Bellevue wird sich gegenüber Amerika als gestopfte Tuba tarnen.

Die NSA hat sicher eine Gauckakte.

Haydn von Hohnstein

Der SPD-Zombie zappelt noch

22|10|2013


Wie im Taubenstall geht es zu im Kanzleramt, weil CDU und SPD um die Posten feilschen. Herauskommen wird hoffentlich kein 4 Jahre währender politischer Stillstand.

Energisch schreitende Gruppen von Menschen, Türen klappen auf, klappen zu, Kameras müssen draußen bleiben, Wähler auch. Bayreuth ist nix dagegen: Wer geht mit wem? Wie ist das Koalitionsbett ausgestaltet? Fast einen Monat nach der Bundestags-Wahl ist nur eines klar: Es wird eine große Koalition geben. Zwar hatten die GRÜNEN ein wenig verhandelt, aber weil man gerade Teile des Personals auswechselte, hätte man gar nicht sagen können, wer denn wo hätte Minister werden sollen. Das weiß die SPD schon und deshalb hat sie einen Konvent einberufen. Und der stimmte dann, ohne lange zu erröten, der möglichen großen Koalition zug. Jetzt, so scheint es, hält Europa den Atem an, bis die SPD-Basis auch zustimmt. Dann setzen sich alle wieder in ihren Dienstwagen und die Politik geht weiter, wie gehabt.

Das arme Europa: Schon ganz blau im Gesicht vor lauter Atem anhalten. Durfte doch während des Wahlkampfes kein Laut der anhaltenden Euro-Krise in das wägende Deutschland dringen. Windstille sollte im deutschen Wasserglas herrschen. Denn Merkels Boot hätte einem ernsthaften Wellengang nicht standgehalten. Auch SPD- und GRÜNE-Beiboote sollten dem Seegang nicht ausgesetzt werden. Nur gute europäische Nachrichten erreichten das deutsche Ufer. Zum Beispiel jene, nach der Irland Ende des Jahres den Rettungsschirm verlassen wird. Der Preis? Leere Häuser, blinde Schaufensterscheiben, tote Dörfer, wachsende Arbeitslosigkeit in Irland. Banken gerettet, Bürger aufgebahrt. Und immer noch dürfen Firmen, die sich in Irland ansiedeln, nur 12,5 Prozent Körperschaftssteuer zahlen, die Hälfte von dem, was europäischer Durchschnitt ist. Steuerflucht bleibt in Irland das einzige Wirtschaftsprogramm.

Das slowenische Wirtschaftsprogramm hieß derweil "Bad Bank". Irgendwo mussten die acht Milliarden fauler slowenischer Kredite ja geparkt werden. Doch die EU will sich die maroden slowenischen Banken erst genauer ansehen, bevor sie der finanziellen Parkraumbewirtschaftung zustimmt. Warum eigentlich? Das Land macht doch, nach EU-Maßstäben, alles richtig: Billiglöhne und Privatisierung. Und doch droht der Rettungsschirm, jenes Instrument, das die jeweiligen Regierungen entmachtet, Entlassungen programmiert und die sonderbarste Wirtschaftshilfe der Erde ausübt: Man gibt Geld, damit es der Bevölkerung schlechter geht als zuvor. Diese Logik kennt man auch in Portugal: Die EU garantiert dem Land 78 Milliarden Euro, damit die Portugiesen länger arbeiten und weniger Rente bekommen. In Italien wächst die Staatsverschuldung, in Frankreich die Arbeitslosenquote, in Spanien stagniert sie auf hohem Niveau: 26 Prozent. Bei den jüngeren Leuten sind es sogar 56. Griechenland? Bitte, kein Wort über Griechenland!

"Wir können jetzt Gebäude mieten, Personal anheuern. Das ist ein guter Tag für Europa", das sagte vor ein paar Tagen Jörg Asmussen [SPD], als die EU-Finanzminister die Gründung der "Banken-Union" bekannt gaben. Jörg Asmussen? Richtig, das ist der Mann, der als rechte Hand des damaligen Finanzministers Steinbrück 2009 die Banken rettete, auf Kosten des Steuerzahlers. Versteht sich. Heute sitzt er im Direktorium der Europäischen Zentralbank. Dort will er wieder Banken retten. Ohne den lästigen Umweg über die nationalen Parlamente soll mit der Gründung der Banken-Union die Zentralbank demnächst die diversen Rettungsschirme selbst aufspannen dürfen: Wenn die Gebäude angemietet sind. Vorsichtig, fast lautlos, atmet der europäische Finanzsektor wieder ein: Es wird Personal angeheuert, um eine neue Steuerzahler-Schröpfungsmaschine in Betrieb zu nehmen. Aus: Zug um Zug ersetzten wir den Hauch einer politischen Union durch die Union der Banken.

Am Dienstag traf sich der neue Bundestag. Aber atmen wird er noch nicht. Nichts Aktuelles wird behandelt werden. Noch fehlt der SPD-Mitgliederentscheid über die Große Koalition. Dabei könnte das Parlament durchaus schon arbeiten, wie der neue alte Parlamentspräsident in seiner Antrittsrede richtig bemerkte. Warum macht es der Bundestag nicht? Dafür wurde er schließlich gewählt. Aber wer seinen Asmussen längst im eigentlichen Zentrum der Macht platziert hat, der muss sich um Bürger, Wähler, Mitglieder oder anderen demokratischen Firlefanz keine Sorgen machen. Auch vor einem dauerhaften Atemstillstand muss zum Beispiel die SPD sich nicht fürchten. Asmussen könnte sie jederzeit reanimieren: Mund-zu-Mund-Beatmungen sind zwar nicht vorgesehen, aber Geld könnte in die Adern der Partei gepumpt werden. So wird eine alte Partei zum Wiedergänger ihrer selbst, zum Zombie. Man könnte ihr Zappeln für Bewegung halten. Wenn sie nicht so merkwürdig röcheln würde.

Haydn von Hohnstein

SPD

Inszenierte Mitgliederbeteiligung statt einer Aufarbeitung der Wahlniederlage


15|10|2013

Bei den Grünen haben das Scheitern des Wahlziels einer rot-grünen Koalition und der Verlust von 2,3 Prozentpunkten zu einem Umbruch der Partei- und Fraktionsführung geführt.

Im Gegensatz dazu haben die verfehlte Kanzlerschaft, das deutliche Verfehlen einer rot-grünen Mehrheit, das zweitschlechteste Wahlergebnis in der Nachkriegsgeschichte und die Tatsache, dass der Abstand zur CDU/CSU noch größer geworden ist, als vor vier Jahren, in der SPD keinerlei Debatte um die Parteiführung und deren Kurs ausgelöst.


So paradox das auch erscheinen mag, die inszenierte „innerparteiliche Demokratie“ und die angebliche „Mitgliederbeteiligung“ ist nichts anderes, als ein taktisches Manöver der Parteiführung eine Analyse der Wahlniederlage und eine daraus abzuleitende personelle Erneuerung der Parteispitze und damit des politischen Kurses der SPD zu verhindern. 

Wie 2009 hat Frank-Walter Steinmeier schon am Abend der Wahlniederlage den Anspruch auf den Vorsitz der Bundestagsfraktion angemeldet und wurde nur zwei Tage danach mit über 90 Prozent der Stimmen der neuen Fraktion wiedergewählt. Der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel wurde gar nicht erst in Frage gestellt. 

Kanzlerkandidat Steinbrück hat die Rolle des Sündenbocks übernommen und „ein geordnetes Ende“ seiner Karriere angekündigt. Er kehrt zurück in die Rolle, die er auch vor dem Geschacher um seine Ausrufung zum Kanzlerkandidaten eingenommen hatte, nämlich als Hinterbänkler im Parlament. Er strebe kein Amt in der Partei und in der Bundestagsfraktion mehr an, kündigte er an. Dieser Rückzug kostete ihn allerdings nicht sehr viel, dann solche Ämter hatte er schon seit 2009 nicht mehr inne und das war – wie man weiß – gewiss nicht zu seinem persönlichen wirtschaftlichen Schaden.

Der Rückzug Steinbrücks war es dann aber auch schon an Nachwehen aus der Wahlniederlage. Stattdessen geht es der Parteiführung jetzt ausschließlich darum, eine innerparteiliche Zerreißprobe zu abzuwehren und von dem im Wahlkampf groß angekündigten Politikwechsel [der angesichts der Ausgrenzung der Linkspartei nie eine realistische Option war] abzurücken sowie der enttäuschten und frustrierten Parteibasis den reibungslosen Übergang in eine Große Koalition schmackhaft zu machen.

Um eine Debatte über die Parteiführung und über Gründe für das enttäuschende Abschneiden bei der Wahl zu verhindern, kam der Parteivorsitzende Gabriel auf die Idee einen „Parteikonvent“ nicht etwa über den Wahlausgang diskutieren, sondern über die Aufnahme von Sondierungsgesprächen mit CDU/CSU befinden zu lassen. Nach meiner Erinnerung ist es ein bisher einmaliger Vorgang, dass eine Parteiführung nach einer Wahl schon über die Aufnahme von Sondierungsgesprächen mit anderen Parteien über mögliche Koalitionsverhandlungen durch ein mehr als zweihundertköpfiges Parteigremium absichern lässt.

Nach den in dieser Woche stattfindenden Gesprächen mit CDU/CSU soll der nur „unterbrochene“ Parteikonvent erneut zusammentreten und darüber entscheiden, ob nun tatsächlich auch Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden sollen.

Die Parteiführung stellt diese Vorgehensweise als Stärkung der innerparteilichen Demokratie und Mitgleiderbeteiligung dar. In Wirklichkeit ist dies nur ein deutlicher Beleg dafür, wie ängstlich die Parteispitze gegenüber der Stimmungslage an der Parteibasis ist. Üblicherweise stimmt ein Parteitag über einen ausgehandelten Koalitionsvertrag ab, doch dieses Risiko wollte die Parteiführung offenbar nicht eingehen.

„Gabriels Meisterleistung“ besteht darin, zuerst über die eigentlich banalen Fragen der „Gesprächsbereitschaft“ und danach über die Bereitschaft zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU einen innerparteilich demokratischen Prozess inszeniert zu haben, der einen Mitgliederentscheid oder eine Mitgliederbefragung oder eine Entscheidung auf einem für Mitte November ohnehin geplanten Bundesparteitag vorprägen soll.

Selbst diejenigen in der Partei, die aus den verschiedensten Motiven gegen eine Große Koalition sprechen, konnten sich doch selbstverständlich der Aufnahme von Gesprächen nicht verweigern. Wenn einige Landesverbände der SPD Vorbehalte gegen Schwarz-Rot haben, so weniger aus grundsätzlichen politischen Gründen, sondern vor allem aus Gründen des eigenen Machterhalts. Mit einer Regierungsbeteiligung der SPD könnten all die Regierungsämter, die die SPD während Schwarz-Gelb zurückerobert hat, wieder verloren gehen. Das war jedenfalls die bittere Erfahrung während der letzten Großen Koalition.

Der „Parteikonvent“ ist ein hervorragend geeignetes Instrument, die Basis der Partei einzubinden oder besser gesagt, „in die Pflicht zu nehmen“: Der 2011 neu geschaffene sog. „kleine Parteitag“ ist ein Gremium auf dem nur etwa ein Drittel der Delegierten eines ordentlichen Bundesparteitages vertreten ist. Das heißt das politische Spektrum der Mitglieder der Partei ist in diesem Gremium deutlich eingeschränkt. Die von den Parteibezirken gewählten Delegierten beschränken sich in aller Regel auf die Spitzenfunktionäre der jeweiligen Untergliederungen. Hinzu kommt, dass neben den etwa 200 Delegierten auch die Mitglieder des 30-köpfige Parteivorstands stimmberechtigt sind und dazu sämtliche Spitzen etwa aus der Bundestagsfraktion, der Landesverbände oder die von der SPD gestellten Ministerpräsidentinn/en beratend vertreten sind. 

