Himmelhoch jauchzend

zu Tode betrübt

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So reagierten die Parteien auf das Ergebnis der sonntäglichen Bundestagswahlen. Die CDU feierte, die AfD ebenfalls wie auch die Linken, SPD und Grüne waren enttäuscht, die FDP schlichtweg entsetzt. Der Jubel der CDU ist inzwischen versachlicht, weil sie keine Mehrheit für ihre Politikfortsetzung mit der FDP mehr hat. Es wird überall nach Gründen gesucht.

Die CDU

hat offensichtlich alles richtig gemacht. Ein überwältigender Wahlerfolg für ihre Kanzlerin. Warum konnte ein Personenwahlkampf so erfolgreich sein? Das lässt sich auf ein Wort reduzieren: Vertrauen. Und zwar Vertrauen in die Person der Kanzlerin. Angela Merkel überzeugt, obwohl sie immer abwartet und erst spät entscheidet, auch mal die Richtung wechselt. Sie überzeugt, weil sie immer sie selbst bleibt, sich niemals in den Vordergrund spielt, das eigene Ego hintenanstellt und vor allem, weil ihr niemand zutraut, dass sie irgendetwas anrüchiges Finanzielles zu ihren Gunsten annimmt. Sie lebt von ihrem Kanzlergehalt, immer noch in ihrer Berliner Wohnung in der Friedrichstraße über einem Bordell, fährt privat einen alten Golf und ist offensichtlich zufrieden damit. Außerdem ist sie eine ganz normale, hoch intelligente Frau, die auch selbst kocht und manchmal einfach nur Hausfrau ist, wenn die Zeit das erlaubt. Sympathisch auch, dass ihr Mann im Hintergrund bleibt und nicht, wie so einige Gattinnen, eigene Gazettengeschichten schreibt.

Sie wird von Frauen gewählt, weil viele Frauen sich in ihr wiederfinden bzw. gern so sein würden wie sie, obwohl Angela Merkel bisher wenig für die Gleichberechtigung der Frauen getan hat. Doch dafür hat sie ja auch noch Ursula von der Leyen an ihrer Seite, ebenfalls stark inzwischen und schließlich von der Kanzlerin an ihrer Seite zumindest bisher geduldet. Es wäre gut, wenn es dabei bliebe, denn viele Frauen wünschen sich endlich eine tatsächliche Gleichstellung in dem Sinne, dass Weibliches genauso anerkannt und geachtet und schließlich auch bezahlt wird, wie das Männliche. Frauen wollen nicht Männer werden, sondern Frauen bleiben.

Männer wählen sie, weil sie ebenfalls vertrauen. Sie vertrauen der Intelligenz und dem enormen Wissen der Kanzlerin wie auch ihrer moderaten Art und sind stolz darauf, dass sie Deutschland in Europa tatsächlich zur anerkannten Macht entwickelte, auf die alle Länder schauen und hoffen. Sie führte Deutschland und Europa in der Krise, auch wenn hier und da am Weg Kritik aufkam. Doch Deutschland geht es gut und nun soll es Europa ebenfalls gut gehen. Das ist eine starke Hoffnung, die sich in Wählerstimmen niederschlug.

Letztendlich trägt auch das "Mutti"image. Wobei Mutti viel zu verniedlicht ist, fast herabwürdigend. Sie repräsentiert die Mutter: liebend, fordernd, liebevoll und energisch. War Adenauer der Vater der Nation, so ist Merkel auf jeden Fall eine starke Mutter der Nation und auch Europas. Dabei lässt sie sich niemals auf die Mutter reduzieren. Sie kann kämpfen, wenn es sein muss, und ist bodenständig.

Deshalb trauen ihr auch alle zu, in der jetzt folgenden schwierigen Zeit der Koalitionsfindung einen Partner tatsächlich zu finden. Sie verfügt über eine Affinität, sich auf Partner einzustellen, ohne das eigene Profil zu verlieren. Nicht immer konnte die CDU ihr dabei leicht folgen, manche Begleiter mussten aufgeben und gehen. Darin zeigt sich Merkel als Königin: Sie bestimmt, wo es lang geht, und steckt deutlich ihr Terrain ab. Wer hätte das gedacht, als sie damals Kohl beerbte und so mancher alteingesessener CDU Mann gegen sie opponierte.