Es ist klar, dass in diesem „Parteikonvent“ eher das Establishment der Partei das Sagen hat. Die meisten Mitglieder sind einflussreiche Funktionäre der Partei. Eine Abstimmung der Mitglieder oder des Parteitages gegen ein Votum des „Parteikonvents“ käme also nicht nur einer Palastrevolution – also einem Umsturz innerhalb der Parteispitze – gleich, sondern einem Aufstand der Parteibasis gegenüber allen Führungsebenen innerhalb der SPD. Das wäre in einer traditionell so disziplinierten Partei wie der SPD einmalig in der 150-jährigen Parteigeschichte – also faktisch unmöglich.


So paradox das auch erscheinen mag, die inszenierte „innerparteiliche Demokratie“ und die angebliche „Mitgliederbeteiligung“ ist nichts anderes, als ein taktisches Manöver der Parteiführung eine Analyse der Wahlniederlage und eine daraus abzuleitende Erneuerung der Parteiführung und damit des politischen Kurses der SPD zu verhindern.

Und wenn die Spitzengenossen erst einmal wieder in der Regierung sitzen werden, ist die Chance, dass es zu einer Besinnung und zu einer Umkehr des nicht nur für die Partei verhängnisvollen politischen Kurses kommen könnte, ohnehin vertan.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Niemand hat Merkel gewählt


28|09|2013

... wer braucht schon Wahlen, um zu regieren. Macht nix. Regiert wird trotzdem!

Gut, es ist keine wissenschaftliche Umfrage, aber wer seine Nachbarn und Kollegen fragt, der wird kaum einen finden, der Merkel gewählt hat. Das kann Scham sein. Aber vielleicht ist man auch auf einen der 18 Millionen Nichtwähler getroffen oder auf einen der SPD-LINKE-GRÜNE-Wähler. Das wären zusammen etwa 19,5 Millionen. Deutlich mehr als CDU und CSU zusammenbringen: Nämlich 17, 2 Millionen. Das macht nix. Da wird sich für die CDU-CSU schon jemand finden, der ihr aus der kleinen Verlegenheit hilft.

Wer die Kommentare der Mehrheitsmedien zum Abschneiden der GRÜNEN liest oder hört, könnte sich sicher sein, dass die GRÜNEN einfach zu links gewesen waren, um zu einem schönen Ergebnis zu gelangen. Ob es auch sein könnte, dass eine Reihe von Wählern den GRÜNEN ihren schnell zur Wahl entdeckten linken Gestus nicht abgenommen haben? Sicher, der deutsche Wähler ist nicht der gescheiteste. Wenn man liest, dass die CDU selbst in der Gruppe der Arbeitslosen nur zwei Prozentpunkte hinter der SPD und noch ein Prozent vor der Linken liegt, ist vieles möglich. Aber dass man den GRÜNEN - nach all dem Rettungsschirm-Zustimmen, dem Auslandseinsatz-Ja-Sagen und der Nicht-Opposition im Bundestag - eine wirklich linke Position zutrauen würde, ist eher unwahrscheinlich.

Nur anderthalb Stunden nach Schließung der Wahl-Lokale fiel der GRÜNEN-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt dieser Satz aus dem Mund: "Unsere Aufgabe ist es auch, dass wir Anschlussfähigkeit gewinnen an die Mitte der Gesellschaft". Und die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Kerstin Andreae assistiert: "Wir müssen den Brückenschlag zur Wirtschaft erreichen." Das Rennen um die Ministerien hat also bereits begonnen. Denn auch der SPD- Chef Gabriel hat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Wahlnacht kurz telefoniert und weiß vor den Medien zu sagen: "Es gibt eine ergebnisoffene Suche nach einer möglichen Regierungsbildung." Wie offen die SPD ist, zeigt die Wiederwahl von Frank-Walter Steinmeier zum Fraktionschef der SPD: Steinmeier, der an der Agenda 2010 mitgeschrieben hat, Steinmeier, der Mann der Geheimdienste, Steinmeier, der seine Fraktion immer für die Auslandseinsätze der Bundeswehr formierte. Kaum jemand steht so sehr für die Kontinuität der gestrigen SPD. Eine neue ist nicht in Sicht.

Ziemlich übereinstimmend sagen die Wahlforscher über die Nichtwähler, dass sie mehrheitlich nicht an Möglichkeiten der Veränderung durch Wahlen glauben. Man könnte annehmen, die Nichtwähler hätten den Durchblick. Denn tatsächlich wird sich nach diesen Bundestagswahlen nicht viel ändern. Aber auch die Nichtwähler gehören zur Macht-nix-Fraktion. Sie wählen weiter nicht und bewegen auch nichts. In Belgien wird das Nichtwählen mit einem Bußgeld bestraft, in Deutschland mit Merkel nicht unter vier Jahren. 

Haydn von Hohnstein

Angela die Erste


24|09|2013

Acht Jahre Sedierung haben noch nicht gereicht, die Republik braucht mindestens noch ´mal vier.

Es begann bereits wenige Stunden nach der Wahl: SMS um SMS flogen von einem Handy zum anderen. Angela Merkel konnte mit mehr als 40 Prozent der Stimmen zum dritten Mal hintereinander Kanzler für Deutschland werden. Steinbrück-SMS an Trittin: "In dieser schweren Stunde können wir Angela nicht alleine lasse!" Trittin an Steinbrück: "Sehe ich genau so. Noch mal vier Jahre Opposition spielen, das schaff ich nicht. Und wann wollen wir es bekannt geben?" Steinbrück: "In einer Sondersitzung des neuen Bundestages, ich sage es gleich Angela." Steinbrück an Merkel: "Angela, Du sollst Königin von Deutschland werden." Merkel an Steinbrück: "Richtig, ich bin alternativlos!"


Zu Beginn der Sondersitzung des Bundestages erheben sich die Abgeordneten von den Plätzen - nur die Abgeordneten der LINKEN bleiben sitzen - und stimmen das alte preußische Volkslied an: "Heil dir im Siegerkranz, Herrscher des Vaterlands! Heil, Angela!" Es spricht Norbert Lammert der Bundestagspräsident: "Liebe Abgeordnete, meine Damen und Herren, liebe Sitzenbleiber von der LINKEN, ich habe zur heutigen Sitzung auch die Mitglieder des Bundesrates eingeladen, denn nur mit ihnen gemeinsam können wir das Grundgesetz ändern. Wir wollen und werden die bisherige Republik in das Königreich Deutschland transformieren!" [tosender Beifall, Bravo-Rufe, stehende Ovationen]. Lammert: "Ich stelle fest, dass die bisherige deutsche Kanzlerin per Akklamation zur Königin von Deutschland gewählt ist. Frau Königin, nehmt Ihr die Wahl an?" - Angela Merkel: "Selbstverständlich!"

Aus der Thron-Rede von Angela der Ersten:

"Liebe Untertanen,

Vernunft setzt sich durch. Was soll auch die Wählerei alle vier Jahre, wenn doch immer das selbe herauskommt? Das deutsche Volk in seiner Weisheit hat sich wieder für mich entschieden und WIR sind sicher, WIR sollten ihm künftig Wahlvorgänge aller Art ersparen. Noch in der Wahlnacht haben UNS deshalb Peer und Jürgen die GGK, die Ganz-Große-Koalition angeboten. Nach dieser Sonder-Sitzung wollen sich deren Parteien auflösen und, wie Peer anmerkte, damit auch den lästigen Anschein jeder Opposition beenden. Damit nun nicht alle Mitglieder der GGK einfach in einen langen Urlaub fahren, wird aus den Reihen der GGK ein Hofschranzenrat gebildet, zu dessen Vorsitzenden WIR UNSEREN alten Freund Horst Seehofer ernennen. Horst darf auch ruhig die Straße "Unter den Linden" zur Maut-Allee machen, so dass WIR aus der Touristen-Maut beträchtliche Einnahmen erzielen werden.

Dieses Geld wird dann umgehend von UNSERER Finanzschranze Trittin ausgegeben: Für alles was WIR wollen und so viel wie WIR wollen. Denn die bisherige Bundesbank wird als neue königliche Zentral-Bank - zum Trost für die arme FDP mit Rainer Brüderle als Chef - die Notenpresse in Gang setzen. Das, liebe Untertanen, wird UNS dann beträchtliche Steuersenkungen ermöglichen. Erst senken wir schon mal den Spitzensteuersatz auf 30 Prozent. Leistung soll sich wieder lohnen! Dann werden wir UNSERE Milliardäre höflich bitten, Kunst und Kultur privatim zu fördern: Wer sagt denn, dass ein Pergamon-Museum nicht Daimler-Sammlung heißen darf? Warum sollte das bisherige Gorki-Theater nicht in Friede-Springer-Ensemble umbenannt werden? Und wer wollte UNSEREM königlichen Willen Einhalt gebieten, wenn WIR die Humboldt-Universität zur Aldi-Süd-Uni umformen werden? Sicher ist eins: Dort würden dann auch die Öffnungszeiten verlängert, die Studiengänge weiter verkürzt und den Studenten mal ordentlich Beine gemacht werden. Schließlich ist Karl Albrecht, der Inhaber von Aldi Süd, nur durch unerbittliche Rationalisierungen zum reichsten Mann Deutschlands geworden.

UNSERER Schranze Steinbrück vertrauen WIR das Informationsministerium an. Schon in seiner Zeit als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident hat Peer im Interesse der Bertelsmann-Stiftung erfolgreich das Stiftungsrecht geändert. Deshalb sollte er gemeinsam mit UNSERER Freundin Liz Mohn an der Umwandlung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in eine private Stiftung arbeiten. Da sich die RTL-Group bereits im Besitz von Bertelsmann befindet, ist auf Dauer mit einer Zusammenlegung von ARD, ZDF und RTL zu rechnen. Große Programmänderungen sind nicht zu befürchten. Weil RTL auch in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Luxemburg, Spanien, Ungarn, Kroatien und Russland seine Programme ausstrahlt, werden UNSERE Sonntagsreden künftig ganz Europa unmittelbar erreichen.

Für die Rentenpolitik werden WIR Walter Riester reaktivieren. Die Versicherungswirtschaft wird es UNS danken. Sicher wird ihn die "Union Asset Management Holding", bei der er im Aufsichtsrat ist, vermissen. Aber Walter weiß, wie man die Rente mit 67 populär macht, auf ihn wollen WIR nicht verzichten. Aus Rationalisierungsgründen werden WIR das Aussen- und das Kriegsministerium zusammenlegen. Für die bewährte Schranze Thomas de Maizière ist ohnehin der Auslandseinsatz die beste Form der Außenpolitik, dazu gehört selbstverständlich auch der vermehrte Rüstungsexport: Deutsche Waffen werden auf Dauer überall Frieden schaffen.

UNSEREN geschätzten Freund Gerhard Schröder ernennen WIR umgehend zum Energieminister. Hat er nicht mit großer Energie, durch deutsche Militäreinsätze und mit der Agenda 2010, meine Kanzlerschaft vorbereitet? Hat er. Seine Erfahrungen bei Gazprom weisen ihn als kompetenten Einheizer aus. Das bisschen Umwelt, das nach der Übernahme des Energieministeriums durch Schöder übrig bleibt, kann dann die Katrin Göring-Eckardt übernehmen. Sie war wie WIR in der DDR-Oppositionsgruppe "Demokratischer Aufbruch" und hat dort fast drei Monate äußersten Widerstand gegen das DDR-Regime geleistet und damit glatt einen Monat Widerstand länger als WIR.