Angela Merkel prägte die CDU der letzten Jahre, Deutschland und Europa. Jetzt wird sich zeigen, ob sie auch eine der ganz Großen wird, indem es ihr gelingt, die aufgerissenen sozialen Gräben wieder zuzuschütten, wiederum in Deutschland wie auch in Europa. Viel Erfolg dabei wünscht die BfH.

Die SPD

hat zugelegt und doch verloren: Keine Mehrheit für ein Regierungsbündnis mit den Grünen, weil vor allem der Wunschpartner schwächelte und die eigenen Wähler nochmals zu Hause blieben. Viel Kritik wird an Peer Steinbrück festgemacht. Nun, eine Mutti war er sicher nicht. Dennoch: Zum Schluss waren die Fettnäpfchen fast vergessen, Partei und Kandidat auf einer Linie. Das Manko, was die SPD nicht ausgleichen konnte, hängt wieder mit dem Wort "Vertrauen" zusammen. Offensichtlich gibt es immer noch viele Menschen, denen die Schröderjahre hart zugesetzt hatten, die damals das Vertrauen in eine soziale Politik der SPD verloren und es bis heute auch nicht wieder gewannen. Da Vertrauen nicht nur eine Frage des Verstandes, sondern auch des Gefühls ist, reichen Worte und klare Kanten nicht. Man traut eher der CDU die Mütterrente zu als der SPD, oder ging gleich zur AfD, weil die mit Schröder vorgenommenen EURO- Erweiterungen heute zu Belastungen führen, die Misstrauen zur Währung bei so einigen Wählern schürten.

Es ist unbestritten, dass die Hartz- Reformen notwendig waren. Doch die SPD hat sie handwerklich schlecht gemacht und die soziale Balance dabei verloren. Das muss sie sich heute von der CDU vorhalten lassen und das tut natürlich einer sozialen und demokratischen Partei weh, denn demokratisch waren die Reformen ja auch nicht durchgesetzt worden. Schröder hatte die Partei schließlich schlichtweg erpresst. Und einer der damaligen Mitstreiter wurde jetzt Spitzenkandidat. Peer Steinbrück gelang es, verbal und intellektuell zu überzeugen. Das Gefühl von Vertrauen konnte er nicht erzeugen. Vor allem die Steuerfrage wurde von ihm und seiner Partei zu sehr intellektuell und zu wenig emotional diskutiert. Dabei hätten sie nach dem Interview gemeinsam mit Frau Steinbrück und der deutlichen Rührung des Kandidaten alle Möglichkeiten dazu gehabt, leider nicht genutzt. Dem Intellektuellen wollen die Wähler nicht so richtig folgen. Schließlich hatte die SPD schon mal versprochen, dass mit ihr die Mehrwertsteuer nicht steigen wird, dann stieg sie um 3%. Und auch bzgl. des Spitzensteuersatzes hat gerade die Angestelltenklientel der SPD schlechte Erfahrungen gemacht, weil diese Partei damals den Steuersatz zwar senkte, aber die Einkommen, ab denen der Spitzensteuersatz zu zahlen war, drastisch herunter setzte und damit nicht nur die Reichen, noch nicht einmal nur den Mittelstand, sondern ganz normale Erwerbstätige schon "bestrafte". In den kommenden Jahren muss es für die SPD darum gehen, dieses verloren gegangene Vertrauen wieder zurück zu gewinnen. Dazu gehört auch etwas persönliche Zurückhaltung. Die Deutschen wollen ganz offensichtlich kein Großmaul als Kanzler haben. Ein ganz entscheidender Schritt werden schon die Koalitionsverhandlungen mit der CDU sein. Wenn die SPD ihr Profil nicht bewahren kann, sollte sie auf eine Koalition verzichten. Andererseits wäre das SPD Profil wichtig, denn auch für Angela Merkel wird es darum gehen, soziale Gräben zumindest zu verflachen, besser zuzschütten.