Aus den Reihen der LINKSPARTEI wissen WIR nur einen Mann, der in meinem Schranzenrat einen Platz erhalten wird: Dietmar Bartsch. Er warnte kurz vor der Wahl in der "Mitteldeutschen Zeitung" vor einem Scheitern der LINKEN bei der hessischen Landtagswahl: "Hessen hat eine herausragende Bedeutung für die Gesamtpartei. Wenn wir in Hessen nicht in den Landtag kommen, dann müssen wir, was die alten Bundesländer betrifft, einige Fragen noch einmal grundsätzlich stellen und diskutieren." Diese Drohung hätte gut den Einzug der LINKEN in Hessen verhindern können. Das gelang UNSEREM Dietmar zwar nicht, aber der gute Wille zählt.

Für einen Bundespräsidenten gibt es in einem Königreich natürlich keinen Platz. Deshalb haben WIR schon mit dem Vatikan Fühlung aufgenommen. Und tatsächlich wollen die UNS den Gauck abnehmen. Er stünde ohnehin im Ruche der Unfehlbarkeit, meinte der Unterhändler, und seine salbungsvolle und wolkige Sprache könne die Weihrauchkosten erheblich senken. UNSEREM lieben Joachim haben WIR den Auftrag gegeben, die Papst-Satzung dahingehend zu ändern, dass auch Frauen Papst werden können. Wer weiß, wie lange WIR nur noch Königin bleiben wollen?

Liebe Untertanen,

Sie gehen einer neuen Zeit entgegen. Und wenn sie sich anfühlt wie die alte, dann verdanken WIR das Ihnen und dem, was Sie sich zusammengewählt haben. Von der Qual der Wahl werden Sie künftig erlöst sein. Sie können sich also getrost wieder hinlegen. Gute Nacht allerseits!

Haydn von Hohnstein

Quelle: Nationalgalerie 

Raute gegen Stinkefinger
14|09|2013

Das Elend der Bundestags-Wahlen

Peer Steinbrück wird die Wahl gewinnen. Das jedenfalls ist das Ergebnis einer SPIEGEL-Online-Umfrage. Gefragt war nach der Steinbrück´schen Stinkefingergeste auf dem Titelbild des Magazins der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Mehr als 46 Prozent fanden den Fingerzeig gut, nur 35 Prozent mochten sich empören. Im ehemaligen Kernland der SPD sieht es noch besser aus: Die Umfrage der WESTDEUTSCHEN ALLGEMEINEN ermittelte satte 50 Prozent für den Mittelfinger, nur 25 Prozent konnten mit dem fingierten Protest nichts anfangen. "Ein Foto bringt Dampf in den Wahlkampf", schreibt ZDF.de und hat natürlich Recht: Wie sollen sich der ehemalige Finanzminister von Angela Merkel und seine frühere Chefin - immer einig in der Bankenrettung, bei den Auslandseinsätzen der Bundeswehr und der Verachtung der Hartz-Vierer - denn voneinander absetzen, wenn nicht durch die Raute, Frau Merkels Hände-Redewendung [weiblich], und den Steinbrück-Finger [männlich]?

Fraglos hat der Wahlkampf jetzt jene Ebene erreicht, die der intellektuellen Potenz der Kandidaten entspricht. Das haben auch die deutschen Medien begriffen. Sie, die bis jüngst primär an der Syrienfront kämpften und nur mühsam irgendwelche Unterschiede zwischen dem schwarz-gelben und dem rot-grünen Block herausarbeiten konnten, haben endlich ihr Thema. Barmt doch in der ZEIT, dem Zentralorgan des deutschen Oberstudienrates, eine Juliane Leopold: "Steinbrück beleidigt die Wähler". Und die Meister von Schwulst und falscher Metapher im Westberliner TAGESSPIEGEL entdecken gar einen "Finger, der zum Fragezeichen wird". Der STERN, die bebilderte Mittelmäßigkeit des deutschen Journalismus, nimmt den Finger zum Anlass sich jugendlich zu geben: "Hey, das ist mal eine Ansage, Peer Steinbrück zeigt uns den Stinkefinger. So richtig fett." Nur die WELT, Springers Blatt für Halbgebildete, hat die wahre, die sexuelle Bedeutung der Geste entlarvt: "Zwei Wochen vor der Wahl legt SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück alle Hemmungen ab." Was wird er tun, der Finger? Sich auf die Raute stürzen? Wirft sich Friede Springer schützend vor ihre Freundin Angela? Wird Steinbrück hemmungslos nach den Hemmungen auch die Hose ablegen? Eiskalt kontert die BILD-Umfrage. Dort finden weit über 50 Prozent der Befragten den Finger "nicht klug". Aber mit welchem Organ wollen BILD-Leser feststellen ob etwas klug ist? Fragen über Fragen.

Zwei aus der Politiker-Riege haben schon Antworten. FDP-Rösler, der gediente Sanitätsoffizier am Krankenbett der Apotheker, sagt zur Fingerfrage klar und deutlich: "So etwas geht nicht!". Im zweiten Satz wird er dann undeutlich: "Die Geste verbietet sich als Kanzlerkandidat". Wie nun, eine Geste verbietet sich selbst? Oder darf der Finger nur nicht ohne den daran hängenden Mann kandieren? Da klärt Bernd Riexinger, der Bankkaufmann von der Linkspartei auf: "Franz Müntefering hat die Wähler erst nach der Wahl beschimpft, Steinbrück macht es schon vorher". Welch eine Entdeckung. Nicht festgemacht an der substanziellen Wählerbeleidigung durch Hartz Vier, nicht am Wahlbetrug durch die Rente mit 67 oder an der permanenten Wählertäuschung Steinbrücks durch die Vorspiegelung einer falschen Opposition. Sondern am ausgestreckten Finger. Und doch hat der Mittelfinger etwas bewegt: Kaum ausgestreckt, geben sich die LINKE und die FDP die Hand. Die erneute Spaltung Deutschlands scheint vermieden: Der Finger kennt keine Ost- und Westdeutschen mehr, geschweige denn Arm und Reich.

Wie immer findet sich die Wahrheit nicht in den großen Gesten, sondern im Kleingedruckten: In der selben SÜDDEUTSCHEN mit der Geste statt auch nur eines politischen Argumentes, findet man eine kleine Meldung: "Kanzler-Kandidat Peer Steinbrück steht nach SPD-Angaben als Verhandlungsführer für den Fall bereit, dass es nach der Bundestagswahl eine neue große Koalition geben sollte." Alles klärt sich auf. Der ausgestreckte Finger hieß keinesfalls "fick Dich", nein, er bedeutet "verlobe Dich mit mir. Hier, guck mal Angela, da kommt der Ring hin".

Nun, es klärt sich sicherlich nach dem 22 zigsten alles auf.

Haydn von Hohnstein

Quelle: Nationalgalerie

Eingeschränkte Souveränität

07|09|2013  

Merkels NATO-Mandat für Syrien

Scheinbar hält sich Deutschland aus dem drohenden Syrien-Krieg raus. Zwar kann man überall lesen und hören, dass die Bundesregierung eine "Strafaktion" gegen Assad für sinnvoll hält. Aber die Bundeswehr sollte sich doch lieber, erklärt man, dort nicht blicken lassen. Die Schwarz-Gelben setzen auf das kurze Gedächtnis der Wähler. Denn im Wahlkampf, das sagen die Umfragen, käme eine Kriegsbeteiligung der Bundeswehr einfach nicht gut an. Könnte sogar die Traumwerte der Kanzlerin beschädigen. Deshalb vor dem Wahltag kein Kriegseinsatz.

Seit Januar sind deutsche Patriot-Raketen auf türkischem Boden installiert. Kaum 100 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt. Weil das NATO-Mitglied Türkei angeblich durch syrische Militärangriffe bedroht wird. Die Wahrheit ist natürlich völlig anders. Die Türkei mischt seit langem im syrischen Bürgerkrieg kräftig mit: Das türkische Grenzgebiet ist Rückzugsraum für die Rebellen. Aus und über die Türkei werden Waffen an die Aufständischen geliefert. Und die Türkei fordert seit langem ein internationales, militärisches Eingreifen in Syrien. In den letzten Tagen setzt sich die türkische Regierung nachdrücklich für eine "Koalition der Willigen" ein. An der Seite der USA würde man zu gern an einem Regimewechsel in Syrien beteiligt sein. Die deutschen Raketen, heute schon ein Schutzschild für den nicht erklärten Krieg der Türkei gegen Syrien, würden spätestens im Fall des Angriffs der "Willigen" Teil eines völkerrechtswidrigen Krieges sein.

"Deutschland kann sich an Militäreinsätzen im Übrigen nur mit einem Mandat der Vereinten Nationen, der Nato oder der EU beteiligen - insofern stellt sich die Frage nach einer Beteiligung der Bundeswehr jetzt ohnehin nicht." So sprach Kanzlerin Merkel vor ein paar Tagen. Das Wort "jetzt" ist das Schlüsselwort. Jetzt, das heißt, vor den Wahlen nicht. Jetzt, das heißt: Gäbe es ein Mandat für einen ordentlichen Syrien-Krieg, dann sei die Kanzlerin natürlich dabei. Ohne Not stellt die Merkel schon mal für den "Bündnisfall" ihre Kriegs-Bereitschaft fest. Denn dem Bündnisfall nach Artikel 5 des NATO-Vertrags müssen alle zustimmen: "Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird." Merkel hat mir ihrem "jetzt [noch] nicht", bereits zugestimmt. Auch und obwohl eins eindeutig feststeht: Syrien hat kein NATO-Land angegriffen. So schnell und vorauseilend gibt die Kanzlerin die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland auf. So wenig interessiert sie die Selbstbestimmung der Deutschen.

Doch diese Preisgabe des eigenen Willens ist nicht neu: Im Ergebnis der Anschläge vom September 2001 ist längst der Bündnisfall ausgerufen. Seit diesen Tagen ist die Bundesrepublik an einem völkerrechtswidrigen NATO-Einsatz beteiligt, der in Afghanistan als Polizeieinsatz begann, dann zum langandauernden Routine-Krieg wurde und von dem nur die Gutgläubigen annehmen, er sei bald beendet. Auch wenn der NATO-Angriff auf Libyen ohne direkte Beteiligung der Deutschen stattfand: Wir befinden uns in einem Bündnis, das wesentlich die imperialen Interessen der USA durchsetzen soll und auf dessen Trittbrett Merkel, de Maizière und die deutsche Waffenindustrie hoffen, ihren Teil der Weltgeltung und der Rohstoffbeute zu sichern.

Diese Hoffnung führt zu 20 Atomsprengköpfen im rheinland-pfälzischen Büchel, obwohl wir den Atomwaffensperrvertrag unterschrieben haben. Führt zur NATO Response Force [NRF, deutsch NATO-Reaktionsstreitmacht], einer Eingreiftruppe der NATO, die nicht zur Verteidigung formiert wurde, sondern zum Eingreifen, zum Angreifen. Zu einem Raketenabwehrsystem, angeblich gegen den Iran, in Wahrheit gegen den russischen Nachbarn. Und führt zu solchen gefährlichen Skurrilität, wie der Überwachung des baltischen Luftraums durch die Bundeswehr. Von der Merkel wie folgt erklärt: "Unsere baltischen Alliierten können somit ihre Ressourcen für andere Fähigkeiten einsetzen, die das Bündnis braucht, anstatt zusätzlich eigene Luftstreitkräfte aufzubauen." Das kann alles meinen: Von der traditionellen deutschen "Schutzmacht"-Stellung gegenüber dem Baltikum, über die Vorschiebung der deutschen Verteidigungsgrenzen bis an die russischen Linien, bis zur Sicherung baltischer Hilfstruppen in den diversen "Bündnisfällen".

Während deutsche Medien den syrischen Bürgerkrieg dazu nutzen, die Deutschen kriegsreif zu schießen, verkündet die Bundeskanzlerin mit der gewohnt unschuldigen Miene ihre prinzipielle Bereitschaft, in diesen Krieg einzugreifen wenn er denn in der Verpackung eines NATO-Mandates daherkommt. Wer den Deutschen seit Jahr und Tag erfolgreich die Mär von der fleißigen Hausfrau Merkel an der Spitze des Staates verkaufen konnte, dem kann es nicht schwer fallen, eine Kriegsbeteiligung in Syrien als humanitären Einsatz zu erklären. Sei es, um die nicht angegriffenen Türken zu verteidigen, sei es, um der deutschen Staatsraison beim ebenfalls nicht angegriffenen Staat Israel Genüge zu tun.

Haydn von Hohnstein

Quelle: Nationalgalerie

Samstag, 31. August 2013

Sieben Gründe für den Niedergang der Grünen

Schlechte Umfrageergebnisse

Alarm bei den Grünen: Sie verlieren massiv in den Umfragen – und das kurz vor der Wahl. Dabei dürfte der Stimmungsumschwung für die Partei um Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckardt kaum überraschend gekommen sein.

10,7 Prozent. Das ist eine gefährliche Marke für die Grünen. Vor vier Jahren noch haben sie triumphiert angesichts dieses Wahlergebnisses. Zum ersten Mal waren sie zweistellig aus einer Bundestagswahl hervorgegangen. Jetzt aber sind die elf Prozent, die die Demoskopen der einstigen Anti-Parteien-Partei mittlerweile zurechnen, ein Schreckensszenario. Schließlich wähnte man sich im Zwanzig-Prozent-Bereich, hatte in Umfragen zwischenzeitlich bei 28 Prozent gelegen. Da wären elf am Ende ein geradezu trauriges Resultat.

Dabei wähnten die Grünen sich bereits als die einzig wahre Opposition. Ihre Urwahl zur Bestimmung des Spitzenduos stand in auffälligem Kontrast zur Kanzlerkandidaten-Kungelrunde bei der SPD. Sie starteten eine breit angelegte Programmdebatte mit zahlreichen Zumutungen und ernteten dennoch Zustimmung bis weit hinein ins bürgerliche Lager. Während die Sozialdemokraten mit dem Stolperstart von Peer Steinbrück beschäftigt waren und die Linke sich nur allmählich von ihren Personalquerelen erholte, schienen die Grünen die einzige Kraft in Deutschland, die der Öffentlichkeit eine inhaltliche Alternative zur Bundesregierung bot. Doch zeigt sich zunehmend, dass die Rechnung nicht aufgeht.

Die sieben großen Probleme der Grünen:

1. Die Partei betreibt Etikettenschwindel. Die Grünen waren von der Wahl von Katrin Goering-Eckardt zur Spitzenkandidatin neben Jürgen Trittin selbst überrascht, verkauften die Entscheidung dann aber als gelungene Flügelbesetzung: Dem Linken Mann wurde die realpolitische Frau an die Seite gestellt. Doch stellte sich schnell heraus, dass Göring-Eckert ihre einstigen Positionen der Mitte, etwa die Zustimmung zur Agenda 2010, über Bord warf und stattdessen mit Forderungen nach mehr Sozialleistungen auf der linken Klaviatur spielte. Das wirkt mehr opportunistisch als überzeugend.

2. Das Spitzenduo hat nicht wirklich Tritt gefasst. Nicht nur, dass Trittin nach wie vor das altbekannte Alpha-Tier gibt, neben dem Göring-Eckardt immer wie die nette Begleiterin wirkt: Das grüne Führungspersonal dominiert nicht die Linien der politischen Debatte. Ob es um die NSA oder Griechenland geht, die Grünen reagieren auf das, was Merkel oder Steinbrück zum Besten geben. Zugegeben: Die personelle Zuspitzung des Wahlkampfes auf Amtsinhaberin und Herausforderer drängt das übrige politische Personal verstärkt in den Hintergrund. Das bekommen auch die Liberalen zu spüren. Doch hatte man den Grünen am ehesten zugetraut, sich öffentlichkeitswirksamer in Szene zu setzen.

3. Die Machtoption fehlt. Die Grünen haben sich zu früh in die rot-grüne Gefangenschaft begeben. Ohne Not haben sie sich auf die SPD als Koalitionspartner festgelegt und damit andere Optionen kategorisch ausgeschlossen. Je länger die SPD in ihrem Umfragetief verharrt, desto mehr stellt sich die Frage, mit wem die Grünen eigentlich regieren wollen. Es bleibt im Grunde nur die Möglichkeit, die mittlerweile mit dem Kürzel R2G belegt ist, also Rot-Rot-Grün. Denn für Schwarz-Grün sind die Grünen programmatisch zu weit links aufgestellt.

4. Das grüne Programm passt nicht in die Mitte der Gesellschaft. Die massiven Steuererhöhungen und Belastungen für Besserverdienende – wobei dazu nicht nur Top-Verdiener zählen – verlangen gewaltige Opferbereitschaft von der grünen Klientel. Diesen Altruismus hat die Parteiführung der eigenen Anhängerschaft stets unterstellt. Die aktuellen Umfragen dürften allerdings ein Hinweis darauf sein, dass weite Teile der potentiellen Wähler mittlerweile genau bedenken, welche Einschnitte ihnen das grüne Umverteilungsprogramm bringt.

5. Die Menschen sind die grüne Bevormundung leid. Der Veggie-Day war womöglich der Tropfen, der das Fass dann zum Überlaufen brachte. Kein Rauchen, keinen Zucker, kein (schnelles) Autofahren, keine Flugreisen, die Kinder in die Kita, die Frauen in den Job – da sagen sich viele: Es reicht mit der politischen Maßregelung. Dabei geht es vielen Menschen nicht mehr um die Inhalte, sondern nur noch um die politische Bevormundung, welche von den Ur- Grünen auch einmal abgelehnt wurde. Jetzt wurden die Grünen selbst zur "Vormundpartei".


6. Die Vergangenheit holt die Grünen ein. Die Partei, die sich gern als Repräsentantin der Besser-Bürger sieht, die kraftvoll in der Missbrauch-Debatte austeilte, muss sich plötzlich den Zeiten stellen, in denen Pädophilie in den eigenen Reihen als akzeptabel galt. Der Vorgang wirft ein Schlaglicht auf die Ursprünge der Partei, die viele der heute Handelnden gern in Vergessenheit sähen.

7. Es fehlt ein urgrünes Thema. Mit der Umwelt- und Energiepolitik ist derzeit kein Staat zu machen. Selbst die berechtigte Kritik an der Umsetzung der Energiewende dringt nicht nachhaltig durch. Denn es fehlt die Überzeugung, dass es die Grünen wirklich besser machen könnten. Den Bürgern ist die Dimension des Projektes mittlerweile klar. Da brauchen sie keine Illusionen über das schier unerschöpfliche Potential von Sonne und Wind.

Auf der Suche nach einem neuen Thema sind die Grünen bei der sozialen Gerechtigkeit gelandet. Da stehen sie in Konkurrenz zur SPD und zunehmend auch zur Linken. Die Partei, die immer anders sein wollte als andere Parteien, ist plötzlich so gleich. Das tut ihr nicht gut.

Haydn von Hohnstein                                                                                                                                                                                                    Quelle: Nationalgallerie

Als Günter Grass mal das Volk war


16|08|2013


SPD: Der Lack ist schon länger ab.  Wie August Bebel zu Wahlkampfzwecken missbraucht wird.

Woran erkennt man, dass bald Wahlen sind? Günter Grass äußert sich zu seiner SPD. Pünktlich vor Wahlen schaltet der sonst so kritische Denker sein Gehirn ab, schlägt die Hacken zusammen und meldet sich zum Wahlkampf für die SPD zur Stelle. Diesmal mit einem Interview in der SÜDDEUTSCHEN zu August Bebel, das demnächst in einem Buch zu dessen 100. Todestag erscheinen wird. Wer in diesen Tagen über den Sihlfeld-Friedhof in Zürich geht, der kann dort ein kräftiges Brummen hören. Und je näher er dem Grab von August Bebel kommt, desto lauter wird das Geräusch. Der Alte rotiert vor lauter Wut. Denn der Mann, der gegen den Krieg auftrat, der sich energisch für die sozialen und politischen Interessen der Arbeiter einsetzte und dafür lange Gefängnisjahre kassierte, wird von Grass zum Kronzeugen der Afghanistan- und Hartz IV-SPD gemacht. Das hat der große Gründer einer SPD, die es so nicht mehr gibt, nicht verdient.

Das Interview mit Grass führte der Journalist Manfred Bissinger. Von dem stammt der Satz "Realistisch bleiben: Deutschland braucht weiter Kernenergie und Kohle". Zitiert aus einem "Energiepolitischen Apell", der im August 2010 als ganzseitige Anzeige in deutschen Tageszeitungen den Ausstieg aus der Atom-Energie rückgängig machen wollte. Neben dem Unterzeichner Bissinger fand sich die Creme der deutschen Wirtschaft unter einem Aufruf, der zurück nach Tschernobyl wies. Unter ihnen auch der Chef des "Bundesverband der Deutschen Industrie" Ulrich Grillo. Bissinger und Grillo hatten schon mal ein gemeinsames Papier unterschrieben, unter dem sich auch der Name von Günter Grass fand. Darüber stand die zynische Überschrift "Auch wir sind das Volk". Gemeinsam mit anderen "Volksvertretern" aus der deutschen Wirtschaft wurden in diesem Aufruf jene Menschen beleidigt, die sich in Montagsdemonstrationen gegen die Folgen von Hartz VI wandten: "Nur Demagogen, die ihre Zukunft hinter sich haben, reden dem Volk nach dem Maul." Wären die Herren Unterzeichner ehrlich gewesen, sie hätten weiter schreiben müssen: "Wir treten dem Volk lieber in den Arsch." Aber der Satz "Wir haben das Jammern über Deutschland satt" war angesichts der vielen Millionäre, die das Papier unterschrieben hatten, widerlich genug.

Aber es geht immer noch blöder. Bissinger gibt mit der Interview-Anmerkung "Heute ist Allgemeingut, dass es Schröders Arbeitsmarkt-Gesetze waren, die Deutschland gut durch die europäische Finanz- und Wirtschaftskrise haben kommen lassen" die Steilvorlage. Und Grass hält den Fuß hin: "Dass er [Kanzler Schröder] mit der Agenda eine überfällige Weichenstellung vollzogen hat, will ich nicht bestreiten". So ein Eigentor, so wunderschön wie heute. Sieben Millionen Menschen, die inzwischen Hartz IV beziehen, eine Steuerreform zur extremen Entlastung der Reichen, die betrügerische Riester-Rente mit dem Knüppel der Verlängerung der Lebensarbeitszeit durchgesetzt, die Privatisierung öffentlichen Eigentums durchgepeitscht: Alles überfällig? Neben Grass und Bissinger finden sich außerhalb von CDU und FDP nur noch Millionäre, die solchem asozialen Unsinn Beifall spenden. Dazu Bebel: "Lobt dich der Gegner, dann ist das bedenklich; schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg."