Die Linken

freuen sich, dass sie drittstärkste Kraft in der Bundesrepublik sind, noch vor den Grünen. Das hätte tatsächlich 1990 niemand glauben wollen, schon gar nicht im Westen. Die Partei, welche den schweren Weg der Nachfolge der SED ging, anstatt diese aufzulösen und sich neu zu gründen, hat sich gemausert und ist jetzt aus der bundesrepublikanischen Parteienlandschaft nicht mehr weg zu denken. Erich Honecker würde sich wahrscheinlich im Grabe umdrehen, wenn er hörte, dass so einige ewig gestrige Menschen die "Linken" immer noch als "Nachfolger der SED" bezeichnen. Sie sind es formal zumindest im Osten, haben sich ansonsten aber zum Glück weit von feudaler Gutmenschmentalität hin zu einer wirklich demokratischen Partei entwickelt, in der alle Linken einen Platz finden können. Das ist ein weiter Spagat, momentan vor allem zwischen Ost- und Westlinken. Doch es ist gut, dass es hier ein Sammelbecken links der SPD gibt. Sektierertum gehört nicht in eine liberale Demokratie.

Was die Linke auszeichnet unter allen im Bundestag vertretenen Parteien, ist ihr klares "Nein" zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr und ein "Ja" zu einer Reformation der NATO. Wenn die SPD das immer noch als Hindernis für eine Koalition ansieht, dann schütteln manche Wähler den Kopf, denn die Linken sagten auch deutlich: "Die Richtung muss stimmen, die Länge der Schritte wäre zu diskutieren." Für den Wähler wird damit klar: Innerhalb von 4 Jahren Koalition kommt es nicht zu neuen Auslandseinsätzen und die bisherigen werden schrittweise, so weit möglich, beendet. Eine Reformation der NATO ist selbstverständlich wahrscheinlich nicht innerhalb von 4 Jahren zu schaffen. Da gibt es zu viele Länder, die mitreden. Doch heute hat Deutschland eine Stimme, die man nutzen könnte, um Schritt für Schritt aus dem Militärbündnis ein Schutzbündnis zu machen. Dieser tatsächlichen Friedenspolitik können viele Wähler etwas abgewinnen. Schade, dass sich die SPD dem bis heute verweigert. Wir wünschen den Linken, dass sie konsequent bei ihrem Friedensangebot bleibt, denn sie sind die Einzigen.

Die Grünen

fangen schon wieder an, sich zu zerfleischen. Deutlich wurde, dass sie es überhaupt nicht verstanden haben, ihre grüne Politik dem Wähler nahe zu bringen. Mit Jürgen Trittin ging sein Ego durch, das unbedingt Finanzminister werden wollte und deshalb das Steuerthema immer wieder in den Fordergrund stellte neben einer sozialen Klaviatur, auf der SPD, Linke und selbst inzwischen die CDU viel besser spielen können. Das hat den Grünen geschadet, weil andere Themen zwar angesprochen, aber nicht priorisiert worden waren. Der Wähler hätte sich gewünscht, klare Aussagen zur Energiewende zu hören, vor allem, wie sie ohne weitere Preiserhöhungen für die Bevölkerung zu gestalten ist, konkret und nicht global abstrakt. Das wäre ein vordergründiges Wahlkampfthema gewesen und sicher erfolgreicher. Katrin Göring- Eckardt sollte der Ausgleichspol zu Trittin sein. Das konnte sie nicht, weil sie nicht auf Augenhöhe mit ihm war. Sie ist eben keine Renate Künast oder Claudia Roth, die dem starken Trittinego erfolgreich gegenüber treten hätte können. Daher darf es auch nicht verwundern, dass sie letztendlich ebenfalls das Steuerthema vordergründig argumentierte, nur leiser. Erst mit Aufkommen der Pädophilendebatte, als Trittin sich etwas aus der Öffentlichkeit zurück zog, wurde die Spitzenkandidatin präsenter. Das wäre der Moment gewesen, das Thema zu wechseln. Leider verpasst.