Weil aber die soziale Blödheit [Grass] und die opportunistische Anschleimerei an die Herrschenden [Bissinger] nur schwer zum SPD-Wahlerfolg beitragen kann, bleibt die Diffamierung von Oskar Lafontaine im Grass-Interview nicht aus: "Es gab in der Geschichte der sozialdemokratischen Partei keinen schmierigeren Verrat, wie den von Oskar Lafontaine", geifert Grass über dessen Rücktritt 1999. Da wollte einer nicht mehr die militärische Außenpolitik der Rot-Grünen mittragen, das Bombardement Jugoslawien nicht rechtfertigen müssen. Da konnte ein soziales Gewissen die Hinwendung der SPD-Spitze zum Neoliberalismus - im Schröder-Blair-Papier eindeutig formuliert - nicht ertragen. Da wollte einer den Verrat an allem was August Bebel gelebt hatte nicht verantworten. Und Grass ruft nicht der Schröder-Clique, die bis heute die Sozialdemokratie beherrscht, das Wort Verrat hinterher, sondern jenem, der sich selbst und der sozialen Idee der SPD treu blieb. Das ist intellektuell unwürdig, Günter Grass. Das ist moralisch untragbar, Günter Grass. Und das ist politisch zutiefst dämlich. Denn der Steinbrück-SPD, geführt von einem Banken-Retter, assistiert von zwei Afghanistankriegs-Zustimmern, gelingt es an keiner Stelle, die verschwundenen SPD-Wähler hinter jenem Ofen hervorzulocken, hinter den sie die Schröder-Politik gejagt hat. Nicht die personelle und inhaltliche Kontinuität gibt der SPD eine Zukunft. Sondern nur die radikale Abkehr von Schröder gäbe der Partei eine gewisse Chance.

"Ich will der Todfeind dieser bürgerlichen Gesellschaft und Staatsordnung bleiben, um sie in ihren Existenzbedingungen zu untergraben, und sie, wenn ich kann, beseitigen", hatte August Bebel 1903 auf dem Dresdner Parteitag den Revisionisten zugerufen. Jener Truppe um Eduard Bernstein, die für weniger Marx und mehr "Reform" plädierte. Mitten in einer Krise der Finanz-Oligarchie, einer Krise, in der sogar bürgerliche Kräfte den Marxismus für aktuell halten, reiht sich Grass bei den "Reform"-Kräften ein: "Ich bin ein eingefleischter Revisionist" ruft er aus und lobt den Mut Schröders und dessen Reformen. Solche sollten über Bebel schweigen und für ihren Missbrauch einer historischen Figur mit dem Hören von Steinbrück-Vorträgen bei Großkonzernen nicht unter drei Monaten bestraft werden.

Quelle: Nationalgalerie

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Eins-A-Drohnen

14|08|2013

Der angeblich schöne Schein vom sauberen Tod böser Terrorristen neben jeder Menge Kollateralschäden, wie Frauen, Kinder ... - Menschen eben, wie du und ich.

Prima Terror für alle

Der Versandhändler "amazon" hält prima Drohnen für Sie bereit. Den TT-Copter zum Beispiel. Der "ist sehr robust aufgebaut." Hat vier Rotoren, macht erstklassige Luftaufnahmen und kostet nur 1.990 Euro. Ist Ihnen zu teuer? Dann kaufen Sie doch für 9.90 die kleine Drohnen-Fibel: "Mit diesem Handbuch von Horst W. Laumanns, 2012 erschienen, liegt erstmals eine aktuelle Übersicht  der wichtigsten Militär-Drohnen der Gegenwart vor." Da lesen Sie dann, dass es die Drohne mit dem lustigen Namen Reaper [Sensenmann] gibt. Die kostet allerdings 10,5 Millionen Dollar. Immer noch billiger als ein Düsenjäger. Eigentlich ein Schnäppchen, wenn man bedenkt was der Sensenmann alles kann: Fast 6000 Kilometer weit fliegen, Raketen schießen, Bomben werfen. Einfach super.

Bis zur Hauptstadt des Jemen, Sanaa, sind es von Deutschland aus nur 4.959 Kilometer. Im Jemen wurden jüngst mal wieder Menschen von Drohnen umgebracht. Diesmal waren es etwa zehn. Wie viele Drohnen-Morde es bisher im Jemen gab ist noch nicht bilanziert. Aber vom "Bureau of Investignative Journalism", dessen Sitz in London ist, wissen wir, dass bisher mindestens 2.500 Menschen im pakistanisch/afghanischen Grenzgebiet von amerikanischen Drohnen gekillt wurden. Natürlich sind unter den Toten jede Menge Kinder und Frauen. Nach unbestätigten Gerüchten sollen sogar dann und wann mal Terroristen unter den Getöteten gewesen sein. Wie man Terroristen ohne Gerichtsverhandlung erkennt? Das macht Obama schon. Denn wer Terrorist ist, das bestimmt immer noch er.

US-Mord-Drohnen werden auch gern von deutschem Boden, von den US-Basen in Stuttgart-Möhringen und Ramstein aus dirigiert. "Dass von deutschem Boden", steht im Zwei-plus-Vier-Vertrag aus dem Jahr 1990, "nur Frieden ausgehen wird." Mit diesem Vertrag - unterschrieben von den einst alliierten Russen, Amerikanern, Franzosen und Engländern und den beiden deutschen Staaten - wurde erst die Wiedervereinigung möglich. Das Grundgesetz, ein offenkundig kaum bekanntes Papier, enthält die Passage, nach der "Handlungen, die geeignet sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören", verfassungswidrig sind. Zudem steht in dieser Paragraphensammlung auch noch: Die Todesstrafe ist abgeschafft. Da scheisst Obama doch drauf und Merkel benutzt das mit dem Grundgesetz bedruckte Papier offenkundig nur auf dem Klo.

Im Mai 2013 hat ein pakistanisches Gericht in Peschawar die Drohnenangriffe der USA in den pakistanischen Stammesgebieten als Kriegsverbrechen bezeichnet. Es fordert Entschädigung von den USA und ein Uno-Tribunal. Geklagt hatten Opfer von Luftschlägen. Die "Washington Post" meldete aber schon im Januar des selben Jahres, es gäbe neue Obama-Richtlinien für den Drohneneinsatz. In denen sei ausdrücklich festgehalten, dass die CIA in Pakistan weiter mit Drohnen morden darf. Da kann dieses Paki-Gericht, sagt sich der US-Präsident, doch entscheiden was es will. Die sollen sich gefälligst an meine Richtlinien halten.

Ein Dorf im Irgendwo. Die Leute dort treiben ihre Herden über karge Wiesen. Sie feiern selten Feste, beten ziemlich regelmäßig, wie es in den armen Gegenden der Welt üblich ist. Man kennt sich, ist nicht selten miteinander verwandt. Eine Gruppe steht vor einer Hütte. Drei, vier Männer, zwei Frauen, ein Kind. Wie im richtigen Leben. Es gibt einen sehr lauten Knall, Rauch steigt auf, der Geruch von verbranntem Fleisch zieht durch das Dorf. Die Gruppe ist weg. Für immer. Wer gestern noch nicht Terrorist war, hat jetzt vielleicht Lust seine Verwandten zu rächen. Tatsächlich erzeugt jeder Drohnenangriff neue Terroristen. Und neue Terroristen müssen wieder von Drohnen erledigt werden, die dann wieder neue Terroristen hervorbringen. Das ist gut für´s Geschäft mit eins-a-Drohnen.

Quelle: Nationalgarerie 

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Daten-Weitergabe an NSA: Opposition fühlt sich von Pofalla (CDU) getäuscht

04.08.2013

Kanzleramtsminister Pofalla vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium (am 25. Juli): "Tricksen, tarnen und täuschen"

Die Opposition zeigt sich nach dem SPIEGEL-Bericht über die massenhafte Weiterleitung von Daten des BND an die NSA entrüstet. SPD und Grüne fühlen sich von Kanzleramtsminister Pofalla in die Irre geführt. In der kommenden Sitzung des Kontrollgremiums wollen sie ihn "mit seinen Widersprüchen konfrontieren".

Der Bericht des SPIEGEL über die Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes (BND) mit der NSA sorgt für scharfe Kritik an der Bundesregierung - vor allem an den Aussagen von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla. Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) fühlen sich vom CDU-Mann in die Irre geführt.

Thomas Oppermann, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD, sagte, Pofalla habe "Parlament und Öffentlichkeit gezielt getäuscht". Oppermann verwies auf die Aussage Pofallas vor dem Kontrollgremium, dass es keine massenhafte Weitergabe deutscher Daten an die NSA gegeben habe. Der SPIEGEL berichtet allerdings,   dass die USA doch sehr wohl Daten in großen Mengen vom BND bekommen

Oppermann warf Pofalla vor, er wolle "tricksen, tarnen und täuschen, aber nicht aufklären". Der Sozialdemokrat kündigte an, Pofalla "in der kommenden Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums mit seinen Widersprüchen zu konfrontieren". Diese findet am 12. August statt.

Auch Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele, der ebenfalls im Kontrollgremium sitzt, fühlt sich offenbar getäuscht. "Die Regierung hätte spätestens in der letzten Sitzung ausführlich über die nun bekannte Weitergabepraxis berichten müssen", sagte Ströbele zu SPIEGEL ONLINE. "Stattdessen müssen wir darüber wieder einmal aus der Zeitung erfahren."

"Pofalla setzt auf Salamitaktik"

Ströbele betonte, dass die im SPIEGEL beschriebene Weitergabe tatsächlich durch das BND-Gesetz gedeckt sein könnte, wenn sie den Transfer von Daten von Bundesbürgern ausschließe. "All das, was wir im SPIEGEL lesen, hätten wir gern eigeninitiativ von Herrn Pofalla erfahren", so der Grüne, "doch er setzt weiter auf die Salamitaktik".

Die CDU verteidigte Pofalla gegen die Angriffe. Generalsekretär Hermann Gröhe teilte mit: "Die öffentlichen Aussagen von Ronald Pofalla im Nachgang der letzten PKG-Sitzung stehen in keinerlei Widerspruch zu den Berichten über die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit bei der Auslandsaufklärung, die den Datenschutz deutscher Staatsangehöriger nicht berührt." SPD-Mann Oppermann müsse "auch in Wahlkampfzeiten bei der Wahrheit bleiben".

Der SPIEGEL berichtet, dass der BND in großem Umfang Metadaten aus der eigenen Fernmeldeaufklärung an die NSA übermittelt. Der deutsche Auslandsgeheimdienst geht inzwischen davon aus, dass sich sein Standort in Bad Aibling hinter einer der beiden Datensammelstellen (Sigads) verbergen könnte, über die der US-Geheimdienst laut Unterlagen aus dem Archiv des Whistleblowers Edward Snowden allein im Dezember vergangenen Jahres rund 500 Millionen Metadaten erfasste.

Der  BND betonte dem SPIEGEL gegenüber, dass deutscher Telekommunikationsverkehr nicht erfasst werde. "Vor der Weiterleitung von auslandsbezogenen Metadaten werden diese in einem mehrstufigen Verfahren um eventuell darin enthaltene personenbezogene Daten Deutscher bereinigt." Zudem habe man bislang "keine Anhaltspunkte, dass die NSA personenbezogene Daten deutscher Staatsangehöriger in Deutschland erfasst".

Als Reaktion auf den Bericht teilte der BND teilte mit, er arbeite seit über 50 Jahren mit der NSA zusammen, insbesondere bei der Aufklärung der Lage in Krisengebieten. Diesem Ziel diene auch die Kooperation in Bad Aibling, die seit mehr als zehn Jahren erfolge und auf gesetzlicher Grundlage stattfinde.

Was sagt unsere Justiz dazu?

In § 99 StGB heiß es für geheimdienstliche Agententätigkeiten:

(1) Wer

1.

für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist, oder

2.

gegenüber dem Geheimdienst einer fremden Macht oder einem seiner Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit bereit erklärt,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die von einer amtlichen Stelle ( z.B. Einwohnermeldebehörde ) oder auf deren Veranlassung geheimgehalten werden, mitteilt oder liefert und wenn er

1.

eine verantwortliche Stellung missbraucht, die ihn zur Wahrung solcher Geheimnisse besonders verpflichtet, oder

2.

durch die Tat die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.

+++

Der Generalbundesanwalt könnte erfolgreich ermitteln. Warum tut er es dann nicht…?

Haydn von Hohnstein

Deutschland, deine Kanzler

23|07|2013

Schon das Wahlplakat mit einer um 30 Jahre verjüngten "Angi" ist eine Wählertäuschung und ´mal ehrlich, ob man da nun hingeht oder ob der berühmte Sack Reis in China umfällt ...

Es gab bisher im 4ten Reich bisher sone und solche Kanzler. Erfüllungsgehilfen, Vasallen der jeweiligen US-amerikanischen Regierung waren sie alle, samt ihren Ministerriegen und ohne Ausnahme. Gleich auch, ob ihr Parteibuch in schwarz oder rot eingebunden war:

geknebelt durch eigenes Tun oder Unterlassen unter dem Banner des Dritten Reiches; gefesselt von den Verstrickungen in volksverräterische Abmachungen des Rhöndorfer Rosenzüchters Konny mit den Siegermächten der Westallianz, allen voran die Washingtoner Machthaber.

Nur wenige der deutschen Nachkriegs-Regierungschefs waren im politischen Tagesgeschäft recht brauchbar, der Rest erwies sich einmal mehr als sich selbst im Wege stehend. Um die Bedeutung und die Wertung der (bundes)deutschen politischen Frontfiguren sichtbar und kenntlich zu machen, bedarf es im Grunde nur der mathematischen Zeichen Null und Eins. Damit kann jede Rechenmaschine umgehen.

Auf der, von der amtierenden Kanzlerin veranstalteten, Bundespressekonferenz vom 19. Juli 2013 ist aber etwas zutage getreten, bzw. öffentlich kenntlich geworden, was es so - seit Ausrufung des 4ten Reiches in den Endvierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts - im bundesdeutschen Administrationswirrwarr noch nicht gegeben hat. Es ist vor aller Welt deutlich gemacht worden, dass für die bestimmende Person am Berliner Kabinettstisch in allen Berechnungsschematas eine Null alleine nicht ausreicht. Angesichts von so viel eingestandener oder auch vorgeschobener Unwissenheit auf dem Felde des Geschehens bedarf es schon einer Doppelnull, um eine solche Unfähigkeit auch nur im Ansatz verständlich erklären zu können. Allein die Betonung, dass Deutschland seit der Wiedervereinigung 1990 ein souveräner Staat sei, steht im krassen Gegensatz zur US- Hörigkeit. Diese "Abhängigkeit" machte insbesondere der amtierende Innenminister deutlich, indem er die flächendeckende millionenfache Bespitzelung der Deutschen durch die NSA verteidigte. Nun kam ans Tageslicht, dass auch die deutschen Geheimdienste "mitmischen", also unter Umgehung des deutschen Datenschutzes abhören und speichern wollen. Oder machten Sie es schon? Der unmittelbare Dienstherr und das Kanzleramt wissen mal wieder gar nichts (?). Sie können ja auch nur wählen zwischen Pest und Cholera: Nichtwissen ist schlecht, Wissen genauso.

Angela Merkel hätte für das Land besser daran getan, das Sagen unserer Altvorderen vom Schuster, der bei seinem Leisten bleiben soll, zu beherzigen. Denn, ganz gleich auch, wie viel Mist sie in ihrer Profession als Physikerin auch gebaut hätte – die Folgen wären für unser Land und für die Menschen in ihm bei Weitem nicht so folgenschwer und zerstörend gewesen, wie ihr unheilvolles Wirken im Kanzleramt angesichts der Bespitzelungskrise durch die USA. Für sie muss es unfassbar sein, dass ausgerechnet die ostdeutsche Stasi umfassendes Material über bereits in den 80- er Jahren des vergangenen Jahrhunderts vorgenommene Abhöraktionen der NSA in Deutschland (West) gesammelt hatte, welches von der Gauck- Stasiunterlagenbehörde 1992 dem damaligen Innenministerium Schäuble übergeben wurde, damals unter Kanzler Kohl und Angela Merkel als Ministerin im Kabinett. Aus diesen Unterlagen ging unter anderem hervor, dass die NSA Zugriff auf sämtliche Einwohnermeldedaten in Deutschland hatte. Es schien jedoch im damaligen Kabinett niemanden zu interessieren, genau so wenig, wie es wahrscheinlich jetzt das Kabinett interessieren würde, wenn nicht durch die Medien entsprechender Druck da wäre. 1992 drang ja nichts an die Öffentlichkeit. Unseren heutigen Bundespräsidenten, Stasifeind Nr. 1, störten zwar die Bespitzelungsaktionen in der DDR, aber nicht die zeitgleichen und immer noch weiter durchgeführten flächendeckenden Bespitzelungsaktionen der NSA.

Wie dürfen uns nicht wundern: Stasi war der Feind, NSA ist der Freund. Also Freunde, bespitzelt euch munter gegenseitig: ein Zeichen für Feindschaft war es früher, ab heute ist es das Zeichen für unverbrüchliche Freundschaft!

Haydn von Hohnstein

Samstag, 13. Juli 2013

NSA-Skandal: Schaulaufen in den USA statt Aufklärungsreise Friedrich hätte in Berlin bleiben sollen

Innenminister Friedrich geriert sich mit seiner Reise nach Washington als Aufklärer im US-Geheimdienstskandal. Doch sein Besuch nutzt weder den deutschen Bürgern noch dem Ansehen der Bundesrepublik in der Welt.

Hans-Peter Friedrichs Besuch in den USA war eine Schauveranstaltung. Vermeintlich, weil sich die Bürger in der Heimat über die Spähmanöver der Amerikaner empören, reiste der CSU-Politiker nach Washington. Als Innenminister der Bundesrepublik galt es schließlich, für Aufklärung zu sorgen. Doch tatsächlich hatte seine Reise nur einen Grund: den Bundestagswahlkampf. Denn von vornherein war klar: Sein Besuch konnte weder den verunsicherten Bürgern in München, Hamburg oder Berlin nutzen. Noch dem Ansehen Deutschlands in der Welt.

Verletzten die USA mit ihrem Spähprogramm "Prism" Gesetze in Deutschland? Spähte die NSA auch EU-Behörden oder Bundestagsabgeordnete aus? Auch wusste Friedrich in diesen Punkten nichts Neues zu berichten. Er klärte gar nichts auf.

Deutsche Ohnmacht

Friedrich brüstete sich darum damit, dass er die US-Regierung dazu drängen konnte, bis jetzt klassifizierte "Prism"-Daten, die Aufschluss über das Ausmaß der Spähaktion liefern könnten, schrittweise freizugeben. Doch wie realistisch ist es, dass die US-Regierung aus reiner Freundschaft zu Deutschland Informationen preisgibt, die das Potenzial haben, Amerika in der ganzen Welt zu kompromittieren? Vermutlich wird US-Präsident Barack Obama den Geheimhaltungsstatus einiger Akten herabstufen. Aber, wenn es so wäre, würde er dem deutschen Innenminister ganz sicher nicht verraten, dass er dessen Büro und das der Kanzlerin abhört. Warum auch? Welches Druckmittel könnte Friedrich einsetzen?

Der Besuch des Innenministers demonstrierte auf ein Neues die Hilflosigkeit Deutschlands in diesem Fall: Nachdem die Bundesregierung angesichts der wirtschaftlichen und militärischen Übermacht der USA es schon nicht wagte, dem Enthüller des "Prism"-Programms, Edward Snowden, Asyl zu gewähren.

USA können sich über den Besuch freuen

Doch diese Demonstration deutscher Ohnmacht, die Friedrich in Kauf nahm, um sich in der Heimat zwei Monate vor der Bundestagswahl als Aufklärer zu gerieren, ist das geringere Übel. Viel schlimmer ist die Unterwürfigkeit, die er zur Schau stellte.

Als er kurz nach den Gesprächen mit Regierungsvertretern der USA der ARD ein Interview gab, verteidigte ausgerechnet der Innenminister des Landes, das womöglich am heftigsten von den US-Spähprogrammen getroffen ist, die Methoden der Amerikaner. Er verkündete, dass die Spähaktionen weltweit 45 Attentate verhindern konnten, fünf davon in Deutschland. Und er bezeichnete "Prism" als ein Programm, das in ähnlicher Form alle Nachrichtendienste auf der Erde anwenden. Die möglicherweise gewaltigen und rechtswidrigen Ausmaße des Programms klammerte er aus, weil es dafür schließlich noch keine handfesten Beweise gebe.

Die US-Regierung dürfte sich auf jeden Fall über Friedrichs Besuch gefreut haben. Nicht nur, weil der Minister eines ausgespähten Partnerlandes die Praktiken der NSA verteidigt; sei es aus Verzweiflung, Unterwürfigkeit oder weil Friedrich selbst gern die Überwachungsmaßnahmen deutscher Dienste ausweiten würde. Vielmehr kann sich die US-Regierung jetzt  wieder ganz der uneingeschränkten Solidarität Deutschlands gewiss sein. Vor allem aber war die Visite eine Gelegenheit für Amerika, um Kooperationsbereitschaft bei der Aufklärung des "Prism"-Skandals zu mimen. Der Besuch erhöhte den Druck auf Washington nicht, er senkte ihn. Das hätte Friedrich nach dem Vertrauensbruch durch die "Prism"-Enthüllungen nicht zulassen dürfen. Der CSU-Politiker hätte in Berlin bleiben sollen.

Haydn von Hohnstein

Quelle: n-tv.de

Kolonie Deutschland

13|07|2013 

... Augen zu und durch ... den NSA-Skandal schaffen wir auch noch vor der Wahl ....

Angela Merkels dreiste Lüge

Mit strahlend blauen Augen blickt die Kanzlerin in die Welt. Aber dass sie blauäugig sei, gutgläubig, dass wird niemand der machtbewussten Physikerin nachsagen wollen. Und doch hat sie jüngst gegenüber der ZEIT abgesondert, dass sie vom Abhörprogramm des US-Geheimdienstes erst "durch die aktuelle Berichterstattung Kenntnis genommen" habe. Die Merkel lügt. Dreist und unbekümmert. In der begründeten Hoffnung, dass sich die Aufregung in ein paar Tagen und Wochen legt, dass Gras über die Sache wächst und eine servile Medienlandschaft zu faul - zu dumm, zu abhängig - den Wahrheitsgehalt schon nicht überprüfen wird.

"Personenbezogene Daten werden ausschließlich zu den im NATO Truppenstatut und in diesem Abkommen vorgesehenen Zwecken übermittelt", ist im Artikel 3 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut zu lesen, und das niedliche Wort "ausschließlich" erweckt den Eindruck einer Daten-Weitergabebremse. Aber in Wahrheit meint es einschließlich: Denn die Dienste bespitzeln namentlich bekannte Bürger der Bundesrepublik wenn sie telefonieren, mailen, skypen, notieren was sie kaufen [amazon], was sie suchen [google] und welchen privaten Unsinn sie ihren Freunden mitteilen [Facebook]. Und natürlich wissen sie auch, wo sie sich im Bedarfsfall gerade aufhalten. Das private Handy macht es technisch möglich, die untertänige Kooperation deutscher Dienste erleichtert das wesentlich. 

Das alles will der US-Geheimdienst wissen, das alles wird von der bundesdeutschen Administration durchgewinkt. Vorgeblich soll es eine parlamentarische Kontrolle geben. Das "Parlamentarische Kontrollgremium der Geheimdienste" hat sich jüngst mit der Erklärung der deutschen Geheimdienste zufrieden gegeben, dass es ihnen wie Merkel ginge, sie wüssten leider gar nichts über die geheimen Aktivitäten der Amerikaner. Da nickte das Kontrollgremium: Ja, wenn die deutschen Geheimdienste das sagen, was soll man da machen. Dazu fällt dem parteilosen Abgeordneten Wolfgang Neskovic, der jahrelang für die LINKE in diesem Gremium saß, ein: "Das Parlamentarische Kontrollgremium [verfügt] gar nicht über das technische Personal, um überprüfen zu können, welche Informationen sich in den Datenbanken der Nachrichtendienste befinden." Und weiter: "Bestimmte Informationen für das Parlamentarische Kontrollgremium [sind] gesetzlich tabuisiert. Arbeitet der BND mit Informationen ausländischer Dienste, verbietet das Gesetz ausdrücklich einen Kontrollzugriff hierauf - es sei denn, der ausländische Dienst stimmt dem ausdrücklich zu." Und schließlich kann die Regierungsmehrheit im Gremium jederzeit dem ohnehin nur tröpfelnden Informationsfluss den Hahn abdrehen. Und das macht sie auch gern.