Jetzt sind erst einmal die Grünen wie die Krähen vom Baum aufgeflogen und werden sich neu sortieren. Wer letztlich welchen Platz findet, wird sich zeigen. Doch macht die Aufgeregtheit natürlich Koalitionsverhandlungen schwer. Schließlich enden die mit handfesten Personalfragen, wer Vizekanzler, Minister und Staatssekretär werden soll. Trittin als Koalitionsverhandler auch Minister? Können wir ihn tatsächlich noch als Finanzminister erleben? Möglich ist alles, doch politisch eher unwahrscheinlich und wenig vertrauensbildend.

Die FDP

erhielt vom Wähler die Aufforderung, sich neu zu erfinden. Die jungen Wilden um Philipp Rösler demontierten zwar den momentan beliebtesten Liberalen Westerwelle, verrieten dann aber das liberale Profil der Partei völlig. Ein Grund, dass sich Geschäftsführer Lindner verabschiedete und ein Kubicki sich distanzierte. Die Aufständischen um Entwicklungsminister a.D. Niebel ließen diesen im Regen stehen und das Röslerego feierte fortwährend bis zur drastischen Niederlage. Naja, er hat ja einen anständigen Beruf, der ihn auch ernähren kann, wenn er will.

Das Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag hat nicht nur bei Anhängern der Liberalen Entsetzen ausgelöst. Auch wenn einige schadenfroh klatschten im ersten Moment, kamen sie ins Nachdenken. Offensichtlich ist in Deutschland das Liberale den Bach runter gegangen. Eine starke politische Richtung wurde nach 200 Jahren demontiert von der Gruppe um Philipp Rösler. Damit wird sein Name verbunden sein. Doch die Partei hatte mitgemacht, was ebenfalls nicht vergessen werden sollte. Liberales Gedankengut ist so verschüttet, dass Wähler sogar inzwischen fragen, was liberal eigentlich bedeutet bzw. bedeutet hat.

Liberalismus war eine der drei politischen Hauptströmungen, die sich im 19. Jahrhundert etablierten neben Sozialismus und Konservatismus. Die Liberalen stellten das Individuum in den Mittelpunkt, die Freiheit des Einzelnen vor allem gegenüber staatlicher Gewalt. Sie streben eine freiheitliche politische, wirtschaftliche und soziale Grundordnung an. Damit sind sie stets eine ausgleichende Kraft sowohl gegenüber den Konservativen als auch gegenüber den Sozialisten/ Sozialdemokraten gewesen, die beide vor allem das Gemeinwohl artikulieren. Diese ausgleichende Kraft haben P. Rösler und seine Freunde vernichtet, indem sie sich nur noch als Wirtschaftsliberale verstanden hatten und sich politisch entsprechend bewegten. Die Justizministerin stand auf verlorenem Posten. Die vergangenen Erfolge der Piratenpartei hätten normalerweise zu einem Aufschrei innerhalb der liberalen Reihen der FDP führen müssen, denn dort war eine neue Partei, welche das Individuum in den Mittelpunkt der Politik stellte. Statt dessen setzte man noch mehr Wirtschaftsliberalität und eine noch deutlichere (Witschafts-) Klientelpolitik dagegen. Das bestrafte der Wähler schonungslos. Nimmt man die Stimmen von FDP und Piraten zusammen, kommt man wieder auf Fraktionsstärke im Bundestag. Das spiegelt den liberalen Wunsch der Wähler wider.

Statt dessen setzte ein hilfloser Parteivorsitzender auf Zweitstimmen. Idiotisch angesichts der Tatsache, dass Angela Merkel überhaupt nicht bereit war, auch nur einen Zentimeter breit nachzugeben. Zu diesem Zeitpunkt hätte Rösler lieber von den Linken, damals PDS, lernen sollen, die auf drei Direktmandate gesetzt hatte und sich im Wahlkampf darauf konzentrierte. Sie war dadurch zumindest im Bundestag noch vertreten. Hatte die FDP wirklich niemanden, dem sie ein Direktmandat zutraute? Alles zusammen ein Armutszeugnis für eine Partei, deren wirklich liberale Inhalte wir alle als Ausgleich brauchen.

In diesem Sinne alles Gute bei der Neuorientierung.

Dipl.- Ing. Sylke Wegener