Die deutsche Kolonie, das Land eingeschränkter Souveränität, ist ganz wesentlich über die NATO kastriert. Allerdings auch über die eigene Untertänigkeit gegenüber den USA. Als die USA, auf der Suche nach Osama bin Laden, ihre Truppen nach Afghanistan senden wollte, war sie auf die Begleitung anderer Armeen höchst erpicht: Sie ließ [nach Artikel 5 des NATO-Vertrages] den Bündnisfall ausrufen. Die deutschen NATO-Vertreter riefen daraufhin bitte sehr, bitte gleich, obwohl kluge Völkerrechtler und der gesunde Menschenverstand sagten, dass die Fahndung nach einem vermeintlichen Verbrecher Sache der Polizei sei und keinesfalls einen Krieg rechtfertige, hat der Deutsche Bundestag mit der schönen, übergreifenden Mehrheit von CDU-SPD-GRÜNEN-FDP den Bündnisfall Jahr für Jahr verlängert. Als die Linkspartei [damals noch PDS] im Jahr 2002 um die Abgeordneten Bläss und Gehrcke im Parlament versuchte, den anscheinend lebenslangen Bündniskriegsfall auf ein geringeres Maß zu reduzieren, bekamen sie von der übergroßen Koalition eine Abfuhr: So viel Unabhängigkeit stand der Kolonie Deutschland offenkundig nicht zu.

Irgendwo in Pakistan: Der deutsche Staatsbürger Bünyamin E. wird von einer amerikanischen Drohne erledigt. Nur selten tauchte diese Meldung in den Medien auf. Schon vom Namen her weiß man in den Redaktionen ja, woher der Wind weht. Schließlich stand der Mann auch noch im Verdacht, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein. Da machen die USA kurzen Prozess: Was schert sie ein Gerichtsverfahren, eine Verifizierung der Beweise. Was schert sie die Souveränität Pakistans? Rumms, Drohne auf den Kopf von Bünyamin, erledigt. Der Generalbundesanwalt Harald Range musste sich, weil Bünyamin nun mal einen deutschen Pass hatte, um die Hinrichtung juristisch kümmern. Und hat das Verfahren dann schnellsten eingestellt. Völkerrecht? Genfer Konvention? Grundgesetz? Als Anwalt in einer Kolonie darf man sich keine Illusion über seine Rolle machen: Hindukusch-kusch ins Körbchen, Herr Range.

"Das Deutsche Volk", so steht es im Grundgesetz, "bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt." Aus Gründen der Ehrlichkeit sollte dieser Artikel einen Zusatz erhalten: Soweit die Vereinigten Staaten von Amerika dieses Bekenntnis billigen und diese romantischen Grundsätze der Politik der USA nicht im Wege stehen. Also los, Frau Merkel, worauf warten sie noch?

Attention, the big brother supervised you, so watch beautiful on and think about what you write.

Haydn von Hohnstein

Quelle: Nationalgalerie

NSA-Skandal: Ein Brief an unsere “Volksvertreter”

10|07|2013

Amtseide verkommen zu inhaltslosen Gesten: … schwöre ich den Nutzen der internationalen Banken- und Konzernelite sowie des US-Sicherheitsapparats zu mehren, Schaden von ihm abzuwenden …

Der Eidtext lautet normalerweise etwas anders. Doch angesichts der Handlungen der Mehrheit unserer Bundespolitiker haben sie ihn wohl inzwischen entsprechend obigen Musters umfunktioniert. Deshalb hier und heute ein offener Brief an unsere Politiker, die sich im NSA-Abhörskandal reichlich handzahm aufführen. Sie machen sich damit des Bruchs ihres Amtseids schuldig und leisten der Errichtung einer schon weit fortgeschrittenen Welt-Diktatur Vorschub.

Liebe Freunde,

hier ein offener Brief an unsere Volksvertreter.

[Wie sagte Dieter Hildebrandt mal so treffend, als man ihn fragte, was ein Volksvertreter denn eigentlich macht: Ein Versicherungsvertreter verkauft Versicherungen … .]

Sehr geehrte Frau Merkel,

Sehr geehrter Herr Westerwelle,

Sehr geehrter Herr Friedrichs,

viele Bürgerinnen und Bürger unseres Landes sind irritiert und auch empört, wie Sie sich zu der Überwachung unserer Kommunikationsdaten seitens der US-Geheimdienste verhalten und fragen sich, wie Sie mit der Souveränität unseres Staates, seiner Organe und den Bürgerrechten umgehen.

Haben Sie, Frau Bundeskanzlerin, bei Ihrem Treffen und Telefonat mit US-Präsident Obama relevante und nachprüfbare Informationen erhalten und welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

Warum haben Sie, Herr Außenminister, nicht den US-Botschafter, wie nach so einem Affront üblich, einbestellt?

Haben Sie, Herr Innenminister, Kenntnis von der Dimension der Total-Überwachung deutscher StaatsbürgerInnen, Staatsorgane, Wirtschaftsunternehmen und der Bundesregierung seitens der US-Regierung?

Sind Sie selbst in die Überwachung einbezogen und lassen Sie selbst in dieser Weise die Staatsbürger/Innen überwachen?

Warum werden nicht die Verantwortlichen für dieses verfassungswidrige Vorgehen verfolgt, dafür jedoch der US-Bürgerrechtler Edward Snowden, dem die Bundesregierung Schutz verweigert?

Ihr bisheriges politisches Handeln erweckt den Eindruck von Unterwürfig- und Ahnungslosigkeit gegenüber der US-Regierung und seinen Dienststellen. Rechtfertigt die “Terrorismusbekämpfung” jeden Rechtsbruch, die Verletzung von Grundrechten und der Menschenwürde?

Unser Grundgesetz ist auch die Errungenschaft all derer, die für eine freie Gesellschaft mit ihrem Leben bezahlt haben. Die Überlebenden der Konzentrationslager haben bei ihrer Befreiung – gerade mit Hilfe der USA und seiner Bürger – einen Schwur geleistet: für den “freien Menschen” und „die Entwicklung einer freien Gesellschaft einzutreten”.

Sie haben einen Amtseid geleistet: “Schaden vom deutschen Volk abzuwenden”.

Wenn Sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen, müssen die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes selbst Verantwortung übernehmen, damit unsere bürgerlichen Freiheitsrechte und unsere Souveränitätsrechte wieder respektiert und gewahrt werden, im Sinne unseres Grundgesetzes: “alle Staatsgewalt geht vom Volke aus”.  Art. 20 II 1 GG:

Staatsgewalt = ursprüngliche, grdsl. unbeschränkte und unabgeleitete Herrschaftsmacht

Demokratie = Volksherrschaft – Volkssouveränität

Volk = Staatsvolk = Menschen, die sich ihrer Zusammengehörigkeit bewusst sind, gemeinsame politische, kulturelle und wirtschaftliche Anliegen verfolgen, den Willen zur Setzung und Durchsetzung eines einheitlichen Rechts haben und sich gemeinsame Staatsorgane geben

Vermittlung durch deutsche Staatsangehörigkeit, Art. 116 I GG)

(BVerfGE 83, 37 [51] – Ausländerwahlrecht Schl.-H.)

Art. 20 II 2 GG: Volkssouveränität erfordert für die Ausübung jeder Staatsgewalt demokratische Legitimation (= Herleitung und Rechtfertigung), d.h., dass jede Entscheidung letztlich auf den Willen des Staatsvolkes zurückgeführt wird (Legitimationskette, Legitimationsniveau: BVerfGE 83, 60 [71 ff.] – AuslWahlR Hamb.), das Staatsvolk tatsächlichen Einfluss auf die Wahrnehmung von Hoheitsgewalt nimmt.

….in diesem Sinne.

Haydn von Hohnstein   

Quelle:  National Galerie / (Prof. Dr. Christoph Gröpl Staatsrecht I Universität des Saarlandes

Machtwechsel in Ägypten

06. Juli 2013

Mursis Ära ist vorbei. Die aus den Ämtern vertriebenen Muslimbrüder gewannen zwar Wahlen, aber die Herzen der
meisten Ägypter nicht. Dennoch sieht es für das Land am Nil nicht gut aus. Politisch ist es tief gespalten. Die Muslimbrüder werden darauf pochen, um ihren demokratischen Sieg von 2011/12 betrogen worden zu sein. Nimmt man sie aber auf dem Weg in Ägyptens Zukunft nicht mit, droht das "Menetekel von Algerien". Als dort 1992 die Islamische Heilsfront nach einem Putsch um ihren Wahlsieg gebracht wurde, brach ein blutiger Bürgerkrieg aus. Auch Ägyptens Militärführung ist nicht wirklich ein Demokratie-Faktor. Sie will ihre wirtschaftlichen Pfründe und die strategische Kooperation mit den USA sichern. Zudem bleibt die soziale Lage am Nil prekär. Der Siegesrausch am Nil wird rasch verfliegen.

Neue Islamistengruppe will die Scharia in Ägypten

Sie machen für die Gewalt säkulare Gruppen, Christen und das Militär verantwortlich: In Ägypten hat sich eine neue islamistische Gruppe gegründet. Sie will die Scharia einführen und droht mit Gewalt. Getty Images Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi bei einer Demonstration. Die neue Islamistengruppe hält Mursis Absetzung für eine Kriegserklärung gegen den Islam

Nach dem Sturz von Mursi hat sich in Ägypten eine neue Extremisten-Gruppe formiert. Die Absetzung des Islamisten Mursi sowie die Schließung von TV-Sendern und der Tod von islamistischen Demonstranten laufe auf eine Kriegserklärung gegen den Islam in Ägypten hinaus: So gab Ansar al-Scharia ihre Gründung am Freitag auf einer Internet-Seite bekannt. Darüber berichtete die US-Organisation Site, die sich auf die Beobachtung von Islamisten-Foren im Netz spezialisiert hat.

"Weltliches Monster"

Ansar al-Scharia machte für die Ereignisse säkulare Gruppen, Anhänger des früheren Präsidenten Husni Mubarak, koptische Christen, Sicherheitskräfte und das Militär verantwortlich. Sie verwandelten das Land in "einen Kreuzritter und ein weltliches Monster." Al-Scharia kündigte an, sich für das islamische Recht – die Scharia – einzusetzen. Dieses sollte notfalls auch mit Gewalt verteidigt werden. Dazu würden Waffen gesammelt und mit der Ausbildung der Mitglieder begonnen.

Die Armeeführung hatte Mursi am vergangenen Mittwoch nach tagelangen, teils blutigen Massenprotesten gegen seine Herrschaft entmachtet und den Präsidenten des Verfassungsgerichts, Adli Mansur, als vorläufigen Nachfolger eingesetzt, der sogleich das von den Islamisten dominierte Oberhaus auflöste.

Polizisten beziehen Stellung

Ägyptens Sicherheitskräfte bereiten sich jetzt auf neue Zusammenstöße mit Anhängern der entmachteten Staatsführung vor. Bewaffnete Bereitschaftspolizisten bezogen am Samstag Stellung an mehreren Straßenkreuzungen und Brücken in Kairo.

Besonders ausgeprägt war die Spannung rings um die Universität Kairo, wo die Muslimbrüder Barrikaden errichteten und den Sicherheitskräften Porträts ihres Idols Mohammed Mursi entgegenreckten. Auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo, den mit Stöcken bewehrte Mursi-Kritiker vor gegnerischen Aktivisten abriegelten, verbrachten hunderte Demonstranten die Nacht in Zelten.

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Quelle: Nationalgalerie

Muchas gracias Ecuador

28|06|2013

Manchmal wirkt auch eine Weltmacht hilflos. David tritt Goliath: Vielen Dank, Ecuador!

Schon seit einem Jahr lebt Julian Assange, Mitbegründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, in der ecuadorianischen Botschaft in London in Sicherheit vor seinen Verfolgern aus den USA. Und wie es scheint, werden die Ecuadorianer demnächst auch dem nächsten Whistleblower, Edward Snowden, Asyl gewähren. Natürlich sind die Behörden der USA, so wie die nachgeordneten Ämter in Deutschland und deren publizistischen Begleiter empört: Von Geheimnisverrat und Spionage ist die Rede. Unschuldig gucken jene aus der Wäsche, die ihre Bürger ausspionieren und deren persönlichsten Geheimnisse sammeln und so ihre Bürgerrechte verraten. Aber im "Kampf gegen den Terror", so erzählen die Staatenlenker mit ernster Miene, sind Einschränkungen der Freiheit zur Verteidigung der Freiheit eben notwendig. Dass sie einen schlechten Witz machen, fällt ihnen nicht auf. 

In Ecuador verstehen sie etwas von Terror: Über Jahrzehnte hat der US-Konzern Unitet Fruit-Company, heute Chiquita, das Land terrorisiert: Einheimische kleine Bananenpflanzer wurden niedergewalzt, Streiks blutig niedergeschlagen. Nicht wenige bei Polizei, Militär und Politik holten sich ihr zweites Einkommen bei der Bananen-Company ab. Was man fälschlich die Eliten nennt, saß in der wohlgefüllten Westentasche der USA, und wie zuvor die Bananen-Konzession - wurden, als man in den 60er Jahren Erdöl in Ecuador entdeckt hatte - auch die Erdölkonzessionen ausländischen Firmen zugeschanzt. Erst dem TEXACO-GULF-Konsortium und danach so ziemlich allem, was Rang und Namen im internationalen Ölbetrieb hatte: OCCIDENTAL, EXXON, BRITISCH PETROLEUM, CONOCO, ARCO, UNORAL, TENNECO, ORYX, ELF, MINOL, PETROCANADA. Und während der normale Ecuadorianer dachte, mit dem nationalen Öl käme nun endlich auch der Wohlstand, kam die Krise und mit ihr die Weltbank und der Internationale Währungsfonds [IWF].

Wer bisher annahm, mit der United Fruit Company sei der Terror-Höhepunkt erreicht worden, der kannte die letale Kombination von IWF und Weltbank nicht. Auf Druck der von den USA dominierten Organisationen musste Ecuador in den 90er Jahren sogenannte Reformen durchsetzen: Staatsbetriebe wurden privatisiert, Zollbeschränkung entfielen und die Staatsausgaben wurden gekürzt. Die Landeswährung Sucre wurde zu Gunsten des US-Dollars abgeschafft. Prompt geriet etwa ein Drittel der Ecuadorianer unter die Armutsgrenze. Und wenn Armut in Europa schon schlimm genug ist, bedeutet Armut in Lateinamerika schlicht Hunger, Krankheit und frühen Tod. Also Terror.

Der heutige ecuadorianische Präsident, Rafael Correa, dem Assange und Snowden ihre Asyl-Möglichkeiten verdanken, gibt sich redlich Mühe, den USA die Zeiten des Terrors heimzuzahlen: Er verlängerte die Genehmigung für den damals einzigen Luftwaffenstützpunkt der USA in Südamerika nicht: Im September 2009 musste das US-Militär sein Hightechzentrum für satellitengestützte elektronische Spionage in Manta räumen. Als der US-Schützling Israel die Gaza-Hilfsflotille kaperte, zog der Präsident den ecuadorianischen Botschafter aus Israel ab. Und die Regierung Ecuadors enteignete doch tatsächlich ein US-Erdölunternehmen. Dass der Vizepräsident des Landes den Vornamen "Lenin" trägt, muss für die US-Administration ein weiteres Grausen bedeuten: Da hatte sie doch über die Jahre so viel blutige Mühe in den Kampf gegen den Kommunismus investiert- und nun dies.

Die nicht im Verdacht kommunistischer Umtriebe stehende "Neue Zürcher Zeitung" schrieb noch jüngst, nach der Wiederwahl Correas: "Er hat dafür gesorgt, dass die einheimischen Firmen Steuern zahlen, und er hat den ausländischen Erdölkonzernen höhere Abgaben aufgezwungen." Da sagt der zuweilen neutrale schweizer Sachverstand: Steuern eintreiben ist gut. Auch die neue Verfassung des Landes enthält Passagen, die dem gewöhnlichen Steuerflüchtigen die Haare zu Berge treiben: Die Wirtschaftsform Ecuadors soll sozial und solidarisch sein, es werden Grundrechte auf Ernährung, Gesundheit und Bildung festgeschrieben und die Verfassung legt "Bürgerräte" als Vierte Gewalt fest. Das riecht nach Rätedemokratie, sagen die Beobachtungsorgane der USA. Da kann es nicht ausbleiben, dass Verteidiger der Demokratie und Selbstbestimmung wie Assange und Snowden ihren Weg nach Ecuador suchen und hoffentlich auch finden.

Ecuador ist ein kleines Land. Wenn der David dem Goliath USA mit seinem Asylrecht gegen die Kniescheibe tritt sollte man hoffen, dass die kleinen Beine auch höhere Ziele erreichen: Muchas gracias Ecuador, adelante Muchachos!

Mit freundlichen Grüßen

Haydn von Hohnstein

Quelle: Nationalgalerie

Stefan Kornelius: „Kriegsgeiler Journalismus“


23|06|2013

Er steht nur für die Vielen im deutschen Journalismus, denen Kriege offenkundig nichts anders sind als Futter für ihre Machtfantasien. Doch mit seinem jüngsten Kommentar in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG hat Stefan Kornelius ein Muster an akuter Kriegsgeilheit abgegeben, das nur schwer zu übertreffen ist.

Unter dem Titel "Putins altes Spiel" beschwert er sich lautstark darüber, dass Russland eine Rolle im Nahen Osten spielt, und er sorgt sich darum, dass ein "Gleichgewicht der Kräfte" in Syrien wieder hergestellt werden solle. Das geht nach Kornelius natürlich nur mit kräftiger Einmischung der USA in den Krieg. So weit so imperial.

Was machen solche Journalisten, wenn sie hinter ihren Schreibtischen Kriege anheizen? Schwitzen sie vor Geilheit? Sehen sie sich als kleine Feldherren? Brauchen sie Blut für die Auflage? Wahrscheinlich ist es eine böse Mischung aus allem wenn so einer sich schreibend wünscht: "Fällt Damaskus, dann fällt als nächstes Teheran". Was legitimiert den kleinen Ressortleiter der SÜDDEUTSCHEN sich den Fall Teherans, der natürlich Tausende von Menschenleben kosten würde, herbei zu schreiben? Das Regime im Iran sei "atomhungrig" erfährt man. Werden die dort Atom essen? Schlechte Sprachbilder sollen begründen, was der Autor verlangt: "Die USA können . . .  nicht tatenlos zusehen, wenn sie ihren Anspruch als Ordnungsmacht aufrecht erhalten wollen." Was legitimiert die USA als Ordnungsmacht? In verblendeter Kniefälligkeit wagt Kornelius solch eine Frage erst gar nicht zu stellen.

Und in Kniefälligkeit ist der SZ-Journalist geübt. Gehört er doch zu den Lieblingsbegleitern der Kanzlerin bei ihren Auslandsreisen. Bei Ausflügen nach Israel, Washington und Afghanistan hat Kornelius Material für ein devotes Buch sammeln können: "Angela Merkel. Die Kanzlerin und ihre Welt". Da erfährt man dann Bedeutendes, zum Beispiel, dass die Merkel ganz still wird, wenn sie sich ärgert. Dass sie polnische Wurzeln hat. Oder von ihrer Hundephobie, die, da ist sich Kornelius sicher, von ihrem Gesprächspartner Putin brutal ausgenutzt wurde, als er seinen schwarzen Labrador nicht hinderte an der Kanzlerin zu schnüffeln. Und natürlich ist sich der vorgeblich gewiefte Kenner der Politszene sicher, dass der ehemalige KGB-Mann Putin von der Merkel´schen Phobie weiß und sie ausspielt.

Der alte, dumme antirussische Reflex vieler Deutscher wird aus schlechtem Gewissen resultieren: 27 Millionen Tote hatte die Sowjetunion im Gefolge des deutschen Krieges zu beklagen. Etwa sieben Millionen waren Zivilisten. Aus diesem Reflex heraus kommt Kornelius zur Behauptung, es gäbe eine russische "Drohung mit Luftabwehrraketen". Das Wort Abwehr muss man dem deutschen Journalisten übersetzen, denn wenn die Russen den Syrern Abwehr-Raketen zur Sicherung ihres Luftraumes liefern, dann drohen sie. Während die Patriot-Raketen, längst von den Deutschen an die Türkei geliefert, natürlich echte Friedensgesten sind. Da beharrt Kornelius lieber darauf: "Russland trägt massiv Schuld an der Eskalation" (in Syrien). Als Kofi Annan seine Friedensmission in Syrien für gescheitert erklärte, fiel auch dieser Satz von ihm: "Es wird wenig über andere Länder gesprochen, die Waffen und Geld schicken und damit großen Einfluss nehmen." Annan wird zu der Zeit gewusst haben, dass die USA 25 Millionen Dollar in die bewaffnete syrische Opposition investieren wollten. Kornelius weiß es heute gesichert. Aber weil die USA ja eine "Ordnungsmacht" sind, ist diese Eskalation des Krieges natürlich in Ordnung.

Was mag so ein Mann wie Kornelius lesen? Das von ihm mitbegründete MEDIEN MAGAZIN, das seinen alljährlich Preis an solche Mainstreamfiguren wie Alice Schwarzer oder Frank Schirrmacher verleiht? Vielleicht liest er auch noch seinen eigenen Artikel zum Massaker in Kundus nach: Dort hat er frech und ungeprüft den ISAF-Bericht abgeschrieben, nach dem der Luftangriff auf einen deutschen Tanklastzug einer Gruppe von Taliban gegolten habe. Dass die Toten mehrheitlich Zivilisten waren, ist nicht zu lesen. Und wenn doch, dann waren sie eben "ausschließlich Sympathisanten oder Familienmitglieder" der Taliban. 

Was Kornelius ganz sicher nicht liest, sind die "Informationen zur deutschen Außenpolitik", eine unabhängige, fundierte Website, die jüngst meldete, dass Waffen für die syrischen Rebellen durch das Einsatzgebiet der Bundesmarine vor der Küste des Libanon geliefert wurden: Kriegshilfe durch Wegsehen. Ernste Quellen zu recherchieren, scheint dem deutschen Journalisten verboten. Zumindest dann, wenn sie seine vorgefasste Meinung erschüttern könnten. Wohl deshalb bleibt der deutsche Journalismus weit hinter dem Anspruch zurück die "Vierte Gewalt" zu sein, also ein Korrektiv zur Informations- und Agitationspolitik der Regierung zu bilden. Gefangen in der Ideologie, der Westen sei immer gut, eingesperrt in einen dürftigen Horizont und gefesselt an den eigenen Opportunismus verdienen sie ein gutes Geld, dürfen sich im Glanz der Mächtigen sonnen und halten deren Speichel für Nektar.

Haydn von Hohnstein  

Quelle:  Nationalgalerie